Gegen die Stimmen der Sozialdemokraten gelangte hierauf einAuirag Hammer(I.) auf Einschränkung der Wander-lag er zur Annahme. ES handelt sich hierbei wieder um einesjener verfehlten Mittel, durch die angeblich der Mittelstand vor demUntergange bewahrt werden soll. Die Sozialdemokraten, derenStandpunkt Genosse Hoffmann vertrat, machten diesen Eingriffin die Gewerbefreiheil nicht mit; sie find, wie ihr Redner aus-führte, zwar bereit, Auswüchse zu bekämpfen, aber hinterrücks dieWarenlager abzumurksen, dazu geben sie sich nicht her.Ebenso reaktionär war ein weiterer Antrag Hammer, derdie„Dividenden" der Konsumvereine bekämpfen will. Hierwetteiferte der schwarz- blaue Block förmlich in Mittelstands-freundlichkeit, und auch die bürgerliche Linke scheute sich nichtdies ekelhafte Buhlen um die Stimmen der kleinen Gewerbe-treibenden mitzumachen. Einen streng ablehnenden Standpunktnahm nur unsere Frattion ein, in deren Namen Genosse Hirschgegen dieS neue Ausnahmegesetz gegen Konsumvereine Protest erhobund das Wesen der sogenannten Dividenden erläuterte, die inWirklichkeit nichts anderes find als Rückzahlungen des zuvielgezahlten Preises. Auch dieser Antrag ging an eine Kommission.Am Donnerstag soll zuerst der Antrag auf Einstellung desVerfahrens gegen Liebknecht und dann kleinere Vorlagen beratenwerden._Arbeitsplan des Reichstages.Der Seniorenkonvent kam in seiner heutigen Sitzungüberein, die zweite Lesung der ReichsversicherungsordnungFreitag auf die Tagesordnung zu setzen. Die Beratungsoll paragraphenweise stattfinden. Vor Pfingstensollen keine freien Tage mehr eintreten. Man glaubt aufdiese Art die Beratung der Vorlage in zweiter und dritterLesung beenden zu können. Zwischendurch soll auch noch derschwedische Handelsvertrag und eine Anzahl kleinerer Vor-lagen ihre Erledigung finden.Religio« in den Fortbildungsschulen.In« preußischen Abgeordnetenhause hat die Kommissionzur Beratung des Pflichtfortbildungsschulgesetzes nach sehrlanger Beratung über den§ 1 der Vorlage beschlossen, inden Fortbildungsschulen den obligatorischen Religions-Unterricht aus konfessioneller Grundlage einzuführen. Gegendiesen Antrag, der von konservativer Seite eingebracht wordenwar, stimmten die Nationalliberalen, Freikonservativen, Fort-schrittler und auch zwei Konservative. Da aber die Zusammen-setzung der Kommission der Rechten außerordentlich günstigist, wurde dieser Beschluß mit 1l gegen 8 Stimmen gefaßt,obgleich sich auch die Regierung wiederholt gegen ihn gewandthatte. Das Zentrum hatte auf daS Beispiel Bayerns undWürttembergs verwiesen, worauf die Regierungsvertreter be-tonten, gerade die dorttgen Erfahrungen mit dem Religions-unterrichte hätten die Regierung bestimmt, jenes Beispiel nichtnachzuahmen.— Die sozialdemokratische Fraktion ist in dieserKommission nicht vertreten.— Es wurde noch beschlossen.wöchentlich eine halbe Stunde für den Religionsunterricht zurVerfügung zu stellen._Ordnung oder Willkür.In der Plenarsitzung des Reichstages am Mitttvoch, den 3. Mai,sollte o h n e D i s k u s s t o n eine Beschlußfassung über den Einspruch«egen einen am 4. April erteilten Ordnungsruf auf Grund des§ 60 Abs. 4 der Geschäftsordnung herbeigeführt werden.Da jedoch der Protest zurückgezogen wurde, kam dieSchnapsblockmajorität dadurch in die für sie sehr angenehme Lage,weder für noch gegen den zweiten Vizepräsidenten, der den ange-fochtenen, total unberechtigten Ordnungsruf verhängthatte, etwas unternehmen zu müssen. Trotzdem— wenn nicht viel-leicht deswegen— lohnt es sich, wieder einmal auf die Art der Ge-fchöftSführung im Reichsparlament aufmerksam zu machen. Istdoch das jetzige Präsidium geradezu ein reaktionäres Unikum. DerVerlauf der letzten Sitzung vor den Ferien bietet hierzu alleinschon eine ganz ausreichende Illustration.Der Milliardenctat für lllll wurde im Geschwindtempo er-ledigt. Die erste und zweite Lesung wurden zu spät in Angriffgenommen. Schon in der zweiten Lesung wurde das Tempo starkbeschleunigt und bald überhastet: in der dritten Lesung herrschteunter Leitung des Präsidiums eine würdelose Hast und eine allessachliche Iutercsse verschlingende oder ausschließende Unruhe vor,bie fieberhaft wuchs uns taumelnd dem Ende zujagte. Der Zweckwar eben das Ende. Wer sich dem durch eine Rede entgegenzustellenwagte, wurde als Störenfried und Feind schonungslos behandelt.Haben unter solchen Umständen die sozialdemokratischen Redner vonvornherein einen schweren Stand, so wird er noch ganz erheblichdurch die eigenartige Zusammensetzung, die Unfähigkeit und Nervo-sität des jetzigen Präsidiums erschwert.So geschah cS am letzten Tage der dritten Etatlesung in derÜK3. Sitzung, am 4. April, daß der Präsident und seine beidenHelfer etwa 30— dreißig— mal in die Debatte eingriffen. Dar-unter war jedoch nur ein einziger Eingriff parlamentarisch gerecht-fertigt, während alle übrigen 29 Unterbrechungen sich alo ordnuugs-widrig und unlogisch oder offenbar parteiisch erwiesen. Der Prä-f i d e n t selbst, von Schwcrin-Löwitz, kommt dabei ambesten weg. Er unterbrach einen konservativen und einen anti-semitischen Redner nach Seite 6237 bis 6240 im ganzen dreimal,zweimal unberechtigt, einmal durch parlamentarischen Gebrauch ge-rechtfertigt. Schlechter schon schneidet der Herr Vize Schultz ab.Er verübte gegen einen Freisinnigen und zwei Sozialdemokratenzusammen zehn sehr störende und absolut unsachliche Unterbrechun-gen, von denen die eine den Freisinnigen, die übrigen neun dieSozialdemokraten betrafen Man vergleiche im StenogrammSeite 6222. 622». 6232.Am stärksten wird der Herr Spahn als Vize in bezug aufkeine Unparteilichkeit bemißtraut. Nicht ohne Grund. Währendvcr Präsident zwei und Herr Schultz in seiner Vertretung zehn un-motivierte Störungen der Redner riskierten, brachte es HerrS p a h n- B o n n in der gleichen Sitzung auf siebzehn, was im Be-richt auf den Seiten 6203 bis 6262 eine amüsante Lektüre ab-gibt. Sechzehn dieser sinnlosen und ordnungswidrigen Präsidial-Unterbrechungen richteten sich gegen drei sozialdemokratische Rednerund eine gegen ein Mitglied ocs Zentrums. Obschon nur eineinziger, und zwar ein sehr harmloser Zwischenruf im Hause ge-fallen war. leitete Herr Spahn seine Tätigkeit mit der über-flüssigen, ja ungehörigen Mahnung ein,«alle Zwischenrufezu unterlassen".Einen der sozialdemokratischen Redner, der die militärischenNebenfonds im Königreich Sachsen einer streng sachlichen Kritikunterzog und der auf Grund des RcichSeigentumsgesctzes vom25. Mai 1873 diese Kassengelder als Reichscigentum für das DeutscheReich reklamierte, unterbrach und drangsalierte Herr Spahn mitsalbungsvollen Worten. Gebärden und trampfhastem Glockenschwin-gen nicht weniger als zehnmal.(Tt.-B. S. 6211— II.) Er schienanzunehmen, oder gab vor, zu glauben, daß es sich dabei um reinfächsische Fonds und somit um eine rein ächsische LandeSangelcgen-lyeit handele. Von unserem Redner scharf zurückgewiesen undwiederholt widerlegt, kam er immer wieder auf die alte Leier zu-rück, indem er an oie vorangegangene unparlamentarische Störungeine neue sinnlose Unterbrechung reihte, ohne jede Rücksichtnahmeauf den anständigen tradilionellen Brauch, ohne Rücksicht auf denwichtigen Gegenstand selbst und auf die selbstverständliche Pflichtper Unparteilichkeit.Solche Vorgänge führen schließlich zu einer Degradation deskarj-uneists. Sie bleuten tue TeUgSli-Iung m Snde MexJ jammervollen Komödie. Demgegenüber ist doch zu bedenken, daßder Reichstag kein parlamentarischer Kindergarten zu frommerAufzucht und Belehrung ist, und daß der den Präsidenten ver-tretende Abgeordnete kein Jesuitenpater sein soll, der nach Gut-dünken die Herde bor angeblichen Verirrungen und vorgeblichenEntgleisungen zu hüten hat.Im ganzen sind also rund 30— dreißig— der gekennzeichneten Unterbrechungen in nur einer Sitzung vorgekommen,die sich wie folgt auf die Parteien verteilen: Die Frei-sinnigen 1, die Antisemiten 1, das Zentrum 1, die Kon-servativen 2, die Sozialdemokraten 25. Darunter erfolgtendrei Ordnungsrufe und— wohl zu beachten— kein Ruf zur Sache.Da nun die rednerische Aeußerung aus einen Ordnungsruf, derin der Tat berechtigt war, sofort revoziert wurde, so blieben unterden 80 Unterbrechungen nur zwei übrig, die nach der Geschäfts-ordnung eine regelrechte Beschwerde bei dem Reichstag ermöglichthätten; während gegen die übrigen präsidialen Kindereien undUcbergriffc dem einzelnen Abgeordneten kein solches geschäftsord-nungsmäßiges Beschwerderecht zusteht.Das ist ein auf die Dauer ganz unerträglicher Zustand, eingröblicher Unfug, dem allerdings der Schnapsblock-Reichstag keinEnde bereiten wird, der aber die Aufmerksamkeit der sozialdemo-kratischen Reichstagsfraktion auf das lebhafteste beansprucht. Esist sicher eine ihrer schwierigen Aufgaben, dieser politischen Würde-lcsigkeit und Anmaßung, sowie dieser parlamentarischen Parteilich-keit gegebenenfalls den stärksten Protest und den entschiedenstenausdauernden Widerstand entgegenzusetzen, um die parlamentarischeOrdnung und die verfassungsmäßig garantierte Freiheit her Redezu schützen._Berpfaffung der höheren Schulen.Seit in Deutschland der Schnapsblock regiert, ist der wachsendeEinfluß des Klerus auf das gesamte Schulwesen in Preußen un-verkennbar. Die Volksschulen werden wieder in erhöhtem Maßeder direkten Aufsicht der Geistlichkeit unterstellt, die Fortbildungs-schulen sollen einen obligatorischen Religionsunterricht erhalten,der für die Schüler der höheren Lehranstalten durch eine Verfügungder königlichen Behörden vom 27. Juni 1910 bereits vorgeschriebenworden ist. Allerdings, auch früher schon gehörte der konfessionelleUnterricht auf den höheren Schulen zu den vorgeschriebenen Lehr-fächern, aber man ließ eine gewisse Nachsicht walten. Den demPflichtschulalter entwachsenen Schülern stellte»ran es frei, sich selbstvom Religionsunterrickst zu befreien oder aber, ganz unabhängigvon der Konfession ihrer Eltern, an irgendeiner beliebigen Re-ligionsstunde teilzunehmen. Damit ist es nun vorbei— wohl aufKommando der Ultramontanen, die doch für ihre Schnapsblock-begeisterung bezahlt werden wollen. In einem uns vorliegendenJahresbericht einer Vollanstalt heißt es unter dem Titel: AuS denVerfügungen der Behörden:„27. Juni 1910. Dissidenten, die ihre Kinder zum Schul-besuch anmelden, sind vor der Aufnahme darauf hinzuweisen, daßdiese nur dann stattfinden kanir, wenn der Teilnahme derSchüler an allen obligatorischen Lchrgegenständen seitens derEltern kein Widerspruch entgegengestellt wird und daß der kon-fessionelle Religionsunterricht ein obligatorischesUnterrichtsfach der höheren Schule ist, von dem ohne Nachweisgenügenden Ersatzunterrichts Schüler nichtdispensiert werden können."Wir haben die Stellen, worauf es ankommt, ausgezeichnet. Sielassen die schwarze Hand erkennen. Man sieht: die Regierung kuschtvor den Klerikalen! Es wird wohl noch soweit kommen, daß jederLehrer den Modernisteneid, jeder Abiturient das Taufgelübde undGlaubensbekenntnis sowie den Schwur unverbrüchlicher Treue—zum Schnapsblock ablegen muß!Mißerfolge der Polenbekämpfung.Nach einer Uebersickit der„Korrespondenz für die deutsche Ost-mar!" sind seit Mitte September 104 deutsche Güter und Bauern»wirtschaften mit einer Gesamtfläche von 40 805 Morgen imWerte von 15 Millionen Mark von deutscher in polnischeHand übergegangen. Davon entfallen 42 Grundstücke(16 auf Posenund 26 auf Bromberg) auf die Provinz Pose». 39 aus Westpreußen,15 auf Ostpreußen und 3 aus Schlesien. Am 22. September be-richteten wir, daß seit Mitte April 1910 im ganzen110 deutsche Güter und Baucrnwirtschaften dem Deutschtumverloren gegangen seien. Davon entfielen auf die Provinz Posen 59(Regierungsbezirk Bromberg 35 und Regierungsbezirk Posen 24).auf Westpreußen 35, auf Ostpreußen 9 und auf Schlesien 7 Grund-stücke. Im ganzen waren also damals in fünf Monaten andeutschem Besitz rund 50 000 Morgen im Werte von 17 bis 18Millionen Mark in den vier Provinzen verloren gegangen.Insgesamt sind hiernach seit Mitte April i9l0 bis Ende Aprrl 1911im Laufe eines einzigen Jahres 214 deutsche Be-sitzungen mit einer Gesamtfläche von 90000Morgen im Werte von 33 Millionen Mark demDentschland verloren gegange ir und in polnischenBesitz gelangt. Bei den Verkäufen seit September ISlO handeltes sich um 12 große Güter in einem Umfange von 24 746 Morgen,serner um 51 Bauerngüter, 19 kleinere Güter und 8 Parzellen.Die eifrigen Bemühungen der Polen, deutschen Grundbesitz auf»zukaufen und an polnische Kleinbesitzer zu parzellieren, sind nur einenaturnotwendige Gegenaktion gegen die hakattstische Politik deSsystematischen Auskaufens der Polen. Unzählige Millionen, die ausdem preußische» Steuersäckel flössen, sind nun bereits für diese„Siedelungspolitik" vergeudet worden, mit dem Erfolge, daß diePolen jeden Fußbreit verlorenen Areals anderweitig wieder in ihrenBesitz bringen. Dazu kommt dann noch die durch daS Auskaufenpolnischer Bauern geförderte Ueberflutung westlicher Provinzen mitpolnischen Industriearbeitern, die ihre Nationalität auch in der neuenUmgebung trotz aller behördlichen Schikanen hartnäckig zu behauptenwissen. Das nennt sich dann.Germanisierungspolitik" lPolizeistunde gegen die Maifeier.In B r ü h l bei Köln sollte am Abend des 1. Mai eine Feierstattfinden. Am Nachmittag erhielt der Wirt des VcrsammlungS-lokales einen Brief des Polizeikommissars Tautenberg, in demkund und zu wissen getan wurde, daß für diesen Tag und nurfür dies Lokal die Polizei st unde auf neun Uhr fest-gesetzt wurde,„da die messt ganz jugendlichen Teilnehmer dieserFeier zu Ausschreitungen zu neigen scheinen". Um jener Mahregelgegen die Maifeier Nachdruck zu geben, hatte man die städtischePolizei durch Gendarmerie verstärkt! Man erreichte dadurch abernur. daß sich die Maifeier in Brühl zu einer Demonstration ge»staltete, wie sie ohne Hilfe der Polizei nicht zustande gekommenIväre. Trotzdem tverden unsere Genossen dafür sorgen, daß dasVorgehen der Brühler Hochivohllöblichcn noch weitere Folgen habenwird._Cnglanä.Ewe Minimallohndebatte im englischen Parlament.Aus London wird uns geschrieben:Jni Unterhaus fand vonge Woche eine interessante De-batte über einen allgemeinen Minimallohn statt. Der Arbeiter-parteiler C r c e k s, ein Mitglied der Fabischen Gesellschaft,hatte folgende Resolution eingebracht:„Das R e ch r jeder Familie im Laude auf ein E i n k o m m e n,das genügt, die Familienmitglieder in Anstand und Bequem-lichkeit zu unterhalten, muß anerkannt werden, unddieses HanS ist deshalb der Ansicht, daß ein allgemeinerMinimallohn von 30 Schilling<30 M.) die Woche für jedenerwachsenen Arbeiter(vorlrsr---- Arbeiter, Arbeiterin) gesetzlichfest gelegt werden muß. und erklärt auch, daß die Regierungmit dem Beispiel vorangehen sollte, indem sie diesen Lohnsatz inihren Betrieben anerkennt."Croeks führte zur Begründung seiner Forderung die vonder Regierung selbst als Existenzminimum angegebenenSummen ins Feld. Er zeigte, wts die Regierung für denUnterhalt(Nahrung) eines Soldaten wöchentlich 5 Schillingund 7 Pence(5,68 M.) ausgebe und wie die Nahrungskostender Kinder, die der Pflege des Ministeriums für Lokal-Verwaltung anverttaut sind, von den Aerzten der Negierungauf 2 Schilling und B'/g Pence(2,33 M.) die Woche� fest-gesetzt worden seien. Diesen Ziffern stellte er das Haus-Haltungsbudget einer gewöhnliche» Londoner Arheiterfamiliegegenüber, deren Einkommen 27 Schilling beträgt. Dieivöchentlichen Ausgaben dieser Familie setzen sich wie folgtzusammen:Miete 8 Sch. Kohle 1 Sch. 4Licht 1 Sch. 6 P. Kleider 1 Sch. 2 lssicherung 1 Sch. Altersversorgung 112 Schilling.Der Redner führte ferner aus, daß esVerschiedene Artikel undKrankenkaffe 1 Sch. Ver-Sch. Nahrung(4 Personen)selbst bei einemLohn von 36 Schilling die Woche schwer sei, ein anständigesund menschenwürdiges Dasein zu führen. Diejenigen, die soviel von der Verteidigung des Reiches redeten, möchten de-denken, daß die Grundlagen des Reiches in denKüchen der Arbeittzrfraucn zu suchen seien.Die Resolution wurde von T h o r n e unterstützt, der dieRegierung ausforderte, dem Beispiel verschiedener Städte,worunter sich auch sein Wahlkreis, West Ham, befinde, zufolgen, die schon den in der Resolution geforderten Minimal-lohn angenommen hätten. Von. liberaler Seite wurde derAntrag von dem Fabier Chiozza Money unterstützt.Dieser wies darauf hin, daß die Resolutton durchaus keinereyoluttonäre Forderung enthalte. Die Berechtigung einesgesetzlich festgelegten Minimallohnes habe der Staat schon indem Gesetze über die Beseitigung des Schwitzsystems anerkannt.Während der letzten 15 Jahre seien die Löhne in einergewissen Gruppe wichtiger Industrien um 13 Pro z. ge»stiegen; zu gleicher Zeit seien aber auch diePreise der Nahrungsmittel im Kleinverkaufum 18 P r o z. g e st i e g e n. Es habe mithin inWirklichkeit ein Sinken der Löhne stattgefunden.Diesem Sinken der Löhne stehe ein gewaltiges An-wachsen der steuerpflichtigen Einkommen(über 166 Pfund Sterling) gegenüber, wie aus den Ziffernder Einkommensteuerveranlagung hervorgehe. Die Gesamt-zunähme der hohen Einkommen sei doppelt so großals die Summe, die notwendig sei, um deu Mini m a l l o h neinzuführen. Hohe Löhne, so erklärte dieser an-gesehene Nationalökonom, sind ökonomisch vorteilhaftf ü r d i e N a t i o n. Er forderte eine stets weitere Aus-dehnung des Minimallohns, bis er in allen In-dusttien deS Landes eingeführt worden sei.Der Regierungsredner, der parlamentarische Sekretär desHandelsministeriums, brachte dem Antrage wenig Sympathiqentgegen. Er»vies auf die großen Kosten, die die Annahmeder Resolution verursachen würde. Von 7 366666 Personen,deren Einkommen bekannt sei, verdienten 66 Proz. weitweniger als 36 Schilling die Woche. Die Einführung desvorgeschlagenen Minimallohnes würde die Produktionskostenerhöhen und der ausländischen Konkurrenz Vorteile bringen.Die Höhe der Löhne müsse sich nach Angebot und Nachfragerichten.Leider kam es nicht zur Abstimmung, da es der Dauer-redner und Hanswurst der konservativen Partei, Sir F. B a n-bury, für gut befand, die Resolution„hinauszureden", daSheißt die zur Diskussion der Resolution festgesetzte parlamen-tarische Zeit zu überschreiten und dadurch die Abstimmung znverhindern.Marokko.Der französische OperattonSplan.Paris, 3. Mai.„Figaro" will wissen, der von der Re»gierung bezüglich des Marsches nach Fes gefaßte Planbestehe darin, die Kolonne bis nach Sidi Male! ben Khedda,zwei Tagesmärsche von FeS, zu schicken. Dort werde derBefehlshaber der Kolonne mit der Hauptstadt, dem Oberst-leutnant Mangin und dem Major Brömond die Ver-bindung herstellen und die eingeborenen Truppen desSchaujagebietes dem Sultan zur Verfügung stellen, um dasganze Gebiet zu beruhigen. Sobald die Ruhe wieder her-gestellt und die Hauptstadt entsetzt sei, würden die Truppenden Rückmarsch nach der Küste antteten.Hmerikz.Ei» Ministerium für Arbeit.Der Kongrcßdelegierte Sulz er hat einen Antrag auf Er-richtung eines Arbeitsministeriums eingebraucht. Nebe«einem Staatssekretär sollen drei Unterstaatssekretäre angestelltwerden. Den letzteren soll die Bearbeitung der einzelnen Industrie-gruppen zugeteilt werden. Eine weitere Aufgabe derselben wäre dasvermittelnde Eingreifen bei Streikbewegungen, Bildung von Schieds-gerichten usw._Der Schiedsvertrag mit England.Washington, 3. Mai. In Gegenwart deS Präsidenten wurdengestern im Kabinett verschiedene Entwürfe eine« englisch-amerikanischen SchiedSgerichtS-Vertrages be-sprechen. Später setzten Staatssekretär Knox und die Beamten deSStaatsdepartements die Beratung über die Feststellung des Textesfort. Am Abend erklärte Präsident Taft, daß noch kein Eni-wurf endgültig angenommen worden sei, und daß Wochen ver-gehen könnten, bevor der Vertrag dem Senat oder Großbritannienzur Ratifikation vorgelegt werden könne.Die Lage in Mexiko.New Kork, 3. Mai. Nach einem Telegramm ans El Pasoist der zu F r i e d e n s u n t e r h a n d l u n g e n mit den Auf-ständischen bevollmächtigte Vertreter der mexikanischen Re-gierung. C a r a b a j a l, dort eingetroffen. Die VerHand-lungen beginnen am Mittwoch in einem Zelt auf der mexi-kanischen Seite des Rio Grande zwischen Juarez und demLager der Aufständischen. Der Waffenstillstand istum fünf Tage verlängert worden.Trotz der Verhandlungen dauern aber die Kämpfe imInnern fort. M a d e r o scheint die Führung über dierevolutionäre Bewegung nicht mehr unbedingt innezuhaben.Es heißt, daß die H a u p st a d t selbst gefährdet ist.Wie aus Washington telegraphiert wird, sind die an denPräsidenten der Vereinigten Staaten gelangten Berichte überdie Zustände in Mexiko wenig befriedigend. DasKabinett hielt gestern eine Beratung über die dortigeLage ab._Friedliche Beilegung von Grenzstreitigkeiten.Washinnton, 3. Mai. CW. T. B.) Die Regierungen vonSanto Tomingo und Haiti haben ihre Gesandten in Washingtonangewiesen, ein Protokoll zu entwerfen und zu unterzeichnen, dem»zufolge der Grenzstreit zwischen beiden Staaten einem Schiedv-gericht zur Entscheidung überwiesen werden soll. Die StreitfrageSiÄ wahrscheinlich d?m Schiedsgexicht W Hasg Vorgelegt wetiea.