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Dtlkück, d«r als Historiker so gut Bescheid weiß, läßt gleichwohl als Politiker solch hanebüchenen Kannegießereien in seine Zeitschrift hinein, weil ihm das Vorurteil bürgerlicher Denkweise selbst die eigenen wohlerworbenen Kenntnisse verschleiert. vle MsrMoattsl'e. Marokkorummel und Wahlparole. DieAktion" des Demokraten Franz Pfemfert ist in der Lage, einen Auszug aus einemJnformationszirkular" zu veröffentlichen, das von B e r l i n aus an die konservativen Größen in der Provinz versandt wird mit derstreng ver- traulicheil" Aufforderung, dieInformationen" in geeigneter Weise»den parteifreundlichen Kreisorganen und der zuver- lässigen neutralen Presse zur Veröffentlichung zu überweisen, um in den Kreisen der nationalgesiunten Bevölkerung Klar- heit über unsere vaterländischen Interessen zu schaffen." In dem Zirkular werden zunächst in tendenziöser und verlogener Weise die Ursachen des Marokkokonfliktes dargestellt. Dann heißt e5 weiter: Während also, wie diese Preßäußerungen zeigen, selbst die liberalen Parteien sich auf ihr nationales Bewußtsein besonnen haben, da es jetzt heißt, Deutschlands Ehre und sei es n, it dem Schlverte gegen welsche Beschimpfungen z u V e r t e i d i g e n, hat sich der vaterlandsfeindliche, antideutsche Charakter der sozialdemokratischen Volksverhetzer klar gezeigt. In einem Augenblick, wo unseres Vaterlandes Ehre und Existenz gefährdet sind, reichen sich die roten Genossen von Frankreich und Deutschland die Hände, um ihren Nationen in den Riickdn zu fallen. Daß dieses hochverräterische Treiben, daS die Schamröte jedem Patrioten ins Antlitz steigen läßt, nicht von Gesetzes wegen verhindert wird, zeigt die Schwäche und die allzugroße Nachsicht unserer Regierung. Wohin soll es führen, wenn diesen gefähr- lichen Elementen ihr Wühlen nicht unterbunden wird? Es ist jetzt an der Zeit, daß unser nationalgesinntes Volk und daß be- sonders unsere Arbeiter sich darüber klar werden, daß diese un- deutsche Partei den Untergang Deutschlands als selbständiges Kaiserreich zumindest begünstigt. Vielleicht respektiert Frankreich unsere Ehre nur deshalb nicht besser, weil es die zersetzende Arbeit unserer Sozialdemokratie weit genug gediehen wähnt?... An unseren nationalempfindenden Volksgenossen wird es liegen. bei der n ä ch st e n Gelegenheit, bei den Wahlen, dem Auslände zu zeigen, daß es mit dieser Partei keine Gemeinschaft hat... Wir hoffen, daß unser Volk für die Zukunft a»S dem Verhalten der Sozialisten lernen wird.. Es ist durchaus nichts Neues, was hier ausgesprochen wird. Wir haben schon zur Genüge darauf hingewiesen, daß unsere Staatserhaltenden aus den marokkanischen Händeln Münze für ihre innerpolitischen Nöte zu schlagen suchen. Interessant ist an der Mitteilung derAktion", an deren Nichtigkeit wir zu zweifeln keinen Anlaß haben, nur die Tat- fache, daß von Berlin aus hinter den Kulissen krampfhaft ge- arbeitet wird, die öffentliche Meinung in der Provinz zu be- cinflussen. Jedem Kenner der Verhältnisse ist klar, daß bei dieser Hetze der Regierung eines Bethmann Hollweg direkt oder indirekt beteiligt ist. Aber es ist ein verbrecherisches Spiel, das die Herren treiben. Je früher und deutlicher dem deutschen Volke gezeigt wird, daß der ganze Marokko - rummel nur dazu dienen soll, Junker und Junkergenoffen vor einer tausendmal verdienten Niederlage bei den nächsten Wahlen zu retten, desto gründlicher wird die heimtückische und gemeingesährliche Irreführung der öffentlichen Meinung wirkungslos gemacht. Der Streit»m dieKompeusationen". Infolge der Geheimniskrämerei der Diplomaten ist in der deutschen und französischen Presse der Marokkotreiber eine scharfe Auseinandersetzung über dieKompensationen" im Gange, die natürlich nur zur Verschärfung der internationalen Spannung dienen kann. Französische Blätter behaupten, Deutschland verlange die französische Kongoküste als Abschlags- zahlung für seinen Verzicht auf Marokko . Darob großes Geschrei in der französischen chauvinistischen Presse. Auf der anderen Seite geifern die alldeutschen Blätter und die Zeitungen der Schwerindustrie gegen einen Verzicht auf Marokko und wollen vonKompenjationen" überhaupt nichts wissen. Das Zeitungsgekeife hüben und drüben wäre lächerlich, wenn die mit dem Konipensationsgezänk zusammenhängende internatio- nale Konstellation nicht so bitter ernst wäre. Charakteristisch für die Vertrauensduselei dcS deutschen Liberalismus ist wieder einmal die Haltung desBerliner Tageblattes". Es gesteht selbst ein. daß es die Eni- sendnng desPanther" nach Agadir freudig begrüßt habe, jammert aber jetzt über das Gezänk wegen derKompen- satiouen". Ja. war denn etwas derartiges nicht voraus- zusehen? Kannte dasB. T." unsere Alldeutschen, unsere Panzerplattenpatrioten und unsere Militaristen so wenig, daß es jetzt von den Folgen des Agadirbluffs überrascht ist? Einigung zwischen Frankreich und Spanien wegen deS Konflikts in Elksar. Paris , 19. Juli. Wie aus San Sebastian berichtet wird, hat die spanische Regierung Frankreich bereits eine erste Genugtuung gegeben. Der Minister des Aeußeren hat dem französischen Geschäfts- träger gegenüber das Bedauern der Regierung ausgedrückt, daß die spanischen Zeitungen im Rif in mißliebiger Weise von angeblichen Unterschlagungen deS Hauptmanns Maureau berichtet haben. Ferner soll der wegen seiner Syrnpathie für Frankreich bekannte Herr Clara zum spanischen Vizekonsul in Eltsar ernannt werden. Er ist bereits in Sau Sebastian von dem spanischen Ministerpräsidenten empfangen worden und mir Instruktionen verschen worden. Ferner wurde dein spanischen Befehlshaber in Eltsar untersagt, Deserteure der scherifia- nischen Armee anzuwerben. Er wurde weiter angewiesen, die Waffen solcher Deserteure dem Sultan zurückzusenden. Madrid , 19. Juli. Wie aus Paris gemeldet wird, hat der spanische Boffchaster gestern abend dem Minister des Aeußern einen Besuch abgestattet und ihm erklärt, wenn die spanischen Agenten die Umstände bestäligten, uiiter denen die Festnahme voisietS erfolgt sein solle, so könne die spanische Regierung nicht umhin, den Vorfall zu bedauern und sich mit Frankreich über die notwendige Entschädigung zu verständigen.__ poUrtfcbc dcberlicbt. Berlin , den 19. Juli 1911. Ter Wahlkampf in Düsseldorf . Wahrscheinlich wird nun doch noch neben unserem Genossen Haberland, dem zentrumsparteilichen Hansabundsmitglied Dr. Jo- Hann Friedrich und einem christlich-sozialen Zählkandidaten ein Mitglied der Demokratischen Vereinigung kandidieren; denn Herr Dr. Breitscheid-Berjin, dem von seinen Düsseldorfer Partei- ftsMis feie LMiöatjtr wakitn ist. sxriAt m&sm Sxisi an daZPerl. Tagebl." in elnSr Weise für die Ausstellung eines demokratischen Kandidaten in Düsseldorf aus, die keine andere Deutung zuläßt, als daß er gewillt ist, die ihm angebotene Kandis datur anzunehmen. Er schreibt nämlich: Als seinerzeit die Liberale Vereinigung zu Düsseldorf , die sich, ivie ausdrücklich bemerkt sein mag, aus Nationalliberalen und Fortschrittlern zusammensetzt, den Beschluß gefaßt hatte, sich bei der Nachwahl tot zu stellen, nannte dasBerliner Tage- blatt" diese Entscheidung eine Schmach für den Liberalismus. Nicht zum wenigsten diese energische Betonung unseres eigenen Standpunktes in Ihrem geschätzten Organ veranlaßte den Düffel dorfer Demokratischen Verein, der Frage einer eigenen Kandt datur näher zu treten. Es bestand und besteht für uns und für unsere Düsseldorser Freunde nicht der geringste Zweifel daran, daß alles getan werden muß, um dem Zentrum den Sitz zu ent- reißen. Es fragt sich nur, welches der zweckmäßigste Weg zu diesem Ziele ist. Tie Demokratische Vereingung ist nun wohl über den Ver dacht erhaben, daß sie nicht die nötige Entschlossenheit besitze, zur Wahl des Sozialdemokraten im ersten Gang aufzufordern. Aber nach reiflicher Erwägung und unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Faktoren schien uns diese Parole nicht an- gebracht. Leider ist. zumal nach der Aufstellung eines Ange- hörigen des Hansabundcs als Zentrumskandidaten, nicht zu er- warten, daß von vornherein der Kandidat der Sozialdemokratie aus nicht sozialdemokratischen Kreisen eine Unterstützung er- halten wird, die seinen Sieg in der Hauptwahl sicher stellt. Es gibt, wie Sie ja selbst am besscn wissen, immer zahlreiche Wähler, die zwar in der Stichwahl dem Sozialdemokraten unter Um- ständen ihre Stimme geben, sich aber in der Hauptw�if zu einem solchen Schritt nicht entschließen können. Ist neben dem kleri- taten, dem christlichsozialen und dem sozialdemokratischen kein anderer Bewerber vorhanden, so besteht die Gefahr, daß sehr biete Düsseldorfer bei der Wahl zu Hause bleiben werden und infolgedessen der Zentrumsmann im ersten Wahlgang eine Mehr- heit erhält. Wie dieKölnische Zeitung " berichtet, haben auch zahlreiche Mitglieder der Fortschrittlichen Volkspartei in Düffel- darf die hier vertretene Auffassung geltend gemacht, sie blieben aber am Freitag in der Minorität, zumal sich die andere Seite auf Pflichten der Loyalität gegenüber dem nationalliberalen Be- standteil der Liberalen Vereinigung berief. Die Demokratische Vereinigung in Düsseldorf wird, wie ich höre, ihre Auffassung von der Situation auch dann nicht ändern, wenn tatsächlich die Fortschrittliche Bolkspartei den Beschluß faßt, nicht den demokratischen, sondern den sozialdemokratischen Kan- didaten zu unterstützen. Unsere Freunde glauben, durch ein Festhalten an einer eigenen Kandidatur den Kampf gegen das Zentrum am wirksamsten führen zu können, und sie werden sicher ebenso wie der Zentralvorstand der Demotratischen Vereinigung sehr erfreut sein, wenn sie dabei die wohlwollende Unterstützung Ihres geschätzten Blattes erhalten." Verständlicher wird das Vorgehen der Demolraten durch diese Argumentation gerade nicht. Daß die Demokraten in Düffeldorf auf besonderen Zulauf rechnen können, ist nicht gerade wahrschein- lich, wohl aber ist nun mit ziemlicher Sicherheit damit zu rechnen, daß cS zu einer Stichwahl kommt, deren Ausgang keineswegs so sicher ist. als wie Herr Dr. Breitscheid anzunehmen scheint. Jedenfalls wird der Wahlkampf ein sehr heißer werden, denn daS Zentrum arbeitet mit Hochdruck, um zu beweisen, daß ihm seine Zustimmung zu der letzten Reichsfinanzreform in den Reihen seiner Anhänger nichts geschadet hat. Und es ist, um dieses Ziel zu erreichen, bereit, sich mit Hölle und Teufel, selbst mit dem Generalfeldmarschall der Pferde- und bockfüßigen schwarzen Viecher, Exellenz Bitru, zu verbünden. So entdeckt denn auch zum Bei- spiel das Düsseldorfer Zentrumsblatt plötzlich allerlei schöne Eigen- schaften am Hansabund und findet nicht das geringste dagegen einzuwenden, daß ein Zentrumslandidat diesem schönen, nützlichen Bund angehört. Wörtlich schreibt es: In der letzten Zeit ist ja. im und um den Hansabund ein lebhafter Streit entbrannt. Die Gründungsursache und seine Gründung selbst vor etwa zwei Jahren sind noch in Erinnerung. Es wurde damals hervorgehoben, daß der Hansabund eine Ver- tretung sein solle für alle Gebiete des Handels, der Industrie und des gewerblichen Lebens; man darf zugeben, daß diese Be- strebungen ebenso berechtigt waren wie die anderer Erwerbs- gruppen, zum Beispiel der Landwirtschaft, die sich auch bemüht, möglichst alle Landwirte zum fassen. Solange diese Bestrebungen in vernünftigen Grenzen bleiben und sich darauf beschränken, wirkliche Fachintereffen zur Geltung zu bringen unter Berück- sichtigung der berechtigten Interessen der anderen Berufsstände, können wir, unbeschadet der politischen Stellung, solche ganze Stände umfassende Vereinigungen nicht verurteilen. Deshalb ist seinerzeit die Gründung des Hansabundes von unS in ruhiger, objektivev Weise besprochen worden.... Wir halten es daher für keine unbedingte Notwendigkeit, daß Herr Dr. Friedrich, der als Bankvorstandsmitglied dem Hansabund als Vertreter der Bank angehört, aus dem Bunde austritt, weil, wenn alle, die mit dem Rießerschen Standpunkt nicht einverstanden sind, den Bund verlassen, dieser ohne weiteres zum Wahlverein einer be- stimmten politischen Partei herabgedrückt würde. So bietet sich ihm Gelegenheit, weiterhin dahin tätig zu sein, den Bund vor diesem Schicksal zu bewahren, und er steht auch jetzt noch mit seiner Ansicht im Bunde allein. Herr Dr. Friedrich hat durch seinen Eintritt in den Hansabund sich an seiner politischen lieber- zeugung nichts vergeben und er hat während seiner Zugehörig- keit zum Bunde nichts davon eingebüßt. Er ist ein entschiedener Anhänger der ZentrumSpartei , der, wie wir wiederholt be- tonen, auch im Sansatund seine Anschauung stets vertreten hat. Die Parteileitung hat an seiner Mitglied- schaft zum Hansabund, welche sie natürlich wußte, keine ii Anstoß genommen, ebensowenig das aus allen Ständen und Berufen zu- sa in m engesetzte Zentrumswahlkomitee, und beide Instanzen haben gegen die weitere Mit­gliedschaft nichts einzuwenden.' Sollte es sich nicht empfehlen, daß die ganze Zentrumsfraktion des Reichstages geschlossen, als Korporation, dem Hansabund beitritt._ Eisenbahnnberschilsse und Betriebssicherheit. Wie recht wir hatten, als wir aus Anlaß der Müll- heim er Katastrophe forderten, daß der Unfallgefahr vor allen Dingen auch durch Entlastung der oft über Gebühr geplagten Eisenbahnbeamten begegnet werde, beweist folgende Zuschrift, die wir aus Baden erhalten:Die Schuld an der entsetzlichen Katastrophe soll der Lokomotivführer Platten- Offenburg tragen, weil er trotz der in Basel erhaltenen An- Weisung nicht langsam in den im Schicncnumbau begriffenen Müllheimer Bahnhof einfuhr. Der Zugmeister, der in Basel den Dienst übernahm, gab an, daß der Führer ihm sehr abgemattet vorkam. Das wird wohl stimmen sehen mir uns die Arbeitszeit Plattens in dieser Zeit der Glut- Hitze an: Sonntag früh 10.56 von Offenburg nach Basel . nachm. 3.15 Basel nach Offenbura. Montag früh 2.11 Offenburg nach Basel . 3.00 Basel nach Ossenburg. Wäre um'/.9 Uhr die Katastrophe nicht eingetreten, so hätte derselbe Führer am Montag noch nach Heidel- b erg fahren muffen. Das ist eine geradezu unerhörte AuS- Nutzung der Kraft eines ManneS, der schon 25 Jahre Lokomotivführer ist. In der PetMonSkommission des Neichs- tags hat der Abg. Geck anläßlich einer Petition der Lokomotivführer aus die Gefahr dieser Personal­ausbeutung hingewiesen." Soweit die beachtenswerte Zuschrift. Al,o auch wenn dem Lokomotivführer Platten nicht das geringste Verschulden nachgewiesen werden kann, wenn vielmehr die Katastrophe tatsächlich auf das Versagen der Bremse zurückzuführen sein sollte, wäre es höchste Zeit, daß die Eisenbahnverwaltung ans Nerven und Gesundheit ihrer Beamten größere Rücksicht nähme, auch im Interesse der Passagiere! Die Eisenbahnen sollen in erster Linie dem Verkehr dienen, erst in zweiter Linie kann die Erzielung eines Ueberschusses in Frage kommen. Leider aber bilden, namentlich in Preußen, die Eisenbahnen seit jeher die milchende Kuh, um den besitzenden Klassen das Zahlen angemessener Steuern zu ersparen! Ter erste Alarm aus Ovamboland! Dem Reutcrschcn Bureau wird aus Livingstone(Rhodesia ) ge- meldet?. Der Verwaltung ging auS Seshekc an der Grenze von Deutsch -Südwestasrika die Nachricht zu, nach Gerüchten, die unter den Eingeborenen dort umliefen, sei eine Patrouille bcstebcnd aus dem Distriktskommissar v. Frankenberg , zwei. weißen Sergeanten, 14 schwarzen Polizisten und 20 Trägern, von Leuten des O k a w a n g o st a m m e S in Ngamiland niedergemacht worden. v. Frankenberg sei auf einem Maultier entkommen. Die Nach­richt sei bisher unbestätigt. Das Neutersche Bureau erfährt dazu, daß auch die Chartcred Company keine Mitteilung erhalten habe, trotzdem Ngamiland aus englischem Gebiet liege. Die Anwesenheit der deutschen Patrouille auf englischem Boden erkläre sich daraus, daß die Grenze nocb nicht genau festgelegt sei. An Berliner amtlicher Stelle liegt bis jetzt keinerlei Meldung vor. Richtig ist, daß Herr v. Frankcnberg sich nach dem sogenannten Caprivizipfel begeben sollte. Der Caprivizipfel liegt im Norden unserer südwestafrikanischcn Kolonie, im Stammgebiet der Ovambos am Okawangoflusse. Tao schmale Territorium streckt sich wie eine Landzunge in englisches Gebiet. Kolonialphantastcn glaubten, daß der Caprivizipfel einen Teil des Bandes bilden werde, das die deutschen ostafriianischcn Besitzungen mit den südwestafrikanischen verbinden soll. Tie vom Vorwärts" in der vorigen Woche ausführlich geschilderten Pläne der Regierung, die auf eingroßes Reinmachen im Ovamboland" hinauslaufen, erstreckten sich auch auf den Caprivizipfel. Selbst wenn die Nachricht von der Niederwerfung der deutschen Expedition sich nicht bestätigen sollte, zeigt sie. daß sich im Ovamboland folgen­schwere Dinge vorbereiten. Wir stehen tatsächlich vor einem neuen südwestafrikanischcn Abentcucr; möge daS d-utsche Voll auf {einer Hut{cijjl_ Noch eine Junkeraffäre. Das Kriegsgericht der Landwehrinspektion verurteilte am Mitt- woch den F r e i h e r r n v. R i ch t h o f e n wegen Zweikampfes mit tödlichem Ausgang zu zwei Jahren Festung. Nicht die Duellholzerei selbst, sondern ihr eigentümliches Drum und Dran verdient Er- Wähnung. Der Freiherr v. Richthofen, Leutnant der Reserve, befand sich. wie das bei den Standesgenossen des Herrn ja nicht selten vor- zukommen pflegt, in Geldverlegenheiten. Er hatte dabei das Glück. sich nicht an Löbel Pinkus wenden zu müssen, vielmehr erbot sich ein Blaublütiger. der Maler v. G a f f r o n. dein Standesgenossen aus seinen Geldkalamitäten zu helfen. Dieser edle Hilfsbereite pumpte Herrn v. Richthofen 2o000 M.. wofür er sich eine in vier Jahren fällige Erbschaft deS Entleihers im Betrage von 40 000 M. zedieren ließ. Außer dieser bescheidenen Verzinsung von IS Proz. bedang Herr v. Gaffron sich noch eine weitere Verzinsung von 5 Proz. auS heißt ein Geschäft I Aber Herr v. Gaffron sollte die 20 Proz. nicht einstreichen. Als eS zur Regulierung der Erbschaft kam, teilte Herr v. Richthofen seinen beiden Brüdeni, die die Abwickelung deS Geschäfts für ihn übernommen hatten, einem LegationSrat und einem Oberlandes- gerichtSrat, mit. daß er seinerzeit mir 25 000 M. erhalten habe. Die beiden Brüder zwangen nun nicht nur den adligen Wucherer zu einer Ermäßigung seiner Forderung, sondern sie sorgten auch durch Verbreitung der Skandalaffäre dafür, daß v. Gaffron gesellschaftlich boykottiert wurde, nan, entlich des exquisiten Vorzugs verlustig ging, an den Hosjagden teilzunehmen. Und nun ereignete sich Verschiedenerlei, was allerlei Kopf- schütteln erregen muß. Herr v. Gaffron war empört darüber, daß Herr v. Richthosen sich einerEhrlosigkeit" schuldig gemocht, nämlich da? famose Geldgeschäft trotz gegebenen Ehrenwortes ausgeplaudert Habel Diese Verletzung seines besonders fein ausgebildeten Ehr- geföhl» kränkte ihn derart, daß er in einem Weinlokal über Herrn v. Richthofen herfiel und ihn ohrfeigte. Aber Herr v. Nicht- hosen besaß kein minder ausgeprägtes Standes-Ehrgesühl: er schickte Herrn v. Gaffron eine Forderung zum Duell. Aber dieser vortreffliche Geschäftsmann war im Punlte der Junkerehre so penibel, daß er die Forderung ablehnte, weil Herr v. Richthofen od seines Bruches eines gegebenen Ehrenwortes nicht satis- faktionSfähig sei I Erst daS Eingreifen des m i I i- tärischen Ehrengerichts brachte es zuwege, daß eS dennoch zum Duell kam, zumEhrenhandel" zwischen einem Manne, derun- saubere Geldgeschäfte trieb, und seinem Gegner, der doch nach der Behauptung v. GaffronS sein Ehrenwort gebrochen haben sollte I In dem Duell erschoß Herr v. Richthofen Herrn v. Gaffron. Und er erhielt dafür 2 Jahre KavalierShaft, trotzdem das Gericht angenonmien hat. daß v. Gaffron tatsächlich wucherische Prak­tiken geübt hat. Wäre es da nicht vernünftiger gewesen, erst daS Gericht sprechen zu lassen? Aber wir verstehen wohl nichts von dem eigenartigen Ehrenkodcx«nserer Junkerlaste 1 Und wenn die nicht blaublütige Oeffentlichkeit eine tolle Farce darin erblicki. daß erst eine m i l i t ä r i s ch e I n st i t u t i o n ein Duell fordert und herbeiführt, das dann von einer anderen militä- r i s ch e n I n st i t u t i o n mit 2 Jahren Festung geahndet wird, so liegt das auch wohl nur an den unentwickelten Verstandes- und Ehrbegriffen deS blöden Plebs! Das Zeutrum und die letzte Reichsfinanzreform. In der Zentrumspresse wird die Reichsfinanzreform des Jahres 1909, die der breiten Volksmasse mehrere hundert Millionen Mark an neuen Steuern aufbürdete, alsnationale Tat" gepriesen und behauptet, daß die Unzufriedenheit mit dieser Steuer-.Reform" lediglich künstlich durch die wüste Agitation der sozialdemokratischen und liberalen Hetzer hervorgerufen sei. In schärfsten Widerspruch zu diesen kuriosen Aeußerungen der Zentrumspresse über die Volks- Meinung zur ReichSfinanzresorm steht, lvaS in einer Versammlung deS mehr als 12 000 Mitglieder zählenden ZentrumSIonsumvereiiiz Wohlfahrt" zu Werden bei Essen gesagt und beschlossen wurde. EüiHerr Schlack. Vorsitzender des Verbandes westdeutscherchristlicher" Konsumvereine, führte in seinem Vortrage überdie Steuer- ertrage und die Konsumvereine" auS. daß die bürger- lichen Parteien sich nicht darüber im unklaren sein sollten, daß auch unter den Anhängern der bürgerlichen Parteien eive weitgehende Mißstimmung gegen die letzte