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Nr. 206. 28. Jahrgang.

1. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt. Sonntag, 3. September 1911.

Bericht über die Friedenskundgebung

erscheint Montag früh zur gewohnten Stunde.

lung der Spannung zwischen Groß- und Kleinhandelspreisen bietet die jeßige Feststellung nicht tangiert. Nach dem Vergleich mit dem Jahre 1909 find jedenfalls die heutigen Preise durchweg niedriger, obwohl der Großhandel die Preise für Großvieh heraufgesetzt hat. Hier die Uebersicht: Im Kleinhandel kostete im Juli nach dem Durchschnitt aller Preise in den städtischen Markthallen: Im Vergleich per Kilogramm Pf. 1909 waren mit dem Jahre

Eine Extranummer des Vorwärts" mit dem weitere Schwierigkeiten. Das gilt besonders auch für die Quali­tätsbestimmung und die Methode der Preisermittelung. Ein annähernd richtiges Bild erlaubt nur die Darstellung der Bewegung der Groß- und Kleinhandelspreise, die nach einem Schema gewonnen werden. Wir haben nun bersucht eine solche vergleichende Zusammenstellung auf der Basis der von dem Sta tistischen Amt der Stadt Berlin herausgegebenen monatlichen Preiszusammenstellung zu gewinnen. Die Zusammenstellung enthällt die auf dem Städtischen Schlacht- und Viehhof von der Direktion ermittelten Preise weiter die in der Zentralmarkthalle erzielten Großhandelspreise, die Kleinhandelspreise nach dem Durchschnitt der in sämtlichen Markthallen gezahlten Preise, ferner die von der Rindfleisch, Keule Großkaufmannschaft ermittelten Großhandelspreise für Getreide und die von dem Statistischen Amt festgestellten Preise für Brot. In den nachfolgenden Tabellen registrieren wir die Preise für den Monat Juli in den letzten drei Jahren und ermitteln danach die Differenz zwischen den Preisen für 1909 und 1911.

Wirtschaftlicher Wochenbericht.

Berlin , 2. September 1911. Börse und Konjunktur.- Industrie und Landwirtschaft.- Siche Industrie und Landwirtschaft. Siche rung der Grundrente. Preissteigernde Faktoren. Die bösen Händler. Großhandelspreise.- Preise im Kleinhandel. Die Notwendigkeit der Zollaufhebung.

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-

-

Die Preise auf dem städtischen Vieh- und Schlachthof bewegten sich für Großvieh in aufsteigender, für Schweine in sinkender Richtung. In der legten Spalte haben wir nach den Höchstfäßen die Verschiebung von 1909 auf 1911 angezeigt. Es kosteten 50 Kilo­gramm Schlachtgewicht Mart:

Ochsen I

II

1909

In 1911 gegen 1909 mehr+

Brust Bauchfleisch Kalbfleisch, Keule

.

Brust Schulter, Bauch Sammelfleisch, Keule, Rücken Brust, Bauch Schweinefleisch, Rücken, Rippespeer Schinken. Schulterblatt, Bauch Speck , geräuchert. Schinken,

Schweineschmalz

1910

1911

weniger

70-78

82-88

81-86

+10

61-71

74-81

74-81

+10

63-69

72-80

73-80

+11

Butter Gier.

60-70

64-74

70-76

+9

67-70

70-73

II

62-68

67-76

65-72

"

77-94

88-112 83-98

73-79

73-83

58-84

69-75

67-70

55-61

68-74

63-70

54-61

66-74

62-69

53-60

Die Börse hat eine gewisse Liquidation vorgenommen. Die Kurse der Industriepapiere sind in der letzten Zeit teilweise ziem­lich erheblich gesunken. Dadurch wurden sie besser mit den tatsäch lichen Verhältnissen in Einflang gebracht. Zu einem guten Teile hatte die abnorme Witterung resp. die durch sie bedingte Verschlech terung der Ernte und Verminderung der Viehproduktion ein Miß­verhältnis zwischen Kursniveau und Gewinnaussichten hervorge rufen. Die bereits scharf einfeßende Teuerung als Folge der Witterungsungunst wirft verschlechternd auf die Konjunktur. Die größeren Ausgaben für die Ernährung schwächen ganz selbstver. ständlich die Konsumfähigkeit der Masse als Verbraucher gewerb­licher Erzeugnisse. Die notwendig werdenden Erhöhungen der Bullen I. Löhne die gesteigerten sachlichen Mehrausgaben begrenzen natür­II lich auch die Ueberschüsse in der gewerblichen Warenerzeugung. Färsen u. Kühe I Daher stellen die Kursrüdgänge eine durchaus angebrachte Korref­tur dar. Während nämlich in der Unternehmerpresse die Klagen Kälber II über die Belastung der Industrie durch Lohntreibereien, soziale Schafe II Lasten und Steuern nicht verstummen wollten, sprangen die Kurse Schweine I hinauf, als ob für die Industrie die Schleusen umfangreicher Ge­winnströme sich öffnen müßten. So stiegen z. B. die Kurse von Ultimo Juli 1910 bis Ultimo Juli 1911: Dynamittrust von 176,50 auf 186,80, Bochumer Gußstahl von 229,50 auf 235,50, Phönig von 226,10 auf 276,20, Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft von 266,10 auf 276,20, Siemens u. Halste von 240,10 auf 252,10. Wenn ohne das Hinaufschnellen der Lebensmittelpreise die Kurse vom Stand­punkt des Anlage suchenden Kapitals vielleicht zu rechtfertigen ge­wesen wären, unter dem Gesichtswinkel der veränderten Verhält­nisse sicher nicht mehr.

II

"

III

"

-14

G

"

°

ausgeschnitten

RABEFALEKSLR

1909 1910 1911

83

87 80

die Preise: höher+ niedriger 3

75

76

70

65

69

65

87

92 80

82

83

75

76

77

65

82

85

74

72

75

65

7

91

93 75

-16

80 80 70

-10

73 75

60

-13

80 85 75

5

124

128

120

152 158

140

71

81

60

120 116 110 6 5 5

-10

1

Der Vergleich mit den Großhandelspreisen zeigt, daß im Kleinhandel die Schweinefleischpreise etwas weniger gesunken sind als jene, dafür stehen aber auch die Rindviehpreise niedriger. Den Fleischern fann man den Vorwurf machen, daß sie die Hauptsäch= lich Schweinefleisch konsumierende Bevölkerung zugunsten der Befferjituierten, die sich Rinds- und Kalbsbraten leisten können, benachteiligt.

Ungünstiger als die Fleischer schneiden die Bäder ab, wenn man die Preisbewegung betrachtet. Der Abschlag der Brotpreise bleibt hinter der Senkung der Getreidepreise zurück.

1909 1910 1911

1911 war gegen

Die Preise für Rindvich sind demnach beträchtlich gestiegen; dagegen sanken die Preise für Schweine in fast demselben Verhält­nis. Die minderwertigste Sorte verzeichnet den stärksten Preis­nachlaß. Zwischen den vorstehenden Preisen, die von den Vieh- lungen der Kaufmannschaft, die Brotpreise nach den Feststellungen Stellen wir die Getreide und Mehlpreise nach den Ermitte­händlern erzielt werden, und den Großhandelspreisen in der des Statistischen Amtes der Stadt Berlin zusammen, dann erhalten Bentralmarkthalle, die der Fleischer zu zahlen hat, besteht eine wir die folgende Uebersicht. Es kostete im Juli: gewiffe Uebereinstimmung. Für Großvieh ist die Preissteigerung erheblicheren Rüdgang als nach den Schlachthofnotierungen. teilweise hier etwas höher, aber die Schweinepreise zeigen einen Daraus fann man schlußfolgern, daß die Großschlächter jetzt an Schweinefleisch weniger, an Großviehfleisch mehr verdienen als bor zwei Jahren. Eehen wir uns die Preisbewegung an. Die Markthallendirektion ermittelte nach den Notierungen in der Zentralmarkthalle im Juli folgende Großhandelspreise per 50 Kilo­gramm in Mark: In 1911 gegen 1909 mehr

Es ist nur zu wünschen, daß nun auch der Widerstand gegen die durchaus individuell berechtigten, volkswirtschaftlich notwendigen Lohnforderungen der Arbeiter abschwächt. Jest zeigt sich wieder recht finnenfällig die Wechselwirkung zwischen Lebensmittelpreisen und Industrie. Die Landwirtschaft hält sich an der Konsumenten schaft schadlos, wenn eine geringere Ernte ihre Einnahmen zu fchwächen droht; die Grundrente wird am ehesten sicher gestellt. Die Arbeiter müssen natürlich versuchen, durch Lohnerhöhungen einen Ausgleich zu finden. Das erhöht die Gestehungskosten in der ge= werblichen Warenherstellung. Je weniger die Arbeiter in der Lage find, die Belastung abzuwälzen, um so schärfer überträgt sich die Lebensmittelteuerung auf den Konsum gewerblicher Erzeugnisse. Ochsen, I. Qual. Was die Lebensmittel mehr beanspruchen, wird für andere Waren weniger ausgegeben. Die Höhe der Belastung ist auf jeden Fall bon größter Bedeutung für die Volkswirtschaft.

"

II.

"

IV.

Bullen, I. II.

tühe, fett

"

mager

II.

13,03 17,03

1910

1909 1911 69,78 76,15 79,38 65,78 69,15 69,65 57,78 61,15 62,00 57,89 68,69 69,92 45,89 57,00 56,00 46,89 56,69 59,92

weniger

+9,60

+3,87 +4,22 +12,14 +10,11

36,89 45,38

53,92

42,89 52,54

57,35

- 15,46

44,00

96,78

II.

79,78 61,78 41,78

52,00 111,73 86,73 77,92 72,23 53,65 53,23 73,22 78,00 75,96 64,22 73,00 70,38 53,22 69,00 63,04

56,00

12,00

113,58

+16,80

85,46

+5,68

+11,45

+11,45

+2,74

+6,16

65,33 2,16

51,22 63,00 61,38 2,42

59,35

50,15 3,99

9,82 8,13 - 15,18 +1,83

"

260,77 211,56 213,26 24,04 18,96 22,30

1909 der Preis höher+

niedr.

-

in%

-

13

18 7

-

11

-

5

Roggen, 1000 Kilogr.. M. 194,01 146,89 168,86 Weizen, 1000 Roggenmehl, 100 Kilogr. Roggenbrot, 1/2 Pf. 31,57 27,42 28,05 Weizenbrot, 1/2 56,49 53,57 53,50 Demnach sind die Brotpreise heute noch ungebührlich hoch. Da übrigens die Getreidepreise wieder kräftig hinaufgegangen sind, ist mit einer weiteren Preiserhöhung für Backwaren zu rechnen. Die vorjährigen Preise haben wir ja schon wieder erheblich über­holt. Bei der Würdigung der Fleischpreise muß berücksichtigt wer­den, daß die Preise im Jahre 1909 eine außerordentliche Höhe er­reicht hatten, das jetzige Niveau daher schon als Notstand an= gesprochen werden kann. Das um so mehr, als nun die Preise für alle Lebensmittel hoch stehen. Die vorstehenden Aufstellungen be­weisen, daß der Teuerung durch Erleichterung der Einfuhr, durch Aufhebung der Bölle begegnet werden muß. D.

Verbandstag der Porzellanarbeiter.

Nach den am Freitag gefaßten Beschlüssen zum Beitrags- und Unterstüßungswesen bleibt es mit den Beiträgen im allgemeinen wie bisher, so daß der gesamte Beitrag sich zusammensetzt aus dem allgemeinen Verbandsbeitrag, aus dem unter anderem die Streit, Maßregelungs- sowie auch die Arbeitslosenunterstützung bestritten wird, und dem Beitrag zu der Krankengeldzuschußtasse, aus der nebenbei auch die Wöchnerinnen und die Sterbeunterstübung ge= den Löhnen entsprechend festgesetzt: bis zu 8 M. Durchschnitts­zahlt wird. Die allgemeinen Verbandsbeiträge sind in vier Klassen verdienst 15 Pf., bis 15 M. 30 Pf., bis 21 M. 45 Pf. und über 21 M. 60 Pf. Wochenbeitrag. wie bisher, jedoch sind die dafür maßgebenden Durchschnittsver Die Beitragssätze sind dieselben dienste in den drei höheren Beitragsklassen um 3 M. Heraufgesetzt. In der Zuschußkasse sind die Wochenbeiträge wie bisher 10, 20, 30 oder 40 Pf. mit freier Wahl der Beitragsklasse. Die Säße der Krankenunterstützung sind wie bisher je nach der Beitragsklasse 2,50 M., 5 W., 7,50 m. und 10 M. Die Unterstützungsdauer ist

Damit gewinnt aber auch die Frage an Interesse, welche Fak toren bei der Preistreiberei beteiligt sind. Es ist nicht einerlei, ob die Aufschläge das Resultat des wirklichen Verhältnisses von An­gebot und Nachfrage sind, oder ob sie von Händlern usw. ganz will- Fresser fürlich vorgenommen werden. Je weniger die Preissteigerung aus Bullen, dänische einer tatsächlichen Verteuerung der Produktion resultiert, je mehr Kalbfleisch, Doppellender fie der direkten Profitsteigerung dient, und damit die Konsumkraft Mastfälber, I. Der Arbeiter schwächt, um so stärker schränkt sie die Warenproduk­tion ein, verschlechtert sie die wirtschaftliche Konjunktur. Es ist Kälber, gering daher wohl angebracht, die man in der agrarischen Presse, aufge- Maſtlämmer ftellten Behauptungen, die Landwirtschaft habe von den Preissteige- Hammel, I. rungen gar feinen Vorteil, die Händler resp. die Fleischer und Bäder seien die Wucherer", auf ihre Berechtigung zu prüfen. Die Schafe Landwirte erklären sogar sie müßten nun das Vieh billiger ber- Schweine faufen, Futtermangel zwinge zu dem Verkauf um jeden Preis, die Kartoffeln. Fleischer jeßten aber nicht die Preise herab, sie trieben sie vielmehr Nach den Ergebnissen der beiden Bergleichungen hat der noch weiter hinauf. Der Landwirt würde demnach ganz unberech- Faktor, der zwischen den eigentlichen Biehhändlern und dem tigter Weise der Fleischwucherei beschuldigt. Die Prüfung der Fleischer steht, die Preise nicht extra gesteigert. Wie steht es aber Sachlage ist schwierig. Die Statistik läßt gerade auf diesem Ge- nun mit dem Kleinhandel? Betrachtet man die ermittelten Klein­biete sehr leicht Fehlschlüsse zu. Die Verhältnisse sind sehr kompli handelspreise, dann ergibt sich die überraschende Tatsache, daß den ziert und sehr verschieden. In derselben Stadt, ja, in demselben Fleischern unberechtigterweise der Vorwurf der Preistreiberei ge­Stadtteil gehen die Preise für die gleiche Ware oft weit ausein macht wird. Das gilt natürlich nur für die gewählte Vergleichs ander. Eine wichtige Rolle spielt weiter die Qualität, für welche es periode. Die Tatsache, daß sich überhaupt die Spannung zwischen bielfach wieder feine objektiv sicheren Maßstäbe gibt. Die Ermitte- Großhandels- und Kleinverkaufspreisen vergrößert hat, wird durch Sauffomment in die Kneipen zu fallen. In der Stadt hatte sich sein. Der greuliche Schmarrn( Die Frau Gret!"), den sie sich mancherlei Wunderlichkeit aufgetan. Fähnlein grüßten von Bal- von Herrn Buchbinder hatte fabrizieren lassen, färbte mit fons und Dachfirsten. Und als der Abend da war und die Laternen seiner faustbid aufgetragenen grellen Unnatur auch auf sie selber Sebanrummel und sozialistischer Massenprotest. Die Profit brannten, da zeigten sich Schaufensterdekorationen im schönsten ab, ließ ihre Kunst in lauter fleine Tride und falt beredele patrioten feftrummelten wieder mal. Viel tausend biedere Pro- patriotischen Gemütskauderwelsch. D. die pfiffigen Geschäftshuber! Effekte auseinandersplittern. Sie lachte, weinte, sang und tanzte, Dinzler, daran erkenntlich, daß sie, die Mäuler, Augen und Ohren Lassen's sich Tausende kosten, um hinter byzantinisch angeputzten ärgerte und versöhnte sich, wie jemand, der ein bestimmtes Regiſter aufsperrend, dem Berliner fortwährend in die Quere laufen, Häuserfronten ihren Profithunger schämig zu verbergen! Wir von Spezialitäten, das den Erfolg beim Publikum verbürat, e- waren von allen Richtungen der Reichs- Streusandbüchse nach sind ja schon an biel Unsinn gewöhnt. Jeder Geburtstag Wel- schäfts- und vorschriftsmäßig absolviert. Kein Ton flang ba hin= Berlin hereingeströmt. Mit ihnen machten die großstädtischen belms II. bringt ihn wieder auf. Doch, was sich da eine Registrier- ein, der die Banalität der mit gänzlicher Nichtachtung pſychologiſcher Tagediebe in Zylinder und Bratenrod, nebst ihren männlichen wie faffengesellschaft in der Friedrichstraße an politischer Weisheit ge- Möglichkeiten vom Autor zusammengestoppelten Rolle auch nur für weiblichen Kollegen von der horizontalen Gewerbslinie sämtliche leistet hat, wäre bislang kaum denkbar gewesen. Zwischen den Augenblicke zurückdrängen, den Schimmer einer noch so flüchtigen Hauptstraßen unsicher. Dazwischen hielt das Corps der Langfinger vier großen, durch lang herabwallende Bürpurtücher verhüllten Illusion erzeugen fonnte. Abwechselnd hat sie sich als Inhaberin Schaufenstern orakelte ein hiesiges Blatt prangte an der eines Wiener goldenen Herzens, die dem geliebten Gatten ver­seine Besuche in anderer Leute Taschen ab. Tätärätä! Hinaus zum Tempelhofer Felde marschierten die Vaterlandsverteidiger. Sausfante die in Mittel- Etagenhöhe angebrachte goldbronzierte trauensvoll Tausendguldennoten in die Tasche stopft, und als ent Betreßte und Besternte hoch zu Roß. Die Helmbüsche wimpelten, Büfte des Kaisers. Meterlange goldene Buchstaben verkündeten pörte Rächerin der Untreue, die zu diesem Zwede sinnvoller Weise bei der Maitresse des Gemahls Köchin wird, zu gerieren. Die Zu­die Plempen und Schießprügel blinkerten im Sonnenschein. In dem staunenden Publikum folgende numerierten Tatsachen: schauer schienen, nach dem Applaus zu schließen, über beide Walzen, Karossen und Autodroschten sausten die Geburts- und Geldaristo­die des Gemüts und die der Derbheit, gleich entzückt. In dem sonst fraten, das sind die Oberfaulenzer, aufs Paradefeld; sonstige recht mittelmäßigen aus Oesterreich mitgebrachtem Ensemble über­Gaffer liefen per pedes. Denn dort draußen gabs was zu sehen. raschte Gisela Werbezirt als zärtlichkeitsbedürftige Roch Und dieser ganze Kuddelmuddel sollte nun die Berliner Bevölke­mamsell und ehemalige Sängerin durch den trodenen originellen rung" sein logen wieder einmal die patriotischen Hez- und Humor, mit dem sie ungeheuerliche Dummheiten wie etwas Selbsta Schmierenblätter. Und verslahme Lhrumlarumlöffelstil- Dichter verständliches herauszubringen wußte. dt. blähten ihre Lungen und Baden auf. Ein gewisser Herr Joseph Buchhorn stieß in sein Blechhorn- tätärätä:

Kleines feuilleton

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So stehn sie im Glied wie als junge Soldaten Und harren des Kaisers, der ins Feld sie entbot.

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Medaillen und Kreuze bezeugen die Taten,

Die all sie zur Ehr ihres Volfes getan. Wohnen sie auch in Hütten und Klaten,

Heut halten wie Fürsten sie stolz auf dem Plan."

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Unser Kaiser

1. Groß als Friedensfürst.

2. Groß als Heeresorganisator.

3. Groß als Diplomat.

4. Förderer von Handel, und Industrie. 5. Verehrt von seinem Volte.

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Wundervoll! wundervoll! Schrum tätärätä Schaf= herden gleich wälzten sich die Menschen bis um Mitternacht durch die Straßen. Manch einer trug einen Mordsrausch, einen leeren Geldbeutel und fürchterlichen Kazenjammer nach Hause.

Heute aber zicht die sozialdemokratische Arbeiterschaft nach Treptow hinaus. Das ist ein anderes Bild. Darin steht groß­flammend geschrieben ein: Mene, tekel, upharsin! für die Striegs­hetzer und die herrschenden Klassen.

Uns fettet die Not, nicht tändelndes Spiel: Die Welt zu erlösen ist unser Ziel! Mag fommen, was da kommen mag, Wir spotten jedem Vernichtungsschlag Gerechtigkeit muß werden! Theater.

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Das ist ein greulicher Gidser" in dem Getute des genannten Shraschlägers maßen die ollen Kriegsveteranen trob ihrer Stelzbeine und ihrer Verdienstklunkern auf dem abgeschabten Brustlab stets hinten stehen müssen. Und weil sie außerdem bei ihrer mageren Invalidenpension beständig vor Hunger und Elend Leibschmerzen verspüren, so dürfen sie auf Kommando Hurra! schreien. Als Stichworte galten diesmal:" Agadir!"- Wilhelm Neues Theater: Gastspiel der Sansi Riefe. " Dein Volf steht hinter Dir!" Eine Wer die Niese vor Jahren in dem Berliner Anzengruber- 3hlius, halt aus!" Maroffo!" wundernette Phonographenwalze, nicht wahr? Und die Hurra wo sie der Reihe nach all die prächtigen Bauernmädel des großen preffe, die ja längst zuvor diese Depeschen in der Redaktionsstube österreichischen Volksstückdichters spielte, geſchen hat, wird der un fabritmäßig parat hielt, drudie den Blödsinn schon frühzeitig ab. vergleichlich fröhlichen und sprudelnden Natürlichkeit ihres Tempe­Etaune, Europa, staune über diesen Verbrauch von journalistischem ramentes immer in dankbarer Erinnerung gedenken. Wie ein Er Gehirnschmalz in graulicher Prosa und noch graulicheren Boetaste- lebnis prägten fich ihre urwüchigen Gestalten der Phantasie ein. reien!... Hernadh tamen sie retour, die Patriotenherden, um zum Um so empfindlicher mußte bei solcher Erinnerung die Enttäuschung

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Im Neuen Operettentheater beim Schiffbauerdamm wurde am Freitag wieder, nach einem Austausch- Gastspiel, das häusliche Spiel begonnen. Es gab eine Neueinstudierung von Franz Lehárs Operette" Der Graf von Luxemburg", die seit längerem Serie" macht. Neu war diesmal der Sänger der Titelrolle, des verarmten, um Geld formell verheirateten und schließlich seine eigene Frau liebenden Grafen, Herr Karl Pfann. Eine stattliche Erscheinung mit guter Tenorstimme; eine solide Durcharbeitung der mannigfaltige Nuancen verlangenden Partie; allerdings im ganzen ein Eindruck, der uns wünschen läßt, dem Sänger in einer ernsteren, opernhaften Rolle wiederzubegegnen.

Kommt man auf diese Weise zu der Gelegenheit, eine typische Operette von heute ohne die Spannung der Premiere und in einer Jahreszeit zu hören, in der weder die oben noch die unten in die volle Theaterstimmung gelangen, fo sieht man erst recht deutlich, was es mit solchem Typus auf sich hat. Bewundernswert, diese Vermeidung von allem, was gegen den Kopf des Publikums gehen fönnte, diese Schlauheit, mit der vom Komponisten wie von man­chen anderen Beteiligten auch etwas von Kunst hineingebracht wird, und nicht zuleht auch das schauspielerische Geschick, das da zum Teil von einigen Sängern entfaltet wird, besonders wenn sie nicht gerade Dialog zu sprechen haben! Man gönnt denen, die es freut, die Freude,

SZ.