Die Diskussion war sehr lebhaft, von allen Seiten stimmte mander Gründung zu. Stadtsyndikus Dr. Bergmann versicherte,daß der Magistrat von Schöneberg den vorliegenden Fragen grotzesInteresse entgegenbringe; am wichtigsten sei die Ausgabe, zu ver-hüten, datz Differenzen überhaupt ausbrechen. Frl. Klausnervom Zentralverein für Arbeitsnachweis wunderte sich, daß man aufeine so wichtige Institution wie den Arbeitsnachweis für die Dienst-boten nicht die gebührende Rücksicht bei den Vorberatungen wie beiden weiteren Arbeiten genommen habe. Mit der Gründung einesHausdienstausschusses erklärte sie sich einverstanden.Daß man sich bei diesem Unternehmen um die Mitwirkung deZZentralverbandes der Hausangestellten, der unterden fünf Organisationen für Dienstboten in Berlin die erste Stelleeinnimmt, in keiner Weise bemüht hat, ist nicht verwunderlich. Manweiß, daß der Zentralverband auf dem Standpunkte beharrt, daßdie vorhandenen großen Gegensätze der Interessen zwischen Dienst-boten und Herrschaften sich nicht durch schöngeplante Einrichtungenausgleichen lassen. Er begnügt sich damit, die Interessen derHausange st eilten allein zu vertreten, aber er tritt denBestrebungen, einen Hausdienstausschutz zu gründen, nicht hinderndin den Weg: denn diese Bestrebungen haben ein besonderes Interessefür ihn. Man macht nämlich von der anderen Seite dadurch daswertvolle Eingeständnis, daß es mit der alten Gesindcordmingnicht mehr weiter geht, am wenigsten in Berlin. Man brauchtnotwendig etwas anderes. Ohne den geringsten Widerspruch wurdevon verschiedenen Rednerinnen und Rednern die Gesindeordnungangegriffen und das Recht der Dienstboten auf eine andere, einebessere Ordnung betont. Daß der geplante HauSdienstausschutz vorder Größe der gestellten Aufgaben nicht bestehen kann, ist klar, aberdie bürgerlichen Frauen haben beschlossen, den Versuch zu wagen,und Herr Pastor Burckhardt, Vorsitzender vom Verband derevangelischen Jungfrauenvereine; wird diej Leitung in die Handnehmen. Den Hausangestellten kann nur einpfählen werden, sichdem Zentralverbande anzuschließen, wo ihre Rechte und ihreInteressen die beste Wahrung sinken, weil sie dort selbst die Ziele,die sie erreichen wollen, bestimmen können.Versammlungen— Veranstaltungen.Zentralverband der Hausangestellten. Sonntag, den 14. Mai, im«Deutschen Hof", Luckauer Str. 1b(großer Saal): Stiftungs-fest. Programm: Festrede: Frau Luise Zieh: Herr FerdinandKalweit, Kammersänger(Lieder für Tenor); Frl. Else Kardaetzund Herr Emil Kühne vom Residenztheater(Rezitation unddramarische Aufführung): Herr Rudolf Tobias(Klavier). Ball.Saalöffnung 6 Uhr. Beginn des Programms 7'/, Uhr.8o2ia!es.Die kaufmännische« Angestellten und die ReichSversicherungS-ordnung.Anläßlich der gegenwärtigen Verhandlungen deS Reichstagsüber die Reichsversicherungsordnung hat der Vorstand des Zentral-Verbandes der Handlungsgehilfen und Gehilfinnen folgenden Be-ifchluß gefaßt und dem Reichstage zugehen lassen:„Die Handlungsgehilfen hatten erwartet, daß die ReichSver-ficherungsordnung ihnen endlich insofern eine Gleichberechtigungmit den Arbeitern bringen werde, als die für Handlungsgehilfenund andere Privatangestellte geltende Grenze der Versicherungs-Pflicht bei LOW) M. Jahresarbeitsverdienst beseitigt würde. Daßdieses Verlangen der Handlungsgehilfen berechtigt ist, hatte dieRcichStagskommifsion wenigstens teilweise ausdrücklich anerkannt,indem sie bei der Krankenversicherung die Pflichtgrenze auf 2500Mark erhöhte. Leider hat die Kommission diesen Beschluß wiederaufgehoben. Dagegen aber ist in der Reichsversicherungsordnung.wie sie dem Reichstage zur zweiten Lesung vorliegt, eine wesentlicheEinschränkung des Selbstverwaltungsrechts der Versicherten in denKrankenkassen vorgesehen, anderseits der Einfluß der Unternehmergestärkt worden. Eine Ausdehnung der Unfallversicherung für dieHandlungsgehilfen ist trotz deren Wünschen nicht erfolgt. Bei derInvalidenversicherung ist die Grenze der Vcrsicherungspflicht vonLOOO Mk. Jahresarbeitsverdienst beibehalten worden, höher ent-lohnte Angestellte bleiben wie bisher von der Versicherungspflichtausgeschlossen; weitere Beitrags- und Lohnklassen sind der Jnva-lidenversicherung nicht angegliedert, eine angemessene Witwen- undordentlich verringert. Deswegen und weil die ReichSversicherungSordnung in der Fassung der Kommissionsberatung für die Hand-lungsgehilfen keinen nennenswerten Fortschritt brrngt— auch dieganz belanglosen Waisenrenten und die kümmerlichen Unter-stützungen an arbeitsunfähige Witwen an Stelle der Annenpflegekönnen als ein solcher wesentlicher Fortschritt nicht anerkanntwerden— richtet der Vorstand deS Zentralverbandes der Handlungsgehilfen und Gehilfinnen an den Reichstag das Ersuchen,dem Gesetzentwurfe in dieser Form seine Zustimmung nicht zugeben, sondern ihn nur zu verabschieden, wenn in den erwähntenPunkten noch wichtige Verbesserungen herbeigeführt werden.Bon der Lohnberechnung bei MonatSbezügen.Der Zahntechniker K. forderte vor dem Gewerbegericht vonder Inhaberin eines Zahnateliers Fr. Erdmann, bei der er gegen250 M. Monatslohn in Stellung war, noch einen restlichen Lohn-betrag von 75 M. Der Kläger will vom 7. bis 28. Februar inder Stellung gewesen sein. Er ist der Meinung, daß er nach Ab-zug von sechs Dreißigstel des Monatsbezuges für die ersten sechsTage— 50 M., 200 M. Lohn für seine Tätigkeit zu beanspruchenhabe, so daß ihm, da er schon 125 M. erhalten hat, noch 75 M.zustehen. Die Beklagte behauptete, der Kläger habe die Stellungerst am 8. Februar angetreten. Sie erkennt an, daß der Klägernach ihrer Berechnung noch einen berechtigten Lohnanspruch von50.35 M. hat. Die Beweisaufnahme bestätigte die Behauptung derBeklagten über den Antritt der Stellung durch den Kläger.Das Gewerbegericht vertrat die Ansicht, daß für den MonatFebruar nicht ein Dreißigstel des Monatslohnes auf jeden Tagentfällt, sondern dem Kläger stehen, da er nur 21 Tage in derStellung war,"In des Monatsbezuges zu. Da er hiervon schon125 M. erhalten hat, wurde die Beklagte verurteilt, noch 62,50 M.zu zahlen; die Mehrforderung wurde abgewiesen.Serickts- Leitung.Ein Nachspiel zur Affäre Spahn.Eine Privatklage des Reichstagsabgeordneten und Herren-IsausmitgliedeS Grasen v. Oppersdarff gegen den verantwortlichenRedakteur des..Westfälischen VolkSblatteS" Hermann Abels inPaderborn beschäftigte gestern das Schöffengericht Berlin-Mitte.Der Privatkläger wurde durch Rechtsanwalt Dr. Marwiv vertreten,der Angeklagte durch Rechtsanwalcht GörreS verteidigt. Mittel-Punkt der Klage war die Broschüre des Grasen v. Oppersdorfs:„IstMartin Spahn Zentrumsmann?" Als �diese Broschüre erschienenwar, brachte das..Westfälische Volksblatt" einen längeren gegen denGrasen v. Oppersdorf gerichteten Artikel, der das Borgehen desPrivatklägers gegen Martin Spahn scharf tadelte. Es wurdedarauf hingewiesen, daß Graf v. O. als Wortführer einer Reihevon Zentrumsabgeordneten einige Tage vor der Wahl in Warburg-Höxter versucht habe, in einem Briefe Herrn Spahn zum Rücktrittvon der Kandidatur zu bewegen. Obgleich es im Parteiinteressegelegen hätte, von dieser Agitation gegen Spahn abzulassen, habeGraf v. O. alles mögliche aus den Schriften Spahns zusammen-gesucht, um den Nachweis zu liefern, daß Spahn kein Zentrums-mann sei. Tie von ihm herausgegebene Broschüre sei auf dasschärfste zu verurteilen, denn er sei dabei nicht objektiv vorgegangen.Die m ihm aus den SMnschen SchxiM bUlUtSLejuLteo Stelle»sollen Bedenleii örieffen, Kenn Kais allet nihÄ zusehe, erSebe sich.daß sie einen ganz anderen Sinn haben. Das sei nicht mehr Pole-mik, sondern Verdrehung, wie sie kaum stärker geschrieben werdenkönne. Der Vorstand der Zentrumspartei in Paderborn verdienevolle Anerkennung dafür, daß er von der„skandalösen" BroschüreKenntnis genommen und der Zentrumsfraktion des Reichstages eineentsprechende Resolution unterbreitet habe. Graf v. Oppersdorfssei in seinem Kampfe gegen Martin Spahn unterlegen; wer dieDisziplin nicht zu halten verstehe, tue besser, die Konsequenzen zuziehen.Graf v. Oppersdorff habe nicht quellenmäßiges Material zumStützpunkt für seine Behauptungen benutzt, sondern nach Zitatenzentrumsfeindlicher Blätter gearbeitet usw. usw.— diese Ausführungen haben den Grafen v. Oppersdorff veranlaßt, die Privat-klage anzustrengen.— Rechtsanwalt Görres glaubte die Behaup-tung, daß es sich um„Verdrehungen" handele, belegen zu könnenund beantragte, aus der Broschüre einige Stellen zu verlesen unddiese mit den in Frage kommenden Ausführungen in den WerkenSpahns zu vergleichen.— Rechtsanwalt Dr. Marwitz: DemPribatkläger würde natürlich nichts angenehmer sein, als wenn derWahrheitsbeweis versucht würde. Dieser Wahrheitsbeweis werdenun aber ganz plötzlich und unvorbereitet angetreten, und es würdedoch unumgänglich notwendig sein, daß Graf v. Oppersdorfs per-sönlich bei diesen Erörterungen zugegen sei. Aus diesem Grundemüsse er die Vertagung beantragen.— Rechtsanwalt Görreswidersprach dieser Vertagung, da es nur der Verlesung zweierStellen bedürfe, wo eine offenbare Verdrehung vorliege.— DerVorsitzende bemerkte: Ihm sei der Inhalt der Broschüre bis zurStunde nicht bekannt und er habe die betreffenden Stellen nichtgelesen. ES sei aber doch zweifelhaft, ob ein direkter Beweis da-für. daß eS sich um wissentliche Verdrehungen handele, überhauptgeführt werden könne; schlimmsten Falles würden ja doch wohl nurobjektive Verdrehungen nachgewiesen werden können.— Der Gerichtshof beschloß, die Verhandlung zu vertagen und den Parteienauszugeben, zum nächsten Termin ganz bestimmt formulierte Be-Weisanträge bezw. Gegenerklärungen beim Gericht einzureichen.Eine Luftschifferkreise interessierende Gerichtsverhanblungiwird am 19. Mai vor der zweiten Strafkammer des Landgerichts IIstattfinden. Der in Flugsportkreisen sehr bekannte RegierungS-baumeister Hoffmann hatte im Auftrage und unter Kontrolle derVersuchsabteilung der Verkehrstruppen einen Drachenflieger er-baut, mit welchem auf dem Truppenübungsplatz Döberitz Flug-versuche angestellt wurden. Zum Bau des Sleroplans wurde einebesondere Holzart, sog. pitchpine Holz verwendet, die der Chef derVersuchsabteiluna, Hauptmann de la Rai, bei seinem Schwieg«-bat«, dem Holzhändler Nitschke in Stolpe, in Auftrag gab undauch von diesem geliefert wurde. Als der Vertrag zwischen Hoff-mann und der Militärverwaltung gelöst war, kam es eines Tageszwischen dem Hauptmann de la Rot und Hosfmann zu einem sehrheftigen Wortwechsel, in dessen Verlauf letzterer dem Hauptmannunlautere Machinationen vorwarf. Die Situation spitzte sich der-artig zu, daß der Hauptmann seinen Deqen zog und auf Hoffmamieindrang, um ihn zum Verlassen des Zimmers zu zwingen. Hoff-mann ließ sich hinreißen, dem Hauptmann, als er aus demZimmer flüchtete, das Wort„Oberschieber" zuzurufen.— DieserVorfall hatte erst ein ehrengerichtliches Verfahren zur Folge, welche»aber allem Anschein nach keine genügende Klärung der Angelegen-heit brachte.— Hauptmann de la Rai stellte daraufhin Straf-antrag wegen Beleidigung gegen Hoffmann, der sich nunmehr vorder Strafkammer zu verantworten haben wird. Auf seinen Antragist Hauptmann de la Roi unter Beistand des Justizrats EschenbachalS Nebenkläger zugelassen worden. Der Angeklagte selbst hat durchRechtsanwalt Dr. Puppe einen Wahrheitsbeweis für feine Be-hauptungen antreten lassen, so daß die Verhandlung sehr inter-essant werden dürfte. Den Vorsitz im Gerichtshof wird Land-gerichtsdirektor Dr. Liepmann führen, die Anklage poird vomStaatSanwaltschaftsrat Dr. Pabst vertreten.MasochismuS.Leipzig, 5. Mai. Wegen Sittlichkeitsverbrechens nach§178, 3hatte sich am 1. November v. I. vor der Strafkammer in Walden-bürg(Schlesien) der Kollekteur Franz Gottwald zu verantworten.DaS Gericht verurteilte ihn jedoch nur wegen tätlicher Beleidigungzu 150 M. Geldstrafe. Der Angeklagte hat mehrere Knaben unter14 Jahren, die Gänge für ihn machten, oft mit einem Rohrstockauf das Gesäß geschlagen und sich, wenn er sich auskleidete, vonihnen an den Füßen kitzeln lassen. Das Gericht hat darin nureine Beleidigung der Knaben erblickt.— Auf die Revision desStaatsanwalts hob heute das Reichsgericht das Urteil auf undverwies die Sache an die Strafkammer zurück. Der Begriff derUnzüchtigkeit scheint verkannt zu sein. Ein Berühren der Geschlechts-teile ist nicht erforderlich. Es mutz geprüft werden, ob die Hand-lungen des Angeklagten wollüstigen Motiven entsprungen sind.War dies der Fall, so wäre die Beziehung zu geschlechtlichen Dingeneinwandfrei nachgewiesen. Nach dem festgestellten Sachverhalt liegtes sehr nahe, daß die fraglichen Handlungen unzüchtig waren.Versammlungen.Die Loh«- und Arbeitsverhältnisse in den große« Kauf- undWarenhäusern Berlins.Eine öffentliche Versammlung der Hausdiener, Packer undverschiedenen Transportarbeiter der Kauf- und Warenhäuser füllteam Mittwoch den großen Saal der„Arminhallen" und beschäftigtesich mit den Löhn- und Arbeitsverhältnissen, die in diesen Betriebenherrschen. Schriftsteller Julius Kaliski hielt das einleitendeReferat. Der Redner schilderte die Zustände in verschiedenengroßen Warenhäusern und darauf folgte eine rege Diskussion, inder seine Ausführungen noch in manchen Punkten ergänzt wurden.Aus dem, was berichtet wurde, ist zu entnehmen, daß man in denmeisten der großen Warenhäuser den Angestellten daS freie Ko-alitionSrecht gänzlich zu nehmen sucht. Auch sucht man in denWarenhäusern durch ein weit verzweigtes Spitzelsystem Uneinigkeitund Verhetzung unter die Angestellten zu tragen. Die Löhne sindim allgemeinen sehr unzureichend und zu den Warenhäusern, dieihre Hausdiener, Packer usw. am schlechtesten bezahlen, gehört dieMillionenfirma T i e tz. Der Anfangslohn für die über 21 Jahrealten Angestellten ist dort auf 25 M. bemessen, der Höchstlohn, denin jenem Geschäft die allerwenigsten crreick�n, auf 32 M. Diemeisten erhalten nur 25 oder 26 M. die Woche bei einer über-langen Arbeitszeit. Um 6 Uhr 25 Minuten müssen sie schon an-treten, um die schwere Arbeit de» Bohnens zu besorgen, und um8 Uhr beginnt dann die eigentliche Arbeitszeit im Geschäft, die inmanchen Fällen bis 10, ja 11 Uhr abends ausgedehnt wird, nament-lich bei dem Neubau der Firma. Ueberdies werden die Leute auchnoch Sonntags zum Austragen von Paketen herangezogen. Wirdeiner krank, so hat er mit sofortiger Entlassung zu rechnen, unddies ist auch bei I o n d o r f der Fall, wo auch im allgemeinen dieBehandlung zu wünschen übrig lassen soll. Ueber den Chef desWarenhauses am Kottbuser Damm wurde berichtet, daß er die Ge-wohnheit haben soll, Angestellte gelegentlich als„Schwein" unddergleichen zu bezeichnen, sein erstes Wort bei irgendwelchen Diffe-renzen soll„rausfliegen" sein und Vertrauensmänner der Or-ganisation pflegt man dort fortgesetzt zu maßregeln. UeberA. Wert heim wurde gesagt, daß bei ihm der Drill noch ärgersei als auf einem preußischen Kasernenhof und daß die Angestelltengjlimwer daran seien als Sklaven. Eme über alle Maßen langeusdehnung der Arbeitszeit unter Mißachtung der gesetzlichenVorschriften wird, wie eS scheint, in verschiedenen Häusern als eineSelbswerständlichkeit angesehen, mit der sich das Dienerpersonalobne Murren abzufinden hat. Das Publikum kann dies zun: Teilselbst beobachten. Die Fuhrwerke der Firma M. Israel siehtman häufig noch um 10, ja 11 Uhr abends weit außerhalb Berlinsin den Vororten herumfahren, und bei Rudolph Hertzog werdend«, Hausdienern noch vsch SäSt ütut odillds Pakete mt auf ds»Weg gsgehett, die sie irt Köti'chen Jallett ftöch dettt äußersten EndsGroß-Berlins zu bringen haben, entgegengesetzt der Richtung, inder ihre Wohnung liegt, so daß sie erst um Mitternacht heim-kommen. Dafür können sie dcyrn 50 Pf. und das tatsächlich aus-gelegte Fahrgeld verlangen, wen« sie es nicht vorziehen, am anderenTage eine Stunde Urlaub für sich in Anspruch zu nehmen. Es gibtkleinere Warenhäuser, namentlich in Gegenden Berlins mit starkerArbeiterbevölkerung, in denen die Lohn- und Arbeitsverhältnissewen» auch nicht befriedigend, so doch wesentlich besser sind als inden Riesenbetrieben, deren Leiter mit ihrem sozialen Empfindenzu prahlen pflegen. Die großen Warenhäuser wurden in der Dis-kussion als moderne Zuchthäuser bezeichnet, aber ebenso deutlichwurde hervorgehoben und namentlich auch vom Referenten betont,daß die Angestellten, wenn sie es nur nicht an der nötigen Ein-mütigkeit fehlen ließen, die Macht hätten, sich bessere Lohn- undArbeitsbedingungen zu schaffen als in irgend welchen anderenBetrieben. Die modernen Kauf- und Warenhäuser heimsen Mil-lionen über Millionen an Profit ein, ihre Betriebsunkosten sindverhältnismäßig weit geringer als die der kleinen Handelsbetriebe,und sie können deshalb sehr wohl ihren Angestellten bessere Be-dingungen bieten. Aber freiwillig tun sie es nicht, trotz allerschönen Redensarten. Es muß Aufgabe der Angestellten selbst sein,durch einmütiges Zusammenhalten in der Organisation sie dazuzu zwingen._Erklärung. Im Versammlungsbericht des ZentralverbandeSder Fleischer im„Vorwärts", Nr. 105, wird meiner Stellung inSachen der Maifeier eine Form verliehen, als sei ich ein Gegnerder Maifeier. Das ist vollständig unzutreffend. Lediglich in bezugauf die beruflichen und tariflichen Verhältnisse in unferein Berufeist seitens der Geschäftsleitung verlangt worden, eine Verständigungmit dyt Artzeitgetzern über die Feier des 1. Mai herbeizuführen._ Paul HeviS�Hiis aller Melt.Rurnfcbc Praktiken.Ueber einen Schurkenstreich eines russischen Pfarrers weiß dieNeustrelitz« Landeszeitung" folgendes zu berichten: Im RitterguteMöllenbeck war eine Schnitterin aus Rußland zurückgeblieben,die von der Herrschaft als Dienstmädchen engagiert wurde. ZuOstern wollte sich daS Mädchen mit dem Arbeiter D. auS Weiten-dorf verheiraten und wandte sich deshalb an den Pfarrer ihresHeimatsortes um Ausstellung eines Taufscheines. Alsdieser nicht eintraf, trat die Braut die kostspielige Reise nachder Heimat selbst an. Nach kurzer Zeit kehrte sie freudestrahlendmit dem Schein und der Genehmigung zur Heirat nach hier zurück.Aber leider konnte niemand das fast drei Seiten lange Schrift-stück des griechisch-katholischen Geistlichen entziffern. Dieseswurde deshalb zur Uebersetzung nach Berlin gesandt. Dabeistellte sich heraus, daß der Pfarrer dem Mädchen bescheinigt hatte.daß es bereits verheiratet sei. Nicht nur dieZeugen, sondern sogar der Trautag waren ge»nannt. Die Russin beteuerte nun, daß der Inhalt de» Schrift-stücks der Wahrheit nicht entspreche. Abermals trat sie dieReise nach Rußland an. Als sie dort dem Pfarrer Vor-Haltungen wegen der falschen Bescheinigung machte, wurde diese vorihren Augen zerrissen und sie bekam den gewünschtenTaufschein. Man nimmt hier an, daß die Fälschung erfolgt ist,um eine Heirat deS Mädchens mit einem Angehörigen der e v a n-gelischen Kirche zu hintertreiben. Das Mädchen istdurch die Reisen um ihre ganzen Ersparnisse gekommen.Der biedere GotteSmann, der eine arme Arbeiterin durch seineGaunerpraktiken um die sauer ersparten Groschen gebracht hat, magsich trösten, neben ihm laufen noch eine Menge ebenbürtiger Lumpenin Rußland herum._Acht Frauen erschlagen.Ein furchtbares Unglück ereignete sich am Freitag auf demGelände der Grube Cockerill bei Seraing in Belgien.Auf einer Halde suchten Arbeiterfrauen unter den Schlackennach Kohlenstückchen, als sich plötzlich aus einer zur Förderungdienenden Schwebebahn ein S t e i n b o g e n l ö st e. Dieetwa 30 000 Kilogramm wiegenden Steinmassen er»schlugen fünf Frauen, die vollständig platt gedrücktwurden. Drei andere Frauen wurden so schwer verletzt.daß an ihrem Aufkommen gezweifelt wird.Es gibt noch Wunder.Eines der trefflichsten Mittel zur Abwendung von allerlei Schädenist der Glaube an die Wunderkraft des«heiligsten Herzen Jesu".Was für Wunder dieser Glaube alle? bewerlstelligt, lehrt der inInnsbruck erscheinende„Sendbote de» göttlichen Herzen Jesu".In der Mainumm« des frommen Blattes werden folgendeWunder aufgezählt, die auf das Konto deS„heiligsten HerzenJesu" kommen:„Für schnelle Hilfe in einer Geldangelegenheit;für Erhaltung guter Dienstplätze; für Bewahrung vor an-steckender Krankheit; für Abwendung eines Pro»z e f f e S; für glücklichen Vorübergang einer schweren Stunde;für Abwendung einer großen Gefahr für eine Familie; fürdie Bekehrung eines Sünders; für schnelle Hilfein einer heiklen Prozeßsache; für glücklichenGeschäftsgang; für Hilfe in mehreren Anliegen; fürHilfe in seelsorgerischen Angelegenheiten; für Rückkehrde» Friedens; für die Wiedererlangung der Gesundheit;für glücklichen Hausverkauf; für gutbestandenePrüfungen; für Befreiung von einem von Kindheit andauerndem Leiden; für Fortschritt im Studium; fürgelungene Operationen; für Befreiung vom Irrsinn; für Er»langung einer guten Lebensstellung; für Hilfe inSeelenleidcn; für Genehmigung einer klösterlichen Lehranstalt."Vielleicht wendet der in arger Bedrängnis steckende M a t i 91 esich einmal an den„Sendboten deS göttlichen Herzen Jesu". Mög-licherweise könnte sein ihm so unangenehmer Prozeß auch abgewendetwerden.Kleine Notizen.Fernbeben. Auf der Erdbebenwarte bei P o t s b a K Gurd'ein der Nacht zum Freitag ein starkes Erdbeben registriert»das etwa zwei Stunden andauerte. Nach den Berechnungenliegt der Herd des Bebens etwa 7800 Kilometer in nordnordöstlichesRichtung in der Gegend der Halbinsel Kamtschatka.Eisenbahnerlos. Auf dem Bahnhof Bütow in Pommerngeriet ein Arbeiter beim Rangieren zwischen die Puffer zweier!Eisenbahnwagen. Der Unglückliche wurde totgequetscht.Der Tod im Goldbergwerk. In einem vor kurzer Zeit aus-gebauten Goldbergwerk bei Clermont Ferrand in Frank.reich sind vier Arbeiter durch Einsturz verschüttet worden»Zwei von ihnen konnten schwer verwundet geborgen werden«Die beiden anderen sind wahrscheinlich getötet worden.Siebe» Arbeiter überfahre». Auf dem Differdinger Hütten.werk wurden Freitag abend durch einen Güterzug sieben Arbeiterüberfahren. Zwei von ihnen wurden tödlich verletzt, währenddie anderen schwere Verletzungen davontrugen. Einer der Schwer-verletzten ist bereits gestorben.~ Tödlicher Absturz eines Fliegers. Während der zurzeit inS cha n gh a i stattfindenden Flugwoche ist der französischeAvratrker Ballon aus beträchtlicher Höhe abgestürzt. Derverunglückte konnte nur als Lpjche gus den Trümmer« seinesAusseuges gekargm tea&sa"