Ur. 201.
Die Leffing- Legende."
Erinnert man sich, wie einsam und unverstanden von seiner eigenen Klasse Lessing durch das Leben ging, und hört den überlauten Schall, den heute die bürgerlichen Literaturhistorifer erheben, so sollte man meinen, daß das deutsche Bürgerthum nach träglich das schwere Unrecht fühnen wolle, das es dem Todten and hauptsächlich sich selbst zugefügt habe. War doch Lessing anter den geistigen Vorfämpfern des deutschen Bürgerthums wenn nicht der genialite, so doch der freieste und wahrhaftigste und vor allem der bürgerlichste. Er war in der vollsten Bedeutung des Wortes ein Mann, und was noch heute und immer wieder zu seinen Schriften zieht und fesselt, selbst zu denjenigen, deren Gegenstand längst abgestorben, ist der Charakter dessen, der fie schrieb. Aber diesen Lessing suchen wir vergebens in den Literaturgeschichten der preußischen Professoren, die berufen sind, sie Jugend zu lehren und zu erziehen. Dieser Lessing steht zu dem Charakter der heutigen Bourgeoisie in ganz dem felben scharfen Gegenfage, wie zu dem der bürgerlichen Klasse seiner Tage, die er aus ihrem Philisterthum, ihrem Ersterben in Unterthänigkeit und ihrer Feigheit umsonst aufzurütteln versuchte. Dieser unermüdlich nach Wahrheit und Freiheit strebende Lessing wurde von der deutschen Bourgeoisie ihrem ideologischen Bedürfnisse als Sündenbock geschlachtet, als fie im Jahre 1866 mit Preußen den Kompromiß schloß, um zur Macht zu gelangen, und an seine Stelle trat ein Lessing nach ihrem Bilde, ein Lessing in byzantinischer Knechtsgestalt, ein Karriereschnaufer heutigen Tages.
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wonach
gegen
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Sonntag, den 27. August 1893.
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10. Jahrg.
erläutert worden
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streckern seines despotischen Willens. Er regierte denn auch ganz ohne ihm so oft den scheinbar unwiderleglichen Vorwurf der Heuchelei das höhere Beamtenthum, nur mit Hilfe von ein paar Schreibern. eingetragen hat und das von seinen Bewunderern nicht minder Es ist deutlich, daß einem solchen Regiment jede Kritik der Re- oft durch die unwürdigsten Sophismen Sinn dieses Und doch hat Lessing schon den gierung und Verwaltung als durchaus unstatthaft gelten mußte, ist." und wiederholt wurde das Verbot eingeschärft, daß ohne höhere Lebens treffend gezeichnet in den von Herrn Erich Schmidt Erlaubniß nichts gedruckt werden dürfe. Hinter der pomphaften und anderen für byzantinische Zwecke mißbrauchten Worten: Erklärung, daß Gazetten nicht genirt werden sollen, versteckte sich„ Wenn ich auch recht untersuche, so beneide ich alle igt regiereneinzig der alte diplomatische Kniff, auswärtigen Mächten allerlei den Könige in Europa , den einzigen König von Preußen aus unangenehme Dinge fagen zu fönnen und die Hände doch in genommen, der es einzig mit der That beweist, Königswürde sei Unschuld zu waschen. Die ganze Herrlichkeit dieser Preßfreiheit eine glorreiche Sllaverei." In der That erkannte Friedrich von dauerte übrigens nur ein halbes Jahr. Es giebt aber gegen das Anfang an, daß gemäß der preußischen Verfassung jeder preußische friderizianische Preßsystem feinen klassischeren Zeugen, als gerade König unweigerlich den alten Kurs zu segeln hat, und darin, Lessing. In der bittersten Armuth seiner jungen Jahre war es daß er nicht einmal versuchte, wider den Stachel zu löcken, obihm nicht gut genug, eine politische Zeitung in Berlin zu redi- gleich ihm nach Anlage und Neigung eine solche Versuchung giren unter einer jede selbständige Aeußerung unterdrückenden unter allen preußischen Königen weitaus am nächsten lag, wurzelt Bensur, und in seinen reiferen Jahren hat er bekanntlich die sein Anspruch auf historische Bedeutung oder wenn denn Berlinische Freiheit zu denken und zu schreiben" mit bitteren einmal das Wort gebraucht werden soll auf historische Größe. Worten beschränkt einzig und allein auf die Freiheit, gegen die Was aber Friedrich troh seines nicht gewöhnlichen Geistes Religion so viel Sottisen zu Markt zu bringen, als man will, und nie. begriff, war, daß die despotische Macht, die ihm sein Vater dieser Freiheit muß sich der redliche Mann nun bald zu bedienen vererbte, im Kampfe gegen das Junkerthum erobert war und schämen." auch nur im Kampfe gegen das Junkerthum erhalten oder gar In Wahrheit hat Friedrich nur daran gedacht, die Reli- gesteigert werden konnte. Er begünstigte vielmehr den Abel in gionen in feinen Staaten gleich zu stellen. Die von ihm prokla- jeder Weise, und so wucherte unter ihm das Adelsregiment, mirte Gleichheit der Konfeffionen war für ihn nur eine Werbe- das bei Jena ein schmachvolles, aber hundertfach verdientes trommel, um Refruten anzulocken. Die Toleranz, welche Adolf wenn auch leider noch immer nicht endgiltig besiegeltes Schicksal Stahr und seine Nachbeter für den Grundgedanken des Nathan ereilt hat. halten, war nichts anderes als das erste Gebot des Militär- Ein letztes Rapitel in der Leidensgeschichte der Preußen Wohl fonnte in dem Heere Friedrich's jeder Soldat unter Friedrich bildet dessen Kabinetspolitit, und Dr. Mehring Wie das möglich war? Lessing hatte als Sachse in Preußen nach seiner Façon selig werden; denn er besoldete Militär- fenkt auch in diese Giterbeule des Despotismus mit fester Hand gelebt, hatte Minna von Barnhelm gedichtet, deren Hintergrund prediger von allen Konfessionen, doch nur um durch die Religion die Sonde. Das bekannte Wort Mirabeau's :" Es giebt noch Über wehe der siebenjährige Krieg bildet, und es entstand die Legende, daß die Soldaten desto nachdrücklicher zur Erfüllung ihrer Pflichten Richter in Berlin ," muß dahin beschränkt werden: Friedrich der Große einen grundlegenden Einfluß auf die deutsche anzuhalten. Die Religion war ihm nur ein militärisches dem Richter, der anders urtheilt, als es dem König genehm ist!" Literatur ausgeübt habe. Goethe hatte den ersten Anlaß dazu Disziplinarmittel und wehe dem Geistlichen, der sich etwa bei- Kassation und Festung waren sein Loos; auch wurden sie von durch einen seiner„ Sprüche in Prosa" gegeben, welcher lautet: tommen ließ, Verstöße gegen die Disziplin oder gar Desertion dem König zuweilen aus keinem anderen Grunde über die Priester " Daß Friedrich der Große aber gar nichts von ihnen wissen für feine Todsünde zu halten. Die Religion war für ihn über- der Themis verhängt, als um dem Richterstande einen Schrecken wollte, das verdroß die Deutschen doch, und sie thaten das haupt ein wichtiger Posten in seiner militärischen Berechnung. einzujagen und ihn in Gefügigkeit gegen seinen Willen zu ermöglichste, als etwas vor ihm zu erscheinen" Weil er sich dieses wirksamen Mittels in seinem Manifest bei halten. Wiz und Laune waren nur zu häufig die einzigen Ent Denn unsere klassische Literatur nichts anderes als eine Eröffnung des fiebenjährigen Krieges bediente, indem er den scheidungsgründe des Königs, und es spricht ganze Bände, daß Empörung des beschränkten Unterthanenverstandes Protestantismus als bedroht durch das Bündniß der katholischen ein offenbarer Justizmord einmal nur dadurch hintertrieben schlechte Behandlung durch den König von Preußen wäre. Mächte Desterreich, Frankreich und Rußland vorgab, darum soll werden konnte, daß die Richter, nachdem sie wiederholt vergeblich Derselbe Gedanke findet sich breiter ausgeführt im 7. Buch von der siebenjährige Krieg nach der ideologischen Geschichtsklitterung vorstellig geworden waren, die Vollstreckung des Todesurtheils Wahrheit und Dichtung", wo der sechzigjährige Goethe den ein Religionstrieg gewesen sein und die protestantische Geistes bis zum Tode des Königs hinzögerten. Gott hat feinen Zustand der deutschen Literatur zu schildern versucht, wie ihn freiheit gerettet haben. Aber wie alle Kriege des vorigen Jahr- Wit," schreibt Leffing, und die Könige sollten auch keinen der sechzehnjährige Jüngling vorfand, als er im Herbste 1765 hunderts, so war auch dieser, hervorgegangen aus den Handels- haben; denn hat ein König With, wer steht uns für die Gefahr, die Hochschule von Leipzig bezog, und unter dem frischen Ein- gegensätzen zwischen England und Frankreich , ein Rabinetsfrieg, daß er deswegen einen ungerechten Ausspruch thut, weil er einen druck des napoleonischen Zeitalters schreibend, dem siebenjährigen eine eigenste und ausschließliche Sache der Herrscherklasse, und wißigen Einfall dabei anbringen kann." Und der Verfasser der Kriege eine Bedeutung unterlegte, die derselbe für dessen bürger- Friedrich vermied mit der peinlichsten Sorgfalt alles, was dem Lessing- Legende urtheilt über die Kabinetsordres des Königs, von liche Zeitgenossen nicht hatte und schlechterdings nicht haben konnte. Kriege einen höheren und nationalen Lebensgehalt" hätte geben denen 1200 gesammelt sind, sie zeigen immer dieselbe BeschränktDen preußischen Literaturprofessoren Georg Scherer und Erich tönnen. Es ist daher ganz ausgeschlossen, daß diefer Krieg, aus heit, aber seine Bemerkungen gegen die fortschreitende Erkenntniß Schmidt gebührt der wahrlich nicht neidenswerthe Ruhm, die Legende dem Friedrich sich und seine Krone nicht fraft seiner Siege, son- der Zeit wurden immer eigensinniger und höhnischer." in dem Geiste des von Bismarck gezüchteten Byzantinerthums der- dern durch die äußerste Erschöpfung seines Landes, die fürchter- Nach alledem war Friedrich alles andere, nur kein Mitartig vollendet zu haben, daß nun der sächsische Denker und liche Aussaugung Sachsens , die englischen Subsidien und die streiter und Mitarbeiter feines großen Zeitgenossen", wie Adolf Dichter und der preußische König Hand in Hand gehen können, Münzverfchlechterung rettete, auf die Völker eine moralische Ein- Stahr den König in feiner Lessing - Biographie nennt, oder, wie und die deutsche Bourgeoisie nicht mehr in ihres Nichts durch wirkung ausüben und den nationalen Geist erwecken konnte. Und Lassalle sagt, der deutsche Revolutionär des 18. Jahrhunderts bohrendem Gefühl vor ihrem Lessing" sich zu schämen braucht. aus diesem soll seinen Helden und den preußischen Militärstaat im Bunde mit Lessing . Der deutsche Revolutionär auf dem Die völlige Unhaltbarkeit dieser Lessing- Legende, die er in verherrlichend, das erste deutsche Lustspiel von nationalem Throne war Kaiser Joseph , und zwar in dem Sinne und Ziele allen ihren Häutungen verfolgt, nachzuweisen und Lessing's Bild Gehalte, foll Minna von Barnhelm hervorgegangen sein? der französischen Bourgeoisie zu Anfang der großen französischen von den Entstellungen und Verzerrungen durch die bürgerlichen Es ist wahr, daß Lessing die Lieder eines preußischen Revolution. Es war Lessing allein vorbehalten, die bürgerlichen Literaturhistoriker zu reinigen und zu retten, ist die Aufgabe des Grenadiers von Gleim weit über alles Verdienst günstig rezenjirte. Klassen in Deutschland , deren sämmtliche Lebensinteressen feinen Buches von Dr. Franz Mehring , und es löst sie mit der dem Aber Dr. Mehring weist überzeugend nach, daß es nur geschah, gefährlicheren und grundsäßlicheren Feind als den preußischen Staat Verfasser eigenen Schärfe des Verstandes und Meisterschaft der weil er in diesen Gedichten wenigstens einen Schimmer des besaßen, aus ihrer Berelendigung aufzurütteln. Freie WissenPolemit. Es geht etwas von Lessing's Geist , den wir in de ffen männlichen Geistes fand, den er sonst in der bürgerlichen Klasse schaft und Dichtkunst waren die Waffen, mit denen er der polemischen Schriften bewundern, durch das martig geschriebene so schmerzlich vermißte, und daß er den gutmüthigen Dichter bürgerlichen Klasse vorkämpfte, und führte er die stärksten Schläge Buch, und eben so wenig wie den von Lessing in den Sand ge- brieflich zu steifen suchte, damit er den Franzosen , wenn sie nach gegen Luther , so geschah es, weil dieser der fürstlichen Klasse streckten Gegnern, werden wir den preußischen Legendentlitterern, Magdeburg fämen, mit männlicher Würde entgegenträte. Wahr vortämpfte. Ranzel und Katheder zu seinem Schlachtfelde zu die Dr. Franz Mehring mit seinem scharfen, blizenden Schwerte ist es auch, daß er gern mit gebildeten Offizieren verkehrte, aber machen, durfte Lessing nicht hoffen; denn sie standen im Dienste der nicht, weil er für die Uniform schwärmend, sondern weil sie sich Staatsgewalt. So widmete er sich dem Leben der freien Lanze erbarmungslos in die Pfanne haut, eine Thräne nachweinen. Die Rettung Lessings bedingte, daß der preußische Staat des freier und natürlicher gaben als das aus tausend ängstlichen und der Bühne, zu der ihn nicht ein poetischer, sondern ein soRücksichten zusammengebackene Philisterthum. Mehr noch als zialer Instinkt trieb. Für beides bot ihm die Universität Leipzig vorigen Jahrhunderts und Friedrich der Große in ihrer wahren nach Büchern dürftete er nach Menschen, und dieser Durst trieb die geeignete Schule. Die Richtung feines Geistes war daher Gestalt dargestellt wurden. Dr. Mehring zerstört den falschen ihn, als Sekretär zu dem Generallieutenant von Tauenzien nach schon vorgezeichnet, als er nach Berlin fam, das er ein lüderNimbus gründlich, den die ideologische Geschichtsschreibung um Breslau zu gehen, als er in der Wüste Berlin zu verschmachten liches Gefängniß" nennt. Ginen entscheidenden Anstoß erhielt beide gewoben hat. Auch nicht das leiseste Flimmern dieses drohte. Fand er hier Gelegenheit, den Krieg und den militärischen er nicht von Friedrich und seiner Residenz, sondern von den Nimbus hat Leffing nach Preußen gelockt. Er verließ Leipzig , Geist kennen zu lernen, so auch die schrankenlose Willtür, mit der französischen Philosophen Bayle und Voltaire, wobei dann der weil er sich dort vor seinen Gläubigern nicht länger behaupten Friedrich seine Offiziere, und die fähigsten in erster Heihe, be- Druck und Zwang des preußischen Lebens sein bürgerliches fonnte, und er siedelte nach Berlin über, weil er in der großen handelte. Denn es ist das Wesen des Despotismus, keine Be- Klassengefühl geschärft haben mochte. Daß die Legenden Stadt leichter als anderwärts Anknüpfungen für seine literarische deutung, keine Würde neben sich zu dulden. Nun wohl, der flitterung ihn Karriere schnaufend hinter Voltaire her Thätigkeit zu finden hoffte. Sein Urtheil über den frideri- Held in Minna von Barnhelm ist ein solcher fähiger Offizier, laufen läßt, ist eine Verdächtigung, deren Abgeschmacktzianischen Staat stimmt genau mit dem der Preußen Herder und ein Ehrenmann durch und durch, der von Friedrich kassirt wird, heit Dr. Mehring aufdeckt. Er schäßte Voltaire boch, sowohl Winkelmann überein, welche froh waren, den Staub ihres weil er mitten in den Greneln des Krieges sein menschliches als Geschichtsschreiber, wie wegen der Mannhaftigkeit, mit der engeren Baterlandes von den Füßen zu schütteln und Preußen Gefühl sich bewahrt hat und aus eigenen Mitteln die Leiden er in seinen geistsprühenden Prosaschriften gegen weltliche und das stlavischste Land in Europa nannten. Und was fonnte ein des Feindes zu erleichtern sucht; mit ungebeugtem Muthe trägt geistliche Unterdrückung auftritt. Aber er verurtheilte seine Land anderes sein, in dem alles und jedes dem Moloch des er sein unverdientes Schicksal. Wenn die Berliner, die bei dem Dramen, wie die ungleich bedeutenderen des Corneille( in der Militarismus geopfert wurde? Freilich, der Militarismus Tode Friedrichs aufjubelten, das Lustspiel mit lebhaftem Beifall Hamburgischen Dramaturgie) um ihres hösischen Geistes willen. graffirte in allen deutschen Landen; Preußen aber war der aufnahmen, so mögen sie wohl hellsichtiger als die bürgerlichen Von dem heutigen Chauvinismus unserer bürgerlichen Klassen Militärstaat in reinster Gestalt. Dazu hatte es der Literatur- Professoren gewesen sein und erkannt haben, daß Minna besaß er kein Aederchen, und er vernichtete die Poesie der Frans Bater Friedrichs des Großen gemacht, und Cohn von Barnhelm die Spitze gegen Friedrich und den Kabinetstrieg zosen so wenig, noch war es seine Absicht, sie zu vernichten, daß unzulänglich seine richtet. in dieselben Fußstapfen. So er in demselben Werke nachdrücklichst auf die bürgerlichen Schanökonomischen Kenntnisse waren, so begriff er doch und Diese Spike würde auch der König sicher herausgefühlt und spiele Diderot's als nachahmungswerthe Beispiele hinweist. Die darauf beruhten seine Erfolge-, daß er in dieser Welt auch nicht einen Schritt weiter machen könne, als die öko- die Aufführung des Stückes in Preußen nimmer gestattet haben, bürgerliche Klasse sollte auf der Bühne zum Worte gelangen; nomischen Bedingungen gestatteten, unter denen er lebte und wenn er es gekannt hätte. Man mußte es zum mindesten darum warnte er auch vor dem Beispiel Shakespeare's als regierte. Alles aber, was er that, um diese Bedingungen höchſt befremdlich finden, wenn in der von Goethe angesponnenen Dichters der englischen Adelsklasse, und wie er schon in seinen günstiger zu gestalten: die Förderung von Handel und Gewerbe effing- Legende ein echtes Fädchen wäre, daß die klassische ersten dramatischen Versuchen Stoffe und Charaktere der bürgerLiteratur mit einem Stücke sich einführte und den König lichen Welt entnahm, so trat er mit seinem bürgerlichen Trauer und die Vermehrung der Bevölkerung durch Einwanderung, geschah nur, um die Mittel für eine Armee zu gewinnen, die in ur Achtung zwingen wollte, das den Stab über ihn brach. Spiele Miß Sara Sampson vor Diderot auf. Und wie Minna von Barnhelm sich gegen den König Friedrich Sein bürgerliches Bewußtsein ist es denn auch, das in dem gar keinem Verhältniß zu den Kräften des Landes stand. Zuwendete, so brandmarkte Emilia Galotti die Lüderlichkeit der antifriderizianischen Geiste der Minna von Barnhelm sich ausdiesem Zwede wurde das Land bis zur Weißblutung geschröpft, Fürstenhöfe des achtzehnten Jahrhunderts und empörten sich die prägt. Die bürgerlichen Klassen hatten in dem blutigen und da ihm für solches Geschäft die Eingeborenen nicht er- Räuber, Fiesto, Rabale und Liebe gegen den Despotismus. Prozeß zwischen unabhängigen Häuptern" die Kosten zu bezahlen. barmungslos genug dünkten, so wurde Preußen ausländischen Abenteurern, wie Lessing deren einen in dem Chevalier Riccaut Wahrlich eine seltsame Art, sich die Anerkennung gelrönter Das war ihr einziger Antheil an ihm, und dieser bürgerliche Häupter zu erringen. Aber Lessing soll sich wirklich in den Standpunkt war daher zugleich der nationale, deutsche. Es ist de la Marlinière unsterblich gemacht hat, zur gewissenlosen Sonnenschein Friedrichs gedrängt haben, um ein Amt zu er eine unbestreitbare Thatsache, die Dr. Mehring hervorhebt, daß Ausbeutung überantwortet. Ihnen ähnlich bestand die Ein langen. Er hat thatsächlich einmal gehofft, Bibliothekar in die Männer unserer Klassischen Literatur, Klopstock, Schiller , ale wanderung, die das Land bevölkern sollte, nur aus Berlin zu werden. Dr. Mehring verdirbt jedoch dem preußischen Vorkämpfer der bürgerlichen Klassen durchaus vom nationalGesindel, da Preußen im Auslande feines einladenden Rufes genoß, und als Friedrich in seiner Kriegsnoth iteraturprofeſſor Erich Schmidt gründlich die Freude, Lessing deutschen Standpunkte ausgingen und erst, nachdem diese Klaffen als Streber enthüllen zu können. Denn er beweist, daß Lessing sich als zu verelendet erwiesen hatten, um den Despotismus zu zur Bildung von Freibataillonen und Landmilizen schreiten wollte, sich nie um diese Stelle beworben habe und daß die ganze Sache brechen, allein im Interesse des Bürgerthums lieber Weltbürger befam er dazu nur den Abhub des soldatischen Materials. auf einer Flunkerei des Majors und Hofnarren Mucius als habsburgisch oder hohenzollerisch, welfisch oder wettinisch abJa, der friderizianische Staat genoß unter den Zeitgenossen Scavola und Nikolai beruhte, die sich zunächst bei Winkelmann gestempelte Winkelpatrioten wurden. Daß, um es gleich hier feines guten Geruches. Täuschte Friedrich die Hoffnungen, die und darauf bei Lessing mit einem Einfluß auf den König wichtig anzuknüpfen, dieser weltbürgerliche Standpunkt von den Dichtern man auf ihn als Kronprinzen setzte, so würde man ihm doch machen wollten, den weder der Major noch sonst ein Mit schließlich aufgegeben wurde und sie mit dem deutschen SpießUnrecht thun, wenn man all die schönen Aussprüche, aus denen glied der Tafelrunde von Sanssouci, nicht einmal bürgerthum sich versöhnten, das pflanzte den Todeskeim in die seine Lobfinger ein Zeitalter Ludwig XIV. zusammen zu zimmern Boltaire in Regierungsangelegenheiten besaßen. Uebrigens deutsche Literatur. trachten, für Heuchelei oder hohle phrasen erklären wollte. Sein zeigt die Achtung, die Friedrich Friedrich dem alten Gellert, Eine andere Tendenz, als das Bürgerthum aufzurütteln, Erlaß bei seiner Thronbesteigung ließ nicht den mindesten Zweifel dessen Fabeln er fannte, bei einem Besuch in Leipzig erwies, hatte auch Lessing's Laofoon nicht. Was die Kritik an diesem darüber, daß alles und jedes beim Alten bleiben sollte, und daß er die deutsche Literatur sicher beachtet haben würde, wenn fragmentarischen Versuch, die Grenzen zwischen der Poesie Dr. Mehring weist an der Hand der Thatsachen nach, welches es eine gegeben hätte, ehe ihn nach dem siebenjährigen Kriege und den darstellenden Künsten zn bestimmen, mit Recht Der wahre Sinn jener geflügelten Worte:" Ich bin der erste die Regierungsforgen völlig in Beschlag nahmen. Denu Friedrich auszusehen haben der Schwerpunkt liegt darin, Diener meines Staates";" Gazetten sollen nicht genirt werden"; war selbst Schriftsteller, und wie Dr. Mehring ausführt, strebte daß Lessing das Wesen der Dichtkunst in der fortschreitenalle Religionen müssen tolerirt werden, und jeder muß nach fein Ehrgeiz in erster Reihe nach dem Lorbeer des Dichters und den Bewegung findet. Auf Thaten drang er, Thaten wollte er feiner Façon felig werden". Sich zum ersten Diener des Staates Schriftstellers. Als Mensch hat er sein ganzes Leben danach sehen.
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erklären, hieß nichts anderes, als sich zum absolutesten Despoten gerungen; lieber" wollte er Racine's Athalia gedichtet, als den Es war alles vergebens, und man begreift, daß diese Er machen. Friedrich machte damit alle Beamten zu willenlosen Boll- jiebenjährigen Krieg geführt haben. Aber als König war fenntniß ihm den Erfolg seiner Emilia Galotti verleidete. Wer er sich auch sein ganzes Leben darüber tlar, unter welchen Be- erfaßte denn den freilich dramatisch nicht zu rechtfertigenden *) Die Lessing- Legende. Eine Rettung von Franz Mehring. dingungen er überhanpt nur regieren tönne. So führte er jenes entfeßlichen Schluß der Tragödie in seiner wahren Bedeutung? Nebst einem Anhange über den historischen Materialismus. Doppelleben, das einen manchmal schier unglaublichen Wider Giebt es eine wuchtigere Berdammung der Fäulniß aller poliStuttgart, Verlag von J. H. W. Dietz 1893. spruch zwischen seinen Worteu und seinen Thaten aufwies, das tischen und moralischen Zustände, als daß ein Vater seine