Kämpfe mit Nngeiorene«. Madrid , S. Septembei. Der Marineminister hat auZ Melilla ein Telegramm erhalten, wonach eine feindliche Harka bei Tagesanbruch die spanische Vorhut angegriffen habe. Der Kamps habe den ganzen Tag gedauert, schließlich sei der Feind unter großen Verlusten zurückgeschlagen worden. Die Verluste der spanischen Truppen seien dagegen gering gewesen. Gegen Ende deZ Kampfes seien zwei Dörfer bei AlhucemaS, in denen die Slämme wohnen, die die Harka bildeten, bombardiert worden. Unsere Protestbewegung. Zu einer äußerst wirkungsvollen Demonstration gegen die Kriegshetzer gestaltete sich am Freitag eine von etwa 3000 Per- fönen besuchte Volksversammlung imOffenbacherGewerkschaftS- hause. In scharf pointierten Aussührungcn kennzeichnete ReichStagS- abgeordneter Scheidemann unter lebhafter Zustimmung der Versammelten das gewiffenlose Treiben der Kanonen- und Panzer- plaltenpatriotcn gelegentlich der Marokkoaffäre. Zum Schluß der glänzend verlaufenen Versammlung protestierten die Ver- samnrelten durch einstimmige Annahme einer Resolution gegen den verbrecherischen Versuch, Deutschland wegen der Marokko - differenzcn in einen Krieg zu treiben. Die Erfurter Arbeiterschaft nahm am DomierStag in einer überaus zahlreich besuchten Versammlung Stellung zu den all- deutschen Kriegshetzereien. Wie der Vorsitzende, Genoffe P e tz o l d, bei Eröffnung der Versammlung feststellen konnte, war die Erfurter Einwohnerschaft der Einladung zur Versammlung so zahlreich gefolgt, daß in der Geschichte der Erfurter Arbeiterbewegung eine derart stark besuchte Versammlung— etwa 3000 Personen— bisher nicht zu verzeichnen war. In trefflicher Weise beleuchtete Genosse Georg D a v i d s o h n in seiner Rede die augenblickliche Situation. Umer dem jubelnden Beifall der Zuhörer brandmarkte er das Volks- verräterische Hetzen eines großen Teiles der bürgerlichen Preffe. Demgegenüber sei es einer der schönsten Ruhmesblätter der inter - nationalen Sozialdemokratie, daß sie einmütig gegen den BarbariSmuS und für den Völkerfrieden und die Kultur ihre Stimme er- hoben habe. In wirkungsvoller Weife geißelte Genosse Paul R e i ß h a u S noch die schmachvolle Art, wie sich die Vertreter der„christlichen" Arbeiter auf die Seite des Völkermordes stellen. Mit der einstimmigen Annahme einer Resolution, die den Versuch, Deutschland im Jnlereffe einer Kapitalistenclique in einen unabsehbaren Krieg zu treiben, verurteilt und sofortige Einberufung de» Reichstage» verlangt, fand die imposante Veranstaltung einen würdigen Abschluß._ Politische dcbcrficbt* Berlin , den 9. September 1911. Ter Schrei nach der Gewaltherrschaft. Der unter der bekannten Kognak-Marke schreibende Leitartikler der.Deutschen TageSztg." schreit unter erheblichem Auf- wand von Sperr- und Fettdruck wieder einmal nach einer terroristi- scheu Gewaltpolitik gegen die Sozialdemokratie. Er wirft die Frage auf, warum man sich denn nicht in Berlin über die Bestimmung de» Vereinsgesetzes hinweggesetzt habe wie in Braunschweig . Die Treptower Demonstration nennt er ein„Vorexerzieren der Re- volution". Schade, daß in der Scharfmacherei so wenig System liegt. Denn wenn„Kölnische VolkSztg.",„Tägliche Rundschau' und andere Scharfmacherorgane unter dem Beifall der„Rordd. Allgem. Zeitung" die Kundgebung im Treptower Park nur ol« langweilige Komödie schildern, hinter der nicht das geringste stecke, so nehmen sich die düsteren Prophezeiungen de» JunkerorganS doch einigermaßen komisch au». Jedenfalls weih der ehrsame Spießbürger nicht, wem er denn nun eigentlich glauben soll. Die„Deutsche Tageszeitung" will aber nicht nur das Verein»- gesetz mit Füßen getreten sehen, sondern sie wünscht auch, daß gegen die Sozialdemokratie eingeschritten werde, wenn ihre Presse fDinge sage,„die an Hochverrat und Landesverrat streiften". Auch das ist recht unvorsichtig von der„Deutschen Tageszeitung". Ist doch die unglaubliche freche Kriegshetze unserer„Patrioten", die die Regierung gewaltsam zu einer Politik de« va banque-GpielS zwingen wollen, die durch Lügennachrichten über den angeblichen Abbruch der diplomatischen Verhandlungen und ähnliche Bluff», durch die zynisch- sten Beschimpfungen der fremden Nationen. durch die ungeheuerliche Behauptung, daß die deutsche Flotte nur danach lechze, über die englische Flotte her- zufallen, und was dergleichen Hetzmanöver mehr sind, viel eher als Hoch- und Landesverrat zu yualifizieren I Und weiß denn die„Deutsche TageSztg." nicht mehr, daß sie erst selbst letzter Tage der deutschen Regierung gedroht hat, sie würde alleS Ver- trauen des Volke» verlieren, wenn fie sich nicht der Scharf- macherdiktaturunfererKriegStreiber bedingungslos unterwerfe? Daß es den Junkern sehr angenehm wäre, wenn die Regierung wirklich unter Bruch von Recht und Verfaffung die Sozialdemokratie für vogelsrei erklären und den Kampf gegen fie„mit allen Mitteln" aufnehmen wollte, glauben wir sehr gern. Nur leider sind solche freundlichen Ratschläge unserer Junker in der rauhen Praxi» sehr schwer durchzuführen. Die Regierung hat ja mit ihrer Gewalt- Politik wiederholt die allerbösesten Erfahrungen machen müffen. Im übrigen finden wir eS immerhin hannloser, wenn das Junkerorgan seine Galle gegen die Sozialdemokratie au«speit, als wenn es in frivoler Kriegshetze macht. Nehmen wir doch daS Toben der agrarischen Rotte weit weniger tragisch als daS Ausland. Beweisen un» doch die wutschnaubenden Ausfälle Knuten-OcrtelS nur. mit welchem Bangen er dem Ausgange der Reichstags wählen entgegen ficht l Ein bedeutungsloses Dementi. Die„Schlesische Zeitung" will auS„bester Ciieße" erfahren haben, daß die Regierung an dem zurzeit aeltenden Flottengesetze festzuhalten und eine neue �lottenvorlage über dieses hinaus einzubringen nicht D�esc halb- oder vierteloffiziöse Erklärung ist gänzlich bedeutungslos. Auch wenn die„Nordd. Allgem. Ztg." selbst eine ähnliche Erklärung abgeben würde, wäre damit noch nickt das geringste gegen die Absichten unserer Flottentreiber. die auch an sehr einflußreichen Stellen sitzen, bewiesen. Man weiß ia»vie vor der Einbringung des jetzigen Flottengesetzcs in der allerpositivsten Form mit Dementis gearbeitet worden ist. und wie dann die Flottenvorlage dennochkani!.« Bor den ReichStagswahlen wird sich natürlich d,e Re- aieruna hüten, sich zu der neuen Flottenvorlage zu bekennen. Tie einzige Garantie gegen erneutes Flottenrüsten bietet eine Zusammensetzung deS Reichstages, bei der die BewilligungS- luftigen nicht die Majorität haben. Stimmungsmache für die Luftftotte. Die glückliche Fahrt des Zeppelinluftschiffes„Schwaben " nach Berlin gibt gewissen Leuten wieder den gewünschten Anlaß, für die Anschaffung neuer Lustkreuzer nach dem System Zeppelin Stimmung zu machen. Mit Neid, erzählt unS da die„Tägliche Rundschau", schauten Franzosen und Engländer aus die Erfolge der deutschen Luftflotte; solche Sensationen wie die Fahrten des Zeppelinkreuzers könne sich London und Paris nicht leisten. ES wird dann darauf hingewiesen, daß der bekannte Vertraute deS Kaisers, Admiral Hollmann, die Fahrt mitgemacht habe. Bekanntlich ver- dankten� die Zeppclinschiffe„der energischen und gegen allerlei Widerstände sich durch' etzenden Protektion des Kaisers" unendlich viel. Auch Herr v. T i r p i tz gehöre neuerdings zu den Förderern des Unternehmens. Schon liege ein zweites, noch schnelleres Luftschiff in Friedrichshafcn für die Armee bereit, und die Zeppelingesellschaft mache sich anheischig, binnen kurzem für unsere im Kriegsfalle aufzustellenden sechs Armeen je einen Kreuzer von gleichen Eigenschaften fertigzustellen! DaS fehlte noch, daß wiederum diverse Millionen verpulvert würden stir die Anschaffung von neuen„Lustkreuzern". Denn wenn auch daS neue Zeppclinluftschiff„Schwaben " in der Tat eine erhebliche Geschwindigkeit zu besitzen scheint und infolgedessen als Sport- und Luftfahrzeug für unsere oberen Zehntausende in Frage kommen dürfte, so ist doch der militärische Wert dieser Luftschiffe mehr als zweifelhaft. Für Rekognofzierungszwecke ge- nügen vollauf die beweglicheren und schnelleren Flugmaschinen, so daß die kostspieligen Lustkreuzer, die ja auch unendlich viel leichter durch Stcilfeuergcschütze heruntergcschossen werde», könnten, gänzu lich überflüssig sind. Sind wir schon geg»n die uferlosen RüstungS- ausgaben an sich, so müssen wir gegen völlig zwecklose MilitärauS- gaben vollends den schärfsten Einspruch erheben! Zur Lage der Landwirtschaft. Zu der Stellungnahme der westfälischen Land- wirrschaftskammer gegen die Suspendierung der Ge- treide- und Futtermittelzölle schreibt man uns noch: � Was zunächst die Feststellungen der Konferenz betrifft, so ist in ihnen das Zugeständnis enthalten, daß in den westfäli- schen Bezirken von einer Notlage der Landwirtschaft nicht ge- sprachen werden kann. Und in der Tat sind da, wo allenfalls Ausfälle infolge der Dürre entstanden sein könnten, die Guts- besitzer durch eine mehr als reichliche Getreideernte entschädigt worden. Dem steht nun aber entgegen, daß fast überall die Trockenheit von den Gutsherren längst benutzt worden ist, recht einträgliche Geschäfte zu machen, die von der arbeitenden Be- völkerung in der Gestalt von höheren Frucht- und M i l ch p r e i s e n honoriert werden. Gerade die G r 0 ß- arundbesitzer haben sich in den letzten Wocksen bei den Preistreibereien darauf berufen, daß sie kolossale Mehraus- gaben durch Futtermittelankäufe hätten. Einem konservativen Äittergutspächter in der Nähe von Detmold wurde geantwor- tet, als er die Milchpreiserhöhung mit seinen Ausgaben recht- fertigte, daß er sich bei seinen Parteigenossen dafür bedanken möge. Er fand allerdings nur die banale Entgegnung: Die Futtermittelzölle habe ich nicht gemacht. � Bei den Kleinbauern und ländlichen Ar- b e i t e r n mit 1, 2 oder 3 Morgen Land liegt zurzeit die Sache schlimm, und darüber können auch die Agrargewal- tigen Westfalens nicht ohne weiteres hinwegkommen. Aber ihre Vorschläge sind einfach lächerlich. Bei diesen Landprole- tariern ist die Schweinehaltung das A und O ihrer ganzen landwirtschaftlichen Eigenbetätigung, und wenn ihnen das Futter sehlt, dann helfen ihnen alle amtlichen«Einwirkungen" — zu besten die LandwirtschastSkammer rät— nicht, dann sind sie schwergetroffen. Ihnen ist ja nicht auf der anderen Seite die reichliche Ernte zugute gekommen, die bei den Guts- besitzern den Ausgleich geschaffen hat. Für diese bedauerns- werten Opfer der Dürre und der unverantwortlichen Zoll- Politik hat die westfälische Landwirtschaftskammer nichts als Ratschläge, von denen sie selber wissen muß, daß sie in den Wind gesprochen sind. Denn waS soll das heißen, wenn von Ersatz für das fehlende Futter gesprochen, aber hinterher kategorisch verlangt wird. Getreide- und Futtermittelzölle be- stehen zu lassen? Allerdings, es wird auf den„Ausnahme- tarif" und auf genossenschaftliche Betätigung verwiesen. Es sind das Ratschläge, deren Befolgung für sehr viele Klein- dauern im gegenwärtigen Augenblick gar nicht möglich ist und andererseits nicht den durchschlagenden Erfolg haben könnte, der erforderlich ist. sollen empfindliche Nachteile für diese Klasse der Landbewohner abgewendet werden. Sie sind ohnehin um so schlechter daran, als infolge der Trockenheit an vielen Stellen die verderblichen Schweineseuchen auftreten und in kleinen Landorten Hunderte von Schweinen eingehen. Da ist es eben nötig, sowohl billige Futtermittel heranzuschaffen wie b i l l i g e s B r o t, und das kann nur geschehen durch die BeseitigungderZölle. �. In der Frage der Fleischpreisgestaltung'wiederholt die Landwirtschaftskammer den alten Satz, daß der Zwischenhandel an der Teuerung schuld sei. Daß im Zwischenhandel Miß- stände bestehen, braucht gar nicht bestritten zu werden, aber wir erlauben uns auf die merkwürdige Tatsache zu verweisen, daß die Agrarier hier dazu übergehen, Viehverwertungs- genossenschaften zu gründen, und daß, wo sie bestehen, nicht die Fleischkonsumenten einen Vorteil spüren, sondern der Profit des Zwischenhandels einfach jn die TaschenderAgrari e r geht. Armer Bcthmann. Die„Post"(Houptinitarbeiter Freiherr v. Zedlitz), die täglich ihre bezahlte KriegSarbeit abzuliefern hat, knöpft sich heute wieder mal Herrn v. Bethmann Hollweg vor. Sie hat in einer Beilage der„Norddeutschen Allgemeinen Zeitung", die sie ironisch al» da« Organ der augenblicklichen Führer deS deutscht» Bolle» bezeichnet, folgendes„Gedicht" entdeckt: Au» dem„glücklichen Bauer". Frühmorgens, wenn der Tau noch fällt, Geh' ich, vergnügt im Sinn. Gleich mit dem Nebel'uauS auf» Feld Und pflüge durch ihn hin. Und sehe, wie er wogt und zieht Rund um mich nah und fern, Und sing' dazu mein Morgenlied Und denk' an Gott den Herrn; Di« Krähen warten schon auf mich Und folgen mir getreu. Und alle Vögel regen sich Und tun den ersten Schrei. Dazu meint nun die„Post":„Wir wollen doch nicht annehmen. daß damit aus die Stimmung in Hohenfinow angespielt werden soll." Angenehme Regier nngsstützen, nicht wahr Herr v. Bethmann?_ Eine städtische Mustervertrctung. In der Sitzung der Stadtkollegien von Altona gelangten jüngst einige von unseren Genossen gestellte Anträge zur Ver- Handlung. Zunächst interpellierte Genosse Kürbis über das Verhalten der Polizeibeamten gegen Streikposten, wobei er ein langes Sündenregister aufdeckte. Wie früher schon beim Straßenbahner« und Metallarbeiterstreik würden jetzt beim Holz- arbeiterkampf« Streikposten von der Straße weg verhaftet, mit dein „grünen August" befördert und widerrechtlich festgehalten.„WaS würden Sie sage», ineine Herren, wenn man Sie nur wegen der Ausübung eines gesetzlich gewährleisteten Rechtes derartig behandeln würde?" fragte unser Genosse, der für seine drastische Eharakterisierung der Dinge vom Oberbürgermeister Schnackenberg mit Ordnungsrufen bedacht wurde. Die„Herren von Altona ", denen so etwas nicht passieren kann, sagten gar nichts dazu, sondern stimmten den Antrag unserer Genossen, die Schutzleute zu gesetzmäßigem Ver- halten gegenüber den in Ausübung ihre» Koa« litionsrechts begriffenen Staatsbürgern zu ver- anlassen, geschlossen nieder. ES darf also weiter so verfahren werden. Eine weitere Glanzleistung vollbrachten die Vertreter deS privilegierten Bürgertum« bei dem selbst vom Magistrat be- sürwortetcu Antrag unserer Fraktion, den Vertretern aus demStädtetag in Posen den Auftrag zu geben, mit aller Entschiedenheit für den Antrag München auf Neueinteilung der ReichStagSwahlkreise ein« zutreten. Jn geschickter Weise begründete Genosse Thomas diesen Antrag.„Wir lassen uns keine Marschroute erteilen," erklärten stolz Altonas Leuchten, worauf der Antrag mit 14 gegen 11 Stimmen abgelehnt wurde, während der Magistrat dafür stinrmte. Gleichfalls abgelehnt wurde der Antrag:„Die Ver- treter der Stadt haben gleichzeitig auf dem Städtetag dafür einzutreten, daß das Reichstags- Wahlrecht baldmöglichst aufPreußeu übertragen wird. Sie haben gleichzeitig auf dem Städtetag zu erklären, daß die Bevölkerung von Altona die Erfüllung des von Wilhelm II. ge- gebenen Versprechens einer Reform de» preußischen Wahlrechts er. wartet." Dieser Antrag erhielt nur die Stimmen unserer Genossen. Dem. nach wollen von einer Ucbertragung des ReichStagSwahlrechtS aus Preußen auch die.sreisütnigen' Stadtverordneten nichts wissen. fttmkrdcb. Demonstration gegen DelcassS. Brest , 9. September. Die unzufriedenen Arsenalarveiter hielten gestern eine große Prot« st Versammlung gegen den Marineiiiinister Delcasss ab. Trotz der Bemühungen der Polizei, die einen Umzug der Demonstranten zu verhindern suchte, gelang e« den 2000 Arbeitern zum größten Teile doch, in geschlossenem Zuge in da« Stadtinnere zu dringen, das sie unter Absingung der Internationale durchzogen. Die Arfcnalarbeiter beabsichtigen, Delcassö bei seinem bevorstehenden Besuche in Brest mit feindlichen Kundgebungen zu empfangen._ Die TeuerungSkundgebunge». Paris , 9. September. Die Kundgebungen in der Provinz gegen die Lebensmittelteuerung dauern fort. Jn D e n a i n(Departement Nord ) beschlossen die Berg- arbeiter. für 24 Stunden die Arbeit einzustellen und sie am Montag wieder aufzunehmen. Jn R o u b a i x durchzogen gestern abend große Volkshaufen die Straßen und demolierten verschiedene Geschäftsauslagen, um gegen die Teuerung zu demonstrieren. Als darauf Gendarmerie und berittene Truppen einschritten, errichteten die Manifestanten eine Barrikade, von der aus sie die Soldaten und Gen- darmen mit Steinen bewarfen. Die Unruhen dauerten bis Mitternacht. Zehn Soldaten wurden verwundet und vierzehn Personen verhaftet. Gege» die Not Soldaten. Pari», 9. September. Der Präfekt des Norddepartements hat die Negierung ersucht. zwei Kavallerie-Re- g i m e n t e r nach R o u b a i x zu entsenden, da weitere schlimme Ruhestörungen befürchtet werben. Portugal . Normale Lage? Lissabon , S.September. Die Deputiertenkammer ist bis zum 1ö. November vertagt worden. Nach bei den Ministerien des Krieges nnd des Innern ein- gelausenen Depeschen herrscht an der Grenze völlige Ruhe; die Lage ist überall normal. Lissadon, S. September. Die Polizei hat einen Sergeanten und mehrere Eisenbahnangestellte festgenommen wegen Teilnahme an einer monarchistischen Verschwörung, Da» monarchistische Abenteuer. Nach Berichten auS Lissabon erwartet man dort, daß eS an der Nordgrenze jeden Augenblick„losgehen" werde. Die Abenteurer und Söldlinge, die im angrenzenden spanischen Galicien sitzen, werden vom„Könige" Manuel und den brasilianischen Großlapitalisten, die seine Hauptgeldgeber sein sollen, zum Losschlagen gedrängt. Da die A n e r k e n n u n g der R e p u b l i k, die seitens Frankreichs bereits erfolgt ist, auch von England. Deutschland , Italien und Spanien in aller Kürze erwartet wird, erscheint der jetzige Augenblick als der letzte, der überhaupt noch irgend eine Aussicht auf Erfolg bietet. Auch soll E a n a l e j a S, der von Anfang an der Republik freundlich gegenübergestanden habe, die entgegenstehenden höfischen Einflüsse überwunden haben, so daß die Aus- Weisung der königlichen Unruhestifter aus dem Grenzgebiet be« vorstände. So erscheint die ganze Sache als ein Verzweiflungsakt. Immerhin wird es dabei kaum ohne ernste Kämpfe abgehen. Nach den Angaben eine» Führers der Rebellen, der sür ein Lissaboiicr Blatt befragt wurde, seien seine Anbänger zahlreich und gut ge- rüstet. Such Kavallerie und Artillerie, die von portugiesischen Deserteuren bedient werde, sei vorhanden. Sie hoffen, in der klerikalen Bevölkerung der Nordprovinzen Minho und Traz oz MonteS Anhang zu finden, zunächst die Städte Braga und Guimaraes zu nehmen, um dann die große nördliche Handelsstadt O p o r t o zu gewinnen und dort eine provisorische Regierung zu errichten. Die republikanische Regierung ist natürlich vorbereitet. Die Grenz« ist stark besetzt. Zahlreiche Meldungen zum Frei- willigen dienst wurden zurückgewiesen, da die vorhandenen Kräfte völlig ausreichten. Man weist darauf hin. daß die Bauern des Nordens schon mehrere Gelegenheiten zum Losschlagen hätten vorbeigehen laffen, und daß Überhaupt mehr als bloße Sympathie für die KönigStruPpe» von ihnen nicht zu er- warten sei. Der ganze mittlere und südliche Teil de« Landes steht auf der Seite der Republik , und auch von der Seestadt Oporto»,it ihrer kräftigen Arbeiterbewegung ist nicht zu erwarten, daß sie sich den Feinden anschließen werde. Der junge Manuel bewährt sich in- deffen als den Sproß aus echtem Königsblut. Er läßt seine An- Hänger handeln und bewahrt indessen in weichen Armen dem Bater- lande den köstlichsten Besitz: daS Leben seines Königs. Sollte das Untemehmen glücken, so würde Dom Manuel natürlich bei dein Einzug der tapferen Truppen in die befreite treue Lande»« Hauptstadt nicht fehlen. Schade nur, daß die Lissabonuer so wenig Aussicht haben, diese» Paradeschauspiel zu genießen.
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten