i Den Kassenberich! gibt Thierfelder- Bremen . Tie tvesentlichsten Zahlen haben wir bereits gebracht. Thierfelder er- sucht, Anträge, die die Unterstützungssätze erhöhen wollen, ab» zulehnen, da die Kasse dies ohne Deckung nicht ertrage. Eine Beitragserhöhung sei aber gegenwärtig nicht opportun. Für die Redaktion berichtet Holtmann- Bremen . Die Auflage des Verbandsorgans ging in der Berichtszeit etwas zurück, steigt aber zurzeit wieder. Dein Wunsche des letzten Ver- bandstages, mehr sozialpolitische Artikel zu bringen, wurde Rechnung getragen.» Nach dem Redisionsbericht wurden Kasse und Bücher in bester Ordnung gefunden. Die Revisoren beantragen Entlastung ches Kassierers. Den A us s ch u ß b e r i ch t erstattete Böttcher- Hannover . Der Ausschuß hatte eine Reihe Beschwerden zu erledigen, die aber kein Allgemeinintcrcsse haben. An die Berichte schloß sich eine eingehende Debatte, die heute nicht mehr beendet wurde. Im allgemeinen waren die Redner mit der Tätigkeit des Vorstandes zufrieden. Es wurde ober auch in verschiedenen Punkten Kritik geübt. So wurde be- mängelt, daß der Vorstand verschiedene Beschlüsse des letzten Ver- bandstages nicht ausführte. sWinkelmann hatte dies mit Arbeits- Überlastung entschuldigt.) Kritisiert wurde auch, daß die Ergebnisse einer aufgenommenen Statistik noch nicht veröffentlicht sind und dies vielfach verlangt. Von einem Redner wurde gewünscht, daß zur Gewinnung der Weinküfer mehr getan werde und ein anderer Delegierter verlangte, daß unter den Hilfsarbeitern mehr gewirkt werde. Betont wurde auch, daß die Anstellung von Bezirksleitern sich bewährt habe. Wenn trotz dieser Anstellung in der Geschäfts- Periode nur ein geringer Mitgliedcrzuwachs zu verzeichnen sei, so liege dies an den ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen. i Die Verhandlungen werden vertagt. Sie geuwklchzftlkhe Presse in Rußland . Die äußeren Bedingungen und die Schicksale der Arbeiterpresse wie der ganzen Arbeiterbewegung in Rußland in der Periode der "Konterrevolution nach dem Jahre 1905 sind zur Genüge bekannt. Wir können es hier unterlassen, wiederum ein Bild der Beschlag- nchmungen, Strafen, Verbote und Verhaftungen— auf gerichtlichem wie administrativem Wege— zu schildern, denen die Ar- bciterprcsfe, ihre Redakteure und die Organisationen, deren Organe diese Zeitungen sind, ausgesetzt waren und sind. Es scheint uns wichnger, die Tatsache hervorzuheben, daß es trotz all dieser Aus- rottungsmittcl der Arbeiterpresse gelang, fcstrankcnde Wurzeln zu «treiben. Freilich sank die Zahl der gewerkschaftlichen Blätter unter den Schlägen der wütenden Reaktion von zweiundsiebzig im Jahre 190Ü auf acht im Jahre 1308, um dann noch weiter zu fallen. Aber der Faden der sich trotz aller Hindernisse durchsetzenden EntWickelung — wenn man den Mittelpunkt der offenen Arbeiterbewegung in Perersburg ins Auge faßt— riß kein einzigesmal ab: an die Stelle der geschlossenen Gewerkschaftsblätter wurden immer neue unter anderen Benennungen herausgegeben; obwohl sich ihre Zahl verminderte und sie unter der Wucht der grausamen Verfolgungen schwer litten, ließen sie sich doch nicht die Fahne aus den Händen entwinden. Jetzt bei den ersten kräftig wirkenden Zeichen des wirtschaftlichen Aufschwunges und der politischen Flut beginnt die gewerkschaftliche Presse von neuem ihre Stimme über ganz Ruß- land zu erheben. Es erscheinen nun wieder acht Gewerkschaftsblätter in Peters- bürg:„Unser Weg", das Blatt der Metallarbeiter;„Die Sache der Buchdrucker";„Das Arbeitcrecho", das gemeinsame Organ der Holz-, �öau-, Gold- und Silberarbeiter;„Der Bote der Schneider"; „Die Stimme des Bäckers und des Konditors";„Der Gerber"; „DaS Fabrikslcben", das Blatt der Textilarbeiter;„Die Schrift des Marmorarbeiters". In Moskau iverden herausgegeben: ein Blatt für alle gewerkschaftlich organisierten Arbeiter:„Unsere Zeit"; das Blatt der Köche:„Der Kulinar";„Das Blatt der Kellner";-.Der Mensch". Es wurde hier auch der Versuch gemacht, das verbotene Organ der Buchdrucker wieder erscheinen zu lassen; der Redakteur wurde aber verhaftet, bevor noch die erste Nummer herausgegeben werden konnte. In Kiew erscheint:„Das Leben des Pharmazeuten"; der„Weckruf", ein Blatt für alle Organi- sierten, mußte schon nach der ersten Nummer eingestellt iverden wegen der Verhaftung aller Mitarbeiter; in Odessa erscheint„Der Odessaer Buchdrucker": in Elisabethgrad „Die Arbeit", ein gewerk- schaftliches Organ für Arbeiter aller Berufe; in Baku :„Der Bakuer Bureauangestellte" und eine politische Wochenschrift,„Das heutige Leben"; in Blagowieschtschensk(Sibirien )„Die Stimme des Handelsangestelltcn". Die gewerkschaftliche Presse besitzt eine außerordentliche Be- deutung in dem Emanzipationskampf des russischen Proletariats, sie stellt sich den unmittelbaren Bedürfnissen der Gewerkfchafts- Bewegung zur Verfügung. Die Gcwerkschaftsblätter erwecken die Indifferenten, sie regen zur Organisation an, sie verbinden den Vorstand der Gewerkschaften mit der Masse; in den Zeiten des Verfalls oder gar der Zertrümmerung der Organisation halten sie die Mitglieder zusammen, und endlich durch die Zuschriften, die sie aus verschiedenen Orten— aus großen Mittelpunkten des Staates wie aus den entlegensten Flecken— erhalten, verbinden sie die Mitglieder der Gewerkschaften von ganz Rußland miteinander, sie bereiten somit den Boden vor für zukünftige zentralisierte Gewerk- schaftSverbände. Dieser wichtigsten Aufgabe sind sich die gewerk- sckxzsttichen Blätter bewußt.„Wir möchten," schreibt z. B. die „Stimme des Bäckers",„daß unser Organ das Bindeglied werde, das die Bäcker Rußlands zu einem Ganzen vereinigen könnte". Die Textilarbeiter— die Petersburger und die Miostauer— machten durch ein gemeinsames Organ, das die Interessen der beiden Gewerkschaften gleichzeitig vertritt, die ersten praktischen Schritte zur Herstellung einer organisatorischen Verbindung. So verrichten die GewcrkschaftSorgane ein gutes Stück Aufklärungs- arbeit. Jiidem sie sich in die lokalen Schranken der Kirchturms- Politik nicht einschließen, engen sie sich auch nicht in den Zunft- rahmen des einen Gewerbes ein. In jedem Organ kann man Ar- tikel finden, die die allgemeinen Aufgaben der Gewerkschaftsbewe- gung im ganzen und ihre Rolle in dem seinen Zielen nach einheit- lichen proletarischen Kampfe erörtern; man findet dort allgemeine Uebcrsichten der Gewerkschaftsbewegung in Rußland wie im Aus- land. Ereignisse wie der schwedische Massenstreik, der Ausstand der französischen Eisenbahner, die Aussperrung der Bauarbeiter in Deutschland werden in allen Organen ohne Unterschied der be- ruflichen Aufgaben der Blätter einer gründlichen politischen Be- leuchtung unterzogen. Auch nichtgewerkschaftliche Formen des Klassenkampfes des Proleiariats werden von der Gewerkichaftspresse lebhaft diskutiert. So wird die Bedeutung der genossenschaftlichen Bewegung und der Bildungsarbeit in besonderen Artikelserien behandelt. Es wurden auch in besonderen Artikeln besprochen: der 1. Mai, der internationale sozialistische Kongreß in Kopenhagen , die Gedenkfeier der Pariser Kommune , das siebzigjährige Jubiläum Bebels, der Tod Singers... Damit ist die sozialpolitische Aufklärungsarbeit der Gewerk- schaftspresse keineswegs erschöpft. Sic umfaßt das gewerkschaftliche Leben in all... seinen Erscheinungen. ES genügt nur, einige Nummern durchzublättern, um die Weite des KreiseS von Fragen zu erkennen, die die russischen Gewerkschaftsblätter beschäftigen. Die Schwindsucht und die Arbeiterklasse, der Alkoholismus und die verschiedenen Seiten der Arbeiterfrage, das jüdische Ansiedelung»- gebiet, die Prostitution, die Cholera, die Sozialversicherung, der 19. Februar(die„Befreiung" der Bauern), Tolstoi , Gogol , Tschechow , Schewtschenko, die Mode und der Kapitalismus — alle diese und mehrere andere Gegenstände werden in der Gewerk- schaftspresse eifrig besprochen. Endlich wird darin auch eine rein politische Auftlaning ge. geben und es wird das Klassenbewußtsein der Leser durch die Be- leuchtung durch die Beleuchtung der Ereignisse dcS täglichen politischen Lebens erweckt. Befonders wertvolle politische Leitartikel finden wir in dem Organ der Petersburger Metallarbeiter, auch die meisten anderen Blätter besitzen ständige Rubriken, die der „Tätigkeit " der dritten Duma gewidmet sind. Da werden be- sprachen die arbeiterfeindliche Politik, die agrarischen und andere Gesetzentwürfe, die Klassenjustiz des Senats, das Stolypinsthe Re- gieriingsshstem. Die Gewerkschaftspresse hatte die Führung beim Auftreten der Arbeiter auf den öffentlichen Kongressen der letzten Jahre, so beim Kongreß der Fabrikärzte, beim antialkoholischen Kongreß, beim Kongreß zur Bekämpfung der Prostitution und auf anderen, dann aber auch bei der Agitation aus Anlaß der Versicherungs- Projekte der Regierung wie bei dem sich immer mehr entfaltenden Kampf um die Koalitionsfreiheit. Diese ganze Erziehungsarbeit ist desto wertvoller, da sie in ausgesprochen sozialdemokratischem Geiste geführt wird. Das offenbart sich nicht nur in der Agitation für die sozialdemokratischen Kandidaten bei den Wahlen, nicht nur in der beständigen Unter- stützung der sozialdemokratischen Dumafraktion, sondern vor allem in dem Standpunkt, von dem aus alle Artikel geschrieben werden. Die EntWickelung der Gewerkschaftspresse in Rußland beweist, daß trotz der Wut der Konterrevolution auch die russische Arbeiter- bewegung nach den in den fortgeschrittenen Ländern Europas be- währten Methoden wirft, sie wird auf diesem Wege unaufhaltsam vorwärts marschieren. Bus der parte!. Sozialdemokratischer Landcsparteitag in Sachsen . Bei der Eröffnung der Dienstag-Sitzung der Landeskonferenz teilte Genosse Fräßdorf mit, daß die Fraktion beschlossen habe, eine Eingabe an die Regierung aus Anlaß der Lebens- mittelteuerung einzubringen. Er wies daraus hin, daß die große Dürre in der letzten Zeit eine weitere Teuerung der Lebensmittel herbeiführen würde. Es wäre eigentlich Pflicht der deutschen Regierung und des Bundesrats gewesen, Maßnahmen zu treffen, um dieser Lcbensmittclteuerung zu begegnen. Die sächsische Regierung habe die Frachtermäßigung für Futtermittel beschlossen, aber das genüge bei weitem nicht, da diese Ermäßigung nur den Landwirten zugute komme, den Produzenten, nicht aber der konsumierenden Bevölkerung. Da seien weitere Maßnahmen notwendig, u. a. Oeffnung der Grenzen, Herabsetzung der Fracht- sätze für Lebensmittel, zeitweise Suspenoierung der Zölle ans Nahrungsmittel, vor allen Dingen Beseitigung des groben Unfugs der Einfuhrscheine, durch die das Brotkorn aus dem Lande ge- schafft würde. In diesem Sinne sei die Eingabe an die Regierung gehalten, die heute(Dienstag) eingereicht wird. Genosse Geyer- Leipzig erstattet namens der Kommission zur Durchberatung des Organisationsstatut-Entwnrfs Bericht und empfiehlt die Annahme desselben ohne wesentliche Aendcrung. Bezüglich der Ucberwachung der grundsätzlichen und taktischen Haltung der Partciprcsse durch die Bezirksvorstände weist er darauf hin, daß eine solche Einrichtung in den süddeutschen Staaten eben- falls bestehe eventuell noch eingeführt werden soll. Die oberste Instanz bleibt nach wie vor Landesversammlung und Partei- vorstand. Die Taktik könne sich nur nach den Grundsätzen der Partei richten und sei deshalb nicht davon zu trennen.— Betreffs der Delegation der Kreise zu den Landesversammlungen ist eine kleine Aenderung des Entwurfes zugunsten der kleinen Kreise er- folgt. Tie Reichs- und Landtagsabgeordneten, deren Vertretung aus der Landesversammlung durch einen Leipziger Antrag ein- geschränkt werden sollte, sind vollzählig zuzulassen, doch ruht ihr Stimmrecht, wenn es sich um parlamentarische Angelegenheiten handelt. Nach einer längeren Gcschäftsordnungsdebatte wird para- graphenweise ahgestimmt und gegen wenige Stimmen sämtliche Paragraphen und damit der ganze Organisationsentwurf an- genommen. Genosse Landtagsabgcordneter Lange referiert über die Gemeinde st euerreform, die wahrscheinlich die nächste Landtagssession beschäftigen wird. Die Landesversammlung er- klärt sich ohne Debatte mit den von ihm entwickelten Grundsätzen einverstanden. Genosse Geher spricht dann über die Reichstags- Wahlen. Er weist darauf hin, daß nach seiner Meinung die Marokkofrage keine günstige Wahlparole für die Regierung und die rechtsstehenden Parteien bilden werde. Es sei nur notwendig, die Wähler ausreichend über die Kriegshetzereien zu informieren. In Sachsen könne naturgemäß der Kampf nur gegen alle bürger- lichen Parteien geführt werden. Eine Stichwahlparole sei in Sachsen nicht notwendig, da wir voraussichtlich an allen Stich- Wahlen selbst beteiligt sein werden. Sollten Stichwahlen zwischen bürgerlichen Kandidaten vorkommen, so wird die Landesvertretung später darüber Beschluß fassen. In der Debatte weist ein Genosse besonders auf die ländlichen Kreise hin. auf die sich die Gegner wieder mit aller Macht Wersen werden. Er fordert besonders eifrige Werbearbeit in den länd- lichen Kreisen. Am besten sei es, wenn«Der Landarbeiter" dort verteilt würde.— Geyer stimmt ihm im Schlußwort zu und unterstreicht diese Forderung noch besonders. Als Sitz des Landesvorstandes wird dann Dresden be- stimmt und die bisherigen Mitglieder Sindermann, Braune und Schnitze wiedergewählt.— Tie nächste Landesversammlung findet in Dresden statt. Beitragserhöhung. Der sozialdemokratische Zentralverein für den 7. schleswig - holsteinischen Wahlkreis(Kiel -Neumünster -Rendsburg ) beschloß in seiner letzten Generalversammlung die Erhöhung des Mitgliedsbeitrages von 40 auf SO Pf. pro Monat. Ein er- freuliches Zeichen der Erkenntnis, daß es zum Ausbau der Or- ganisation und zur wirksamen Bekämpfung der Gegner neben der ideellen auch der materiellen Opferwilligkeit bedarf., Aus den Organisationen. Der Sozialdemokratische Volksverein für den Kreis Solingen hielt am Sonntag in Ohligs eine Generalversammlung ab. Zunächst erstattete Parteisekretär Ge- nosse Bellert den Geschäfts- und Kassenbericht. Diesem ist zu entnehmen, daß sich die Zahl der Mitglieder im Geschäftsjahre von 2978 auf 3S88, also um 610 erhöhte, wobei zu berücksichtigen ist, daß eine starke Fluktuation stattfand; denn eigentlich sind in dem einen Jahre 1784 Mitglieder neu hinzugetreten. Leider ist das weibliche Element noch recht schwach vertreten: nur 366 ge- hören der Organisation an. Dabei ist hier gegen das vorhergehende Jahr noch nicht einmal ein Fortschritt zu verzeichnen. Die Ein- nahmen betrugen 21269,50 M., die Ausgaben 20 281.94 M., so daß ein Bestand von 987,56 M. bleibt. An Versammlungen wurden eine große Anzahl abgehalten, nämlich 185 Mitgliederversamm- lungen und 43 öffentliche Versammlungen; außerdem fanden ver- schiedene größere Konferenzen-statt. Die schriftliche Agitation wurde durch die Verteilung von rund 100 000 Flugblättern. Kalendern und Broschüren besorgt. lieber den bevorstehenden Parteitag sprach Genosse S ch a a l. Im Anschluß daran wurde beschlossen, zwei Delc- gierte zu entsenden, also nicht das volle Delegationsrecht— drei Delegierte— auszunutzen; doch wurde den Genossen dringend empfohlen, dabei eine Genossin mit zu berücksichtigen. Ten letzten Tagesordnungspunkt der Versammlung bildete der Antrag des Gcsamtvorsiandes, gegen den Genossen Hildcbrand das Ausschlußverfahren einzuleiten. Der Antrag ist gestellt worden, weil Hildebrand nicht nur für Kolonien, sondern in letzter Zeit auch noch für Schutzzölle, für den Militaris- mus, ja sogar für den Marokkorummel eingetreten war. Nach langer Beratung, in der die Ankläger Hildcbrands wie auch Hilde- brand selbst zu Worte kamen, wurde mit 118 gegen 53 Stimmen beschlossen, t>gs Ausjchlutzviriahreg zu eröitneii» Der Sozialdemokratische Verein für Halls und den Saalkreis hielt am Sonntag einen Kreistag unter außergewöhnlichen Umständen ab. Während im Vorjahre die Generalversammlung im Walde abgehalten wurde, die ebenso wie eine im Juni wieder im Walde tagende Mitgliederversamm- lung nur die notwendigsten Angelegenheiten erledigte, ist in diesem Jahre statt der Generalversammlung, die sicher polizeilich gestört worden wäre, heimlich ein Kreistag einberufen worden. Der Ge- schäftsbericht, der in einer Broschüre gedruckt vorlag, meldet� von guten Fortschritten und vor allem von wachsender innerer Festi- gung der Organisation. Es fanden in den Distrikten und Land- orten 78 Mitgliederversammlungen statt; weiter wurden 49 öffent- liche Versammlungen abgehalten. Schriftliche Agitation wurde mit 198 350 Flugblättern und 24 800 Volkskalendern betrieben. Die Mitgliederzahl des Vereins stieg auf 6116, was leider infolge der starken Fluktuation bei 1389 Neuaufnahmen nuv ein Mehr von 403 gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Die Zahl der organisierten Frauen stieg— namentlich infolge einer Hausagitation— von 590 auf 801.— Das Jabr war überreich an Prozessen. Die preußische Wahlrcchtsbewegung zeitigte in diesem Jab>� noch eine Reihe von Bestrafungen. Es wurden insgesamt an«tfängnis- resp. Haftstrafen in 43 Fällen 167 Wochen 5 Tage verhängt; dazu kamen noch 48 Fälle mit 1668,59 M. an Geldstrafen und Kosten. Trotz dieser besonderen Aufwendungen haben sich die Kassenver- Hältnisse gebessert, was der Einführung des 10 Pfennig- Wochenbeitrages zu danken ist.— Der Bildungsausschuß, der 11 künstlerische und unterhaltende Veranstaltungen und einen Vortrag-kursus über das Erfurter Programm stattfinden lieh, arbeitete mit einem Ueberschuß. Die acht Abende des Vortrags- kurses waren durchschnittlich von 702 Personen besucht. Sehr günstig lautet der Bericht über die Zentrcrlbibliothck. Ihre Ein- richtung hat die Zahl der Leser von 730 der früheren Einzel- bibliotheken auf 1283 der jetzigen Zentralbibliothek gesteigert,� und die Zahl der Entleihungen von 6510 auf 18 212 gehoben, also in einem Jahre fast verdreifacht.— Nach kurzer Diskussion wählte der Kreistag den bisherigen Vorstand in geheimer Abstimmung mit großer Majorität wieder. Zum Parteitag wurden die Ge- nassen Hennig, Reiwand und O e r t e l und die Genossin Rühle delegiert. Der Reichstagsabgeordnete des Kreises, Ge- nosse K u n e r t, gab in einer Rede über die Elsatz-Lothringische Verfassungsfrage für seine Enthaltung bei der Abstimmung über die Vorlage im Reichstag eine Begründung, die lebhafte Zustim- mung fand. E i n st i m m i g wurde Genosse K u n e r t wieder als Kandidat für die nächste Reichstagswahl normiert. Schließlich nahm der Kreistag noch zu dem polizeilichen Ausnahmerecht, das in Halle herrscht, Stellung. Er erließ einen Aufruf an die Arbeiterschaft, in dem es u. a. heißt: „Der Kreistag erhebt flammendsten Protest gegen das immer unerträglicher werdende Hallesche Polizeiregiment! Seit dem Reichstagswahlsiege 1909 ist das Losungswort des Polizei- kommandeurs Weydemann:„Ich bekämpfe die Sozialdemokratie mit allen Mitteln" zur ausschließlichen Richtschnur des Polizei- fystems in Halle erhoben worden, was sich besonders zeigte durch die unerhörten Verfolgungen der Partei, der Gewerkschaften, der Presse, der Jugend, der Turner; durch blutige Nieder- schlagung der Wahlrcchtsfordcrer; durch Aufhebung der Vereins- gesetzlichen Rechtsgarantien für die geschlossenen Mitgliederver- sammlungen von Partei und großen Gewerkschaften; durch Ver« bot der Gewerkschafts- und Parteiumzüge und endlich durch Be- lagerung und Belästigung des Volksparks und der Verhängung der sogenannten„Polizeistunde". Der Kreistag ruft die Massen auf, diese Schläge in zähem Kampfe in Niederlagen unserer Feinde umzuwandeln. Die Generalversammlung des Sozialdemo- kratischen Vereins des Kreises Wanzleben fand am Sonntag, den 20. August, in Groß-Otterslcben statt. Der Verein feierte gleichzeitig sein zehnjähriges Bestehen. Am 13. Januar 1901 wurde er gegründet und hatte besonders in der ersten Zeit mancherlei Schwierigkeiten zu überwinden. Im ersten Jahre konnten sieben Ortsgruppen errichtet werden, die zusammen 338 Mitglieder hatten. Heute umfaßt der Verein in 25 Orts- gruppen 2468 Mitglieder(darunter 450 Frauen) und der Kassenbestand beträgt 8921,98 M. Die Ausgabe betrug 10647,54 Mark. Für Agitation, mündliche wie schriftliche, Broschüren, Ver- breitung der..Landpost" und„Gleichheit", für Bildungszweck?, Bibliotheken. Jugendbewegung usw. konnten 4238 M. aufgewandt werden. Die günstige Finanzlage verdankt der Verein einmal der gut ausgebildeten Organisation und zum anderen dem Umstände. daß seit drei Jahren im ganzen Regierungsbezirk der 10 Ps.» Wochenbcitrag eingeführt ist. Das Vorgehen der Polizei während der preußischen Wahl- rechtsbewegung verursachte insgesamt 1796,35 M. Kosten. Ter Abonncntenstand der..Volksstimme" stieg im Berichtsjahre von 3211 auf 3825. Im Verhältnis zu der im Jahre 1907 abgegebenen sozialdemokratischen Stimmenzahl beträgt die Leserzahl 43 Proz. und die Zahl der Mitglieder 28 Proz. Um die Wahlarbeitcn recht wirksam betreiben zu können, wird am 1. Oktober ein Sekretär eingestellt. Im Kreise herrscht eine kampfcs- und siegeSfrohe Stimmung. Zum Partei- tage delegierte die Generalversammlung den Genossen Silber« s ch m i d t. Hus Induftric und DandeL Marokko und die Börse. Die Marokko -Affäre hat schon wiederholt zu Börsen- Manövern Anlaß gegeben. Offiziere kauften Aktien von Gesell« schaften, die Kriegsmaterialien liefern. Natürlich sprangen die Kurse in die Höhe. Ob die Offiziere nur als Stroh» männer dienten oder gern Krieg machen wollten, um nicht mir Ehren, sondern auch Kursgewinne einzuheimsen— wer weiß? I Am Dienstag wurde die Berliner Börse erschreckt— es hieß, die Marokkoverhandlungen seien resultatlos verlaufen. Wahrscheinlich von interessierter Seite war das Gerücht kol- porticrt worden, die„Neue Freie Presse" habe den Abbruch der Verhandlungen geineldet. Scharfe Kursrückgänge waren die Folge. Später stellte sich aus Anfrage des„B. T." heraus, daß die Meldung erfunden war. Tie Drahtzieher sind natürlich daran interessiert, daß keine Beruhigung ein- tritt, sie machen Geschäfte, das ist die Hauptsache. Händlerschnb. Ist in cmer Industrie an die Stelle der unbeschränkten Kon« kurrenz erst die gemeinsame Vereinbarung der Verkaufspreise und die Umgrenzung der Produktion getreten, so machen sich zu aller- meist auch bald Bestrebungen geltend, die Bedingungen zu regeln, unter denen die Händler die Ware an die Konsumenten abgeben. Zunächst wird dieses Vorgehen von der Absicht diktiert, einheitliche Detailpreise zu schaffen, damit die Händler die ihnen selbst vor- geschriebenen Preise möglichst glatt akzeptieren sollen. Hat sich der so geschaffene Zustand erst eingebürgert, dann pflegt bei den Fabri- kantenorganisationen— mögen sie Kartelle oder sonstwie heißen— weiter schnell die Neigung zu erwachen, den Handel ganz unter ihre Herrschaft zu bringen. Dieser Prozeß vollzog sich nicht nur in der Kohlen- und Eisenindustrie, auch in vielen anderen Gewerben sind die Händler nur noch Kommissionäre der kartellierten Produzenten. Nicht ohne Ironie ist die Bezeichnung„H ä n d l e r f ch u tz" für jene Praxis, den Händler, der an die Fabrikanten den vom Kartell festgelegten Preis zu zahlen hat,«mch zu verpflichten, bestimmte Mindestxreife für den Einzelvexkgus einzuhaffen. Diesen Händler,
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