infetnaHonale Arbeiterschaft durch die tvechselnden Schachzüge der verschiedenen Regierungen in ihrer prinzipiellen Stellung- «ahme beirren liebe. Die englische Regierung muß natürlich vor allem zur Rechenschaft gezogen werden. Wir können uns darauf verlassen, daß die englische Arbeiterpartei in dieseni kritischen Augenblicke ihren Mann stehen und die In- ternationale nicht enttäuschen wird. Die deutsche Arbeiterklasse wird wissen, was sie zu tun hat. Die deutsche Regierung war es, die den Zündstoff an das internationale Pulverfaß gesetzt hat, indem sie ohne jede Warnung vor Agadir die gepanzerte Faust schwang und die übrigen Mächte mit einer vollendeten Tatsache überlisten wollte. Sie mußte wissen, daß sich England an einer empfind- ilichen Stelle getroffen fühlen würde, und sie konnte doch un- möglich sich der eitlen Hoffnung hingeben, daß der leere Scheinkainpf um die Oberhausfrage die besitzenden Klassen Englands entzweien und die Stellung der Regierung nach außen hin auch nur im geringsten Maße schwächen würde. Auch dem französischen Proletariat fällt eine ge- waltige geschichtliche Aufgabe zu, und die Umstände bc- günstigen gerade seine Bestrebungen am meisten. Frankreich kann die Lage auf zweierlei Weise retten. Erstens in Marokko selber, wenn es seinen Kolonialraubzug einstellt und der deutschen Regierung gegenüber eine nachgiebige Haltung einnimmt. Und zweitens, wenn es aus die englische Re- gierung im friedlichen Sinne einzuwirken und sie von weiteren verhängnisvollen Schritten abzuhalten sucht. Der heutige Leitartikel der jingoistischen„Times" läßt klar erkennen, daß auch die englische Regierung einiger Konzessionen Frankreichs an Deutschland nicht im Wege stehen würde, wenn Deutsch- land auf seine Forderung, sich ungeheure Gebiete französischen Besitzes anzueignen und das ganze internationale Mächtver- hältnis mit einen: Schlage zu seinen Gunsten und zu Englands Ungunsten zu verschieben, verzichtet. Diese Sachlage bietet dein internationalen Proletariat die Basis zum entschlossenen und einmütigen Handeln. Den herrschenden Kreisen'aller drei Staaten muß rechtzeitig zu verstehen ge- geben werden, daß die Völker entschlossen sind, ihr Schicksal in dem Augenblicke in die eigenen Hände zu nehmen, wo die gewissenlosen Machthaber das Wohl von Nationen mutwillig aufs Spiel setzen. Alarmnachrichten. London , 26, Juli. Nach einer Meldung der„Times" hat die Admiralität dem gegenwärtig vor Cromarty(Schottland ) befindlichen Geschwader, das eigentlich nach Norwegen abgehen sollte, den Befehl gegeben, südwärts nach Portsmouth zu dampfen, wo sich das Panzerschiff„London " schon befindet. Die Flotte besteht aus vier Panzerschisien und sieben Äreuzern unter dem Befehl des Adnurals Fellicoe. In Devonport wird erzählt, daß die Mannschaften gewisser Schisie der Kanalflotte den Befehl erhalten hätten, sich auf das erste Zeichen bereit zu halten. London , 26. Juli. In verschiedenen Kreisen erregte eine gestern erfolgte Ankündigung deS Direktors vom Lloyd Aufsehen, daß nach fünfzehn Tagen das Kriegsrisilo nicht mehr in die Ver« sicherungen einbegriffen ist. London , 26. Juli. Im Hinblick auf den Umstand, daß Lloyds bei Schiffsversicherungen das Kriegsrisiko nach dem 9. August zu übernehinen ablehnte, was von einigen Zeitungen mit der marokkani- fchen Angelegenheit in Zusammenhang gebracht wurde, wird von der „Financial Times " erklärt, daß es sich um eine lediglich finanzielle Transaktion handele. London , 26. Juli. Wie das Reutersche Bureau erfährt, ist in- folge einer Aenderung in dem Programm der Bewegungen der HeimatS- und der atlantischen Flotte vor einigen Tagen beschlossen worden, den Plan eines Besuchs der atlantischen Flotte in den schwedischen und norwegischen Häfen fallen zu lassen. Man erklärt, daß diese Aenderung keinerlei Beziehungen zu den jüngsten Ereignissen in Marokko hat. Die Haltung Frankreichs . So weit Nachrichten aus Paris vorliegen, scheint man die Situation dort ruhiger zu beurteilen als in England. EL werden sogar Stimmen laut, die behaupten, daß der fran- zösischen Regierung die schroffe Stellungnahme Englands durchaus nicht angenehm sei, und daß man sich in Pans von England»nicht in eine Sackgasse" treiben lassen wolle. ES wäre nur zu wünschen, daß man in Frankreich kaltes Blut behielte und auch England vor allzugroßem Eifer warnte. politifche QcberSicbt» Berlin , den 26. Juli 1911. „Können wir überhaupt noch mit?" Diese charakteristische Aeußerung fiel auf dem am 23. und 24. Juli in Detmold abgehaltenen Abgeordnetentage des Deutschen Kriegerbundes, und zwar mit Beziehung auf die Frage/ was die Kriegervereine tun könnten, den Bormarsch der sozialdemokratischen Bewegung aufzuhalten. Nicht aus dem Nkunde irgend eines beiläufigen Delegierten, sondern auS dem des stell- vertretenden Vorsitzenden, deS Geheimen Regierungsrats W e st p h a l, der den General von Lindequist vertrat, über dessen briefliche Erklärung die Parteipresse bereits berichtet hat. Der Herr Geheime Rat hatte vorgelesen, daß die Mitgliederzahl der freien Gewerk« schastcn im letzten Jahre um 235 000 gestiegen, ihr Vermögen um 14 Millionen gewachsen ist. und im stillen hatte er sich gewiß schon vorher ausgemalt, daß die liebwerten Kameraden in„Ihrer Majestät zweite Armee im Biirgerrock' zu einer derartigen �Opferwilligkcit allein für die aussichtslose Bekämpfung deS Umsturzes denn doch nicht z» erziehen sein würden. Allein sie wollen jetzt partout der Sozialdemokratie den Garaus machen, wonniglich noch vor den Sieich-Ztagswahlen, die Herren mit der Krwgrrvereinsmütze und ordenbesäter Brust. So waren denn drei„praktische Borschläge" der vertraulichen Denkerarbcit entsprungen, von denen der eine im Hannoverschen, der andere in der Lausitz und der dritte beim Bundesvorstände in Berlin selbst das Licht dieser verseuchten Welt erblickt hatte. Nummer 1 und 2 wurden aber während der Verhandlung zurückgezogen, wenn auch erst nach ziemlich lebhafter Debatte? der Antrag deS Bundesvorstandes dagegen fand schließlich die Billigimg der Krieger. Er lautet: „Der Bundestag beauftragt� den Vorstand mit der AuS- arbeitung eines Projektes für die Errichtung einer Ver- f i ch e r n n g S- und F ü r f o r g c k a s f e für die durch den TerroriSmus der Sozialdemokratte geschädigten Kameraden- Arbeiter, und mit der Vorlegung dieses Projektes auf dem nächsten Bundestage." Tie unter den Tisch gefallenen beiden Anträge bezweckten un- gesihr dasselbe: der au« Hannover wollte ein Kommission eingesetzt wissen, die darüber brüten sollte,„loelche Einrichtungen vom Deutschen Kriegerbunde zur wirksamen Bekämpfung der Sozialdemokratie ge- troffen werden müssen"; der andere suchte den Abgeordnetentag gleich zu praktischen Taten zu animieren, indem er vorschlug,„vom 1. Januar 1912 ab«in» Steuer von 10 Pf. pro Kopf und Jahr zur Ansainmlung eines Fonds zu heben, aus welchem die durch AuS- sperruyg arbeitslos gewordenen Kameraden unterstützt werden können." Man ficht, die Herrschaften sitzen arg in der Tinte,' und sie haben es schon so weit gebracht, daß sie nachdenken, was generaliter und spezialisjime wohl zu geschehen habe, daß dieser entsetzliche . U m st u r z" verschwinde. Durch einige Bemerkungen, die in der Debatte gefallen sind, gewinnt das Bild der gegen den„Umsturz" eifernden tapferen Krieger den Reiz vermehrter Anschaulichkeit. So hören wir einen gewissen StadtshndikuS Dr. Tegtmeyer auS Hannober u.a. sagen: Wenn wir den Dingen weiter den Lauf lassen, dann werden wir viele unserer Kameraden Arbeiter verloren geben müssen, dann müssen wir uns auch einmal auf den Barrikaden mit denen herumschlagen, die den Terrorismus und die rohe Gewalt auf ihre Fahnen geschrieben haben. Schrecklich, wenn Herr Tegtmeyer mit seiner Knarre auf der Barrikade erscheinen würde. Aber er ist der Schlimmste nicht, denn er sagt auch, daß„die Gewerkschaften viel geleistet haben, auch die freien", und daß sie„ein gutes Mittel zur Weiterbildung der Massen' seien. Er charakterisiert aber andererseits auch die Kriegerveretne ganz nett, wenn er behauptet: Schauen Sie einmal hinein in die kleinen Kriegerveretne, die Nörgelei ist da unentgeltlich. Wir brauchen auch Rednerschulen. Wer spricht denn heute bei uns, da schläft ja alles ein! Schließlich meint Dr. T., es wäre„dringend wünschenswert", daß„unsere führenden Männer bei Sr. Majestät vorstellig werden und ein Wort für unser Kriegervereinöwesen einlegen". Als er dann aber von einem Manne erzählte, der gesagt hat, es paffe ihm nicht, von irgend einem Fuhrmann auf der Straße als Kamerad an- gerufen zu werden,— da suchte man ihn durch Unruhe und Schluß- rufe aus dem Konzept zu bringen. Ein Professor aus S p r e m- b er g versicherte, die Gefahr drohe ganz besonders auf dem Lande; in zehn Jahren habe die Sozialdemokratie das platte Land erobert,— eine Bemerkung, die ihm den ver- zweifelten Zuruf aus der Mitte der 400 Delegierten eintrug: Hat sie heute schon! Dazu paßten dann nicht übel die entsagungsvollen Sätze des Geheimen Rats W e st p h a l aus Berlin : Ist es überhaupt noch möglich, bei dem großen Wachsen der sozialdemokratischen Gewerkschaften etwas durch die Unterstützung der Christlichen zu erreichen? Sind doch die sozia- listischen Gewerkschaften im letzten Jahre um 235 000 Mitglieder gestiegen, ihr Vermögen von 50 Vz auf 641/a Millionen. Da entsteht die Frage: Können wir überhaupt noch mit? Und diese Frage wurde wiederum mit einem bedeutungsvollen „Sehr richtig!" aus der Versammlung beantwortet. Immerhin, dieKasse soll gegründet werden, aber Herr Westphal betonte:„Sie müßte sich allerdings auf die Unterstützung bei«u§- iperrungen und nach Beendigung von Streiks beschränken, denn wir müssen neutral bleiben und haben mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu rechnen." Diese Worte bezeichnen die Mache am besten. Wer trägt die Schuld an der Finanzreform? Zeitweilig scheint den Schnapsblockpolitikern wegen der Wirkung der Finanzrcform doch ihr schlechtes Gewissen zu schlagen. So kommt der Führer der Frelkonservativen, Frei- Herr v. Z e d! i tz. in einem Artikel des„Tag" zu folgendem Bekenntnis: „Die einseitige, vor einer Schädigung anderer Zweig» de» heimischen Erwerbslebens nicht zurückschreckende Geltendmachung der agrarischen Interessen bei der Reichssinanzresorm zeitigt den Gedanken einer gleichartigen Abwchrorganisatton, ihm galt jene starke Strömung in allen Kreisen von Handel und Gewerbe, durch welche der Hansabund alsbald in den Sattel gehoben wurde. Ihn(den Bulowblock) trug die durch den Mißbrauch der.parla- mentarischen Macht des Zentrum« hervorgerufene populär» Strö- mung ebenso wie den Hansabund die durch die einseitige Jnter- effenpolitik des Bundes der Landwirte entfesselte Gegenbewegung.' Die Bündler werden dem Freiherrn dieses Bekenntnis einer schwachen Stunde schon heimzuzahlen wissen. Je näher die Wahlen rücken, je stärker wird wohl übrigens der Versuch der Blockbrüder werden, die Schuld an der VolkSausPowerung von sich auf andere abzuwälzen. Majestätsbcleidigungsprozeft. Vor der Strafkammer in Naumburg stand am Dienstag der Genosse Oelßner aus Weißensels unter der Anklage, den Kaiser be- leidigt zu haben. Am 19. März hat der angeklagte Genosse in einer Versammlung in Streckau referiert und ist im Ver« laus seiner Ausführungen auch aus die Königsberger Kaiserrede geloinmen. Nach den Angaben des Gendarmen, der die Ver- sammlung überwacht hat, soll der Angeschuldigte den Kaiser mit Maitressen in Verbindung gebracht haben. Genosse Oelßner bestritt das ganz entschieden; er behauptete, diesen Ausdruck erst viel später und dann in einem Zusammenhange gebraucht zu haben, der ganz unmöglich auf den Kaiser bezogen werden konnte.— Diese Dar- stellung wurde von sech« Zeugen bestätigt. Demgegenüber beharrte der Gendarm auf seinen Angaben und zar Erklärung dafür, daß er genau aufgepaßt habe, fügte er noch hinzu, daß Oelßner unmittel- bar, nachdem er den inkriminierten Satz gesprochen, sich schon nach ihm umgesehen habe, um zu sehen, ob er Notizen mache. Er sei auch anfänglich bei seinen weiteren Ausführungen etwas ver- w o r r e n gewesen. Der Staatsanwalt beantragte� drei� Jahre Gefängnis. Nach etwa halbstündiger Beratung verkündete jedoch das Gericht die Freisprechung. In der Begründung des Urteils hob der Borsitzende ausdrücklich hervor, daß das Gericht bei der Urteilsfindung lediglich den Aus- sagen der Polizeibeamien gefolgt sei. Danach stehe fest, daß An- geklagter die inkriminierte Aeußerung getan habe, aber nach denselben Bekundungen sei es auch Tatsache, daß Oelßner unmittelbar nach dieser Aeußerung sich so verlegen gezeigt habe, daß ihm offenbar erst dann zun, Bcwußsein gekommen sei, was erZgetan habe. DaS Gericht sei deshalb zu der Ueberzeugung gekommen, daß ihm eine Entgleisung passiert und sein Handeln nicht mit Ueberlegung ge- schehen sei. Da diese aber zur Strafbarkeit borhandeit sein müsse, könne die Schuldfrage nicht gejayt werden, so müffe Freisprechung erfolgen._ Ein schwerer ivorwnrf. In den Kreisen des organisierten Handwerks hat ein Erlaß des bayerischen Finanzniinisicriums große Erregung hervorgerufen. Nach den bayerischen Borschriften können staatliche Arbeiten und Liefe- rungen an Handwerkerorganisationcn und ähnliche Vereinigungen freihändig vergeben werden. In dem Erlaß kommt nun zum AuS- druck, daß das korporierte Handwerk die Staats- lasse bei der Ausführung von staatlichen Arbeiten und Lieferungen übervorteilt habe!! DaS Ministerium gründet diesen schweren Borwurf auf die Er- gebniffe der Berakkordicrungen bei dem Bau oder llmbnu von Rcnt» amisgebäuden, aus denen sich ergibt, daß trotz Ansatzes teilweise sehr hoher Einheitspreise in den Koftenvoranschlägcn nur unerhebliche Erübrigungen erzielt wurden, mehrfach aber bedeutende Ueber schreitungen sich ergaben. DaS Ministerium weist deS- halb die Behörden an. in Zukunft die Arbeiten öffentlich aus- zuschreiben, wenn es nach„kurzen" Verhandlungen mit den betreffenden Gewerbekorporationen nicht gelingt,„angemeffene Preis- Vereinbarungen" zu treffe»._ Landtagscrsatzwahl in Witten -Hattingen « Bei der heutigen Ersatzwahl für den verstorbenen national- liberalen Abgeordneten Oberbürgermeister Dr. Haarmann- Witten wurde der nationalliberale Bergwerksdirektor Knupe gewählt. Er erhielt sämtliche abgegebene Stimmen. Frankfurter Kommunalfreifinn. Die letzte Sitzung vor den Ferien, welche die Frankfurler Stadtverordneten am Dienstagabend abhielten, verlief in rerbt „aiuzeregter" Form. Prof. Frommershausen erstattete für d e Mehrheit des sozialpolitischen Ausschusses Bericht, der mit „wenn und aber" mit„einerseits und anderseits" alle Forderungen der städtischen Arbeiter auf Ver- kürzung der Arbeitszeit abgelehnt hat. Nicht ein- mal der 9�-Stundentag ließe sich nach diesem Bericht in Frank- furt durchführen. Genosse Hüttmann erläuterte darauf, wie in der Millionenstadt Frankfurt mit zweierlei Matz gemessen werde, wie man den Magistratsräten und höheren Beamten scheffelweise Gehaltszulagen und noch weniger Arbeitszeit als den Achtstundentag gegeben habe, während man die Arbeiter mit schönvn Redensarten abspeist. Das fälschlicherweise ais „Stadt der Sozialpolitik" bezeichnete Frankfurt konnte sich noch nicht einmal dazu bereitfinden, den Leuten, die mit ge- sundheitsgefährlichen Arbeiten beschäftigt sind, den Achtstundcn- tag zu geben, der in anderen, viel kleineren Städten seit einem Jcchrzehnt und darüber für bestimmte Betriebe eingeführt ist!— Nach dieser Rede rief die Galerie lebhaft Bravo l, worauf der Vor- sitzende, Fustizrat Friedleben, die Galerie räumen ließ. Ms Antwort auf diese freisinnigen Kröchermanieren verließen die Sozialdemokraten den Saal und machten die Versammlung dadurch beschlußunfähig. Den Sozialdemokraten ist bc- kanntlich, trotzdem sie die zweitstärkste Fraktion im Hause Li»:- purg darstellen, bei der Bureauwahl von den Freisinndemokratcu nicht der Posten des zweiten Vorsitzenden angeboten worden. Es sitzt kein Vertreter der Sozialdemokraten im Vorstand. Wo diese freisinnigen Beutepolitiker die Mehrheit habe», gebärden sie sich keinen Deut anders wie dje Junker.. �- Aus der militärischen Erziehungspraxis. Mit einem hinterlistigen Ueberfall, der von Soldaten an einem Kameraden verübt wurde, hatte sich vorgestern das QberkriegSgeriwt des 3. Armeekorps zu beschäftigen. Unter der Anklage der gemein- samen Körperverletzung mittels gefährlichen Werkzeuges und des hinterlistigen Ucberfalles hatten sich die Musketiere Sambadc, Pehlle, Schmiedecke und Arndt vom Bezirkskommando zu verant- Worten. Der Gemißhandelte war der Musketier Dürr. D. ist ein schlechter Soldat, der seinen Kameraden ivegen seiner Nachlässigkeit schon manches Nachexerzieren und manchen Strafappell eingebracht hat. Die oben Genannten wollten sich nun an D. rächen und sie griffen zu einem Mittel, das öfter im Soldatenlebcn angewandt wird. Eines Nachts, als alles schlief, schlichen sich die vier Angc- klagten nach dem Zimmer, in dem D. lag. Während Schmiedecke und Arndt draußen an der offenen Tür stehen blieben, warf Pehlke dem schlafenden Dürr die Decke übers Gesicht, damit er nicht sehen oder schreien konnte, und Sambade ließ nun eine Klopfpeitsche unbarmherzig auf den entblößten Unterkörper des Kameraden niedersausen. Etwa fünfzehn Schläge versetzte er dem sich ver- zweifelt wehrenden Musketier, der vor Schmerzen laut auffchrie. Am anderen Morgen bemerkte der Geschlagene Striemen am Körper. Anstatt die Uebeltäter zur Anzeige zu bringen, entfernte er sich aus der Kaserne. Aber schon am anderen Tage wurde D. wiever festgenommen. Er erhielt vier Woche» strengen Arrest. Die vier anderen Angeklagten bestritten bis auf einen, sich an dem Ueberfall beteiligt zu haben. Dürr bekundete jedoch, daß die Schläge so schnell auf ihn niedergesaust seien, daß mindestens zwei Mann an den Mißhandlungen beteiligt gewesen sein muhten. Das Gericht sprach die Angeklagten Schmiedecke und Arndt, die an- scheinend an der Tür„Schmiere" gestanden haben, wegen mangeln- oen Beweises frei und erkannte gegen tzi? beiden anderen Beschul- digten auf je drei Tage Gefängnis. Daß durch solche lächerlich milden Strafen die Rohheiten der alten Mannschaften gegen die Rekruten unterdrückt werden, ist selbstverständlich ausgeschloffe».• Aufmunterung und Erregung. Wegen Mißhandlung und Beleidigung stand der wegen des gleichen Delikts schon vorbestrafte Vizefeldwebel H o f f m a n n vom 103. Inf.« Regt, vor dem Dresdener Kriegsgericht Der Angeklagt« hatt««inen Soldaten an den Hinterkopf geschlagen, daß dieser einig« Zeit Schmerzen hatte und dazu geäußert:„Mit Euch grüne Jungens werde ich schon noch fertig!" Schon vorher hatte er die Soldaten „Lausejungen" und„faule Bande" genannt. Der Au- klagcvertreter führte aus, daß man hier„vorschriftswidrige Bchand- lung" annehmen könne. Der Standpunkt des Reich«. Militärgericht» über den Begriff Mißhandlung sei zu weitgehend! Man könne dem Angeklagten wohl zugute rechnen, daß er nicht ein« Mißhandlung, sondern eine....„tat- liche Aufmunterung" beabsichtigt habe! I Daß Gericht schloß sich dem an und erkannte auf... fünf Tage gelinden Arrest!!— trotz der Vorstrafe! Eine ebenso milde Auffassung hatte das Gericht in einer andern Strafsache wegen Mißhandlung, die sich gegen den Trompeter- sergcanten Pfannenschmidt vom 13. Husarenregiment richtete. Dieser Angeklagte hatte einen Soldaten, der ihn nicht schnell genug bediente, eine so kräftige Ohrfeige versetzt, daß diesem das Wasser in die Augen trat und längere Zeit Schmerzen sowie einen roten Backen halte. Der Angellogte stellte den Schlag als einen„leichten Streich" hin. Der Verteidiger meinte, nicht der Sergeant gehöre auf die Anklage- dank— sondern der Soldat wegen seines unbotmäßigen Verhaltens'! „Zum Melden tat mir der Kerl(!) zu leid" erklärte der Angeklagte. In Wirklichkeit hotte der Soldat nichts getan. Dos Gericht nahm einen leichten Fall au, berücksichtigte die„Erregung" de» Auacklaatcn und warf ganze-- zehn Tage mittleren Arrest aus!! Berichtigung. Die Redaktion des„Berliner Börsen- Courier" ersucht uns mitzuteilen, daß der in unserer gestrigen Notiz„Samuel in der Klemme" erwähnte jetzige Cheftedakteur der „Berliner Börftnzig." Herr Samuel, niemals Chefredakteur. Redakteur oder Mitarbeiter des„Börsen-Courier" gewesen, noch jemals zu diesem Blatt m Beziehungen gestanden hat. franhmcb. Zum Mcktivicr-Skandal. Durch-inen Artikel GriffhueleS' wird noch folgende wichtige Einzelheit aus dem Leven und Treiben de» Spitzels bekannt: Am 20. Mai 1908 hatt« sich Motivier in den Dienst ClemenceauS gestellt. Knapp zwei Wochen darauf ist der Spitzel als Gewerk- schastSführer(richtiger als Polizeispion) in Vigneux, wo am L. Juni 1903 die Polizei ein fürchterliches Blutbad unter den Arbeitern anrichtet und eine Anzahl AnSständige totschlägt und-schießt. Di, Arbeiter protesiieren gegen daS Gemetzel, und e« wird der Beschluß gefaßt: einen Generalstreik von 24 Stunden zu veraustalten, falls im Anschluß an daS Polizeigcmetzel auch noch eine Berhaftimg vorgenommen würde. Am 27. Jali findet sich den Behörden ging eS wohl nicht unruhig genug zu— Spitzel Mbtivier wieder in Vigneux ein! In einer Versammlung Hütt er eine feurige Hetzrede. Am Ausgang des Saales kommt es nach Schluß der Versammlung zu Reibereien und Lnsammenstößru,
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