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«kg. Dr. Weber.) Gewiß, durch Jkre Bemerkung haken Sie die generelle Frage der Bekämpfung der SKwindelkassen auf die Frage hinüberziispielcn gesucht, ob nicht in allen Organisationen Schwindler zu finde» sind. Und dazu lag gar kein Anlaß vor.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Damit schließt die Diskussion. Der Entwurf wird an die Kommission für die ReichSverficherungS» Ordnung verwiesen. E-Z folgen Petitionen. Eine große Anzahl Petitionen werden nach den«nlrägen der Kommission debattelos erledigt. Unter anderen werden als M a t e r i a l überwiesen Petitionen betreffend Maßnahmen zur Behebung der Fleischnot und Petitionen auf ausreichende Entlohnung der An- ge st eilten in Bahnhosswirtschaften unter Abschaffung beS TrinkgelderunwesenS, auf Festlegung des O»t e r f e st e s. auf Einführung des Bedürfnisnachweises i», Wandergewerde, auf Errichtung eines selb- ständigen Wahlkreises Charlottenburg  , auf Ein- fiihrung eines einheitlichen gleichen Wahlrechts für die Wahlen zu allen Volksvertretungen. Zur Berücksichtigung überwiesen wird u. a. die Petition betr. die Gewährung von Unterstützungen an Zündholz- arbeitet'. Sodann wird die vor einigen Monaten abgebrochene Diskusston über die Petitieme» betr. Abänderung des Jmpfgesetzes fort gesetzt. Die K o m m i s s i o n beantragt Uebergang zurTageS» Ordnung. Dagegen beantrag? ein nichtfraktioneller Antrag Sachse Severins(Soz.) Ueberweisung der Petitionen, soweit sie Auf Hebung des Impfzwanges und Einführung einer Gewissensklausel ach englisch  «,, Muster fordern, zur Berücksichtigung, der übrigen als Material. Die Abgg. v. Damm-Liebermann v. Sonnenburg sWirtsch. Vg.) beantragen eine Erweiterung des Antrages Sachse- Severing in dem Sinne, daß auch die Petitionen um Entschädigung der durch die Impfung Geschädigten zur Berücksichtigung überwiesen werden. Ei» nicht fraktioneller Antrag Faßbender- Dr. Pfeiffer(Z.) verlangt Neberweisurig der Petitionen un, Auf- Hebung de» Jmpszwanges als Material. Revision des Impf.  gesetzes unter Einfügung der Gewifiensklausel. Einsetzung einer zu gleichen Teilen ans Jrnpffreunden und Jmpfgegnern zusammen­gesetzten Kommission und Vorlegung des von dieser Kommission zu sammelnden Materials als Denkschrift. Abg. Dr. Fleischer(Z.) polemifiert gegen die Ausführungen, die vor einigen Monaten der Geheime Medizinalrat Kirchner gemacht hatte. Redner erwähnt unter anderem, daß eines seiner Kinder schwer» Schäden infolge der Impfung erlitten habe. Redner verlangt namentlich die Einführung der Gewissensklausel, die sich in England ganz vorzüglich bewährt habe. Ich bitte das HauS, alle die Anträge anzunehmen, die auf Berücksichtigung der impfgegnerischen Petitionen dringen, ganz besonders aber bitte ich das Haus um eine Kundgebung zugunsten der Gewissensklausel.(Lebhafter Beifall bei de» Jmpfgegnern.) Abg. Dr. Pfeiffer(Z.): Auf das allerentschtedenste protestiere ich dagegen, daß der Geheimrat Kirchner die Agitation der Jmpfgegner als verbrecherisch bezeichnet. Wenn er der Ansicht ist, so sorge er dafür, daß diese.Verbrecher' vor Gericht gezogen werden. (Lebhaste Zustimmung bei den Jmpfgegnern.) Es ist vom Re- gierungStisch auS bestritten worden, daß die Drohung, die Eltern in Ketten zu lege», die ihre Kinder nicht impfen lasten, ausgesprochen seil mein Gewährsmann aber bleibt dabei, daß der vetreffende Assessor sich s- geäußert hat.(Hört I hört l bei den Jmpfgegnern.) Redner bittet dringend um Annahme des Antrages Faßbender Dr. Pfeiffer.(Bravo I bei den Jmpfgegnern.) Abg. Graf OpperSdorff(Z.)(Zuruf: Drei Zentrumsredner nacheinander! Große Heiterkeit) bittet um Annahme eines von einem Teil deS Zentrums unterstützten Antrage Erzberger.  wonach die Frage der«enderung des JmpfgesetzeS von einer Kom- Mission erörtert werden soll, der neben Jinpffreunden auch Impf- gegner angehören. Redner verweist auf die fast einmütige Ver- teidigung des Impfzwanges durch die offizielle medizinische Wissen« schalt. Warum begibt sich nicht einmal ein ungeimpster Jmpfgegner an einen Pockenepide mienherd? (Heiterkeit.) In bin dafür, daß die Regierung dafür ein paar taufend Mark zur Verfügung stellt.(Sehr gut! bei den Impf- freunden.) In seinen weiteren Ausführungen polemisiert Redner gegen die Jmpfgegner und empfiehlt den Antrag Erzberger  . Abg. Sachse(Soz.): Ich freue mich, daß die Forderungen der Jmpfgegner auch von Angehörigen anderer Parteien hier vertreten worden sind. Ebenso freue ich'mich über die Zurückweisung, die die unerhörten Beschim- psungen, mit denen man die Jmpfgegner belegt hat. hier gefunden haben. Es zeugt nicht gerade davon, daß sich die Jinpffreimde ihrer Sache sicher sind, wenn sie sich in solchen unqualifizierbaren Be­schimpfungen ergehen.(Sehr richtig! bei den Jmpfgegnern.) Es ist unzweifelhaft, daß dw Pockenimpfung keinen unbedingten Schutz gewährt. Das müssen ja auch die Jmpffreunde zugestehen; auch Geheimrat Krrchner hat, widerwillig genug, dies Zugeständnis machen müssen. Ich bitte dringend um Annahme der Anträge zugunsten der Jmpfgegner. mindestens aber um einen Beschluß des Reichstage» zugunsten der Gewissensklausel und zugunsten der Einsetzung einer zu gleichen Teilen aus Jmpfgegnern und Jmpsfreunden zusammengesetzten Kom- Mission.(Lebhafter Beifall bei den Jmpfgegnern.) Geh. Medizinalrat Kirchner(vielfach unverständlich) polemisiert gegen die Ausführungen der Jmpfgegner. Wenn der Ausdruck.Ver- brecher" in bezug auf die Jmpfgegner gefallen ist. so dürfen sie sich nicht beschweren, denn ihre Schriften wimmeln von Be- schimpfungen der Jmpffreunde. Da werden noch ganz andere Ausdrücke gebraucht als Verbrecher. Der Deutsche Reichstag kam, die Verantwortung für die Aufhebung des JmpfgesetzeS nicht übernehmen, und nichts andere? ist der Zweck der Jmpfgegner. Regierungsrat Dr. Bracger: Die Jmpfgegner sagen, das Ver- schwinden der Pocken verdanke man der Besserung der allgemeinen sanitären Verhältnisse. Das ist aber nur ein Schlagwort, denn die Infektion mit Pocken hat nichts mit den allgemeinen sanitären Ver- hältnissen zu tun. weil die Pocken keine Schmutzkrankheit sind wie etwa der Unterleibstyphus. Auch England, wo die Gewissensklausel noch besteht, wird wohl durch eine Pockenepidemie zur Einführung deS vollen Impfzwanges gebracht werden. Abg. Faßliender<Z.) wünscht zur Klärunis der Frage die Ein- setzung einer Kommission, die zu gleichen Teilen auS Jmpfgegnern und Jmpsfreunden besteht, und erklärt die Einführung der Gewissens- klausel in das Jntpfgesetz für notwendig. Abg. Dr. Mugdan  (Vp.) erklärt das Jmpfgesetz für ganz vor- züglich und bittet daher, sämtliche Anträge abzulehnen, auch den zu seinem Bedauern von Abgeordneten der Bolkspartei gestellten. Damit schließt die Diskussion. Ueber die Reihenfolge der Abstimmungen entsteht eine Geschäfts- ordnungsdebatte, in deren Verlauf der Antrag Sachsen   nd Ge- nofsen als sozialdemokratischer Antrag bezeichnet wird, worauf Abg. Bebel(Soz.) erklärt, der Antrag Sachse und Genossen ist kein sozialdemokratischer Antrag, sondern ein hon einer Anzahl meiner Freunde gestellter Antrag. Unter Ablehnung aller Anträge wird entsprechend dem Antrage der Kommission über die Petitionen zur Tagesordnung übergegangen. Nächste Sitzung: Don)ix$t)jg 2 Uhr(Rechnungssachen, Petitionen). Schluß-/«? Uhr. Mgeorcknetenbaus. 65. Sitzung vomMittwoch, den 8, Mot, vormittags 11 Uhr. Am Ministertische: v. Schorlemer. Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Beratung deS Entwurfs eines Ausführungsgesetzes zum Viehseuchengesetz. Landwirtschaftsminister v. Schorlemer: DaS Reichsviehsenchen- gesetz soll am 1. April 1312 in Kraft treten. Die Vorlage schließt sich im wesentlichen dem geltenden Gesetz an. Die Form der vieh- polizeilichen Anordnungen ist festgelegt worden, um Ungültigkeits- erklärungen solcher Anordnungen durch die Gerichte unmöglich zu machen. Die Entschädigungspflicht ist über die Bestimmungen des Reichsgesetzes hinaus ausgedehnt worden. Einem Wunsche dieses Hauses entspricht die Bestimmung des§ 23, wonach aus den von den Viehbesitzcrn erhobenen Beiträgen auch Beihilfen an Tierbesitzer gewährt werden lönnen, denen infolge der Durchführung der Bekämpfungsmaßregeln schwere wirtschaftliche Schädigungen er- wachsen sind. Es ist zu hoffen, daß dadurch insbesondere den Schädigungen durch die Maul- und Klauenseuche wird abgeholfen werden können.(Bravo  ! rechts.) Abg. v. Stockhauseu(k.) erklärt sich im allgemeinen mit der Vorlage einverstanden. Ob der Staat nicht doch einen höheren An- teil an der Entschädigung übernehmen löimte, wird in der Kom- Mission zu prüfen sein. Wir beantragen eine Kommission von 21 Mitglieder».(Bravo I rechts.) Abg. Biereck(st.): Das neue Viehseuchengesetz bedeutet eine wesentliche Verbesserung des bisherigen Zustandes. Das vorliegende AnSführungSgesetz ist zielbewußt und klar durchgearbeitet. Die Ent« schädigungen müßten höher bemessen werden. Abg. Heine(natl.) hält eine höhere Beteiligung deS Staates an der Entschädigung für geboten. Bbg Gras v. Spce(Z.) begrüßt die Vorlage im Interesse einer energischen Bekämpfung der Viehseuchen. Abg. Fischbeck(Vp.): Wir bedauern die schroffe Erklärung des Ministers, daß der Staat einen größeren Anteil an der Entschädigung und an der Ausbringung der Kosten nicht übernehmen werde»nd hoffen, daß die Regierung in dec Kommiision von diesem schroffen Standpunkt abgehen wird. Die Hauptsache wird der G e i st sein, in dem da» Gesetz durchgeführt wird. Unter dem Vorwand der Gefahr der Seuchenverbreitung hat man neuerdings sogar p o l i- tische Versammlungen verboten natürlich nur frei- sinnige und sozialdemokratische!(Hört! hört!) Gegen einen solchen Mißbrauch müssen wir entschieden protestieren.(Bravo  ! links.) Abg. Leinert(Soz.): Meine Freunde find im allgemeinen mit dem Gesetz ein- verstanden, haben aber im einzelnen erhebliche Bedenken. Daß besondere Beamte mit der Durchführung de« Gesetzes betraut werden, billigen wir durchaus. Es müssen dies ganz unab- hängige Beamte sein, die ohne Rücksicht auf agrarische Interessen das Gesetz handhaben. Die Entschädigung sollte über die Vorlage hinaus ausgedehnt werden. Wir verlangen die Entschädigungspflicht für jedes Vjeh, insbesondere auch für Schweine, Ziegen und Schafe im Interesse der kleinen Biehbesitzer. Ferner müssen auch wir eine weitere Ausdehnung der Entschädigung durch den Staat fordern: insbesondere die im Besitz der kleinen Leute befindlichen Tiere sollten ohne weiteres durch den Staat entschädigt werden. Wenn das Gesetz diese kleinen Vieh> besitzer von der Entschädigung ausschließt, so bedeutet das eine einseitige Bevorzugung der Großgrundbesitzer. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) DaS Wohlwollen, was vielleicht im§ 23 für diele kleinen Leute liegt, genügt nicht, wir müssen vielmehr einen Rechtsanspruch auf Entschädigung für die kleinen Grundbesitzer verlangen. DaS Gesetz wird für unS unannehmbar, wenn auf die kleinen Leute nicht mehr Rücksicht genommen wird. Da« Schätzungsverfahren ist nach modernen Grundsätzen geregelt. DaS liegt wohl daran, daß es sich hier nicht um Unfallverletzte Arbeiter, sondern uni Grundbesitzer, vor allem Großgrundbesitzer, handelt. (Sehr gut! bei den Soziaidemolraten.) Im Interesse der Allge- meinheit wird das Gesetz erst wirken, wenn auch Maßnahmen zur erhütung der Seuchen ergriffen werden durch Vorschriften über die Unterbringung des VieheS, die Einrichtung der Ställe usw. Wir verlangen eine strenge Handhabung des Gesetzes im Interesse der Versorgung der Bevölkerung mit gesundem Fleisch. Wird aber das Gesetz streng durchgeführt, so sind die Grenz« sperrmaßregeln gegenüber dem Ausland nicht mehr haltbar. Die Zufuhr seuchenfreien Vieh« liegt vielmehr durchaus in, Interesse billigerer Fleischpreise. Bedenklich ist ein Erlaß des Ministers, wo- nach zugelassen wird, daß Milch aus selichenverdächtijzen Bezirken zum menschlichen Genuß nach Städten oder größeren Orten versandt werden darf. Wir müssen Einspruch dagegen erheben, daß zugunsten der Großgrundbesitzer die Gesundheit der städtischen Be- völkernng in dieser Weite gefährdet wird.(Bravo l bei den Sozial- demokraten.) Ferner müssen auch wir dagegen protestieren, daß da« Gesetz ge mißbraucht wird, um die Bevölkerung in ihren poli- tischen Rechten zu beeinträchtigen. Noch am vorigen Sonntag ist bei Hannover   wieder ein« Versammlung unter freiem Himmel verboten worden, well die Gefahr der Verschleppung der Maul- und Klauenseuche vorliege.(Hörl I hört l bei den Sozialdemokraten.) Abg. v. Saß-JaworSki(Pole) begrüßt die Vorlage, hält aber größere Beteiligung de» Staates an der Entschädigung für er- forderlich. Minister v. Schorlemer: Herr Leinert hat Ausführungen wieber- holt, die ich vor etwa acht Tagen schon in der.Berliner Morgen- post' gelesen habe. Der Erlaß über die Ausnahmen in bezug auf die Milchzufuhr nach den Städten ist gerade im Interesse der Ernährung der städtischen Bevölkerung erfolgt. Der§ 23 läßt in der Tat die Möglichkeit zu, durch entsprechende Bestimmungen der Provinzialverbände auch die von Herrn Leinert gewünschte Entschädigung für Schweine zu gewähren. DaS da« Verbot von Versammlungen anlangt, so kann man auf Grund dieses GesetzeSAnsammlungen von Menschen nicht verbieten, daher bin nicht ich, andern der Herr Minister des Innern für solche Verbote verantwortlich. Aber nach den Erfahrungen, daß vielfach die Maul- und Klauenseuche durch Menschen verschleppt und übertragen worden ist, kann ich mir sehr gut denken, daß ein Landrat sich ver- pflichtet fühlt. Versammlungen zu verbieten, die vielleicht nicht zum geringsten Teile von Leuten besucht werden. die in der Lage sind, diese Seuche weiter zu verbreiten.(Bravo I rechts.) Ein Schlußantrag wird angenommen; die Vorlage wird einer Kommission von 21 Mitgliedern überwiesen. Es folgt die Beratung eines Antrags Hammer(k.) auf Einschränkung der Waudcrlager. Abg. Hammer(k.) begründet den Antrag, der eine Ergänzung der Gewerbeordnung verlangt, wonach für den Betrieb eines Wonder- lager« eine besondere Erlaubnis erforderlich ist, die von dem Nachweise eine? vorhandenen Bedürfnisses abhängig zu machen ist, wonäck «rner die Erlaubnis nur für längstens 14 Tage erteilt werden darf und die Genehmigung zum Beginn eines Wanderlagers mindestens acht Tage vorher bei der Ortspolizeibehörde nachzusuchen ist mit An- gäbe der Zeit und des Ortes, wo sich die VerkaufSgegenstände bis zum Verkaufstermin befinden. Ein Rrgicrungstommissar erklärt, daß die preußische Regierung bereits im vorigen Jahre dem Reichskanzler einen entsprechenden Antrag unterbreitet habe, der im Bundesrat sympathische Auf» nähme gefunden habe. Die Abgg. Cahensly(Z.), Rahardt(fl.) und Dr. Schrvder-Kassel natl.) stimmen im Interesse der Bekämpfung der Mißbrauche auf dem Gebiete der Wanderlager dem Antrage zu. Abg. Hoffmann(Soz.): Wir können in die allgemein« Zustimmung nicht ein- stimmen. Wir find gewiß für Einschränkung schwindelhafter ver- kaufe, aber nicht nur bei Wanberlagern. Der beste Schutz gegen solche Mißbräuche wird immer der Selbstschutz und die Aufklärung fein. Wir sind bereit, Auswüchse zu bekämpfen, aber dieser Anfrag will offenbar hinterrücks die Wanderlager ganz»nmog- lich machen. Wir machen bei diesem erneuten Eingriff in die Gewerbefreiheit nicht mit.(Bravo  ! bei den Sozialdemokraten.) Nachdem sich noch die Abg. Rosenow(Bp.) und GlyczinSki(Pole) für den Antrag erklärt haben, schließt die Debatte. Der Antrag wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten angenommen. Es folgt die Beratung eines Antrages Hammer auf Besteuerung der Konsumvereine. Abg. Hammer(k.) begründet den Antrag, der die Regierung ersucht, spätestens bei der organischen Neuregelung des Einkommen­steuergesetzes einen Gesetzentwurf vorzulegen, der dem Einkommen- steuergesetz eine Bestimmung einfügt, wonach als zu ver- steuernde verteilte Dividende bei den Vereinen ein- schließlich eingetragenen Genossenschaften jede an ihre Mitglieder in Form von Rabatten oder in sonstiger Art gewährte Rückvergütung gelten soll. Es handle sich bei dem Antrag nicht um eine E r- ivürgung der Konsumvereine, sondern um die Herbei« führung steuerlicher Gerechtigkeit. Die heutige Fassung des Gesetzes hat ledtglich Steuerumgehungen der Konsumvereine begünstigt. Durch eine solche Privilegierung der Konsumvereine wird der Mittelstand fchwer geschädigt.(Bravo I recht«.) Ein Rcgierungskommissar erklärt, daß die Regierung noch keine Stellung zu den, Antrage genommen habe. Der Finanzminister werde aber nicht ermangeln, bei der Einbringung des neuen Ein- kommeiisteliergeietzes die Frage möglichst zu erwäg e n. Abg. Herold(Z.): Wir beantragen die Ueberweisung deS An­trags an die um 7 Mitglieder verstärkte Kommission für Handel und Gewerbe.(Bravo I im Zentrum) Abg. Eckert(freik.): Wir wären bereit, dem Antrag ohne weiteres zuzustimmen, erheben aber gegen eine Kommisfions- beratnng keinen Widerspruch. Abg, Gchrocdcr-Kassel(natl.): Wir stehen dem Antrag insofern sympathisch gegenüber, als auch wir eine gleichmäßige vesteue- rung der Konsumvereine und der Gewerbetreibenden wünschen. Eine eingehende Prüfung der Materie in der Kommission halten auch wir für notwendig. Abg. Roseao«(Vp.): Privilegien für Konsumvereine wünschen auch wir nicht. Insbesondere werden auch die Raiffeisenschen Ge- nossenschaften und die Verkaufsstelle des Bundes der Landwirte entsprechend besteuert werden müssen. Vielleicht er- halten wir bei dieser Gelegenheit endlich einmal Auskunft darüber. welche umfangreiche Warenvermittelung durch die Verkaufsstelle des Bundes der Landwirte erfolgt.(Sehr gut l links.) Wg. Hirsch(Soz.): Auch meine Freunde sind gegen jedes AuSnahmerecht, aber gerade deshalb stimmen wir gegen den Antrag und gegen die KommissionSberatling. Eine Steuer, wie sie der Antrag verlangt, wäre im übrigen eines der verfehltesten Mittel zum Schutze de« Mittel« stände«. Daß die Rückzahlungen der Konsuinvereme nicht als Dividenden im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu gelten haben, ist durch Urteile der höchsten Gerichte anerkannt. Die Annahme des Antrags Hammer würde den Mittelstand geradezu schädigen, denn die Konsumvereine würden dann die Dividende nicht am Ende des Jahres auszahlen, sondern würden einfach die Waren billiger verkaufen. Warum geht man denn nicht, wenn eS sich wirklich um den Schutz des Mittelstandes handelt, ebenso wie gegen die Konfumvcreine auch gegen die Beamten- und Lieferantenvereine vor. deren Mitglieder auch in vielen Ge- schäften gegen Vorzeigung der Mitgliedskarte Rabatt bekommen. Weit schädlicher für den Mittelstand als die Konsumvereine sind vor allem auch die Robattsparvereine.(Sehr wahr I bei den Sozial- demokraten.) Und wie ist bei den K a l i g e l d e r n, wo viele Millionen Vergütung in Betracht kommen.(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) ES ist ganz offenbar, daß es sich hier um ein Ausnahmegesetz gegen die Sinsumvereine handelt. WaS die Warenhaussteuer, deren Ausbau Herr Herold verlangte, anlangt, so hat die Regierung inzwischen selbst eingesehen, daß sie ihren Zweck gänzlich verfehlt hat. Dem Mittel« stände ist auch mit dieser Steuer nicht geholfen. Ich möchte übrigen» dem Zentrum dabei einen guten Rat geben: vielleicht entsendet es sein Mitglied Freiherrn   v. T w i ck e l in die Kommisston, von dem mein Freund Leinert neulich feststellte, daß er an einer ganzen Reihe von Warenhäusern stark beteiligt ist.(Hört 1 hört I und Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Diese ganze Maß- nahmen, die hier gegen die Konsumvereine gefordert werden, richten sich in letzter Linie gegen die Arbeiter, die schon ohnehin durch den 8 23 des Einkommensteuergesetzes schlechter gestellt sind als alle anderen Steuerzahler. Arbeiter, die sich gegen den Lebensmittelwucher wenigstens einigermaßen durch den Zusammenschluß zu Konsumvereinen zu schützen suchen, sollen in diesen Bestrebungen bcbindert werden. Gelingen wird Ihnen das ebensowenig, wie Ihnen gelingen wird, durch solch kleinliche. schtlaiiös« Bestimmungen den Konsumgenossenschaften deaGarauS zu machen.(Bravo  ! bei den Sozialdemokraten.) Damit schließt die Besprechung. Der Antrag geht an die Verstärkte Handels- und Gewerbetommisston. Hierauf vertagt sich da» HauS. Nächste Sitzung: Donnerstag, 11 Uhr.(Antrag der Sozial- demokraten auf Eliistellung des Disziplinarverfahren» gegen den Abg. Dr. Liebknecht vor der AnwattStammer. Klemere Vorlagen, Jmtlattvanfrage.) Schluß 4 Uhr. Euq der partei» Genosse Stadthagcn erkrankt. Genosse ReichStagsabgeordneter Stadthagen ist am Mittwoch« nachmittag im Reichstage plötzlich erkrankt und mußte nach dem St. Urban-Krankenhaus übergeführt werden. Stadthagcn, der sich vormittag lebhaft an den Verhandlungen der Kurpfuscherkommiiston beteiligt hat, sprach nachmittags im Plenum des Reichstages über das Hilfskasiengesetz. Man konnte ihm anmerken, daß er von er- h-blichen Schmerzen geplagt war. und fast unmittelbar, nachdem er geendet, brach er zusammen. Stadthagen   leidet an einem alten Bruchschaden. Man brachte ihn sofort nach einem der kleinen Zimmer im Reichstage, wo sich zwei Acrzte, die Abgeordneten Dr. Mugdan und Dr. S truve, um ihn bemühten. Auf ihre Veranlassung wurde Stadthagen   ins Krankenhaus gebracht. Dort wurde eine Einklemmung des Bruches konstatiert, die die sofortige Operation notwendig machte. Die Operation ist gut verlaufen und das Befinden unseres Genossen recht zufrieden- stellend._ Sozialdemokratische Redakteure im Gefängnis. Genosse M e h l i ch von der.Dortmunder   Arbeiter- zeitung' hat zurzeit sechs Monate Gefängnis wcaen angeblicher Beleidigung eines katholischen Vikars im GefältgnlS ,u Llngen zu verbüßen. Dem Genosscn Mehlich war nicht gestattet eigene Kleidung zu fragen: er mußte Sträflingskleider an� Seine Antrage auf Sclbstbeschäftigung und Selbst- bekoitigung sind nun nach neun Tage» noch nicht erledigt. In der letzten Zeit mehren sich die Fälle, in denen einzelne preußische besonderer Härte gegen sozialdcmo- frattsche Preßsünder vorgehen. ES wäre angebracht, daß in allen Fallen Beschwerde bei den vorgesetzten Instanzen, eventuell bi» zum Justizmlnister, erhoben würde. Mit früheren Erklärungen de» Juili,. Ministers steht die Behandlung des Genossen Mehlich nicht im Ein- l ang. Oder ist in neuerer Zeit die höhere Bureaukralie mit de« rigorosen Borgehen der GefaugmSverwaltungen einverstanden)