diejenigen Parteien, die sich als Retter deS Mittelstandes auf»spielen und die, welche um die Stimmen der Angehörigen deZ so«genannten neuen Mittelstandes werben, Todfeinde der Ar-beiter- und Angcstelltenkoalikion. Der Angestellte,welcher seine Stimme einem Konservativen gibt, verkauft die Jnter-essen der großen Masse seiner Berufsgenossen an deren Feinde. Auchfür die Liberalen, die ja vorgeben, allen Berufs- und Erwerbs-aruppen Helsen zu können, kann der Angestellte, der cS ehrlich mitden Interessen seiner Klasse meint, nicht stimmen, denn das, tvaSdie Liberalen den Angestellten versprechen, können sie nicht halten.Man kann nicht Gott dienen und dem Mammon, nicht dem Kapitalund den Interesse» der Angestellten, der vom Kapitalismus Ausgebeuteten. Die Partei, welche die Interessen der Arbeiter ver-tritt, vertritt auch die Interessen der Angestellten. Deshalb könnenwir den Angestellten mit gutem Gewissen zurufen: Die Partei derArbeiter, die Sozialdemokratie, ist auch eure Partei, denn siekämpft für eure und der Arbeiter Interessen gegen das Kapital.Wer das begriffen hat, der kann nicht anders, als dein Kandidatender Sozialdemokratie seine Stimme geben.(Lebhafter Beifall.)Der zweite Referent, Genosse Horn, zeigte im Hinblick aufdie Tätigkeit deS verflossenen Reichstages, daß die Parteien, die sichals Freunde der Angestellten aufspielen, nichts für deren Jnter-essen getan haben. In der Frage des Koalitionsrechts, der Kon-kurrenzklausei, der Erweiterung der Sonntagsruhe, dem Eigen-tumsrecht an Erfindungen des Angestellten, sowie bei der Reichs-versicherungSoodnung haben die bürgerlichen Parteien gegen dieInteressen der Angestellten gehandelt. ES wäre töricht, wenn dieAngestellten diese Parteien unterstützen wollten. Der Kandidat derFortschrittlichen Volkspartei, Herr Kaemps, ist kein Vertreterder Angestellten, fondern des Kapitals. Seine Partei gibtzwar vor, die Freiheit des ganzen Volkes zu vertreten, aber sie ver-tritt nur die Freiheit der Ausbeutung der Arbeitnehmer durch dasKapital. Die Angestellten haben auch keinen Grund, den Kan-didaten der Demokratischen Vereinigung zu wählen, dewn was ervertreten will, daS vertritt die Sozialdemokratie viel konsequenterund wirksamer. Auch dürfen die Angestellten nicht vergessen, daßeS Mitglieder der Demokratischen Vereinigung sind, die unter Dul-dung ihrer Partei eine Zersplitterung der Organisationder kaufmännischen Angestellten betreiben. Die Angestellten babenalle Veranlassung, in Vertretung ihrer eigenen Interessen für dieSozialdemokratie zu stimmen.«Beifall.)Der sozialdemokratische Kandidat Wilhelm Düwell, derhierauf das Wort nahm, kennzeichnete die Bestrebungen der Par-teien, die sich um da» Mandar des ersten Wahlkreises bewerben.Die Freisinnigen wollen Vertreter des ganzen Volkes sein, hütensich aber, mit dem Volke zusammenzukommen. IM Weinrestaurant„Rheingold" veranstalten sie heut ein«„große Kundgebung" hinterverschlossenen Türen, wo nur die legitimierten Anhänger deS Freisinns Zutritt haben. Das ist natürlich keine Kundgebung deSVolkes, sondern eine Kundgebung von Vertretern des Börsen- undHandelskapitals, diü heut nicht auf der Börse, sondern im„Rhein-gold" zusammenkommen. Die Wähler werden natürlich nicht hinterdiesen Börsen- und Handelskapitalisten herlaufen. Der Freisinnerklärt jetzt, er wolle die Reaktion bekämpfen, und doch hat er dieReaktion unterstützt. Der Kampf des Freisinns gegen dieRechte ist kein ehrlicher Kampf. Es ist der Kampf des verschmähtenLiebhabers, her die Liebe seiner ungetreuen Braut zurückgewinnenmöchte. Der Freisinn würde ja froh sein, wenn er den Konservativen uneder in die ArM sinken und mit ihnen gemeinsam Volks-feindliche Politik machen könnte. Die Aufstellung eines demo-kratischen Kandidaten bedeutet eine nachteilige Z e r s p l i t t e«r u n g der Stimmen. Die Demokraten sagen, nur daS sozialdemokratische Endziel trenne sie'von uns. Sie fordern einen immerwachsenden Anteil des Arbeiters am Ertrage der Arbeit.— DaSist eine unklare, verschwommene Forderung. Wenn der Anteil desArbeiters am Arbeitsertrage immer wachsen soll, dann muß derArbeiter doch schließlich zum vollen Ertrage der Arbeit und damitzu unserem Endziel kommen: Jedem den vollen Ertrag seiner Ar-beit, indem die kapitalistische Ausbeutung beseitigt wird.— Warumalso einem Kandidaten die Stimme geben, wenn eine anderePartei da ist, welche seine Forderung viel klarer und konsequenterbertritt.— Nach einer Kennzeichnung des antisemitischen Kandi-daten kam der Redner zu dem Schluß: Es gilt, durch Stimmabgabefür die Sozialdemokratie den.Kampf gegen Ausbeutungund Unterbrülkung jeder Art zu unterstützen.(Lebhafter Beifall.)Mit einem kernigen Schlußwort des Vorsitzenden Tätcrowerreichte die Versammlung ihr Ende. jZweiter Wahlkreis.In drei öffentlichen Wählerversammlungen, die am Sonntag-mittag stattfanden, wurden Vorträge über die Reichstagswvhl gehalten. Trotz Schneewetker waren die Versammlungen gut besucht.Bei Kliem in der Hasenheide sah es um 12 Uhr allerdings nochziemlich leer auö, aber eine halbe Stunde später hatte sich der großeSaal gefüllt und der Vortragende,- Stadtverordneter Hugo Hei-mann, fand ein sehr aufmerksames Publikum. Der Referentschilderte den Aufstieg der Arbeiterklasse in Deutschland und wie»auf ihre geschichtliche Mission hin, sowie auf den Verfall desBürgertums, das in keinem Lande eine so jämmerliche Rolle spieleals in Teutschland, das in der Furcht bor dem Proletariat sich derherrschenden Macht der Junker beuge und sich selbst aufgegebenhabe. Mit großem Beifall begrüßte die Versammlung die Aufforde.rung des Referenten, am 12. Januar die Macht des Proletariat»wieder zu stärken und sozialdemokratische Vertreter in den Reich?»tag zu senden.Die Versammlung im großen Saale der Bockbrauerri,Tempelhofer Berg, tvar recht gut besucht. Hier referierte KurtVaake, der oftmals die lebhafte Zustimmung der Versammeltenauslöste, als er mit scharfer Kritik die Politik der Liberalen angriffund an der Stichumhlparole HeydebrandS zeigte, was vom nächstenReichstag erwartet werde. Tie Aufgabe der wirklich demokratischgesinnten Wähler sei, die Sozialdemokratie zu stärken, damit sieden volksfeindlichen Plänen mit Erfolg entgegentreten könne. Imzweiten Kreise müsse unser Kandidat, Richard Fischer, mitgroßer Mehrheit wiedergewählt werden.(Stürmischer Beifall.)—Zur Diskussion meldete sich. als Gegner ein junger Mann, der sichganz unklar, aber sehr dreist und abfällig über die Sozialdemokratieäußerte. Tie LcrfammaGen hörten ihu eine Weile ruhig an, aberschließlich lachte man ihn auö, und er mußte sich dann von demnächsten Redner, fowi« vom Referenten die gebührende Zurecht-Weisung gefallen lassen.— Der Vorsitzende Motz die Versammlungmit einer Ansprache, in der er die Notwendigkeit eifriger Agitationund. eines rücksichtslosen Kampfes gegen den fteisinnigen Kandi-daten betonte.In der V i k to rt a-B ra u e r e i in der Lützowstraße refe-rierte Genosse Heincmann in gutbesuchter Verstimmlung. AlsRechtsanwalt behandelte er daS Thema von der juristisckien Seiteund führle aus, daß nehe» ven großen politischen Btatznohmen,die den Reichstag zuletzt beschäftigten, dem Reichstage auch Gc-setzcsvorlagen unterbreitet worden sind, die bestimmt sind, dieKulturfortsckiritte der Arbeiter �u hemmen und niederzudrücken.Der Arbeiterschaft soll daS KoalitlonSrccht und der Gebrauch des-selben möglichst beschränkt werden. DaS Strafgesetz soll dahin auS-gebaut werden, um mit ihm den Protest des Volkes gegen die Wirt-schaftspolitik unserer herrschenden Klassen-unterdrücken zu können.In leicht verständlicher Weise behandelte dann der Redner jene Bc-stimmungen des von der Regierung- dem Reichstage vorgelegtenGesetzentwurfes. An der Hand von Tatsachenmaterial wiesRedner nach, daß auch Freisinnige an der Verschlechterung derheutigen Rechtszustände mitgearbeitet haben, ja der FreisinnigeLcnzmann war sogar für die Beseitigung der Schwurgerichte, diesesPaladiumS des Freisinns, eingetreten. Redner schloß mit demWunsche, daß am l2. Januar in allen Berliner und großstädtischenWahlkreisen und vielen auf dem Lande die sozialdemokratischenKandidaten alS Abgeordnete gewählt werden mögen. Die mitgroßer Aufmerksamkeit verfolgten Ausführungen des Referentenfanden ungeteilten Beifall. Diskussion fand nicht statt. Der Vor-sitzende Tlaju» wie» nach darauf hin. daß der Freisinn an dengegenwärtigen wirtschaftlichen Zuständen einen großen Teil der«Schuld trägt und bezeichnete eS als dringend notwendig, daß dieWähler des zweiten Berliner ReiöhStagSwahlkreiscs dem Kandidatender Sozialdemokratie, dem Geschäftsführer Richard Fischer, ihreStimme geben.vierter Wahlkreis.Zu einer imposanten Kundgebung, die einer gewissen festlichenWeihe nicht entbehrte, gestaltete sich die für Sonntag von den«Ae-iiossen des Südostens im vierten Wahlkreis nach den Gesamträumendes Etablissements„Sanssouci" einberufene Versammlung, die sichmit den bevorstehenden ReichStagSwahlen beschäftigte. Schon langevor der festgesetzten Zeit füllte sich der große Theatersaal mit einerMenge, die erfüllt war von dem Gedanken, daß es bei den nun sonahe gerückten Wahlen mehr denn je darauf ankomme, einen ver-«lichtenden Schlag zu führen gegen Reaktion und Halbheit. Gegen12 Uhr bot die Straße nahe dem Lokal ein lebhaftes Bild. Ausallen Straßen des Südostens, die am Kottbuser Tor ihrenKreuzungspunkt haben, rückten die Genossen in Gruppen heran,die sich in den Bezirken zusammengefunden hatten. Der großeSaal und die umfangreiche Galerie vermochten die Massen nichtmehr zu fassen, so daß auch der kleine Saal noch in Anspruchgenommö'' werden mußte.Gleich nach IL Uhr wurde die Versammlung im großenSaal eröffnet. Auf der Bühne, zu deren Seiten die Riesen-Weihnachtsbäume ihre elektrischen Kerzen erstrahlen ließen, halteder Männerchor„Fichte-Georginia" Aufstellung genommen.„Ich warte Dein, wenn über braune FelderDer erste Hauch des Leben? wieder weht:Ich warte Dein, wenn durch die winterlichen WälderDer FrühlingSsturm als LebenSwecker geht."So singt dos Lied von der freudigen Erwartung des Tages derVölkerfreiheit, groß und golden. Und es gab Ausdruck derStimmung, die die mehr als L0<X> Hörer beseelte. Nachdem derBeifallssturm verklungen, nahm Genosse Waldeck Manassedas Wort zu seiner Rede. Die weihevolle Einleitung gab ihm An-laß, anzuknüpfen an die internationale Sprache des Gesanges undder Jnternationalität der sozialistischen Bewegung zu gedenken,mit Hinweisen darauf, daß eine ganze Welt Anteil nehme an dem,>vas der 12. Januar den Deutschen bringen solle. Deshalb geh««inesolche Wohlbewegung auch in dem einzelnen Kreise weit hinausüber die Frage, ob in ihm der Sieg unser«verde. Bezeichnend sei,daß alle Kulturbewegung und alle Freiheit nur im Proletariat ihrewirkliche Stütze finde, desselben Proletariats, das alle materiellenWerte des Lebens schaffe. So sei unser Ideal die Arbeit, die dieganze Welt zu einer Werkstatt mache, wo alle für jeden und jederfür alle arbeite. Ob er nun so oder so in der Schaffung materiellerGüter seine Pflicht tue. oder ob er mit großen Gedanken oderschönen Gedichten oder wunderbaren Melodien den Menschengeistentfalten belle und die Herzen erfreue. Tie Arbeit, die der flapita-lismuS und die Reaktion heute noch mit einer gewaltigen Dornenhecke umgeben hielten, inerde vom Erlöser Sozialismus«oach ge-küßt werden und eine freie werden. Das sozialistische Idealmüsse schon bei der Jugend gepflegt weiden. Es müsse in derFamilie nicht nur gepredigt, sondern auch gelebt werden. DiesePflege deS Sozialismus sei die beste Wahlvorbereitung für alleWahlen.(Stürmische Zustimmung.) Tann ging Redner auf unserProgramm näher ein und zeigte die gegnerischen Parteien imSpiegel ihrer Taten. Er schloß: Tue eiu)«der seine Pflicht in demKampfe, aber vertiefe er sich auch in unsere Schriften, denn nichtgedankenlos solle er wählen. Ein römischer Kaiser, der vordem dieverfolgten Christen den wilden Tieren habe vorwerfen lassen, habeam Ende seiner Tage sagen müssen: Du hast gesiegt, Gvliläer. Dabeugte er sich vor dem Zimmermannssohn von Nazareth. So werdedie bürgrliche Gesellschaft auf ihrem Totenbett ausrufen müssen:Du hast gesiegt, Sozialismus! Und in dem Sinne bitte er, am12. Januar die Stimme abzugeben und unablässig zu arbeiten bisdahin und von dem Tage an wieder weiterzuschreiten zu neuenKämpfen, zu neuen Siegen I(Stürmischer, anhaltender Beifall.)Nach einer kurzen Debatte im Sinne des Referats nahm derVorsitzend«, Genosse Werk, da» Wort zu einer Ansprache, indemer noch einmal zusammenfaßte, was zu tun ist im Interesse einesglänzenden Wablresultaw und der sozialistischen Beioegung über-Haupt. Am IL. Januar müsse nachgeholt werden, was bei der Nach-wähl versäumt«vorden sei. Der Kandidat, Genosse Otw Büchner,müsse am 18. Januar mit einer lveit größeren Mehrheit als Abgeordneter aus der Urne hervorgehen als unser unvergeßlicher Ge-»osse Paul Singer im Jabre 1907, denn der Erfolg unserer Be-wegung seit 1907 müsse auch in dem Resultat der Wahl im viertenKreise zutage treten.(Stürmischer Beifall.)ES folgten noch einige begeisternde Worte deS Referenten. Undwieder ertönte in herrlichen Akkorden Gesang:„Das heilige Feuerschüren wir."— DaS heilige Feuer, worinnen«vir schmelzen«vollendie Ketten.. Nach donnernden Hochrufen auf die internationale Sozial-demokratie noch da? Lied„Empor zum Licht!" mit seinem be-geisternden Weckruf: Erwach« Volk, ertvachelIm kleinen Saal hatte unterdessen Genosse Dr. P l e ß-n e r vor dicht gedrängt stehenden Männern und Frauen ebenfallsüber das Thema des Tages referiert. Neben den großen Gesichts-punkten erörterte er namentlich die Sünden des Freisinns, so be-sonders die aus der schönen Zeit deS Bülowblocks. Sein Mahnruf,den zu erwartenden Sieg de» Genossen Büchner zu einem über-wältigcnden zu gestaltest, fand stürmischen Beifall.So nahm diese an 5000 Personen umfassende doppelte Wahl-Versammlung der Genossen de» Südostens an dem Ort. der fürdas VersammlungSleben der Berliner Sozialdemokratie historischeBedeutung hat. einen Verlauf, der für die Wahl die besten Au»-sichten eröffnet.Fünfter Wahlkreis.Zwei zahlreich besuchte Wählerversammlungen fanden amSonntag im fünften Wahlkreise statt mit der Tagesordnung:Gegen Junker und Junkergenossen! AI« Referentensprachen in den Bötzowsälen der Arbeitersekretär Wissel!, imLogenhauS der Guttempler, Linienstraße, Hermann Müller.Die Redner schilderten namentlich die ungeheuerliche BolksauS-Plünderung, wie sie durch die Zölle und Liebesgaben, durch daSganze indirekte Steuersvftem, zum Wohle der Junkerkaste und desMilitarismus, wie des Flotienwahnsinns und der abenteuerlichenKolonialpolitik betrieben wild, und betonten,� daß es nicht dieJunker allein sind, die die Verantwortung für diese verderblicheWirtschaftspolitik tragen, sondern daß die bürgerlichen Parteiensich ohne Ausnahme zu Mitschuldigen an dieser Politik und demganzen reaktionären Treiben gemacht haben, das damit zusammen-hängt. CS ist ja nicht allein daS. daß man dem Volke immerschioerere Lasten aufbürdet, das unaufhörliche Wettrüsten bietetnicht Sicherheit vor emem Kriege, sondern führt, wie der Marokkorummel von neuem bewiesen hat, immer tvieder in die Gefahreines Weltkrieges mit all seinem unermeßlichem Unglück. Und dazukommt noch, daß man dem Volke seine wichtigsten Staats- undGemeindebürgerrechte vorenthält und bestehende Rechte, wie dasReichStagSw'ahlrccht und das KoalitionSrecht. statt ihre Mängel zubeseitigen, einschränken, am liebsten gar beseitigen möchte, um dieArbeiterschaft mit gebundenen Händen der kapitalistischen AuS-beutung preiszugeben. Mitschuldig an diesem ganzen reaktionärenSystem sind auch die Freisinnigen, die sich in ihrer jämmerlichenpolitischen Kurzsichtigkeit einbildeten, im Bülowblock durch ihrTechtelmechtel mit der schwärzesten Reaktion Einfluß auf die Regie-rung zu geivinnen. Für alle politisch einsichtigen Leute muh es klarsein, daß jeder, der ein Interesse an der Beseitigung und ernst-haften Bekämpfung der Reaktion hat, nur für die Sozialdemo-kratic, und hier im fünften Kreise nur für ihren Kandidaten, denbisherigen Abgeordneten Robert Schmidt, stimmen kaim.In beiden Versammlungen hielt der Kandidat RobertSchmidt eine Ansprache und führte in der Hauptsache folgende»auS: Bei jeder poutifchen?lbrechnung handelt e» sich um denKampf gegen das Junkertum, um den Kampf gegen rechts. Indiese Parole stimmen fa nun auch die Freisinnigen ein, die sich imverflossenen Reichstag mit den Junkern verbündet hatten. Aberauch jetzt gibt es unter ihnen schon manche, die besorgt sind, daßman die Parole gegen das Junlerregiment allzu-scharf hervorhebeund daß man damit die Fühlung nach rechts verlieren könnte. Zudiesen„Freisinnslcutcn" gehört offenbar auch der Kandidat desfünften Kreises, der Obermeister R e t t i g von der Malerinnung.Neulich wurde er in einer bürgerlichen Frauenversammlung überseine Stellung zum Frauenwahlrecht befragt, und da mußteer zugestehen', daß er nicht dafür zu haben sei. Was dasKoa l i t i o n s r e ch t der Arbeiter anbelangt, so erklärte er sichin derselben Versammlung wohl dafür, daß es in seiner jetzigenForm beibehalten werde, wünschte aber zugleich einen stärkerenSchutz der Arbeitswilligen. Was das bedeutet, tvirö ja jeder wissen,der die Angriffe der Scharfmacher des Unternehmertums auf dasKoalitionSrecht der Arbeiterslhast kennt. Was die Herren wünschen,wenn sie von Terrorismus gegen Arbeitswillige schwätzen, ist ebennichts als die Knechtung der Arbeiterklasse und die größte Freiheitdes Unternebmertums, auch die Freiheit zuin Terrorisinus in ihreneigenen Reihen, durch Materialsperre und ähnliche Maßregelngegen solche selbständig denkende Unternehmer, die gern in Friedenmit ihren Arbeitern leben möchten. So unzuverlässig, wie sich hierim Kreise ihr Kandidat in dieser uno� anderer Hinsicht erweist,so unzuverlässig sind die Freisinnigen überhaupt. Wem es ernstist mit dem Kampf gegen das Junkertum und die gesamte Reaktion,der kann die Zaghaftigkeiten und Halbheiten des Burgertums nichtunterstützen, sondern nur der«Sozialdemokratie seine Stimmegeben.— In beiden Versammlungen wurden die Ausführungen desKandidaten wie die der Referenten mit lebbaftem Beifall aufgenommen. Gegner meldeten sich nicht zum Wort, es sei denn, daßman einen Mann als Gegner bezeichnen wollte, der gewohnheitS-mähig Versammlungen unserer Partei mit einem äußerst lang-stieligen und krausen Gerede hinzuzieben pflegt und diesmal seinTalglicht über die Versammlung bei Bötzow qualmen liefe.Ccltow-B«9kow.In einer großen Anzahl Versammlungen wurde am letztenSonntag in den ländlichen Orten unseres Riesenwahlkreises zurbevorstehenden Wahl Stellung genommen. Aus dem Besuch so-wie dem Verlauf der Versammlungen ist ersichtlich, daß die Be-dölkerung mit Ungeduld den Wahltag herbeisehnt.SchSneberg. In drei gutbesuchten Versammlungen rechnetendie Genossen K l o t h, K o b l e n z e r und K a s p e r mit den Steuer-und Schnapsblockbrüdern ab. Die Referenten verstanden es, durch ihretrefflichen Ausführungen die Versammlungsbesucher von der Not-wcndigkeit zu überzeuge««, daß sie am Tage der Wahl nur demSozialdemokrateu ihre Stimme geben müssen. Die Gegner warenin ihren Zirkeln geblieben. Die Versammlungsleiter«Viesen nochauf den Wert der sozialdemokratischen Presse und Organisationsowie auf die mn Donnerstag, den 11. d. MtS., in der.Schloß-brauerei",„Neuen RathauSsäien" und im.Schwarzen Adler" statt-findenden Versammlungen hin.In Schwerin bei Eroß-KöriS fand die erste sozialdemokratischeVersammlung statt. Trotz des ungünstigen Wetter»«vareirLeute au« Orten erschienen, iste zwei Stunden entfernt liegen. Aucheinige Frauen waren anwesend. Die Ausführungen der ReferentenGenossen Hendel und P o l e n S k e fanden begeistert- Zustimmung.Trotzdem einzelne Gegner anwesend waren, meldete sich keiner zumWort. Tie von bestem Geiste beseelte Versammlung verpflichtetesich einstimmig, anr 12. Januar nur dem Kandidaten der Sozial-demokratie, dem Genossen Z u b e i l die Stimmen zu geben.Noch in letzter Minute der Saal abgetrieben wurde unserenGenossen in Töpchin für die am Sonntag, den 7. Januar, ait-beraumte Versammlung. Trotzdem gelang eS noch, die Versammlung abzuhalten, und zwar in den gesamten Räumen de» Dach-deckermeisters Kühne. Alle Besucher, 120—180 Personen, vermochtensie jedoch nicht zu fassen, so daß ein Teil außerhalb verharrenmußte. Die Kritik deS Genossen Konrad- Rixdorf an dem Ver-halten der bürgerlichen Parteien und der Regierung wie auch seineweiteren Erlämenmaen über Tätigkeit und Wesen der Sozialdnno-kratie fanden ungeteilten Beifall.SchSnriche. In neuerer Zeit hat sich auch hier regere» politische»Leben gezeigt. Auch am vergangenen Sonntag fand hier eine öffentliche Versammlung statt. DaS Referat de» Genossen A. MobsSchöncberg über„Die bürgerlichen Partelen, der große VolkSbetruund die Sozialdemokratie" wurde recht beifällig aufgenommerUnsere Gegner hat die Abhaltung mehrerer Versammlungen auihrer stoischen Rllhe erweckt. Der Vorsitzende de» KriegervereinS hie'c-3 für zweckmäßig, seinen Mitgliedern abzuraten, in dem uns zuVerfügung steh-nven Lokal von Storbeck zu Verkehren. Einem Heer sogar gedroht, dafe er für Entziehung der Beteremenpensionsorge«, werde,«venn er es wagen sollte, das Lokal ferner zufreqncntieren. Dabei zetert diefer Mann, seine» Zeichen? Fleischer-meister, über den Terrorismus der Sozialdemokratie. Wo derTerrorismus aber zu finden ist. braucht nicht erst gesagt zu werden.Dessenungeachtet werben die Freunde unserer Sache weiter für neueAnhänger, damit am Wahltage eine ansehnliche Stimmenzahl fürden Genossen Z u b e i l auS der Wahlurne hervorgeht.In LSwendorf bei Trebbin referierte vor einer stattlich besuchtenVersammlung Genosse Max Schütte.RrichSverbandSflugblätter, die keine« Verlretter strnde«. Inrinrr konservativen Versammlung, die vorige Woche im Germania-soal in RowawrS stattfand, machte der Letter derselben, Herr Ober-Pfarrer Koller, auf die am Saaleingang ausgelegten ReichsverbanbS-flugblätter mit der Bemerkung aufmerksam, dieselben feien ursprüng-lich zur Verbreitung im Orte bestimmt gewesen. Leider mußte diesunterbleiben, weil die darum angegangenen Leute au» Angst, sietonnten sich in den Häusern von Sozialdemokraten blutige Köpfeholen, die Verbreitung trotz der angebotenen Bezahlung abgelehnthatten. ES ist nicht anzunehmen, daß dicS der wahre Grund gc-«vefen ist, der die Leute bewog, auf den zugesicherten Ver-dienst zu verzichlen. Biel näher liegt die Vermutung,daß daS Ehrgefühl die Betreffenden hinderte, sich durch Ver-breitung der von llnlvabrheiien und Beschimpfungen der Sozial-demokratie strotzenden Pamphlete einen Judaslohn zu verdienen.Im übrigen weiß der Herr Oberpfarrer so gut wie wir, daß sich airder von der Sozialdemokratie jederzeit geübten Toleranz seine Parteiein Muster nehmen könnte.Zossen. In überfüllter- Versammlung sprach am SonnabendGenosse Unger über da» Thema:.Die Volksausplünderer, ihreHelfershelfer und deren wohlberechnete Volksfreundlichk»'t vor derRrichStagSwahl". In der Diskuifion meldete sich ein Gegner zumWort, welcher dem Reserrnte» acht Fragen vorlegte. Jede Fragebeantwortete Genosse Unger in längerer Ausführung weshalb sichdie imposante Versammlung bis Mitternacht hinzog Dir Stimmungder VeriammlungSteilnehmer war eine gute und gibt z» den bestenHoffnungen Anlaß.Bcrsammlungen unter freiem Himmelfanden am Sonntag je eine i» Ruhlsdorf und Stahnsdorf beiTeltoiv statt. In beiden Ortschaften waren e« die ersten sozial-demokratischen Versammlungen, welche abgehalten werden konnten.Trotz des Schnrestunne« und der Kälte harten sich in jeder Ver-sanimlung über hundert Personen eingefunden. Die meisten vonihnen hatten in ihrem Leben üb-rlmupt now kein» sozialdemokratischeVersammlung bemcht: sie lauschren mit besonderem Interesse den«ussllhnrngen de« Referenten Kurt Heinig. In Stahnsdorf versuchtein der Diskuifion ein Pastor a. D. unseren Genossen zu widerlegen.Die Anwesenden nahmen die schwülstigen Ausführungen mit dergrößten Heiterkeit auf. Von hier gingen eine große Zahl Teil«nehmer rm Schneestunn unter dem Gesang der Marseillaise nochdem Dreiviertelstunden entfernten RuhlSdorf. Hier wurden sie vonder Bevölkerung aufs wärmste begrüßt. Auch hier verlief die Ver-sammlung mit großer Begeisterung für die Wahl am 12. Januar.