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(Antisemit) wollen nicht nur die Grundsteuer der Abschätzung zugrunde gelegt wissen. Ihr Antrag zielte darauf ab, auch die Großbetriebe mit allerhand Itebenbetrieben, z. B. die Branntweinbrennerei, zu erfassen. In diesem Kampf der kleinen Grundbesitzer gegen die großen enstanden ihnen Bundesgenossen in dem Freisinnigen F e g t e r und dem Genossen Molkenbuhr, der darauf hinwies, wie widersinnig es sei, die Grundsteuerveranlagung von 1866 dem Schätzungsverfahren der Reichsversicherungsordnung zugrunde zu legen, trotz der kolossalen Wertsteigerung seit jener Zeit. Große Heiterkeit rief der konservative Graf W e st a r p hervor, als er dazu aufforderte, die Regelung der- trauensvoll der berufsgenossenschaftlichen Selbstverwaltung zu überlassen. Da aber der Entrechtungsblock bei der Abstim- mung nur geringfügige Absplitterungen erlitt, wurde denn auch der Antrag Doerksen-Gäbel abgelehnt. Sehr lebhaft wurde die Auseinandersetzung dann bei dem ungeheuerlichen§ 967, der dem Reichsversicherungsamt der- bietet, wenn es mangels anderer gesetzlicher Organe die Funktionen einer landwirtschaftlichen Benifsgenossenschaft aus- zuüben hat, Unfallverhütungsvorschriften zu erlassen und technische Beamte anzustellen. Die Sozialdemokraten beantragten, diese letztere erst gegen Einspruch der Regierung in das Gesetz durch die Kommission hineingebrachte Bestimmung zu streichen. Genosse Eich- Horn brandmarkte dieses Verbot als einen neuen Beweis für die Auslieferung der öffentlichen Einrichtungen an die Willkür der junkerlichen Partei der Brotwucherer. Herr G o t h e i n (freis.) unterstützte kräftig den sozialdemokratischen Vorstoß. Die Regierungsvertreter schwiegen, trotzdem der Berichterstatter Dr. Mugdan   aus dem Kommissionsbericht die scharfen Verwahrungen der Regierung gegen diese Bestimmung verlas. In namentlicher Abstimmung wurde dann der sozial- demokratische Antrag mit 188 gegen 180 Stimmen abge» lehnt. Zu den Bestimmungen über die Unfallversicherung der Seeleute hatte die Sozialdemokratie eine Anzahl Ver- besserungsanträge eingebracht, die Genosse S ck w a r tz- Lübeck  ausführlich auf Grund seiner reichen seemännischen Erfahrung begründete. Aber auch das ging spurlos an der Mehrheit vorüber. Sie stimmte rücksichtslos alle Anträge nieder; sind ihr doch die Seeleute ebenso gleichgültig wie die landwirtschaft- lichen Arbeiter. Morgen beginnt die Beratung der Jnvaliden-Ver- s i ch e r u n g._ Alter und neuer Polenkurs. Nach Beendigung der zweiten Lesung deS Feuerbestätkungs- gesetzeS trat das Dreiklassenparlament in die mit Spannung er- wartete Beratung über die Ost markenpolitik ein. Die seit Monaten betriebene Hakatistische Hetze gegen die Regie- rung und der neuerliche Zusammenstoß zwischen dem Landwirt- schaftsminister und dem Vorstand des Ostmarkenvereins   ließen eine lebhafte Auseinandersetzung erwarten. Man vermutete sogar, daß Herr v. Bethmann Hollweg   selbst den zu erwartenden Angriffen die Stirn bieten werde. Das geschah nun freilich nicht, der Herr von Hohen-Finow hatte vielmehr Herrn v. Schorlemer die Aus- fechtung des Konflikts überlassen. Im übrigen kam eS auch gar nicht so schlimm, wie man das nach dem Alarm in der Presse voraussehen konnte. Da Herr v. Heydebrand seine schützende Hand über den Landwirtschafts- minister breitete, ihn deS Vertrauens seiner Partei versicherte und der Regierung bestätigte, daß ihre Auslegung der Absichten deS Enteignungsgesetzes durchaus den Jntensionen der Väter des Ge- sctzcS entspräche kurz, da der konservative Parteiführer sich auch deS leisesten Tadels der Regierung enthielt, befand sich Herr von Schorlemer von vornherein in sicherer Deckung. Die kritischeren Töne des Freiherrn   v. Zedlitz und die zornige Philippika deS' nationalliberalen Herrn Glatzel brauchten ihm kein Herzpochen mehr zu verursachen. Zudem sind ja seine Gegner Nationallibe- ralel Mögen die Herren Hakatisten auch nach Enteignung schreien sie befinden sich in der Minderheit und werden an dem neuen Kurs, an der allmählichen Versumpfung der AnstedelungSpolitik nichts ändern können. Natürlich fiel es aber weder Herrn v. Schorlemer noch Herrn v. Heydebrand ein, sich zu einem neuen Polenkurs zu bekennen. Sie beteuerten vielmehr, daß alles beim alten bleibe, daß daS Deutschtum in der Ostmark mit starker Hand geschützt werden, ja daß auch daS Enteignungsgesctz in Anwendung kommen solle, sobald sich nur die Voraussetzungen dafür ergäben. WaS sollen da die Hakatisten machen? Bezweifeln sie den guten Willen der Rc« gierung, s» spielt sich Herr von Schorlemer mit schöner Pose als ge- kränkter Biedermann auf. Verlangt man Enteignung, so antwortet die Regierung, daß das Gesetz seiner ganzen Fassung nach nur eine sehr vorsichtige Anwendung zulasse. Fordert aber Herr Glatzel die Verschärfung dieses untauglichen Gesetzes, so brechen Zentrum und Rechte in ein Hohngelächter auS. Den Herren Nationalliberalen wird also nichts andere? übrig bleibenz als sich mit Fassung in die neue Lage zu schicken. Da die Weiterbcratung auf Freitag vertagt wurde, wird die blinde, aber lärmende Kanonade noch eine Weile fortgesetzt werden. Neichstagsarbest und Neuwahlen. Wie uns mitgeteilt wird, plant die Regierung, für die H e r b st s e s s i o n, die etwa von Anfang Oktober bis Ende November dauern soll, die Erledigung folgender Gesetz- entwürfe: Heimarbeitergesetz, Schiffahrtsabgaben, Novelle zur Gewerbeordnung und wenn irgend möglich, auch Jne Erledi­gung der Privatbeamtenversicherung. Daß die Strafgesetze noch von diesem Reichstag   in Angriff genommen werden können, wagt auch die Regierung nicht mehr zu hoffen. Die W a h l e n sind für die e r st e Hälfte des I a n u a r in Aussicht genommen. Anfang Februar soll dann der neue R e i ch s t a g zusammentreten, dem dann acht Wochen etwa für die Erledigung des Etats zur Verfügung stünden. Die neue Wahlrechtsvorlage. Auswärtigen Zentrumsblättern wird vonbesonderer Seite" aus Berlin   mitgeteilt, daß der Ministerpräsident v. Bethmann Hollweg   in der letzten Sitzung deS Staats- miiltstertums neue Verhandlungen über die Grundzüge einer Verfassungsreform für Preußen eingeleitet habe. Die neue Wahlrechts- Vorlage solle dem Landtage im Januar 1912 zugehen. Bisher hatte die preußische Regierung den Standpunkt ein- genommen, daß erst eine neue politische Konstellation abgewartet werden müsse, bevor an die erfolgreiche Ein- bringung einer neuen Wahlrcchtsvorlage gedacht werden könne.'Nun wird ja zwar die Neichstagswahl, die aller Vor- aussicht im Januar 1912 stattftnden dürfte, eine solche neue politische Konstellation ergeben. Wenn aber die Wahlrechts- vorläge noch vor dem Stattfinden der NeichStagSwahlen »uSgearbeitet werden soll, so mutz die preußische Regierung die Propheiengabe besitzen, das Votum des Volkes von vomherein richtig zu erraten. Vielleicht aber glaubt die Regierung mit einer mehr oder minder stümperhaften Kopierung des alten Wahlrechtswechsel- balgs der neuen Situation gerecht werden zu können. Vielleicht bildet sie sich gar ein. daß gerade die Zeit nach der Reichs- tagswahl die geeignetste sei, um ohne Heraufbeschwörung großer Volksstürme eine Flickreform durchpeitschen zu können. Sollte die Regierung damit rechnen, so dürfte sie sich aller- dings schwer getäuscht haben. Auf jeden Fall aber wird auch schon bei den Reichstagswahlen die Frage der preußischen Wahlrechtsreform eine bedeutsame Rolle spielen! Die Erledigung der Reichsverficherungsordnung. Durch die bürgerliche Presse läuft eine fast gleichlautende Notiz, die den Anschein erwecken könnte und jedenfalls auch erwecken soll, als ob die sozialdemokratische ReichStagsfraktion, des Kampfes müde, mit der Durchpeitschung der Reichsverficherungsordnung sich ein- verstanden erklärt habe. Der wahre Tatbestand wird dadurch gröb- lich entstellt, weshalb der Vorgang etwas eingehender geschildert werden muß. Der Reichsversicherungsordnungskommission war auch das Hilfskassengesetz und das Einführungsgesetz zur Beratung über- wiesen worden. Mit Rücksicht auf die lange Dauer der Plenar- sitzung und auf die angestrengte Arbeit der sozialdemokratischen Fraktionsmitglieder, die im Plenum des Reichstages jeden Tag mehrmals das Wort ergreifen müssen, stellten unsere Genossen den Antrag, die Beratung deS HilfslassengefetzeS auf den Herbst zu ber- tagen. Die bürgerliche Presse behauptete nun, unsere Genossen hätten für den Fall der Erfüllung ihres Wunsches erklärt: Man werde bestrebt sein, die Verhandlungen über die Ver- sicherungsordnung und das Einführungsgesetz so zu fördern, daß diese Gesetze vor Pfingsten zur Verabschiedung gelangen könnten. Vonseiten der übrigen Parteien wurde dem ausgesprochenen Wunsche kein Widerstand entgegengesetzt unter der Boraussetzung, daß diese Zusicherung in loyaler Weise seitens der Sozialdemokratie erfüllt werde." Diese Darstellung stellt den Sachverhalt direkt auf den Kopf. Von bürgerlicher Seite wurde die Frage aufgeworfen, ob es möglich sei, die ReichSverstcherungSordnung noch vor Pfingsten zu erledigen. Einer unserer Genossen erklärte nun, was schon wiederholt gesagt worden stst. daß die sozialdemo- kratische Fraktion keine Obstruktion treiben, aber selbstverständlich ihre Anträge eingehend be» gründen würde. Bei dem völligen Schweigen der bürgerlichen Parteien kann ja von einer Diskussion überhaupt keine Rede sein, und darauf anspielend meinte unser Genosse, daß es unter diesen Umständen möglich sei, den ganzen Gesetzentwurf bis Ende dieser Woche in zweiter Lesung durchzuberaten. Unsere Genossen haben also nicht, wie es den Anschein haben könnte, zum Danke für die Zurückstellung der Beratung des HilfSkassengesetzeS etwa erklärt, daß sie mit dem Treiben der bürgerlichen Parteien einverstanden find, vielmehr wurde ausdrücklich betont, daß von unserer Seite unter allen Umständen das gesagt werde, was nach Lage der Sache zu sagen nötig sei._ Helf, was helfen mag. In ihrem blinden Haß gegen die Sozialdemokratie sucht die bürgerliche Presse aller Richtungen auch aus den Aus- einandersetzungen innerhalb unserer Partei über die Stutt- garter Bürgermeisterwahl Material herauszustöbern, mit dem sie die Welt über ihre eigenen Sünden hinwegzutäuschen hofft. So hatte derVorwärts" geschrieben, daß man von einem Genossen, der in irgendein Amt berufen werde, erwarten müffe, daß er in dieser Stellung nach besten Kräften, und so- weit es die Natur des Amtes gestatte, die Interessen der Partei wahrzunehmen habe. Sofort argumentierten alle Schmocks in den schwarz-blauen, nationalliberalen und auch fortschrittlichen Redaktionsstuben: Damit hat derVorwärts" zugegeben, daß auch die sozialdemokratisch gesinnten sanken- kaffenbeamten die Zfrankenkassen in den Dienst der sozial- demokratischen Partei stellen müssen. Man kann eS den Herrschaften nachfühlet, daß sie zu jedem Mittel zu greifen suchen, das die Vergewaltigung der Arbeiter- rechte in der Reichsverficherungsordnung nur einigermaßen rechtfertigen kann. Aber mit solchen Verrenkungen des ge- sundcn Menschenverstandes läßt sich der Sozialdemokratie wirklich nicht beikommen. So klug sind wir auch, um zu wissen, daß ein gewaltiger Unterschied besteht zwischen einem bureaukratisch genau abgegrenzten Amte, das zu politischer Betätigung gar keinen Spielraum läßt und einem Posten, der seinem Inhaber im weitesten Maße gestattet, soziale An- regungen zu geben und kommunalpolitische Maßnahmen durch- zuführen. Wenn das Zentrum oder die Nationalliberalen oder sonst eine Partei einen Bürgermeister oder eine Stadt- peroronetenmchrheit irgendwo durchbringt, so erwarten sie doch auch, daß ihre Erkorenen in ihrem Sinne wirken. Etwas anderes hat derVorwärts" von einem Kandidaten der Sozial- demokratie auch nicht verlangt. Wozu also die gequälte Pharisäerlogik der bürgerlichen Presse?_ Die hamburgischeFinanzreform". In der Sitzung der Hamburger Bürgerschaft vom Mittwoch- abend wurde die Debatte über die zwecks Befeiligung des DefizilS im Staatshaushalt in Vorschlag gebrachten neuen Steuern und Abgaben fortgesetzt. Erster Redner war Genosse Gtolten. der die Vorlage als eine Durchbrechung des an sich gesunden Prinzips des beitebenden Steuersystems bezeichnete. Zunächst nahm er die Behauptung des regierenden Bürgermeister? Dr. P r e d ö h l in der vorigen Sitzung, daß die Vorlage im allgemeinen günstig auf- genommen worden sei, unter die Lupe: solcher.Zufriedenheit" sei er. Redner, nirgend? begegnet. Im Gegenteil habe man wahr- genommen, daß gerade die Reederkreise wie das Handelskapital sich entschieden gegen' die vorgeschlagene Erhöhung der Kaigebühren und d«? TomiengeldeS auSgesprochm hätten, obwohl doch diese Abgaben sehr berechtigt seien. Nicht weniger als vier Millionen Mark erhielten diese Kreise indirekt vom Staate geschenkt, denn um so viel betrage die Mindereinnahme au? den in die Hafrnanlagen hinein- gesteckten Summen. Den der Sozialdemokratie gemachten Vorwurf der HandelSfeindlichkeit wies Redner zurück, dabei auf die Tatsache verweisend, daß seine Fraktion stets für alle Matznahmen zur Hebung des Handels sHasenerweiterungSbauten usw.) gestimmt habe. Redner trat für die Erhöhung dieser Gebühren ein. wandte sich aber energisch gegen die Erhöhung deS Wasser- geldeS, die«ls Kopfsteuer wirken würde, da die HauS» agrarier diese Erhöhung bei der sofort erfolgenden Mietesteigerung, abgerundet noch oben, von sich abwälzen würden, und bekämpfte mit guten Gründen die K o n s u m v e r e i n S st e u e r, die er einen Raub an den Ersparnissen der kleinen Leute nannte. Daß eS sich hier um den Ansang einer Erdrosselungssteuer handelt, be- weist ein hierzu eingegangener Erweiterungsantrag, der eine Er- höhung bis zu 6 Proz. des Umsätze? verlangt. Dieser von den Mittelstandsleuten gestellte Antrag läßt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig, zeigt, wohin die Reise geht. Die Warenhäuser und Filialgeschäste der Kapitalisten sollen ver« schont bleiben, die Lermsten ber Armen sollen bluten. An eitlem Beispiel zeigt Genosse Stalten dieausgleichende Wirkung" dieser Steuer. DieProduktion", die jetzt schon an Steuern und Ab- gaben an den Staat jährlich etwa 60 000 M abführt, würde eine Umsatz- oder Erdrosselungssteuer von über 72 000 M. abzuführen haben, während eine Anzahl Detaillisten mit demselben Gesamt- Umsatz nur ein Drittel an Einkommensteuer zu leisten hat. Weiter wendete sich Genosse Stalten gegen die Lustbarkeits- st euer und trat für eine r a t i o n e l l e S t e ue r r e f o r in auf Grundlage des Ausbaues und der Einführung der Vermögenzsteuer aller Arten ein. EinFortschrittsmann" echt hamburgischer Couleur wunderte sich über denRadau" des KonsumvereinsProduktion" gegen die neue Steuer. Damit habe dieProduktion" bewiesen, daß sie nicht allein wirtschaftliche, sondern auch politische Zwecke verfolge. Die Konsumvereine wollten den ganzen Mittelstand auffressen, daher sei eS notwendig, daß sie auch entsprechend zu den Lasten deS Staates herangezogen würden. Sollte in Preußen die Einkommensteuer er- höht werden, so könnte das auch hier geschehen. Da man bei dem großen Nachbar eine Dividendensteuer für Konsumvereine plane, so empfehle er nochmals, der vorgeschlagenen Konsumvereinssteuer im Prinzip zuznstimmen. Senator Dr. D i e st e l betonte nochmals die Notwendigkeit der Erschließung neuer Einnahmequellen, da Hamburg   völlig allein aus sich angewiesen sei, und eS wolle auch allein die Ausgaben tragen, die in anderen Ländern von dem Gesamtstaat getragen würden. Der vor wenigen Monaten zur Verabschiedung gelangte Etat sei nur ein Torso gewesen, für eine Summe von über 20 Millionen Mark fehle die Deckung. Die im Bau befindliche Hoch- und Untergrundbahn koste über 40 Millionen Mark, in wenigen Jahren würden vielleicht für die weitere Ausgestaltung des Verkehrswesens weitere 40 Millionen erforderlich fein. Das jetzt im Bau befindliche dritte Krankenhaus erfordere zehn Millionen, aber bald werde ein viertes gebaut werden müssen. Um das Defizit durch Erhöhung der Einkommensteuer zu decken, hieße diese von 7t/z auf 9 Einheiten hinaufschrauben.(7>/z Einheiten, die jetzt erhoben werden, entsprechen den preußischen Staatssteuersätzen PluS 100 Proz. Kommunalsteuerzuschlag.) Diese Erhöhung nannte der Senatskommissar eineselbstmörderische Steuerpolitik", wie er auch die Vermögens« und Gewerbesteuer für Hamburg   zurzeit als unreif erklärte. Den Kuponschneidern könnte man wohl eine Er- höhung der Steuer gönnen, aber in Hamburg   dominiere der unter- nehmungslustige Kaufmannn, der sein Vermögen in Unternehmungen des In- und Auslandes stecke. Es bleibe daher nur die Annahme der vorgeschlagenen Steuern übrig. Der Großkaufmann E i f f e erklärt sich gegen die Konsumverein?- steuer, die bloß Mißstimmung schaffe und dem Mittel« stand nichts n ü tz e. Die Konsumvereine würden durch große Agitation zwecks Zuführung weiterer Mitglieder den Detaillisten noch größere Wunden schlagen. Der Führer der.Mittelständler", Drechstermeister Hirsch, dem Stötten   vorgehalten hatte, bis zu seiner Kandidatur zur Bürger- schaff Mitglied eines ursprünglich von bürgerlicher Seite ins Leben gerufenen Konsumvereins gewesen zu sein, der aber jetzt für eine Besteuerung der Konsumvereine bis zum Weißbluten eintritt, war diese Erinnerung an früheren Sünden äußerst unangenehm. Unter großer Heiterkeit führte er auS, er sei Mitglied gewesen, um die Konsumvereine genau kennen zu lernen. Es folgt dann die Einzelberatung, die noch mehrere Sitzungen beschäftigen wird._ Ei« rnsfisches Urteil über den Fall Tubrowsky. Wie die russische Presse die Affäre DnbrowSly aufge­faßt hat, ist aus folgenden Aeußerungen deS Kadettcnorgans Ketsch" ersichtlich. Dieses politisch recht harmlose Blatt der russischen Liberalen forderte die russische Regierung energisch aus, derZusammenarbeit und Freundschaft der Organe unserer Diplo- matte mit den Agenten der örtlichen Polizei" endlich ein Ende zu setzen. In einem anderen Artikel stellt es daS ganze System an den Pranger, das von der Berliner   Universität gegen die russischen Studierenden angewendet wird. Die ausschlaggebende Instanz sei hier der Kriminalschutzmann, der den russischen Studenten für politischunzuverlässig" betrachtet, welcher dem von ihm protegiertenBotschafter-Verein" nicht beitreten will.Er schlägt vor Euch die Tür des Tempels der deutschen   Wissenschaft zu und Ihr jagt Euch eine Kugel durch den Kopf, wenn Ihr an gesteigerter Nervosität leidet, oder verflucht die preußische Wissen- schaft, die von Spitzeln und Provokateuren bewacht wird." Die schwächliche Haltung der deutschen   liberalen Presse löst bei dem russischen Blatte bittere Betrachtungen aus. Heute sei noch der und jener in Preußen über die Affäre Dubrowsty beun- ruhigt und betroffen.Aber wenn morgen ein kompetenter Mi- nister das Versprechen abgibt, daß von nun an der Eingang zu den Tempeln der preußischen Wissenschaft von einemqualifizierten" Schutzmann bewacht werden wird, der etwa ein Examen im russi- scheu Staatsrecht am Berliner   Polizeipräsidium abgelegt hat, dann werden die preußischenAuch-Liberalen" sich für befriedigt er- klären...." Die russische Gesellschaft so schließt das Blatt ist. unter Hinweis auf die Tragödie des Studenten Dubrowsky, berechtigt. der deutschen   zu sagen, daß sie stets höher als alles die deutsche Bildung geschätzt habe. Jetzt aber sehe sie mit Unruhe und Schmerz, daß diese Bildung immer tiefer in den schwarzen Wellender stumpf st enundgehässig st enVerfin st c- rungSwutversinke, die sich über ganz Deutschland   ergießen." Tie Leipziger Freie Studentenschaft aufgelöst. Der Leipziger Freien Studentenschaft ist, nachdem ihr bereits sieben Monate lang Schwierigkeiten bereitet worden waren, vom Senat der Anflosungsbeschluß zugesandt worden. Die Organisation hatte sich bekanntlich dadurch den Zorn der Scharfmacher und die Aufmerksamkeit der akademischen Behörden zugezogen, daß sie sich nicht zum Tummelplatz byzantinischer Radau- szenen entwürdigen wollte. Als nach einem Vortrag Bernsteins ein Antisemit die Versammlung ganz unmotiviert zwingen wollte, in ein Monarchenhoch einzustimmen, war dem Radaubruder von der Versammlungsleitung nahegelegt worden, daß solche Störun- gen an dieser Stelle unerwünscht seien. Die Folge dieses ver- nünftigen Verhaltene der Leitung waren giftige Denunziationen in der Ordnungspresse, eine Protestversammlung in Berlin   und andere Scharfmacherversuche. Diese Hetze hat nun auch glücklich zur Auflösung der Studentenorganisation geführt, die nichts ver- brachen hat, als ihre ordnungsgemäßen akademischen Verhandlun- gen gegen den Einbruch politischer Radauelemente zu schützen!, Frei ist der Bursch!_ Oberschlefische Kulturzustände. Im Dorfe Kgh Jankowitz des Rybniker Kreises in Oberschlesien  führt der ZcntrumSgeistliche Schliwa ein strenges Regiment. Dieser christliche Mann ist u. a. Vorsitzender eines Spar- und Darlehns- kassenvereins, und weil eine arme Bauernwitwe, die Mitglied dieses Vereins ist, sich mal erlaubt hat, zu sagen, daß es in Kai. Janko- Witz nicht eher besser sein wird, bis dort die Sozialdemokraten die Oberhand gewinnen, hat er veranlaßt, daß sie aus dem Verein aus- geschlossen wurde, worüber sie durch folgendes Schreiben in Kennt. nis gesetzt wurde: Königlich Jankowitz, den 2. April 1911. An die Viertel-Bauernwitwe Frau Albcriinc KuSka zu Königl. Jankowitz. Wir benachrichtigen Sie hierdurck). daß Sie laut Beschluß des Vorstandes zum Schlüsse de» GesämstSjahre» ausgeschlossen sind und teilen Ihnen statutengemäß in folgendem den Beschluß mit. Erbautet: von der Mitgliedschaft ist die Viertel- Bauern witwe Albertine KuSks VLS hier zu wtbiÄW ua&«Mi dW Kgl.