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Nr. 205.

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Vorwärts

Berliner   Volksblaff.

28. Jahrg.

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Telegramm teffe:

Sozialdemokrat Berlin  ".

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  .

Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69.

Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1983,

Arbeitendes Volk von Berlin  !

Einige Männer, auf deren Beschlüsse die Massen des deutschen   Volkes ohne Einfluß sind, maßen sich an über die Lebensfrage der Nation, über Krieg und Frieden

Sonnabend, den 2. September 1911.

Sedan.

Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1984.

selbst denkt so."

Dieser Siegeszuversicht, diesem Prozen auf die siegreiche Armee Friedrichs des Großen folgte dann auf dem Fuße der über die Maßen klägliche Zusammenbruch bei Jena  !

Die Verhandlungen der deutschen   und fran- Sedantag nicht vorübergehen lassen würden, ohne ihn zu schen Blätterwald mit so tosendem Lärm erfüllt, derart jede Es war vorauszusehen, daß unsere Kriegsheber den Wenn der Horde der Kriegstreiber, die heute den deut­zösischen Regierung treten in ihr letztes, ent- chauvinistischen Ausfällen und patriotischer" Ruhmredig- Besinnung abhanden gekommen ist, ist es doppelte Pflicht des scheidendes Stadium! feiten zu mißbrauchen. Während der größere Teil des Volkes, die Stimme der Vernunft um so lauter zu erheben. deutschen   Volkes bereits seit Jahren der vernünftigen Auf- und das deutsche   Volt läßt sich auch nicht abschrecken durch das fassung zuneigte, daß es wirklich an der Zeit sei, alte Wunden ebenso läppische wie infame Geſchrei der namentlich in der verharschen zu lassen, und daß deshalb die Sedanfeier am Bentrumspresse ihr sauberes Handwerk treibenden Scharf­besten völlig einschlafe, haben in diesem Jahre die Prozent macher, die die eindringlichen Friedensmahnungen und Ver­patrioten und Kriegslieferungsspekulanten dank dem un- warnungen des klassenbewußten Proletariats als Hoch ver­seligen Marofkokonflikt Oberwasser erhalten. Die Erinne- rat ausschreien. Der giftige Chorus der Denunzianten selbstherrlich zu bestimmen. Der Reichstag   ist rung an den blutigen Schlachtentag muß ihnen dazu her- schreckt es nicht. Auch dies jämmerliche Schauspiel ist schon halten, nicht nur anmaßliche Drohungen gegen Frankreich   einmal dagewesen. Als nach der Schlacht bei Sedan, nach der nach Hause geschickt worden, bevor man an auszustoßen, sondern auch Großbritannien   in der frivolsten Gefangennahme Napoleons  , die Herrlichkeit dieses ränkesüch das koloniale Abenteuer herangegangen ist. Die Weise zu brüsfieren. Kennzeichnend für die unglaublich tigen Glüdsritters auf dem Throne zusammengebrochen war Forderung des Volkes nach Einberufung seiner strupellose Art dieſes jedes politischen Verantwortlichkeits- und sich nunmehr für Deutschland   die Möglichkeit eines ehren­gefühls baren, nur auf die Entflammung der Völker- vollen dauernden Friedens mit Frankreich   bot, da erhob ja die Vertretung wird mißachtet, und seine Absichten zwietracht gerichteten Chauvinismus ist ein Artikel, der in junge Sozialdemokratie ihre Stimme für den Friedensschluß. und Ziele hüllt der Absolutismus   in das tiefste dem offiziösen Scherlblatt veröffentlicht wird. Dieser Artikel Sie warnte damals eindringlichst vor der Annexion von Elsaß­Geheimnis. macht für ein Kriegsabenteuer in der unverblümtesten Weise Lothringen  : Die Militärkamarilla, Professorschaft, Bürger­dadurch Stimmung, daß er die militärische Kraft Englands schaft und Wirtshauspolitik gibt vor, dies sei das Mittel, Um Marottos willen sind die deutschen   als eine geradezu unerhebliche darstellt, die vor einem ernst- Deutschland   auf ewig vor Krieg mit Frankreich   zu schützen. und französischen   Kolonialtreiber in Bant   geraten. haften Stoß rettungslos in sich zusammenbröckeln werde. Es ist umgekehrt das probateste Mittel, diesen Einzelne mächtige Kapitalmagnaten hoffen die an- Englands friegerischer Ruhm, wird da ausgeführt, zehre Strieg in eine europäische Institution zu ver­ausschließlich von Waterloo   und Trafalgar. Seitdem sei wandeln. Es ist in der Tat das sicherste Mittel, den geblichen Erzschäße Maroltos als reiche Beute England niemals in die Lage gekommen, wirklich militärische Militärdespotismus in dem verjüngten für sich zu gewinnen. Aber von den fapi- Stärke zu beweisen. Nie habe es seine Söhne in den Kampf Deutschland   zu verewigen als eine Notwendigkeit talistischen Cliquen gönnt die eine der anderen geschickt. Für England kämpften und kämpfen Fremde oder zur Behauptung eines westlichen Bolens des Elsaß   und Söldner. Darum muß heute im Zeitalter der Volksfriege Lothringen  . Es ist das unfehlbarste Mittel, den keinen Teil an dem Raube. Deshalb treten die mehr noch als bisher der Nation die für große Kämpfe kommenden Frieden in bloßen Waffenstillstand zu Regierungen in Aftion und deutsche und französische nötige Stoßkraft fehlen. Die Behauptung von der Stärke verwandeln, bis Frankreich   so weit erholt ist, um das verlorene Arbeiter sollen sich bereit halten, einander hinzu- Englands ist ein Bluff, weil es noch nie und niemals im Terrain herauszuverlangen. Es ist das unfehlbarste hinzu- Ringen mit einem ernsthaften Gegner bewies, daß es zu Mittel, Deutschland   und Frankreich   durch morden, um ihren Kapitalisten neue Rohstofflager, fechten versteht. Seine Marine ist ebenso ohne Striegs wechfelfeitige Selbstzerfleischung zu rui. dem Kapitalismus   ein neues Aus- erfahrung wie die unfere, denn Nelson befehligte Holzschiffe. nieren." Ein neuer Krieg zwischen Deutschland   einerseits Wo wir aber das englische Heer im Kämpfen sahen, da beutungsfeld zu erobern. bullerte und verstieß es gegen die Rudimente der Taktik." Solch wegwerfendes Urteil ist ja freilich nicht neu. War es doch kein Geringerer als der damalige Oberst und jetzige Generalmajor Deimling, der sogar im Reichstag einmal vom Regierungstisch aus in törichtester Weise damit renommierte, daß die deutschen   Truppen in Deutsch- Südwestafrika   ganz anderes geleistet hätten als die Engländer den Buren gegen über. Denn die Herero feien viel gefährlichere Gegner ge­wesen als die Buren! Diese geradezu abenteuerliche Re­nommisterei richtete sich von selbst, denn jeder Beobachter der beiden Kriege konnte über einen solchen Unsinn nur eine Helle ache aufschlagen. Wenn aber heute von einem kongenialen Strategen angesichts der gespannten Situation ähnliche Dummheiten verzapft werden, so kann das jenseits des Kanals nur als unverschämteste Provokation empfunden werden! Solch gewissenloser Kriegshebe, folch unsinniger Re­

Wir Arbeiter haben andere Sorgen! Immer drohender wird die Teuerung, die Lebensmittelpreise steigen, die Kauffraft unseres Lohnes verringert sich von Tag zu Tag. Dieselben Kreise, die uns in Kriegsgefahr stürzen, verschlimmern die Not durch ihre Wucherzölle. Der Hunger der arbeitenden Massen wird nicht gehoben durch eine Kolonialpolitik, die die Steuerlast ins un erträgliche steigert. Die Not würde ins unermeß­liche gesteigert durch das

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und Frankreich   und Nußland andererseits wurde als under­meidlich bezeichnet, falls nicht vorher eine Revolution in Rußland   ausbreche. Dieser damals als unwahrscheinlich bezeichnete Fall des früheren Ausbruchs einer russischen   Revo­lution iſt tatsächlich eingetreten. Aber statt nun diese Gunst des Schicksals zum Ausgleich mit Frankreich   zu benutzen, hat unsere geniale Diplomatie unter Billigung unserer herrschen­den Klassen durch ihre unsinnige Weltpolitik Frankreich   einen neuen Verbündeten an Stelle des einstweilen ohn­mächtigen zugeführt: England.

Die sozialistischen   Warnungen verhalten damals un­gehört. Man entledigte sich der unbequemen Mahner in der denkbar einfachsten Weise. Man schickte, Vogel von Falden­stein war damals das auserwählte Werkzeug, die Mitglieder des Parteiausschusses in Ketten nach einer Festung an der russischen Grenze. Bald darauf steckte man auch Bebel und Liebknecht in das Gefängnis, die man dann noch lange nach

wahnsinnige Verbrechen eines Krieges, geführt zur Bereicherung der Allerreichsten. Und nommisterei gegenüber erhebt das arbettende Volt Friedensschluß wegen Hochverrats zu zwei Jahren Festung doch gibt es, wenn auch kleine, so doch einfluß- am Sonntag um so mahnender seine Stimme. Es erklärt verurteilte. Was hat man damit erreicht? Der es für tollen Schwindel, daß das deutsche   Volk friegslustig patriotische Taumel verrauschte nur zu rasch, und die reiche Kreise, die das Entsetzliche noch zu fordern sei. Das Volk ist ja jetzt, soweit es nicht in die zahlreichen Stimmenzahlen der Sozialdemokratie begannen bald rapid zu wagen, die das deutsche   Volk in die furchtbaren Kundgebungen des sozialistischen   Proletariats unzweideutig steigen. Wenn sich gar die frommen Zentrumsdemagogen Greuel eines Weltkrieges zu England und Frank- seinen willen bekundet, noch gar nicht zu Wort gekommen. nach einer Neuauflage solch historischer Bla­Die Heßereien in der Presse stammen von einigen Schock magen sehnen, so würde das Fiasko einer ähn. reich hineinjagen wollen. Journalisten und gewerbsmäßigen Demagogen, die sich in lichen Aktion diesmal noch ein viel schlimmeres die zurzeit grassierende Kriegshebe künstlich hineingefiebert sein. Die Sozialdemokratie ist heute eine Millionenpartei. haben. Das deutsche   Volk teilt auch keineswegs die Selbst der tollste patriotische Nummel würde sich an den festen grenzenlos leichtfertige Siegeszuversicht Wällen ihrer Organisation, ihrer Volksaufklärung brechen. alldeutscher und sonstiger Maulhelden. Es weiß nur zu und wenn man heute die Führer ins Gefängnis fteďte, io genau, daß ein Krieg gegen Frankreich   und England ein würde das die Tatkraft der Massen eher ungeheuerliches Unternehmen sein würde. Es weiß, wie un- entfeffeln als lähmen Die gewaltigen Aktionen sinnig die Renommiſterei ist, daß etwa die deutsche Flotte selbst des politisch weniger geschulten englischen Proletariats mit der französischen   und englischen Flotte zugleich fertig sollten den politischen Kannegießern, die noch heute die Volks­woerden könne. Uebrigens wenn unsere deutschen Re- massen wie unmündige Kinder behandeln zu können nommisten wirklich so sehr von der Leistungsfähigkeit unserer wähnen, zu ernstlichem Nachdenken veranlassen! Flotte überzeugt sind, woher nehmen sie denn den Mut, immer neue Flottenverstärkungen zu verlangen?!

Da ist es hoch an der Zeit, daß die wahre Meinung des arbeitenden Volkes zum gewaltigen, nicht zu übersehenden Ausdruck kommt. Noch ist's nicht zu spät, noch ist nichts Unwiderrufliches geschehen. Deshalb ist es die Pflicht jedes Arbeiters, die Pflicht eines jeden, der für die Erhaltung des Friedens einsteht, die

Massenkundgebung in Treptow  am Sonntag zu einer überwältigenden Manifestation des Friedenswillens der arbeitenden Klassen zu machen.

Deshalb erscheint Alle!

Aber selbst wenn trop der infamen Kriegsheze unserer Reaktionäre der Krieg vermieden wird, welche politischen Auch einige geschichtliche Erinnerungen fönnen unseren Folgen muß der frivole Marokkorummel heraufbeschwören! Kriegshebern nicht schaden, und zwar Erinnerungen aus der Der Niß zwischen Deutschland   einerseits und Frankreich  deutschen   Geschichte. Wenn der Scherl- Stratege so nase- andererseits muß unheilbar werden. Und hat sich denn nicht rümpfend von den englischen Söldnern" spricht, so sei ihm Wilhelm II.   selbst, sogar mit den verzweifeltsten Mitteln, Au Gemüte geführt, daß schon einmal, und zwar im Jahre viele Jahre lang hindurch bemüht, Deutschland   Englands 1806, die Ueberhebung preußischer Gamaschenknöpfe ähnliche Sympathien zu sichern? Hat er nicht England während Orgien feierte wie heute. Auch damals wurde in blödsinniger des Burenfrieges einen vom deutschen   Generalstab ausge­Verblendung eine fremde Armee, die französische, findisch bearbeiteten Kriegsplan zu rascherer Niederwerfung der Buren Dem Verlangen der Kapitalmagnaten schimpft. Schon ehe ein Schuß gefallen war, zugeschickt? Und hat der Kaiser nicht ebenso heiß um die nach neuen Raubzügen, den Kolonial- forderten Striegslieder" auf, den Triumphgefang des Freundschaft Frankreich   geworben? Hat er nicht Sieges anzustimmen. In einem solch patriotischen" im Jahre 1901 zwei hohe franzöfifche Offiziere zu einem mili­treibern und Kriegshetzern und Kriegshetzern stellt die Ariegsgedicht hieß es: Forderungen Eurer Not entgegen!

Erklärt den Kriegshetzern den Krieg!

Nicht der Krieg mit unseren Arbeits­brüdern jenseits der Grenzen, der Kampf gegen die Ausbeutung ist die Aufgabe

unseres Lebens.

Kommt Alle am Sonntag nach Treptow  !

Da wichen sie, die feilen Mietlinasscharen,

Und wie vor fünfzig Jahr

Die Väter fühn der Feinde Sieper waren, Ward es der Engel Schar."

die Königin Quise schrieb dem Zaren zwei Wochen vor

tärischen Festmahle herangezogen und auf das Wohl der fran zösischen Armee und die deutsch  - französische Waffenbrüderschaft getrunken? Hat nicht der preußische Handelsminister Möller in dem gleichen Jahr die Solidarität der Interessen beider Völker verkündet?

durch solche Toaste, wohl aber durch das vorsichtige Vermeiden

Die Offiziere rafselten heldenhaft mit dem Säbel, und Damals war man wirklich auf dem Wege, freilich nicht Jena  : Es muß gut gehen. Die Truppen sind von dem von Konflikten, dem französischen   Chauvinismus endgültig schönsten Eifer beseelt, sie brennen, sich zu schlagen und vor den Boden abzugraben. Als im Juni 1902 in der französischen  wärts zu gehen. Niemals Wut Deputiertenkammer unser Feind, und nicht

simt allein der Goldat, sondern die gange Nation

les endlich Beit lei, den Rebandhegebanten