„Aker 5i« Wldelt es sich eben nicht um bedeutimsslose Nebensächlichkeiten, sondern unr Grundfragen von allgemeiner Bedeutung. Hier stehen zwei sehr weit von einander a b- weichende Richtungen einander gegenüber. Daher die Heftigkeit, die sich, sicher nicht zum Beste» der Sache, in diesen Streit hineingemischt hat. Daher das System der Ber» allgemeinerung. daß die Ankläger befolgen. Sie glauben, in jedem meiner Worte ihr ganzes System getroffen sehen zu muffen. Daher das Misttrauen, das auch hier wie immer den Schelm spielt." Natürlich bleibt der„Schelm", die„Köln . Volksztg." die Antwort nicht schuldig. Sie beschuldigt(Nr. 586) den Dominikanerpater Weiß der Entstellung ihres Textes und der Berdächtigung der in Berlin Theologie studierenden katholischen Priester und fährt dann fort: „Wenn solche Methoden bei uns überhand nehmen, so geht jedes Mast für die Dinge allmählich verloren und die blindeste Leidenschaftlichkeit muß alles zerfetzen. Möchten diejenigen, die es angeht, doch die Angriffe aus dem Ausland belehren, wo man keinen Anstand mehr nimmt, in frivolster Weise da? ganze katholische Volk mit seinen Bischöfen auf» schlimm st e zu verdächtigen. Jetzt müssen die deutschen Katholiken einmütig sein, alle ähnlichen Angriffe ent- schloffen abzuwehren, denn wenn die„Correspondance de Rome" sich zum Organ ähnlicher Treibereien macht, ist wahrlich keine Zeit mehr zu verlieren. Sein oder Nichtsein unserer grasten und bewährten Organisationen steht auf dem Spiel, und Frankreichs trauriges Schicksal zeigt uns, wohin«inheitslose und zersplitterte katholische Völker steuern." Wo sich solche günstige Gelegenheit bietet, der kölnischen Richtung Hiebe zu versetzen, darf natürlich auch der bekannte klerikale Gegner des alten und jungen Spahns, der Reichs- grafv. Opperdorfs, nicht fehlen. Er richtet ein scharfes Schreiben gegen den Privatdozenten Dr. Franz Cöln in Bonn , der sich in der„Köln.Volksztg." abfällig überdas Werk des Paters Weiß geäußert hat und das Berliner Blatt der katholischen Fachvereine, der beständig gegen die christlichen Gewerkschaften intrigierende„Arbeiter" druckt schmunzelnd die gepfefferte Epistel des Grafen Oppersdorff ab. Ein feines Konsortium, diese frommen Brüder in Christol In den überschwänglichsten Apologien preisen sie die veredelnde Wirkung der römisch-katholischen Ethik auf die Gemüter der Gläubigen; sie selbst aber, die führenden Vertreter dieser Ethik, befeinden sich auf das gehässigste und beschuldigen sich gegenseitig aller möglichen Niederträchtigkeiten. Auch in anderen Parteien gibt es sicherlich Gegensätze und Nivalitäts» streitigkeiten; aber nirgends herrscht im gleichen Maße die Verleumdung, Verdächtigung und die feige Intrige als in den frommen Reihen des Zentrums. PoUtilcbe dcberficbt. Berlin , den 12. Juli 1911. Eine deutliche Zurechtweisung. Die„Deutsche Tagesztg." kann sich nicht enthalten, dem konservativen Reichstagspräsidentcn Grafen Schwerin-Löwitz nochmals zu verstehen zu geben, daß er sich gefälligst � aller Einmischung in die von der konservativen Parteileitung be- folgte Taktik enthalten möge, da er, wenn er auch er- wählter konservativer Reichstagspräsident sei, doch nicht als kompetent angesehen werden könne, die Pläne des Heydebrandschen Generalstabes zu stören. Natürlich richtet die„Deutsche Tageszeitung" diese Zurechtweisung nicht direkt an den Grafen Schwerin; sie hüllt vielmehr ihre„wohl- »vollende" Ermahnung in eine gegen die liberale Presse ge- richtete Polemik, in der sie den Liberalen vorwirft, daß sie den Aeußerungen des Grafen Schwerin-Löwitz über die„sehr unerfreuliche Erscheinung" eine viel zu große Be- deutung beigemessen hätten. Wörtlich schreibt das Bündler. blatt: „Graf Schwerin-Löwitz hat sicher, alö er seine Treptower Rede hielt, sehr genau gewußt, dost in den erwähnten Punkten Meinungsverschiedenheiten innerhalb der konservativen Partei be> stehen; und er hat schwerlich auch nur einen Augen- blick daran gedacht, dast diese Meinungsverschiedenheiten, die nicht von heute und gestern datieren, durch feine Rede zu- gunsten seines Standpunktes einfach erledigt werden könnten. Er hat ferner gewist auch gar nicht daran gedacht, ja gar nicht daran denken können, mit dieser Rede der deutsch - konservativen Partei Direktiven zu geben. Alle diese Momente hat vielmehr erst die liberale Presse in die Angelegenheit hineingetragen; sie fallen aber schon deshalb fort, weil Graf Schwerin-Löwitz trotz seiner hervorragenden persönlichen Stellung in der konservativen Partei doch nicht der Parteileitung in: engeren Sinne angehört." Es muß den um die konservative Sache hochverdienten alten Politiker und Parlamentarier empfindlich schmerzen, daß ihm hier von oben herab ohne jede Rücksichtnahme bescheinigt wird, er sei für die eigentlichen Führer der konservativen Partei nur eine«juantitö negligeable. Hansabunds Kongreß. Die Leitung de? HansabundcS scheint sich durch die umfang- reichen AuStrittSmeldungen hervorragender Grostinduftrieller doch stärker beunruhigt zu fühlen, als sie offiziell zugibt, zumal von den konservativen und antisemitischen Mittelstandsvereinsgründern gleich- zeitig mit aller Kraft daran gearbeitet wird, die dem Hansabund beigetretenen MittelstandSvereiiiigungen zum Austritt aus dem Hansa- bund und zun, Anschlnst an den geplanten Reichsdeutschen Mittel« standSverband zu bewegen. Das Präsidium des HanfabnndeS be- absichligt deshalb nach einer Mitteilung an feine Zweigvereine zum Herbst einen Kongreß einzuberufen, auf dem besonders Handwerks» und Kleinhandelsfragen beraten werden sollen. Die Verlogenheit der„Norddeutschen Allgemeine» Zeitung". Der Fall Macdonald gestaltet sich immer mehr zu einer Bloßstellung der Regierung Bcthmann Hollweg. Um die Konservativen günstig zu stimmen und ihren Groll gegen Wilhelm IL zu besänftigen, hat sie in der„Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" erklären müssen, das Zusammentreffen Macdonalds mit Wilhelm II. sei nicht auf den Wunsch des letzteren zurückzuführen. Nun war es für NichtMonarchisten ja ein heiteres Schauspiel zu sehen, wie mutig die Regierung Wilhelm II. nachträglich unter Kuratel zu stellen sucht. Aber dies Vergnügen veranlaßt uns noch lange nicht. dem Kanzlerblatt zu gestatten. durch bewußte falsche Darstellungen die deutsche Oeffentlichkett irre zu führen. DaS hat die„Nordd. Allg. Ztg.", aber immer wieder getan. Ans unsere Feststellung.' baß in, Artikel der„Sociakist Review" Macdonald selbst erklärt hat, daß die Zusammenkunft auf Wilhelms II. Wunsch erfolgt sei, hat sie geleugnet, daß der Artikel von Macdonald herrühre. Sie berief sich dabei auf einen Brief Macdonalds an die„Times", in welchem „er ausdrücklich dagegen protestiert habe, als der Verfaffer des Artikels bezeichnet zu werden". Die„Nordd. Allg." will damit offenbar den Eindruck erwecken, als habe Macbonald in dem Briefe seine Autorschaft des Artikels bestritten. Das ist eine dreiste und bewußte Irreführung. Die betreffende Notiz der„Times" vom 30. Juni läßt nicht den geringsten Zweifel darüber zu, daß Macdonald ganz im Gegenteil sich als Verfasser des Artikels bekannte. Er wies lediglich darauf hin, daß es„unfair" gewesen sei, seinen Namen zu nennen, da der Arttkel anonym erschienen war. Es bleibt also trotz aller offiziösen Ableugnungsversuche dabei. daß Macdouald selber schwarz auf weist erklärt hat, der Kaiser habe den Wunsch ausgesprochen, ihm z« begegnen. Uebrigens bedurfte es zur Feststellung der Tatsache, daß der betteffende Arttkel von Macdonald stammte, nicht seiner eigenen Bestätigung in den„Times". Der Arttkel ist gar nicht völlig anonym, sondern mit„Der Herausgeber" ge- zeichnet, und jeder, der mit den sozialistischen Verhältnissen in England näher vertraut ist, weiß, daß Macdonald der Heraus- geber der„Socialist Review " ist. Um die Verlogenheit der„Nordd. Allg. Ztg." aktenmästig zu be- legen, geben wir den Brief Macdonadls im Original wieder. Tde Emperor William and Mr. Ramsay MacDonald . In our issue of Wednesday we stated, on the authority of a news agency, that Mr. Katnsey MacDonald had referred at length in the July number of the Socialist Review to his recent invitation to lunch with the German Emperor. Mr. MacDonald now writes to us to point out that the article in question was anonymous and that the mention of his name, which we regtet, as the author q{ ifc was therefore"unfair." Tie Wahlkreiseinteikung für die elsaß -lothringische» Landtagswahlen, die am Sonnabend veröffentlicht worden ist, entspricht im großen ganzen dem Entwürfe, den die Regierung schon der Reichstagskom- Mission für die elsast-lothringische Verfassuivgsvorlage vorgelegt hatte und gegen den die nationalistische Notabelnpresse und die Presse des Zentrums in Elsatz-Lothringen so wütend Sturm lief. Der schon jenem Entwürfe zugrunde liegende Gedanke der Schaffung eines besonderen Wahlkreise» für jeden der 60 Abgeordneten ist(unter Anlehnung an die Kantonsgrenzen, bei rund 30 000 Einwohnern für den Wahlkreis) jetzt nur konsequenter durchgeführt, so daß es keinen Wahlkreis mehr gibt, der mehr als einen Abge- ordneten wählt, während nach dem im März d. I. der Reichstags- kommission vertraulich mitgeteilten ersten Entwürfe die Stadt Strastburg innerhalb der Umwallung in einem Wahlkreise 4 Ab- geordnete wählen sollte, Colmar -Neubreisach in einem Wahl- kreise L und Metz -Stadt in einem Wahlkreise 2. Jetzt sind auch diese drei Städte in soviele Wahlkreise eingeteilt, als nach der Bevölkerungszahl Abgeordnete zu wählen find. Für Mülhausen war dies schon in dem ersten Entwürfe der Fall. Dieser ist, abge- sehen von Colmar , für ganz Oberelsaß unverändert beibehalten. Vom Standpunkte der Wahlgerechtigkeit aus müssen diese Aende- rungen, nachdem der Proporz einmal gefallen war, als Verbesse- rungen bezeichnet werden, wenngleich unbestreitbar ist, dast die gouvernementale Wählgeometrie in Straßburg , wie schon vorher in Mülhausen und auch sonst da und dort, im Lande ganz ent- schieden einseittg und zugunsten der Liberalen gearbeitet hat. Glücklicherweise liegen die allgemeinen politischen Verhält- nisse im Lande so, daß die Bäume des rcgicrungsfrommen Lide- ralismus trotzdem nicht in den Himmel wachsen werden. Alle gouvernementale Wahlkreiszirkelkunst wird nicht verhindern, daß in den Kreisen Mülhausen und Straßburg mindestens je zwei Mandate der Sozialdemokratie zufallen, zu denen noch mindestens zwei sonst im Lande treten, so daß ein halbes Dutzend Mandate als Mindest stärke der Partei gewiß ist. Ein weiteres halbes Dutzend ist durch die Sozialdemokratie ernstlich„gefährdet", wie man im bürgerlichen Wahljargon zu sagen pflegt, so daß die Partei wenigstens nicht ohne alle Aussicht auf Erfolg trotz der gouvernementalen Wahl. kreisgeometrie um die IS Mandate kämpft, die ihr nach dem Reichstagswahlresultat von 1907 von Rechts wegen zu- stehen würden und die sie bei Anwendung eines gerechten Der- hältniswahlsystemS aud) glänzend geholt haben würde. Die klerikal-nattonaliftifche Presse Elsaß-LothringenS fährt fort, die WahlkreiSeinteilung csts einen Akt der Begünstigung für die Liberalen und die Sozialdemokraten zp denunzieren, was, soweit unsere Partei in Betracht kommt, durch die einfache Gruppie- rung der Straßen in den verschiedenen städtischen Wahlkreisen von Mülhausen und Straßburg ad absurdum geführt wird. Diese» Geschrei bezweckte, solange der angebliche Mandelsche Entwurf nicht Gesetz war, diesen mit seinem Urheber bei der Reichs- regicrung zu diskreditieren; jetzt läuft der unehrliche Lärm umgekehrt darauf hinaus, die elsatz-lothringische Sozialdemokratie als das gouvernementale Schoßkind beim Volke in Mißkredit zu bringen, um hei den Wahlen selber ein»venig hesser abzu- schneiden..» Das dürfte jedoch seine größeren Schwierigkeiten haben. So leicht, wie die Reichsregierung gegen ihre Sachwalter in Elsaß- Lothringen , läßt sich das elsaß-lothringische Volk nicht gegen die Sozialdemokratie ins Bockshorn jagen. ES wird da» allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlrecht gegen seine wirklichen Feinde gebrauchen— und das find, in erster Reihe die schwarzen BolkSbetrüger. Gegen den„inneren Aeind". Der Kreiskriegerverband Quedlinburg wendet sich in seinem Jahresbericht mit großer Energie gegen die Behauptung, daß die Kriegervereine Politik treiben. Gleich darauf heißt eS aber: «Aber niemand kann eS ihnen verwehren, wenn sie gegen die Sozialdemokrvlie vorgehen und zur Zeit der Wahlen ihre Mit- gliedcr auffordern, einmütig gegen sie ihre Stimmzettel abzugeben. Das zu tun, ist nicht nur ihr gute« Recht, sondern die Erfüllung ihrer vaterländischen Pflicht, die jedes einzelne Mitglied eines Kriegervereins bei seinem Eintritt in diesen freiwillig überiiomme» hat. Wie eS jedes Soldaten Ehrenpflicht ist, den König und das Vaterland gegen den äußeren Feind zu schützen und zu verteidigen, so ist eS jedes nationalgesinnten Mannes und vor allen Dingen jedes alten Soldaten Ehrenpflicht, den Kampf gegen den mneren Feind zu führen, der noch weil ge- fährlicher ist als jener. Der äustere Feind stellt sich zu ehrlichem Kampfe in offener, freier Schlacht und kämpft mit ehrlichen Waffen. DcS inneren Feindes Waffen aber sind Falschheit und Hinterlist, Verleumdung>md Lüge, Waffen, die umso gefährlicher sind, als ihnen schwer beizukommen ist. Darum muß der Kampf der Kriegervereiue gegen die Umsturzpartei mmntecbrochen und mit Nachdruck geführt werden, und darum ist eS die Pflicht jedes einzelnen Mitgliedes, bei den Wahle» seinen Sttmmzettel gegen die Umsttirzpaetki abzugeben." Der„Kyffhauset", das amiliche Organ der Kriegerdereine. bringt diese famose Auslegung an leitender Stelle, vermutlich, damit sich hie anderen Kreisverbände danach richten. Ueber den Vorwurf der Falschheit und Hinterlist, der Verleumdung und Lüge mit verbohrten Kriegervereinlern zu rechten, hat keinen Sinn. Aber die Krieger- vereine als unter amtlicher Aufsicht stehende Bereine dürften immer- hin gut hm, sich bei den kommenden Wahlen etwa? vorsichtig zu halten. Die Wahlprüfungskommission des Reichstages war im vorigen Jahre ernstlich daran, eine Wahl für ungültig zu erklären, weil in dem Eingreifen der Kriegervereine eine amtliche Wahl- beeinfluffung zu erblicken sei. Der künstige Reichstag wird bestimmt anders zusammengesetzt sein, und es könnte einem Erkorenen der Kriegervereine dann recht leichr passieren, dast er aus dem Reichstag wieder herausfliegt, sobald festgestellt wird, dast sich die„Krieger" etwa allzu eifrig am Kampf beteiligt haben. Der Entwurf eines Petroleum-MonopolS soll, wie verlautet, dem im nächsten Jahre zusammentretenden Reichstag!: vom Bundesrate vorgelegt werden. Bei den diesjährigen Etats- beratungen wurde im Reichstag schon beantragt, im Interesse der deutschen Konsumenten ein Verkaufsmonopol für Petroleum zu schaffen, da der Kampf zwischen dein amerikanischen und österreichischen Petroleum in den letzten Jahren Formen angenommen hat, die befürchten lassen, dast die Amerikaner den Petroleummarlt völlig beherrschen und dem deutschen Rationalvermögen große Schädigungen zufügen werden._ Das Reichs-Viehseuchengesetz wird, wie eine hiesige Korrespondenz berichtet, im Frühjahr de? nächsten JahrcS in Kraft gesetzt werden, nachdem das preußische AuSführnngSgesetz vom Landtage noch kurz vor Schluß der Session verabschiedet'worden war. Es werden bei Jnlrafltreten des Gesetzes beinahe drei Jahre verflossen sein, seitdem der Reichstag dieses Gesetz angenommen hat. Die Ausarbeitung der AusfllhrungSgesetze für die einzelnen Bundesstaaten hatte diese Zeit in Anspruch ge- nommen. Die meisten Bundesstaaten haben bisher Ausführung»- gesetzt erlassen, die kleineren Bundesstaaten werden dies noch in diesem Herbst hm. Im Herbst wird auch der Bundesrat die Aus- sührungSbestimmungeii zum Reicks-Viehseuchengesetz festsetzen, nach- dem die dieserhald befragten Organisationen ihre Gutachten im Laufe deS Frühjahrs abgegeben hatten. Ein befangener Gerichtsafseffor. Der Danziger GerichtSaffeffor Warmbrunn beschuldigte be- kanntlich am 1. Juni als Vorsitzender deS Schöffengerichts die Sozialdemokratie der Förderung des Meineides. Es war selbst- verständlich, dast jeder Sozialdemokrat den Herrn hiernach als Richter wegen Befangenheit ablehnen mußte. Das geschah auch, aber bereits im ersten Falle stellte das Gericht ohne weiteres fest, daß Warmbrun» politisch so besangen sei. dast er nicht in politischen Prozessen als Richter amtieren könne I Bald darauf wurde er von seinen Funktionen als Strafrichter enthoben und au das Zivil- gericht versetzt._ Wir, Bürgermeister und Senat... Eine Anzahl Lehrer und andere Beamte der Stadt Wismar in Mecklenburg hatten sich zu einer Sinkaufsvereinigung zusammen- getan, die den Zweck verfolgte, Waren so billig wie möglich ein- zukaufen und sie uiiter Umgebung des Zwischenhandels an die Mit- glieder zum Selbstkostenpreise wieder abzugeben. Der am Ort bestehende Handelsverein wandte sich deshalb an den Rat mit einer Eingabe, in der er darlegte, dast es ein Unding sei, wenn Beamte, die von den«Steuern der Bürger" besoldet würden, bei auswärtigen Geschäften kauften, die zu den Lasten der Stadt nichts beitrügen. Der Rat von Wismar ist darauf dem Kleinhandel beigesprungen und hat den Beamten herboten, ihre Waren von autzerbalb zu beziehen. Daß die betreffende Behörde auch die Gehälter der Beamten mit dem teureren einheimischen Warenbezug in Ucberein- stimmung gebracht hat, darüber verlautet nichts. Die geschilderte Maßnahme hat in den Kreisen der betroffenen kleinen Beamten um so größere Erregung hervorgerufen, als eine ganze Anzahl pensionierter Bürgermeister und Postoren Wismars ihre Peusionen ungestört außerhalb Wismars verzehren. Württemberg und Preusten. In der über 80 000 Einwohner zählenden ehemaligen Reichs- stadt Eßlingen hat vom 8. bis 11. Juli das fünfte württem- bergische Arbeitersängerfest stattgefunden. Die Behandlung des Festes durch Behörden und Bürgerschaft steht in auffallendem Gegensatz zu den in Preußen beliebten Methoden, wo die ArbeitersSnger- und Arbeiterturner-Orgamsationen gehässige Verfolgungen zu erdulden haben. In Eßlingen waren wohl keine 00 Häuser zu finden, die nicht Flaggen- und Guirlandcnschmuck trugen. Städtische und staatliche Gebäude machten dabei keine Ausnahme. Die beiden Rathäuser und die Schulen waren zu Ehren der Ar- beiter auf Kosten der Stadt herrlich geschmückt. Am Montagnachmittag waren sämtliche Schulen aus Anlast des Arbeiter- sängerfeste« geschlossen. Bon den staatlichen Gebäuden hatten da« Bahnhofs- und das Postgebäude Festschmuck- angelegt. An den Zugängen zur Stadt waren von der Stadlverwaltung Ehreiipsorten mit schöner Ausstattung und elekttischer Beleuchtung errichtet. Der Oberbürgermeister Dr. Mülberger, Chef der Polizei und nationalliberaler LandtagSabgcordneter, hielt am Hauplfesttage eine Rede, in der er die Gäste namens der Stadtverwaltung begrüßte und der Arbeiterschaft seine Anerkennung über die Pflege ideeller Güter aussprach. Die An- gL'ffe aus da» Fest und seine Person, an denen es im national- liberalen und konservativen Lager nicht gefehlt hat, wie» er mit der Bemerkung zurück, dast ei z u den schönsten Ausgaben eines Oberbürgermeisters gehöre, die Angehörigen einer so großen Klasse wie die des ArbeiterstandeS, an einem so schönen Feste zu bewillkommnen. Vorichriften, wie er sich dieser Aufgabe entledige, lasse er sich nicht machen, solange fem Handeln mit seiner inneren Ueberzeugung im Einklang stehe. Die Leidensgeschichte eines Soldaten wurde in einer Verhandlung vor dem Dresdener Krieg?- gericht aufgerollt. Wegen Achtungsverletzung, Fahnen- flucht und Preisgabe von Dienstgegenständen war der Soldat Wolf vom 103. Infanterieregiment in Bautzen angellagt. Glück- liche Tage hat der bedauernswerte Angeklagte noch nie gesehen. Er ist unehelich geboren und von fremden Leuten großgezogen worden. Elternliebe hat er nie kennen gelernt. Man hatte ihn mehr deS Ziehgeldes wegen als aus Liebe in Pflege genommen. Dazu kommt, dast dieses unglückliche Menschenkind von Geburt einen schiefen Mund hat. Wolf ist dadurch nicht nur entstellt, sondern eS ist ihm außerdem nicht möglich, deutlich zu sprechen. Schon als Kind hat man sich immer über ihn lustig gemacht. In der Lehre hat man ihn fast täglich wegen seines schiefen MundeS geärgert und ausgelacht; er ist dann schliest- lich fortgelaufen. Nachdem er einige Zeit als ArbeitSbursche tälig war, wurde er zun: Militär eingezogen. Als Soldat hatte er auch keine frohe Stunde, fortwährend wurde er wegen seines Geburtsfehlers gehänselt und mußte allerlei Ausdrücke hören. Oft hat er wegen seiner unglück- lichen Lage geweint, bis er anfing schwermütig zu werden. Eines TagS kam die Katastrophe. Er hatte seine Schieß- Übung nicht erfüllt und als er abends in die Kaserne kam. hatte er sehr viel an seinen Dienstsachen zu tun; schließlich mußte er auch noch länger als sonst Gewehre putzen. Dabei hat nun der Unter- o f s i z i e r fortwährend an ihm herumgenörgelt und ge- droht, ihn noch unglücklich zumachen. DaS veranlaßte Wolf
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