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GewerkfcbaftUcbc� Berlin   und Umgegend« Ter Bauklempnerstreik. Am Dienstag haben zwischen den Vertretern' der Arbeikgeber im Bauklempnergewerbe und der Streikleitung von neuem Ver- Handlungen stattgefunden, und sie haben zu einem Ergebnis ge- führt, das den Abschluß des Kampfes möglich macht. In der am Mittwoch abgehaltenen Streikverfammlung, die mindestens ebenso zahlreich wie die zu Anfang des Streiks besucht war, berichtete Dietrich, wie die Verhandlungen zustande gekommen sind uno was sie ergeben haben. Der Obermeister Mulack hatte den Streik- leiter zunächst zu einer persönlichen Besprechung eingeladen, die Dienstagvormittag stattfand und der dann mittags die VerHand- lungen folgten. Die Arbeitgeber erklärten sich nun bereit, den Mindestlohn beim Abschluß des Streiks auf 77 Pf. festzusetzen, und vom 1. Oktober dieses Jahres 78, vom 1. April 1912 79 Pf. zu zahlen. Dafür sollten die Arbeiter etwas mehr Entgegen- kommen hinsichtlich der Löhne der Jungausgelernten zeigen, namentlich mit Rücksicht darauf, daß die aus Süddeutschland   zu- reisenden Klempner nur 3 Jahre gelernt haben. Es wurde dann der Stundenlohn für das erste Jahr nach der Lehrzeit auf 69 Pf., für das zweite auf 6214, für das dritte auf 65 Pf. bemessen. Ein kleines Entgegenkommen zeigten die Arbeitgeber dann noch in der Werkzeugfrage, indem sie sich bereit erklärten, wenn der Arbeiter Werkzeug mit nach Hause nehmen mutz, für diese Arbeit einen halben Stundenlohn zu zahlen. Es kommen hierbei nur Hammer, Schere, Reißer, Flachzange und Kolben in Betracht; anderes Werk- zeug mitzunehmen ist keiner verpflichtet. Im übrigen soll der neue Tarifvertrag dieselben Bestimmungen enthalten wie sie in dem kurz vor dem Streik gefällten Schiedsspruch des EinigungSamtes aufgeführt sind. Die wichtigste Verbesserung gegenüber dem Schiedsspruch ist die, daß die allgemeinen Mindestlöhne in den drei Stufen um je einen Pfennig erhöht sind. Voll befriedigen kann das Ergebnis der Verhandlungen ja die Streikenden keines» Wegs, wie auch der Referent betonte, jedoch ist die Kommission mit Rücksicht darauf, daß der Kampf nun schon in die achte Woche dauert und aus beiden Seiten Opfer genug gekostet hat, einstimmig zu dem Beschluß gekommen, den Streikenden unter diesen Bedin- gungcn die Wiederaufnahme der Arbeit zu empfehlen, und die Vertrauensmänner haben gegen zwei Stimmen denselben Beschluß gefaßt. Dem Bericht folgte eine zum Teil recht erregte Debatte. Ein Teil der Streikenden hielt die Zugeständnisse der Meister für viel zu gering, um auf dieser Grundlage den Streik zu beenden; jedoch waren sie in der Minderheit. Die geheime Abstimmung ergab 593 Stimmen für Anerkennung der Vereinbarungen und 166 für Fortsetzung des Streiks. Dieser Beschluß kam jedoch nur unter der Boraussetzung zustande, daß auch die Versammlung der Arbeit- geber die Vereinbarungen gutheißt. Geschieht das, so soll am nächsten Tage der neue Tarifvertrag endgültig festgelegt werden, und am Sonnabend wird eine neue Streikversammlung über die Beendigung des Streiks beschließen. Lehnen die Arbeitgeber aber die Vereinbarungen ab, so dauert der Kampf fort. Tarifbewegung in der Wäschebranche. Die Arbeiterschaft der Wäschebranche, die Näherinnen, Plätke- rinnen, Zuschneider und Heimarbeiterinnen, versammelten sich am Mttwochabend in Boekers Lokal, Weberstraße, um zu der Frage der Kündigung der Tarifverträge Stellung zu nehmen. Der Re- ferent Eue, der die Tarifbewegung in der Wäschebranche seit dem Jahre 1995 kritisch beleuchtete, erklärte, daß die alten Verträge in der Praxis kaum noch bestehen. Diese Verträge seien zum Teil durch die vielfach veränderte Produktionsweise nicht mehr anwend- bar, zum Teil aber von den Fabrikanten willkürlich und zum Schaden der Arbeiterschaft verändert worden. Die alten Ver- träge müßten abgeschafft werden, denn sie bilden nur noch einen Freibrief für die Unternehmer, die Arbeiterinnen und Arbeiter schonungslos auszubeuten. Ein neuer Tarifvertrag müßte unter anderem die folgenden Forderungen berücksichtigen: Die Regelung dvr Löhne für die Lohn- und für die Akkordarbeiter, die Fest- setzung von Anfangslöhnen für die Lohnarbeiter, die Geltung der eingeführten Lohnsätze auch außerhalb der Fabrik, die Ver- lürzung der Arbeitszeit für die Arbeiterinnen, bessere Einrichtun- gen in den Arbeitsstätten, freie Lieferung der Materialien, die Regelung der Lehrlingsverhaltnisse usw. Der Referent betonte zum Schluß die Notwendigkeit einer starken Organisation, um diese Forderungen mit Nachdruck vertreten zu können. Die Aus­führungen des Redners wurden in der �Diskussion lebhaft unter- stützt; die Lage der Arbeiterinnen in der Wäschebranche wurde als sehr verbesserungsbedürftig bezeichnet, und einstimmig beschloß die Versammlung die Kündigung der bestehenden Tarif- vertrage._ In der Porzellanfabrik Teltow   wurden vier Dreher gekündigt, tveil sie sich weigerten, einen neuen Artikel, für den der Akkord- preis zu niedrig angesetzt war, anzufertigen. Der Arbeiteraus- schuß, welcher bei der Direktion vorstellig wurde, um sie zu ver- anlassen, die Kündigung zurückzuziehen, wurde ebenfalls gekündigt. Infolgedessen reichten die übrigen Kollegen einmütig ihre KüNdi- gung ein. Deutfches Reich. Streik der Mühlenarbeiter. Düsseldorf  , 29. Juni.  (Privattelegramm desVor- wärt s".) Auf der Plangemühle sind 199 Mühlenarbeiter wegen Maßregelung Organisierter in Streik getreten. Zuzug ist streng fernzuhalten. Arbeiterfreundliche Blätter werden um Weiterver- breitung gebeten._ Die Verbandsleitung. Der Kampf im Hamburger Holzgewerbe. Nun dauert der Kampf im Hamburger Tischlergewcrbe bereits die fünfzehnte Woche und auch jetzt ist ein Ende desselben noch nicht abzusehen. Mit einer seltenen Erbitterung stehen sich die Par- teien gegenüber. Die Arbeiter wissen, was auf dem Spiele steht, deshalb halten sie fest zusammen, Abtrünnige sind fast gar nicht zu verzeichnen. Im Unternehmerlager vermag man sich nicht zu erklären, daß die Streikenden und Ausgesperrten monatelang so treu zusammenhalten. Immer wieder hat man prophezeit, eine große Anzahl der Streikenden ist kampfesmüde und immer wieder sieht man sich bitter getäuscht. Jetzt hat man seit 14 Tagen das Ge- nicht verbreitet, derHolzarbciterverband ist mit seinem Geld zu Ende". Man wird ball, einsehen, daß man auch hier wieder eine falsche Rechnung aufgemacht hat. Der Holzarbeiterverband wird den Kampf unter allen Umständen durchführen und wenn er noch Monate dauern sollte, an Geldmitteln fehlt es weder der Haupt- noch der Lokalkasse. In den letzten Tagen bot sich ein Architekt zur VermitteUmg an. Die Arbeitgeber verlangten, daß der Holzarbeiterverband das Umschauen in jeder Form neben dem paritätischen Arbeitsnachweis freigeben sollte. Da die Vertreter der Arbeiter die geforderte Er- klärung nicht abgeben konnten, lehnte der Schutzverband Verhand- lungen ab. Eine Anzahl maßgebender Firmen haben daraufhin die For- devungen der Arbeiter anerkannt, so daß heute rund 1899 Mann zu den neuen Bedingungen arbeiten. In den Reihen der Unter- nehmer rumort es ganz gehörig und nur dem schärfsten Terroris- mus der Scharfmacher war eS bisher möglich, die offene Rebellion zu verhindern. Zuzug nach Hamburg   ist auch fernerhin streng fernzuhalten. Streik der Bäcker in Kiel  . Die Bäckergehilsen in Kiel   fordern vollständige Beseitigung des livst- und Logiswesens im Hause des Arbeitgebers. Für die Hälfte der sämtlichen Kieler Bäckergehilfen war der Kost- und Logiszwang bereits beseitigt. Des weiteren wird ein Mindestlohn von 25 M. pro Woche und die strikte Einhaltung der gesetzlich fest- verantw. Redakteur: Albert Wachs, Berlin  . In jeratenteil vergntw.i gelegten Arbeitszeit von 12 Stunden pro Tag verlangt. Alle weiteren Arbeiten sind als Ueberstunden zu bezahlen, und zwar pro Stunde mit 59 Pf. Als Ersatz für entgangene Sonntagsruhe wird ein Ruhetag in der Woche gefordert, und zwar soll derselbe dergestalt gegeben werden, wie ihn das Einigungsamt>des Berliner  Gewerbegerichts bei der dortigen Bäckerbewegung vorgesehen hat. Trotz dieser bescheidenen Forderungen der Gehilsen lehnte eine Jnnungsversammlung mit 193 gegen 5 Stimmen jede Verhand- lung über diese Forderungen ab. Auf Anfrage des Gewerbegerichts, das von den Gehilfen wegen Vermittelung angegangen wurde, erklärte der Obermeister der Bäckerinnung, es sei wenig Aussicht vorhanden, daß sie sich zu Verhandlungen vor dem Gewerbegericht herbeilassen würden. Die Gehilfen unterbreiteten dann den Arbeit- gcbern die Forderungen einzeln und beschlossen in einer Versamn� lung am Mittwoch, den 28. Juni, in allen denjenigen Betrieben, in denen diese Forderungen nicht bewilligt werden, sofort die Arbeit niederzulegen. Dieser Beschluß wurde mit 185 gegen 7 Stimmen gefaßt. Es konnten beim Eintritt in den Streik sofort in 43 Bäckereien 157 Gehilfen zu den neuen geforderten Bedin- gungen weiterarbeiten. Zuzug nach Kiel   ist fernzuhalten. Der Buchbindertarif. Wie wir gestern schon kurz mitteilten, sind die Verhandlungen über den Dreistädtetarif(Leipzig  , Berlin   und Stutt- gart) beendet. Das Ergebnis der Verhandlungen, welche drei Wochen währten, bedeutet einen Erfolg der Arbeiter. Die Arbeits- zeit ist auf 52�4 Stunden pro Woche festgesetzt. Erhöhungen der Minimallöhne für Gehilfen und Arbeiterinnen sind durchgeführt worden. Der außerordentlich umfangreiche Akkordtarif ist einer gründlichen Revision unterzogen und im wesentlichen sind Ver- besserungen für fast sämtliche Branchen des Berufes angenommen worden. An dem Tarif sind rund 8599 Arbeiter und Arbeiterinnen der drei Städte interessiert, für die eine durchschnittliche Lohn- erhöhung von etwa 19 Proz. eintritt, an der allerdings die ver- schiedenen Branchen nicht gleichmäßig teilnehmen. Besonderer Wert wurde darauf gelegt, den Wortlaut der verschiedenen Tarif- punkte möglichst zweifelsftei zu gestalten und auszulegen, um die bisher vielfach zutage getretenen falschen Auslegungen zu be- seitigen. Die Arbeitszeitverkürzung nebst Erhöhung der Stunden- löhne tritt am 1. Juli in Kraft, während die Bestimmungen des Akkordtarifes erst am 21. Juli durchgeführt werden können, da die Drucklegung des GesamttarifeS trotz großer Anstrengungen nicht früher beendet werden kann._ Steinarbeiterstrcik im Maintal  . Im Maintal   von Eltmann   bis Aschaftenburg und einen Teil des badischen Qdenwaldes mit erfassend stehen die Steinarbeiter seit Rtärz in der Lohnbewegung. Die Unternehmer machten nur geringe Zugeständnisse, die am 21. Juni von der Bezirksversamm- lung der Arbeiter verworfen wurden. Die Arbeiterschaft der Gegend hat die Arbeit niedergelegt. Es kommen in Betracht die Orte Reistenhausen  , Fechenbach  , Dorfprozelten  , Stadtptozelten, Mondfeld   und Umgegend. Rusland  . Der Seemannsstreik. Aus London  . 28. Juni, wird uns geschrieben: Nach Southampton  - Liverpool. In Liverpool haben die Streikenden bisher ihre größten Erfolge errungen. Die Parole für den eigentlichen Kampf war überhaupt erst für gestern ausgegeben und heute kann schon über einen vollständigen Sieg berichtet werden. Alle großen Schiffahrtsgesellschaften haben sich gezwungen gesehen, die Forderungen der Streikenden zu bewilligen. Ja, noch mehr, die Shipping Fede- r a t i o n, diese brutale Scharfmacher- und Streikbrecherhandels- organisation, deren übermütiges Verhalten den ganzen Konflilt ver- ursacht hat, ist für die Zwecke dieses Kampfes gesprengt. Gestern fand eine Versammlung der der Shipping Federation angehörenden Reeder Liverpools statt, in der nach langer gereizter Debatte der Beschluß gefaßt wurde, allen Reedern die völlige AktionSfteiheit darüber zurückzugeben, ob sie den Seeleuten Konzessionen machen wollen oder nicht. Die Shipping Federation existiert also bis auf weiteres für sie nicht mehr. Man erwartet, daß nun auch diese Reeder noch im Laufe des heutigen Tages die Forderungen der Arbeiter bewilligen werden. Die Zusammenarbeit der Docker mit den Seeleuten war in Liverpool eine musterhafte. Am erbittertsten tobt gegenwärtig der Kampf in H u l l, wo der Hafenverkehr infolge des Widerstandes der Reeder total still« steht. Ungeheure Massen von Butter, Eier, Speck, Gemüse und Obst liegen in den seit Sonnabend eingelaufenen Schiffen und können nicht ausgeladen werden. Alle Versuche der Reeder. Streik- brecher zu bekommen, sind bisher erfolglos geblieben. Im Orte herrscht große Erregung, und die Sympathien des Volkes wenden sich ganz den Streikenden zu. Die LebenSmittel-Jmporteure sind in Verzweiflung; auch sie halten den Streik für durchaus gerecht- fertigt und richten die schärfsten Angriffe gegen die scharfmacherischen Reeder. In Manchester   hielten die betroffenen Lebensmittelhändler gestern eine große Versammlung ab, in der beschlossen wurde, das folgende Telegramm an den H a n d e l s m i n i st e r zu senden:.Die heute in Manchester   abgehaltene Maffen- Versammlung von Lebensmittel- Großhändlern fordert Sie aus. sofort Maßnahmen zu ergreifen, um die Shipping Federation zu zwingen, dem Grundsatz de« Schiedsspruchs in diesem Kampfe zuzustimmen, damit die Butter, Speck. Eier und andere verderbliche Waren, die jetzt in Hull   zugrunde gehen und von denen 19 Millionen Menschen abhängen, sofort weiter transportiert werden können". In M a n ch e st e r. bekanntlich ebenfalls ein großer Hafen, haben gestern etwa 3099 Docker den Sympathiestreik erklärt, denen heute die anderen folgen werden. In B r i st o l ist der Kampf so gut wie abgeschloffen, nachdem nicht nur die Seeleute, sondern auch die Kohlenbunkerleute und die Docker ihre Forderungen bewilligt erhielten. Eine wichtige Wendung wird von der heute in London   statt- findenden Versammlung der lokalen Reederverbände erwartet. Nach dem Organ der Shipping Federation, der.Shipping Gazette", wird dort wahrscheinlich beschlossen werden, daß die Shipping Federation selber offiziell den Seeleuten eine Lohnerhöhung bewilligt. Daß die Shipping Federation vom hohen Roß herabsteigen und den See- leuten ein Kompromiß anbieten muß. ist der größte Triumph der Arbeiter. Gleichzeitig mit dieser Versammlung findet ebenfalls in London   eine Konferenz des Transportarbeiterver- band eS. der über 199 099 Mitglieder zählt, statt, um über ein gemeinsames Vorgehen aller in Betracht kommenden Gewerkschaften zu entscheiden. Ein ein- mütiger Beschluß würde den Knmpf der Seeleute über alle Maßen stärken. Schon die Ankündigung der Konferenz hat unter den Reedern, die zum erstenmal die Macht der Arbeiter zu spüren be- kommen haben, eine wahre Panik hervorgerufen. In L o n d o n ist der Hafenverkehr fast normal, da ein Schiff nach dem anderen die Forderungen der Arbeiter bewilligt hat. » GrimSby  . 29. Juni. Die hiesigen Hafenarbeiter haben sämtlich die Löscharbeit auf den Schiffen niedergelegt. L e i t h, 29. Juni. Die hiesigen Hafenarbeiter haben den Gene- ralstreik erklärt. Antwerpen  , 29. Juni. In einer gestern hier abgehaltenen Versammlung wurde den Reedern ein Ultimatum gestellt und ihnen mit einem Generalaus st and der Dockarbeiter und £H. Glocke, Berlin  . Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u LerlagSanstalt Verlader gedroht. Trotzdem glaubt man nicht, daß die Reeder den Forderungen der Streikenden nachgeben werden. kommunales. Aus der Stadtverordnetenversammlung. Der neue Vertrag mit der Straßenbahn- gesellschoft das ist derFriede"! So wurde gestern in der Stadtverordnetenversammlung mit stolzer Ge- nugtuung erklärt, und die Gruppen um Cassel und um Mommsen hätten am liebsten den Abschluß des verheißenen Friedens" mit der Großen Berliner   Straßenbahn durch schleunige Annahme des vom Magistrat vorgelegten Ver- tragsentwurfs sofort vollzogen. Widerspruch erhob die sozialdemokratische Fraktion, die auch in diesem Entwurf eines neuen Vertrages keinen Anlaß sieht, von ihrer grundsätzlichen Stellungnahme gegen alle Monopole privater Verkehrsgesellschaften irgendwie abzuweichen. Was die Gemeinde Berlin   zu erwarten hat, wenn der Ver- trag angenommen wird, das wurde von unserem Genossen Heimann in einer großen Rede treffend dargelegt. Heimann erkannte an, daß es dem Magistrat gelungen ist, der Straßenbahngesellschaft diesmal manche Vorteile für die Stadt abzuringen. Im übrigen aber zeige sich auch in diesem neuesten Versuch einer Regelung der Beziehungen zwischen Stadt und Straßenbahn nur zu deutlich der schroffe Gegensatz, der zwischen den Interessen einer Kommune und denen einer E r we r b s g es e ll« schaft besteht. Der Stadt Berlin   werde nur übrig bleiben, mit ihrer Verkehrspolitik geradezu abzudanken. Unser Redner betonte, daß dem Groß-Berliner Zweckverband seine Aufgabe auf dem Gebiete des Verkehrswesens durch einen solchen Vertrag wirklich nicht erleichtert werde. Die sozialdemokratische Fraktion müsse ihn rundweg ablehnen. Von den Freisinnigen äußerte der Stadtverordnete R o s e n o w Bedenken gegen den Vertragsentwurf, für den auch er trotz aller verlockenden Beigaben sich nicht begeistern könne. Mindestens solle man in einem Ausschuß sich die vom Magistrat vorgelegte Arbeit noch einmal sehr genau ansehen, Dagegen fanden die Stadtverordneten Cassel und Mommsen die Bedingungen desFriedens", der jetzt mit der Großen Berliner Straßenbahn geschlossen werden solle, überaus günstig für die Stadt Berlin  . Sie sprachen die Erwartung aus, daß der Ausschuß nichts daran ändern werde. Bürgermeister R e i ck e tat ein übriges, um die Hurra- stintmung der Versammlung noch zu steigern. Er behauptete, nicht die Straßenbahngesellschaft sei es, die in den lang- wierigen Verhandlungen mit der Stadt sich Lorbeeren geholt habe. Diese naive Prahlerei wird den leitenden Per- sonen der Straßenbohnaesellschaft nicht wenig Spaß machen. Die Lorbeeren, die der Magistrat im voraus sich bucht, werden ihnen sehr gleichgültig sein. Sie ziehen den Gewinn vor. den die Straßenbahngesellschaft später einmal davon haben wird. Der Vertragsentwurf wurde einem Ausschuß über- wiesen, der sofort ernannt wurde und schon am Freitag zu- sammentrcten wird. Er will der Versammlung am Montag in einer Extrasitzung seine Beschlüsse vorlegen, über die dann entschieden werden soll. Ausschuß und Versammlung werd.ea Ja und Amen sagen, daran ist leider nicht zu zweiselo» Verlammlungen. Die Möielpolierer nahmen in ihrer Bramhenversammlung Stellung zu einer Maßnahme der Unternehmer, die sich als Um- gehung de» Tarifs kennzeichnet. Vertragsmäßig muß den Möbel- Polierern seit dem 1. Oktober 1919 eine Lohnzulage von 5 Proz. gewährt werden. Eine Anzahl von Unternehmern umgehen diese Beslimmung dadurch, daß� sie vom ArbcilsnachweiS wie der Referent Nigbur ausführte nur Grundierer verlangen, dann von diesen Poliererarbeit verrichten lassen und Po» lierer entlassen. In der wirtschaftlich schlechten Lage. in der sich die Möbelpolierer augenblicklich befinden, geben fertige Polierer sich dazu hin, Grundleradressen zu besetzen und leisten dann auf Verlangen der Unternehmer resp. ihrer Meister Poliererarbeit. Das trägt aber dazu bei, daß die Betreffenden sich und ,hre Kollegen schädigen und an der großen Arbeitslosigkeit nichts andern. In der äußerst regen Diskussion, an welcher auch der Obmann der Schlichtungskommission, Reiche, teilnahm, wurde allgemein das Vorgehen der Unternehmer verurteilt. Folgende Resolution fand einstimmige Annahme: Die zahlreich erschienenen Polierer protestieren ganz entschieden gegen die Maßnahmen der Unternehmer, welche an Stelle der Polierer Grundierer einstellen und dadurch die Löhne drücken. Die Versammelten geloben, diese Maßnahmen illusorisch zu machen, indem sie streng daraus achten, daß kein Grundierer Poliererarbeit verrichtet." Darauf fand folgender Anttag die einstiinmige Annahme: Die Versamnilung gibt der Kontrollkommission die Ermächtigung gegen die Kollegen, welche gegen den letzten PassuS der Resolution ver» stoßen, geeignete Schritte zu unternehmen. Letzte Nachrichten. Staatliche Monopolisierung der Lebensversicherang in Italien  . Rom  , 29. Juni.'(W. T. B.) In der Berawng über den Gesetz- eniwurf erklärte Hanbelsminister Nrtti im Verlauf seiner Rede, der Staat übernehme nicht nur die moralische, sondern auch die gesetzliche Garantie für das nationale Vcrsichcrungsinstitut. Das staatliche Monopol stelle keine Lösung des Problems der Alters- Versorgung der Arbeiter dar, aber die Regierung habe sich zum Ziel gesetzt, den ersten Schritt zur Lösung dieses Problems zu tun. (Beifall.) Zum Schluß wies der Minister auf den Erfolg der Postsparkassen hin und wünschte dem nationalen Bersicherungs- institut den gleichen Erfolg.(Lebhafter Beifall; eine sehr große Anzahl von Abgeordneten beglückwünschten den Minister.) Schwere Eisenbahnkatastrophe in Ostgalizieo, zwei Tote und viele Schwerverletzte. Lemberg  . 29. Juni.  (P. C.) Ucber das schwere Eisenbahn- Unglück, das sich gestern auf der ostgalizischen Lokalbahn bei B o r S- z c z o w ereignete, werden erst heute, da der Telegraphen- und Telcphonverkchr gestört war, Einzelheiten bekannt. Danach hat ein Personenzug, nachdem er die Station Borszczow verlassen hatte, infolge falscher Signalgebung eine Weiche überfahren und war so auf die eingleisige Strecke geraten, auf der sich von der entgegengesetzten Seite ein anderer Personenzug näherte. Die beiden Züge waren in schnellster Fahrt begriffen, als sie auf- einander stießen._ Straßenbahneransstand in Oporto  . Madrid  , 29. Juni.  (H. B.) Nach Meldungen au? Oporto  sind die dortigen Angestellten der elektrischen Straßenbahn in den Streik getreten. Der Verkehr dürfte vollständig eingestellt werden. Die Gemeindeverwaltung will versuchen, den Betrieb der Straßen» bahn unter Heranziehung vo» Grniesoldaten weiter zu führen. PaulSinger>!cCo..BerlinLVV. Hierzu 2 Beilagen u.UntcrhaltungSbl.