von 1906 6iS 1910 259 AMtkyeitsfalle thlt 3700 KrsnkentSgen So?. Das macht für die Kranthertsfälle eine Steigerung um 20 Prozent und für die Krankentage eine solche von 61,5 Prozent, trotz der in- zwischen in Kraft getretenen Bundesratsbekanntmachungen vom 25. April 1899 und 3. Juli 1909 und trotz verstärkter ärztlicher Aufsicht! Unheimlich ist auch die schnelle Steigerung der Todes- fälle an Lungenentzündung, die in einer einzigen Mühle von 8 und 1 Todesfall im Vorjahr im folgenden Jahre trotz aller ärztlichen Kontrolle auf 10 und 12 Todesfälle stiegen. Man kam daher auf den Gedanken, die Zerkleinerung der Thomasschlacke auf einem anderen Wege zu erreichen, bei dem die Entstehung von Staub gänzlich ausgeschlossen ist. Von den nach dieser Richtung gemachten Vorschlägen erwies sich als praktischster der von dem Geheimen Regierungsrat Prof. Mathesms in Char- lottenburg gemachte, der dahin geht, die Schlacke in geschlossenen Kesseln einem Dampfdruck von 9 bis 12 Atmosphären 3 bis 4 Stunden lang auszusetzen, wodurch die Schlacke in ein durchweg weiches, zartes Pulver verwandelt wird, in welchem das ätzende Galciumoxhd zum größten Teil in ganz unschädliches Calcium- carbonat und zum Teil auch in Kalkhhdrat übergeführt wird, das sich an der Luft auch bald in Carbonat verwandelt. Dabei hat das so erhaltene Mehl vollständig die gleich« Dungkrast wie das durch Mahlen hergestellt«. Aerzte und Gewerbeaufsichtsbeamte begrüßten mit Freuden das neue Herstellungsverfahren, durch das die Mühlen ganz ausgeschaltet und die schweren Erkrankungen, welche der beim Mahlverfahren unvermeidliche Staub hervorruft, verhütet werden. Die Schlackenmühle in Ruhrort , die das neue Verfahren probierte, erklärte sich im Jahre 1905 bereit, es zur Ausführung zu bringen. Aber wer trotz dieser großen Vorzüge mit dem neuen Auf- schlicßungsverfahren der Schlacke und seiner Einführung nicht ein- verstanden war, das waren die ISyndikatSherren, die fürchteten, daß sie dann die von ihnen mit großen Kosten eingerichteten über 20 .Schlackenmühlen inö alte Eisen werfen müßten. Soviel, sagten sie, tsit das nue Mathesiussche Verfahren nicht billiger, um damit die Av'.schaffungskosten dieser teuren Mühlen decken zu können. Sie schnitten daher Mathesius jede Möglichkeit ab, die Zweckmäßigkeit seines Verfahrens in einem größeren Betriebe nachzuweisen. Daher teilte« die Berichte der Gewerbeaufsichtsbeamten, die in ihrem Be- richte für 1905 das Mathesiussche Verfahren mit Freuden begrüßt hatten, 1906 nur lakonisch mit:„Bon der Einführung des im vorigen Jahresberichte erwähnten Verfahrens von Mathesius hat die Ruhr- orter Schlackenmühle vorläufig Abstand genommen," und in den Berichten der folgenden Jahre ist das Mathesiussche Verfahren überhaupt nicht mehr erwähnt worden. Auch über die durch die Schlackenmühlen verursachten, zum Teil vermehrten Erkrankungen der Arbeiter gehen die Berichte der letzten Zeit ziemlich schnell hinweg. Di« Syndikatsherren in Köln wußten die Verwaltung der Ruhrorier Mühle von der Einführung des Mathesiusschen Ver- sahrcns abzuhalten. Dasselbe gelang ihnen bei der Schlackenmühle »n Bruckhausen bei Essen , bei der„Gutehoffnungshütte", dem Stahl- werk„Deutscher Kaiser" und anderen. Wir haben bisher, meinten die Herren, mit dem Mahlverfahren gute Resultate erzielt und werden das auch weiter. Die zahlreichen schweren Erkrankungen der in den Schlackenmühlen beschäftigten Arbeiter, die durch das Mathesiussche Verfahren vermieden würden, waren ihnen gleichgültig. Dafür seien ja die Krankenkassen da, für die sie ihre Beiträge zahlten. Die Königlich Preußische Gewerbeau�fsichtsbehörde erklärte ihrer- seit? zu dem Hinweise auf die gesundheitliche Gefährdung des MahlderfahrenS und die Aufforderung zur zwangsweisen Ein- sührung des Mathesiusschen Verfahrens,«daß ein derartiger Ein- griff der Behörde nur dann in Erwägung gezogen werden könne, wenn zunächst in einem Betriebe der Beweis erbracht sei, daß die in Ausficht gestellten Vorzüge des Verfahrens auch tatsächlich vor- Händen seien". Dabei ist der Regierung eingehend mitgeteilt worden, wie das Syndikat jede größere Beweisführung zu verhindern weiß. aber sie scheint sich nicht bewußt zu sein, daß sie in diesem Falle verpflichtet ist, selbst solche Versuche in ihren Versuchsanstalten zu veranlassen. In anderen Fällen ist sie nicht vor Zwangsmaßregeln zurückgeschreckt. Als die Produktion von Saccharin die Einkünfte der Rübenbauern und der Zuckerbarone zu schmälern drohte, zwang sie die Saccharinfabrilen durch Einbringung eines von der Agrarier. Majorität sofort angenommenen Spezialgesetzes zur fast vollständi- gen Einstellung ihres Betriebes. Aber die Schädigung der Gesund. heit der Arbeiter ist für die Regierung kein Grund, die Syndikate in ihrem gefährlichen Schlackenmühlbetriebe zu behindern. Wie es in betreff der Gesundheitsschädigungen der Schlacken» Mühlenarbeiter trotz aller Bundesratsbestimmungen und ärztlichen Aufsicht in den letzten Jahren weitergegangen ist, zeigt der jüngste Bericht der GcwerbeaussichtLbcamten für 1910. Hier heißt es Seite 353 hinsichtlich des Betriebes der vier Schlackenmühlen im Bezirk Arnsberg :„Der Vergleich mit den Ziffern des Vorjahres läßt erkennen, daß im allgemeinen eine erhebliche Zunahme der Erkrankungen eingetreten ist." Die Zahl der Erkrankungen in den vier Schlackenmühlen des Bezirks Düsseldorf ist von 407 im Jahre 1909 auf 422 in 1910, und die Zahl der Krankentage von 5553 auf 6620, also um fast 20 Prozent gestiegen. AuS anderen Bezirken mit großen Schlackenmühlen liegen leider keine zahlenmäßigen Berichte vom letzten Jahre vor. Aber die Unternehmer wenden in den letzten Jahren ein neues Mittel an, um eine Erhöhung der Kranken- und Sterbeziffern zu verhüten. Sie entlassen nämlich nach einer Beschäftigung von einigen Wochen die meisten Arbeiter wieder, um sie durch frische zu ersetzen. So haben einige Mühlen dadurch, daß sie den größten Teil ihrer Arbeiter im Jahre sechs- bis siebenmal gewechselt, erreicht, daß sich nur wenige vor ihrer Entlassung krank meldeten. Daß dadurch die Schädlichkeiten der Mühlen nicht beseitigt wurden, liegt auf der Hand. Wie lange soll dieses frevelhafte Spiel der Syndikatsherren mit dem Leben und der Gesundheit der Arbeiter noch geduldet werden? Wann endlich wird der Bundesrat von seiner Befugnis Gebrauch machen, zum Schutz von Leben und Gesundheit der Ar- beiter für Zerkleinerung der Thomasschlacke ein Verfahren vor- zuschreiben, das die Entstehung von Staub ausschließt? Ist der Profit der Syndikatsherren mehr wert als Leben und Gesundheit der Arbeiter? ver Frauenmord am Humboldthafen. Wie wir im größten Teil unserer Auflage bereits gestern mitteilen konnten, wurde in der Nachtsitzung, die sich bis um >/z3 Uhr des Donnerstagmorgen hinzog, der Prozeß wegen des Frauen mordes am Humboldthafen zu Ende geführt. Die PlaidoyerS Jbet Verteidiger Dr. Puppe, Jul. Meyer I, Dr. Philipp und P i ck a r d t zogen sich bis 12 Uhr hin. Es wurde von der Verteidigung übereinstimmend die Freisprechung be» antragt, da der Sachverhalt nach keiner Richtung hin genügend aufgeklärt sei. Die Geschworenen verneinten sämtliche Schuldfragen, so daß die Angeklagten auf Kosten der Staatskasse freigesprochen werden mußten. Der Freispnich kommt insbesondere nach dem Gutachten der Sachverständigen nicht überraschend. Ungesühnt geblieben ist dem« nach die schwere Unrat. Es mag dahingestellt bleiben, ob ein ge- eigneteres Borgehen der Polizeibehörden, der Staatsanwaltschaft und deS SchwurgerichtSvorfitzenden mehr Klarheit hätte verschaffen könne». Bei Behörden, die bislang nicht einmal die Mörder de» auf offener Straße am Tage erschlagenen Arbeiters Horrmann haben unter Anklage stellen können, überrascht die totale Bersagung gegenüber einem Verbrechen nicht, das im Verborgenen und im Dunkel der Nacht verübt und erst geraume Zeit später entdeckt wurde. Behörden, deren Haupttätigkeit auf Auffpürung, Konftruierung und Verfolgung wegen vermeintlicher politischer Straftaten gerichtet wird, müssen naturgemäß für die Fälle wirklicher Verbrechen versagen. Weit mehr als das Fiasko der Behörden auf dem rein kriminellen Gebiet erschüttert das grauenvolle soziale Bild, das der Prozeß ent- hüllte. Ein kaum dem KindeSalter erwachsenes Mädchen kommt aus Ost- elbien nach Berlin , um Arbeit zu suchen. Vergeblich ist ihr ernstes Ringen. der Hunger treibt die von niemand Unterstützte zur Feilbietung ihres Leibes. Ausbeutung nach jeder Richtung auch bei diesem Elend muß die Sermste kennen lernen. Ihr Lebe» endet bei einem Wollustakt, bei dem das achtzehnjährige Mädchen mit schlimmerer als viehischer Roheit mißhandelt wird. Wer schützte in ihrem Leben die Aermste, eins der vielen Opfer unserer Gesellschafts- ordnung? Niemand. Eine.Fürsorgeerziehung" brachte fie in immer tieferes Verderben. Und was geschieht, um ähnlichem Sinken von Stufe zu Stufe entgegenzutreten? Nichts seitens der herrschenden Gesellschaftsklasse. Margareten -Blumentage und Wohl- tätigkeitSbazare und ähnlicher WohltätigkeitSUimbim. zu denen diese sich mal aufschwingt, find nur geeignet, die tiefe Kluft zu offenbaren, die zwischen der Verpflichtung der herrschenden Klasse und dem Mangel einer Erfüllung dieser Pflicht besteht. Vor organischen Lenderungen der GesellschaftS» ordnungen, die allein bewirken würden, dem, der da arbeiten will, auch Arbeit zu geben, scheut die herrschende Klasse zurück, haßt und verfolgt die Arbeiterklasse, die unerschütterlich zielbewußt diese Aenderung erstrebt. DaS Schicksal der Ermordeten verschulden im letzten Grunde die Feinde der Arbeiterbewegung, die die herrschende Ausbeutung des Menschen durch den Menschen verteidigen. Ist das Mittel der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, das Privateigentum an den Produktionsmitteln, beseittgt, dann wäre auch solch tieftrauriges Bild, wie eS das Schicksal der Ermordeten uns vor Augen führt, unmöglich. Und deshalb dürfen wir mit Recht behaupten: Die moralische Schuld an dem Schicksal der getöteten Martha Schmidt trägt die herrschende, auf Unterdrückung und AuS- beutung der Arbeiterklasse hinarbeitende Gesellschaftsklasse. Soziales* Der Zentralverband der OrtSkrankenkasse» im Deutschen Reiche hält vom S. bis 12. Juli im Tivoli in Dresden feine diesjährige (18.) Jahresversammlung ab. Die Tagesordnung dieser im Anschluß an die ReichsversicherungSordnung außerordentlich wichtigen Ta- gung ist die folgende: 1. Bericht der gefchästSführenden Kasse(Dresden ). 2. Die Anpassung der Ortskrankenkassen an die ReichSver- sicherungsordnung.(Referenten: Justtzrat Dr. Meyer-Frankep» thal, Bureauvorstand Frenzel-Dresden , Kassenvorsitzender Witti. München , Geschäftsführer Alb. Kohn-Berlin , Kassenvorsitzcnder Gräf-Jrankfurt a. M., Paul Starke-DreSden.j Jeder wird über bestimmte Gebiete referieren. 3. Antrag der aeschäftsführenden Kasse auf schleunige Her- stellung von Mustersatzungen für Orts-Krankenkaffen. 4. Antrag der geschäftsführenden Kasse auf Abänderung der Verbandssatzungen. 5. Antrag der geschäftsführenden Kasse auf Gründung einer Verbandszeitung und einer RechtSauskunfts- und Beratungsstelle für die Verbandskassen. 6. Bericht des Tarifamtes und Enffchließung über die fernere Gestaltung der Tarifgemeinschast. 7. Beschlußfassung über Einführung gleichmäßiger Statisti- ken bei den Verbandskassen. 8. Bestimmung des OrteS über Abhaltung der Nächsten Iah- reSverfammlung._ 10000 M. Konventionalstrafe wegen Verletzung der Konkurrenz. klaufel! Ein Konkurrenzklaufelprozeß um 10 000 M. wurde jüngst vom Landgericht Breslau als Berufungsinstanz entschieden. Ein dor- tiges Bankhaus hatte mit einem feiner Vertrauenzangestellten ver- einbart, daß er drei Jahre nach Austritt in kein Konkurrenzge- fchäft in Breslau oder zehn Meile» im Umkreis bei Vermeidung einer Konventionalstrafe von 10 000 M. eintreten dürfe. Nachdem der beklagte Bankbeanite das Konkurrcnzverbot überschritten, klagte das Bankhaus auf Zahlung der 10000 M., das KaufmannSgericht billigte ihm aber nur 2000 M. zu, d. h. zirka ein Drittel des Jahres- gehaltS, indem eS ausführte, daß die Strafe von 10 000 M. zwar dem Interesse des Bankhauses gerecht wird, jedoch die Wirtschaft- liche Stellung und Leistungsfähigkeit des Beklagten vollständig un- berücksichtigt läßt. Auf die seitens deS Bankhauses eingelegte Be- rufung verurteilte das Landgericht den Beklagten in voller Höhe von 10 000 M. Die Strafklausel verstoße hier nicht gegen die guten Sitten. Das ergibt sich schon daraus, daß Beklagter mit der durch den Vertragsbruch erlangten Gehaltserhöhung bereits in wenigen Jahren die Vertragsstrafe abzutragen in der Lage ist. Schlimme Folgen der Achtstundenschicht? Die preußischen GewerbeauffichtSbeamten find vor einigen Jahren angewiesen worden, sich in ihren Jahresberichten aller Ur- teile und Kritiken zu enthalten und sich nur auf tatsächliche Mit- teilungen zu beschränken. Im allgemeinen haben fie diese An- Weisung auch befolgt und sich namentlich dem eigentümlichen Ver- halten mancher Arbeitgeber gegenüber einfach referierend und kri- tiklos verhalten. Gegenüber dem Verhalten der Arbeiter steht eS anders. Da kann sich manchmal ein gwt preußischer Aufsichtsbeamter nicht enthalten, den Arbeitern gegenüber seinen lebhaften Tadel auszusprechen. Und deswegen hat er wohl auch von seiner vorgesetzten Behörde keine Monitas zu befürchten. Im letzten Jahresbericht ist eS der Berichterstatter für den Regierungsbezirk Liegnitz , der seinem gepreßten Herzen über die Lüderlichkeit der Grubenarbeiter und der Arbeiterinnen in den Landeshuter Webereien in folgenden Sätzen Luft macht: „In einer Reihe von Betrieben haben die Arbeiter versucht, durch Ausstände zu höheren Löhnen zu gelangem; diese Bestre- bungen hatten jedoch in den wenigsten Fällen Erfolg, und die er- zielten Lohnsteigerungen waren nur gering. Allgemein wird aber darüber geklagt, daß die Genußsucht größer geworden sei. Di� vielen Vereine, die Verniehrung der Tanzsäle. Schaustellungen usw. bieten dem Arbeiter nicht nur in den Städten, sondern auch auf dem Lande mehr Gelegenheit, Geld auszugeben, als früher. Namentlich die Besitzer oder Pächter von Sälen streben häufig unausgesetzt danach, durch Abhalten von Festlichkeiten und Schaustellungen die Arbeiter anzuziehen. Daher sind es nicht allein die Montage, an denen vorwiegend Arbeiterinnen fehlen, sondern auch die Wochen- tage nach solchen Festen. Selbstverständlich leiden darunter auch die s i t t I i ch e n Z u st ä n d e der Arbeiter. Diese sind am schlimmsten in einigen Webereien in Landeshut . Hier gibt eS viele uneheliche Geburten, die in einzelnen Anlagen 40 Proz. samtlicher Geburten erreichen. Die Schuld daran wird den benachbarten Grubenarbei- term, die nur Achtstundenschichten verfahren und je nach ihrer Schicht den Tag oder die Nacht in Landeshut zubringen, zugeschrieben. Der größte Teil der Arbeiterinnen ist hier in Kost« und Quartiergänger- Wohnungen untergebracht." Also infolge der Einführung der Achtstundenschicht der Gruben- arbeiter sind nach diesen oberflächlichen Behauptungen, die offen» bar auf Einblasungen aus rückständigsten gabrikantenkreisen her- rühren, die Grubenarbeiter und die Arbeiterinnen in den Land«»- huter Webereien leichtsinnig und verdorben geworden! ES würde sehr nützlich für bejde leiL, temu diel? AchtltMMchicht witdex abgeschafft Md die Reumflundenschichf toleJet eingeführt würde. Der Lohn braucht ja deshalb nicht erhöht zu werden, denn die Gru- benarbeiter brächten dann das heidenmäßig viele Geld, das sie jetzt. verdienen, nicht in Schaustellungen und Schlemmereien mit Webe- rinnen in Landeshut durch, sondern blieben hübsch zu Hause. Die Weberinnen ihrerseits könnten dann, nachdem sie die ganze Woche Tag für Tag ihre monotone Arbeit zwischen den Webstühlen ver- richtet, abends hübsch in die Nähschule oder die Flickschule oder die Betstunde gehen; sie kämen dann mit keiner anderen Person als dem Herrn Pfarrer in Berührung und infolgedessen nicht so laicht auf Liebesgedanken usw. und lernten dann viel mehr Bescheiden- heit und Demut. Statt der wiedergegebenen Polteret über angebliche Mißstände hätte der amtliche Berichterstatter lieber die tatsächlichen Verhält- misse, insbesondere auch die Lohn- und Lebenshaltungsverhältnisse vor und nach Einftihrung der Achtstundenschicht untersuchen und darüber referieren sollen. Hätte er dann noch die Liegnitzer und Landeshuter Verhältnisse mit anderen verglick)en und dem Grunde nach den leider erfolglosen Versuchen nachgeforscht, zu besseren Lebensbedingungen zu gelangen, so hätte er wohl die Angaben seiner Gewährsleute etwas weniger unkritisch betrachtet. Freilich ent- spricht solche Untersuchung nicht den Wünschen mancher Fabrikan- ten, hätte aber gezeigt, daß wie anderwärts, so auch in Landeshut eine bessere Löhnung und Herabsetzung der Arbeitszeit der Sitt- lichkeit eminent zugute gekommen wäre. Nicht die Achtsttindenschicht der Bergarbeiter, sondern die tieftraurigen Verhältnisse in den Landeshuter Webereien sind auch an dem sittlichen Elend schuld« VM dem dxx Berichterstatter spricht. IiigenÄbetvegiing. Die Jugendbewegung im Ausland. Ueber den Stand und die letzten Vorgänge innerhalb der Jugend- Bewegung im Auslande macht der Sekretär der internationalen Ver- Bindung der sozialistischen Jugendorganisationen, Genosse Robert Danneberg - Wien folgende Mitteilungen: Dänemark . Der dänische Jugendverband hat in diesem Frühjahre gelegentlich der Rekrurenaushebung eine Broschüre üb» den Militarismus verbreitet und 50 Versammlungen abgehalten. In Finnland wird sich der Parteitag, der im Herbste ob- gehalten wird, auch mit der Frage der Jugendbewegung bescbäftigen. In Frankreich ist der letzte Parteilongreß von St. Ouentin zur Verhandlung der Frage der Jugendbewegung nicht gekommen und hat ihre Erledigung dem außerordentlichen Parteitag vorbehalten, der im November abgehalten werden soll. In Holland beschloß der Parteitag der Arbeiterpartei, der im April in Utrecht stattgefunden hat, daß im Anschluß an die Partei- Organisationen Jugendabteilungen gegründet werden sollen, hingegen der bestehende Jugendverband„Zaaier" nicht zu unterstützen sei. Hierdurch ist auch in der Jugendbewegung Hollands formal die Spaltung vollzogen, die in der Parteibewegung bereit« vorhanden war. In Oesterreich erscheint seit 1. Mai neben dem deu�chen «Jugendlichen Arbeiter' und dem tschechischen„SbomiK miadeze" ein drittes Jugendorgan, das vom Verband der italienischen Arbeiter- jugeud in Oesterreich herausgegeben wird. Es heißt Gioveatu Socialista" und erscheint 14tägig in Trieft, Via Losobotto 5. Internationales. Der Glasgower Distrittsverband der engliichen Sonntagsschulen ersucht die Jugendvcreinigungen oller Länder, ihre Mitglieder auf die Boykottierung der „Singer-Nähmaschinen" aufmerksam zu machen, welche die engliscben Gewerffchasten ausgesprochen haben. Insbesondere die Organisationen, die weibliche Mitglieder besitzen, sollten der All- gelegenheit ihr Augenmerk zuwenden. Adressenänderung. Die Adresse der Jugendorganisation Hollands ist nunmehr Albert Bnnkhuis jun.. Amsterdam SO H, Prinsengracht. Hua Industrie und ftandeL Die Stahl-Internationale. In der ersten internationalen Stahlkonferenz hielt Richter Gary eine Ansprache, worin er hervorhob, welche Gründe ein internatio- naleS Abkommen der Stahlproduzenten wünschenswert erscheinen ließen. Nach ihm sprach in ähnlichem Sinne Baron v. Bodenhause» von der Firma Krupp in Essen . Es sprachen ferner Delegierte aus Engländ, Frankreich und Spanien . Alle erklärten sich für Anhänger eines internattonalen Einvernehmens. Ein solches Einvernehmen ist auch im Prinzip angenommen worden. In der nächsten Sitzung wird die Grundlage des internationalen Abkommens gelegt und ein Ausschuß ernannt werden, welcher mit der Abfassung der Statuten der neuen Organisation beauftragt werden soll sowie mit dem Auf« trage, eine neue beschließende Konferenz einzuberufen. Die GewerkschaftSwelt, überhaupt die Arbeiterbewegung kann hier lernen, wie man in der Wahrnehmung von Klasseninteressen die nattonale Phrase an den Nagel hängt, wie man international organisiert, um national plündern zu können. Die Arbeiter werden dagegen rüsten im Interesse der Produzenten und Konsumente» Ueberzöllner. Bestrebungen, dle teils von den Vereinigten Kunstseidefabnken Frankfurt a. M., teils vom Zentralverband deutscher Industrieller ausgehen, zielen auf eine Erhöhung der Zölle auf Kunstseide, und zwar gleich auf den zehnfachen Satz von 300 M.(ein Antrag versteigt sich sogar auf 625 M.) Gegen diese Anträge, die jede Rück- ficht auf die verarbeitende Industrie vermissen lassen, hat nach der „Franks. Ztg." der Verein deutscher Seidenwebereien in Düsseldorf in einer Deulschrift Widerspruch erhoben. Er weist daraus hin, daß die Zollerhöhungsantrüge sich lediglich aus die Verhältnisse deS viel Alkohol verbrauchenden Nitrozelluloseverfahrens stützen, nach dem aber heute nur noch zwei Fabriken arbeiten. Nicht nur da« Kupfer- oxydammoniakverfahren ist gewinnbringend, sondern auch die anderen Verfahren, besonders das Viskoseverfahren. Die AuSfuhrfähigstit sowohl von Krawattenstoffen, in denen jetzt sehr viel Kunstseide ver» arbeitet wird, als auch von seideneu Bändern und den sogenannten Barmer Artikeln würde durch ein« Ver« teuerung deS Rohmaterials Kunstseide infolge einer Zoll- erhöhung ohne Zweifel in Frage gestellt, besonder« im Hinblick aus die gerade in letzter Zeit infolge verschiedener Umstände erstarkte Konkurrenz in der Schweiz , in Belgien und Böhmen , der die Kunst- seide zollfrei und demnach billiger zur Verfügung steht. ES heißt die wahren Absichten verschleiern, wenn die Kunstseidefabrikcn wiederholt betonen, daß mit einer Zollerhöhung nickt eine Preis- erhöhung beabsichtigt sei, auf der anderen Seite begründen sie ihre Anträge gerade mit dem allgemeinem Preisrückgang. Schließlich müßten in Deutschlvnd auS einer Erhöhung des Kunstseidezolls auch die nötigen Folgerungen, nämlich eine Erhöhung des Zolls auf kunst- seidene Artikel aller Art gezogen werden, ebenso wie es in Frank- reich geschehen ist. So hätte man wieder eine Schraube ohne Ende— die den Konsumenten auspreßt und dazu die Verhältnisse am ArbeitSmarlt sehr ungünstig beeinflußt. Prcis-„Regulierung". Der Verband beutscher Topstvarenfabri- kanten hat sich für die Schaffung einheitlicher Verkaufspreise erklärt. um der Preisunterbietung zu begegnen. Die Konsumente« werden die Folgen zu spüren bekommen. Kohlenfund. Auf dem Gebiete de« Rittergutes Dölltngen wurde ein mächtiges Brauukohlenlager erbohrt. Eine Gesellschaft verhandelt bereirs wegen Anlage eines neuen Kohlenbergwerke». Wäre«S nicht zweckdienlich, wenn die Stadt Hall « bort ein Bergwerk errichtete und di« Einwohner mit Brennmaterial ver-
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten