Geschäftsjahre kaufte die Gesellschaft 6 Ritter- und 6 Bauern-großgüter an, zwei dieser Güter sind bereits aufgeteilt und26 Bauernftellen neu geschaffen worden. Das finanzielle Resultatergab die Ausschüttung einer vierprozentigen Dividende auf daSnicht zinsfrei eingezahlte Kapital. Der Staat verzichtete auf eineVerzinsung seiner Einlage. Das will nun die Proviirz nicht,sondern im Verhältnis an den etwaigen Gewinnen partizipieren.Die Vorlage fand zwar eine Majorität, die aber charakteristischer-weise nicht den Agrariern, sondern den als landwirtschaftsfeind-lich verschrieenen Städten zu verdanken war. Deren Abgeordnetetraten energisch für die Schaffung von Bauerngütern ein, währendder Wortführer der Großgrundbesitzer� Rittergutsbesitzer v. Buch-Carmzow, nach einem Bericht der.Norddeutschen AllgemeinenZeitung"' meinte, daß es.nicht als Glück anzusehen sei, wenn diegroßen Rittergüter aufgeteilt würden. Notleidende seien bei derjetzigen Lage die Bauerngutsbesitzer, deren Güter von jüdischenGüterschlächtern ausgeschlachtet würden. Man solle auch nichtglauben, daß man mit der Vorlage Laicharbeiter schaffen werde.Die Bauern, die sich angesiedelt haben, wollten keine Landarbeitersein, sondern setzen sich aufs Rad und fahren indie Stadt".Wenn man die Schreiagrarier des Bundes der Landwirte hört,dann verzehren sie sich in der Sorge um das Wohl des kleinenBauern. All ihr Streben ist angeblich auf die Förderung und Er-Haltung derer Existenz gerichtet. Wie es mit der Liebe zu denkleinen Besitzern in Warheit bestellt ist, dafür lieferten die Vor-gänge auf dem Brandcnburgischen Provinziallandtag einen bc-merkenswerten Beitrag.Ebenfalls aber wird die Aufmerksamkeit auf die entgegen-gesetzte Bewegung— die Vergrößerung des gebundenen Besitzes—gerichtet! Entgegen den Behauptungen im Reichstage, und trotzder Verpulverung riesiger Summen für Parzellierungszweckc, istin den letzten Jahren die Zahl der Fideikommisse als auch die vondiesen beherrschte Gesamtfläche gewachsen. Die Königliche An-siedelungskommission für Westpvcußen und Posen allein hat von1886 bis 19<X> insgesamt 1167 Güter mit einem Areal von376661 Hektar zu einem Gesamtpreise von 366174 628 M.erworben. Aber die Latifundienentwickelung kam dabei nicht zumStillstand. Für Preußen gibt darüber die nachfolgende Auf-stellung ein Bild(Flächen in 1666 Hektar):Die Fideikommißfläche wächst beständig, seit 1896 um 256 766Hektar, d. h. um eine Fläche, die Zehntausende selbständige Klein-wirtschaften erlaubte. Drr Waldbestand der Fideikommisse ist seit1896 um 129 966 Hektar größer geworden!Aus dem Bundesrat.In der heutigen Sitzung des Bundesrats wurde der Entwurfeines Besoldungs- und P-nsionSetatS der Reichsbankbeamten auf daS» Jahr 1912 den zuständigen Ausschüssen überwiesen und dem Eni-� Wbrf eines Gesetzes betreffend die Festellung eines Nachtrages zumReichshaushaltsetat für daS Rechnungsjahr 1911 die ZustimmungLandtagsersatzwahl in Posen.Bei der heutigen LandtagSersatzwahl für den jetzigen Ober-regierungsrat v. Tilly in Königsberg im zweiten Posener Wahl-bezirk(Posen- Ost, Posen-«est, Obornik) wurden insgesamt 489Stimmen abgegeben. Davon fielen auf Rittergutsbesitzer Rittmeisterv. Tempelhoff-DombrowSki(k.) 266 Stimmen, auf Dekan MendlewSki-Parkowo(Pole) 229 Stimmen. 16 Stimmen waren zersplittert.v. Tempelhoff ist somit gewählt.Wie Herr Georg Oertel Reichstagsabgeordneter wurde.Gegen die Wahl des in Brieg-Namslau mit nur 388 StimmenMehrheit gewählten Abgeordneten Dr. Oertel ist sowohl von sozial-demokratischer als von liberaler Seite Protest eingelegt worden.Aus der Begründung des von den Sozialdemokraten eingelegtenProtestes seien hier nur die wichtigsten Punkte hervorgehoben:Ter amtliche Apparat arbeitete m der schlimmstenWeise für die Kandidatur des Herrn Oertel. TerroriSmuSund Boykott wurden von den Agrariern rücksichtslos an.gewandt, so daß selbst der frcikonscrvative Sonderkandidat Baronv. Sehdlitz-Kurzbach seine Flugblätter und sonstigen Drucksachenin BveSlau herstellen lassen mutzte� weil sich im ganzen Wahlkreisekein Drucker dafür fand. Die ersten öffentlichen Verstöße gegendaS Wahlreglement begannen schon bei dem Auslegen deramtlichen Wählerliste. Hier zählt der Protest eine ganzeReihe Verfehlungen auf. So wurde in zwei Orten des WahlkoeisesBrieg das AuSliegen der Wählerliste gar nicht öffentlich bekannt-gemacht. Zum Abschreiben der Wählerlisten wurdein fast allen Orten die Einsicht verweigert und trotz so-fortiger Beschwerde beim Landrat konnte nur in elf Orten eineAbschrift der Wählerliste erlangt werden. Zum Teil wurde daSAbschreibenlassen ausdrücklich verweigert, teils waren dieOrtsgewaltigen zufällig verreist oder sie waren auf derJagd. In Altstadt war die Liste, während der Zeit, wo sieöffentlich ausliegen sollte, auf drei Tage an eineNachbargemeinde ausgeliehen worden. Die Ort-schaften Briefen. Limburg und F r ö b e l n trugen noch An-sang Januar zugezogene Knechte in die Wählerliste ein.In B u t s ch k a u durften vier Arbeiter nicht wählen, weil ihrAlter nicht mit dem in der Liste eingetragenen übereinstimmte,dagegen wurden vierDominialarbeiter unter den gleichenUmständen zur Wahl zugelassen. Derselbe Wahlvorsteherrechnete zwei Stimmen für Oertel al« gültig, obwohl sich in denamtlichen Wahlkuverts neben den Stimmzetteln für Oertel auchnoch je ein konservativer Wahlaufruf befand.zn zahlreichen Orten haben Amts- und Gemeinde-d i c n c r in ihrer amtlichen Eigenschaft konservative Flugblätterund Stimmzettel verteilt. Ter Oberamtmann von N a ß a d c lließ alle gegnerischen Flugblätter und Stimmzettel aus den Woh-Hungen der Dorfbewohner abholen. Der Schullehrer vonDroschkau beauftragte seine Schulkinder, das dem Bater über-gebene sozialdemokratische Agitationsmaterial mit in die Schulezu bringen, worauf er es vernichtete. Ein Gutsinspektor aus demBrieger Kreise gab jeden Arbeiter bei Aushändigung des kon-scrvativen Stimmzettels 66 Pf. mit der Anweisung, nur diesenZettel abzugeben. Mit sofortiger Entlassung drohte ein anderer(tzutsiiispcktor alle die ihm unterstellten Wähler, wenn sie sozial-demokratisch wählen. Ein A»i t S v o r st c h e r aus dem KreiseNamSlau ließ unter den Wählern seines Dorfes eine Listezirkulieren, worauf sich diese unterschriftlich vcr-pflichten mußten, nur konservativ zu wählen.Jeder, der die Unterschrift leistete, erhielt 26 Pf. fürSchnaps. Nur ein einziger Arbeiter verweigerte die Unter-schrift. In unseren Dörfern trugen sogar die Gemeinde-Vorsteher die Stimmzettel für Oertel selbst den Wählern insHaus oder forderten diese auf, sich konservative Stimmzettel ausdem Amtslokal abzuholen.In einem Ort desselben Kreises wurde eine besonders k ü n st-lich konstruierte Wahlurne benutzt, in der sich ein vonaußen nicht sichtbarer Einbau in der Größe der amtlichen Wahl-kuverts befand, so daß diese sich genau aufcinanderschichtcnmußten. In vielen amtlichen Wahllokalen lagen Stimmzettelfür Oertel aus. Aus anderen amtlichen Wahllokalen wurden dieKontrolleure der sozialdemokratischen Partei hinausgewiesen. Ander Stimmenauszählung in Strehlitz, Kreis Namslau, beteiligtesich ein 21jähriger aktiver Ulanen-Unteroffizier in Uniform.Viele Gemeindevorsteher waren anfänglich Anhänger der frei-konservativen Sonderkandidatur; sie bekamen jedoch von obeneinen Wink und schwenkten dann für Oertel ein. Vielleicht unter-sucht das Landratsamt einmal die Gründe.Zu dieser ungeheuren Fülle von Material kommen noch diemannigfachen Erschwerungen und Verbote vonWählerversammlungen und der direkt oder indirekt an-gedrohte Boykott aller derjenigen, die den Junkern nicht zu Willenwaren. So wurden allein in Stobcrau vier Versammlungen unterfreiem Himmel mit den nichtssagendsten Gründen verboten. InGülchen durfte sogar eine Versammlung nicht stattfinden, weil derEinberufer dem Ueberwachenden nicht persönlich bekannt war.Unterzieht die Wahlprüfungskommission die direkten und indi-rekten Verstöße gegen daS Wahlreglement einer richtigen Prüfung,dann reichen Inese allein schon, ganz abgesehen von der An-drohung des Boykotts durch die Agrarier, aus, um den Befürworterder Prügelstrafe wieder aus dem Reichstage hinaus zu bugsieren.Wie sehr der agrarische Boykott von den Geschäfts-l e u t e n in dem vorwiegend landwirtschaftlichen Kreise Namslaugefürchtet wurde, beweist, daß der Verein der Gewerbetrei-b e n d e n in der Stadt Namslau wenige Tage nach der Wahl ge-schlössen dem Bunde der Landwirte beitrat.Das neue klerikale Regiment in Bayern.DaS angeblich.paneilose" klerikale Regiment in Bayern beginnt bereits seinen vom Freiherrn von Hertling angekündigtenKampf gegen.jene Bestrebungen, die die staatliche Ordnung zu er-schüttern drohen". Der neue bayerische Minister deS Innern, Freiherr v. Sode», hat dem zum Bürgermeister von Peisenberg ge-wählten Sozialdemokraten Hirsch kurzweg die Bestätigung versagt.Die Halbcrstädter Bolksschnllehrer und Gemeinde-Verwaltung.Die Volksschullehrer in Halberstadt find mit dem Magistrat undder Stadtverordnetenversammlung in Differenzen geraten. DieLehrer bemühen sich schon seit geraumer Zeit, die im Lehrer-besoldungsgesetz vorgesehenen Ortszulagen zu erlangen. Magistratund Stadtverordnete lehnten aber sowohl im verflossenen, als auchin diesem Jahre die dahingehenden Anträge der Lehrerschaft ab.Während im vorigen Jahre in der Hauptsache die ungünstige Finanz-läge der Stadt für die Ablehnung ausschlaggebend war, erfolgte siein diesem Jahre, um die Lehrer zu bestrafen. Diese hatten sich nachder ersten Ablehnung ihrer Wünsche mit einer Eingabe an dieRegierung gewandt und darin die Bitte ausgesprochen, dieRegierung möge auf die Stadt einwirken, daß diese die Ortszulagengewähre. Wegen dieser Eingabe wurden nun jetzt die OktSzulagenabgelehnt, nur die sozialdemokratischen Stadtverordneten und einLehrer stimmten dafür. In der Lehrerschaft herrscht über die Ab»lehnung große Empörung, die bereits zur Abhaltung einer Ver-sammlung und im weiteren Verlauf zur Veröffentlichung einerErklärung geführt hat, in der die Ablehnungsgründe als verletzendfür die Lehrer bezeichnet werden.Die Hetze gegen die Moderniste«.Der Antimodernisteneid genügt der römischen Kurie noch nicht,um die Modernisten zu fangen. Nach einem neuen Erlaß derKonsistorialkongregatio» werden alle Bischöfe angewiesen, in ihrenregelmäßigen Berichten an die Kurie eingehend alle Aeußerungenmodernistischen Geistes in ihren Diözesen mitzuteilen. Bisher ge-schah das nur von drei zu drei Jahren.Die kleine Strafgesctznoveste.Zwischen sämtlichen Parteien des Reichstags ist ein Ueberein-komnien getroffen worden, die kleine Strafgesetznovelle, die dervorige Reichstag nicht mehr erledigen konnte, in der Form einesAntrages aller Parteien im Reichstage einzubringen, um diesen An-trag schleunigst zu verabschieden. Die Regierung hat bereit« zu er»kennen gegeben, daß sie dem Antrage zustimmen wird. Es handeltsich um die Bestimmungen über Hausfriedensbruch, Diebstahl ausNot und einige andere Milderungen. Selbstverständlich bleibt ausdem Antrage die schärfere Bestrafung der Beleidigung(Lex Wagner) weg.Oelternich.Ein Attentat auf das Koalitionsrecht.ÄuS Wien wird uns vom 6. März geschrieben:Eine Gewalttat, wie sie schamloser nicht ersonnen werdenkann, haben die Wiener Christlichsozialen gegen die Arbeiterverübt: sie haben nicht weniger getan, als ihnen mit einemFederstrich das Koalitionsrecht geraubt. Manwürde nicht glauben, daß in unserer Zeit derlei noch möglichwäre, am wenigsten möglich von einer Gemeinde, die sich derganzen Welt als die Vorkämpferin eines rühmenswertenMunizipalsozialismus vorstellen möchte. Der Gewaltaktrichtet sich gegen die Straßenbahner, gegen die Be-diensteten der Wiener Straßenbahnen, die im Besitz der Ge-meinde sind. Bis vor einigen Jahren waren die Straßen-bahner die zuverlässigste Garde der Christlichsozialen, stimm-ten für sie und demonstrierten für sie, und gehörten jenerchristlichsozialen Arbeiterorganisation an, deren Führer derGemeinderat Kunschak ist, den die letzten Wahlen des Ab-geordnetenmandats entkleidet haben. In diesen traurigenVerhältnissen— denn es war traurig, daß die Gemeinde-arbeiter im Lager ihrer Ausbeuter standen— ist nun in denletzten Jahren eine erfreuliche Wandlung eingetreten: wiealle übrigen Arbeiter der Gemeinde, wendeten auch dieStraßenbahner der christlichsozialen Scheinorganisation denRücken und gründeten einen Fachverein der Gemeindebe-diensteten Wiens, der sich, nachdem er die ersten Fährlich-leiten überwunden hatte, zu einem Reichsverein der Ge-meindebedicnsteten um- und ausgestaltet hat und sich auchsein eigenes Organ, den tapfer geschriebenen„Weckruf", schuf.Am Sonnabend wurde nun gegen diese Organisation der Ge-meindearbeiter der Gewaltstreich verübt: der Direktor derstädtischen Straßenbahnen verlantbarte nämlich folgendenErlaß, der an die Verfügungen der russischen Autokraten-regiernng erinnert:Dircktionsverfügung.Es wird hiemit allen Angestellten der Gemeinde Wien-Städtische Straßenbahnen verboten, dem Reichs.berein der in Gemeinde- und öffenklichen Be.trieben bedien steten Arbeiter Oesterreichs(ehemals Zcntralfachorganisation sämtlicher Gemeinde-bcdicnstetcn) als Mitglied anzugehören oder fürdenselben tätig zu sein.Ebenso wird das Auflegen und Lesen der Zeitschrift„DerWeckruf" im Dienste und in den Diensträumen der städtischenStraßenbahnen und auch außerhalb des Dienstes verboten.Die Nichtbeachtung dieses Verbots wird als Dienst.vergehen im Sinne der Dienstordnung geahndet.Wien, am 1. März 1912.Spängler� Direktor.Daß der Erlaß alle Merkinale der Nötigung an sichträgt, sei nur nebenbei bemerkt, denn daß die Ausbeuter inder Mißachtung der Gesetze sehr weit gehen können, ehe siean die staatliche Autorität stoßen, weiß man aus der Er-fahrung allerorten. Der Erlaß ist aber auch ein Einbruch indie Berechtigungen des Gemeinderats, denn die Feststellungder Dienstordnung geschieht von der Gemeindevertretung,und es ist auch ein Uebergriff des Straßenbahndirektorsgegenüber dem Gemeinderate, wenn er die Dienstordnung ineiner Weise zu erweitern und auszulegen unternimmt, dieim Grunde der Ausstellung neuer Dienstvorschriften gleich-kommt. Dabei muß man sich noch in Erinnerung rufen, daßden letzten Streik der Wiener Straßenbahner kein andererals. der Bürgermeister Lueger selbst hervorgerufen hat: umdurch ihn einen Druck auf das damalige Privatunternehnienzu gewinnen.... Der freche Gewaltstreich hat unter denStraßenbahnern die größte Erregung hervorgerufen, und diegrößte Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß die Antwort aufihn, wenn er von. dem gemein derätlichui Ausschuß nichtzurückgenommen wird, ein Streik der Straßenbahner undin weiterer Folge ein Streik in allen Wiener Gemeindebe-trieben sein wird. Selten noch hat sich der dünkelhafteUebermut, die freche Gewissenlosigkeit und der ungezügelteArbeiterhaß so herrlich offenbart wie in diesem Vergewalti-gungsstreich der Wiener klerikalen Gemeindegewaltigen. Erwird ihnen in den kommenden Gemeinderatswahlen gründ-lich vergolten werden.Cnglanck.Das parlamentarische Arbeitsprogramm.London, 7. März.(Unterhaus.) PremierministerASquith kündigte an, daß die Homerule-Bill wegen derparlamentarischen Geschäftslage nicht vor Ostern eingebracht werdenwird.(Ironischer Beifall bei der Opposition.) DaS Budget in-dessen werde wahrscheinlich am 2. April eingebracht werden, under hoffe ferner, daß es möglich sein werde, den Gesetzentwurf be-treffend die Entstaatlichung der Kirche in Wales vorOstern einzubringenHus der Partei.Die Bremer Resolution. Genosse Pannekoek schreibt unS:Werte Genossen!In der Nummer vom 6. März haben Sie der Mitteilungder in Bremen angenommenen Resolution eine Bemerkung an-gehängt, die ich, der ich die Resolution aufgestellt und vorgeschlagenhabe, als völlig unzutreffend bezeichnen mutz. Wenn«te indem Satz über den Kampf für die Demokratisierung des Staats-lebens eine Auffassung zu sehen glauben„die sich der antiparla-mentarischen Denkweise nähert", so kann dieser Eindruck nuraus einer flüchtigen Lesung des betreffenden Satzes entstandensein. Sogar, wenn darin stände, daß die parlamentarische Aktionzu diesem Ziele, der Erweiterung unserer politischenRechte, nutzlos wäre, so läge darin noch keine Spur Antiparla»mentarismuS, da doch die parlamentarische Aktion in dem G e-brauch, in der Ausnutzung der wie auch erworbenen poli-tischen Rechte für den proletarischen Klassenkampf besteht. Aberauch das steht nicht darin; denn ich bin, genau so wie Sie, derUeberzeugung, daß die Aktion im Parlament mit der außerparla«�mentarischen Massenaktion Hand in Hand gehen mutz und darin.in dieser Verbindung, ihren größten Wert bekommt. Der Satzspricht von dem Kampf für die Demokratisierung des Staats-lebens„der nicht im Parlament, sondern nur durch Massen-aktionen der Arbeitermassen selbst zum erfolgreichen Ausgang ge-bracht werden kann". Er behauptet also, daß ein erfolg»reicher Ausgang dieses Kampfes nicht im Parlament,sondern nur durch die Aktion der Massen herbeigeführt werdenkann. Wer will etwa behaupten, daß der preußische Wahlrechts-kämpf im Parlament zum erfolgreichen Ausgang gebracht werdenkann?In unserer Betonung der Notwendigkeit von Massenaktionenzur Erringung der Demokratie wird also nichts anderesgesagt, als wasvon d e r P a r t e i l ä n g st an e r ka n n tund im preußischen Wahlrechtska m p f praktischaugewandt wurde. Wenn dir in der bremischen Resolutionausgedrückte Auffassung sich der antiparlamentarischen Denkweisenähert, so ist die ganze Partei, als sie zur Waffe der Straßen-demonstrationen für das preußische Wahlrecht griff, derselbenantiparlamentarischen Denkweis« zum Opfer gefallen. Eine Eni-schuldigung der Resolution, daß sie nicht wörtlich zu nehmen sei,ist also überflüssig: sie soll genau beim Worte genommen werden.Wir wollen mit Genossen Pannekoek über Worte nicht streitenund konstatieren, daß er sich unserer Auffassung anschließt.Parteiliteratur.Soeben ist im Verlage der Buchhandlung Vorwärts(Paul Singer G. m. b. H.>, Berlin LIV. 68, erschienen daS Taschen-buch der RcichstagSwahlc«. DaS Werkchen hat folgenden Inhalt:1. Die Ergebnisse der ReichStagSwablen von 1912 nebst Vergleichs-ziffern der RcichStagSwahlen von 1663 und 1967. 2. Die Sozial-demokratie in den einzelnen Staaten und Provinzen. 3. Stimmen-zahlen bei den ReicbStagswahlen 1967 und 1912. 4. Stärke derFraktionen nach den Haupt- und Stichwahlen.' 6. Angabe, wievielProzent der Stimmen die Parteien bei den Häuptwahlen erhaltenhaben. 6. Ergebnisse der ReichstagSwahIen nach dem Proportional-Wahlrecht. 7. Die Verteilung der Parteien im Reichstage 19l2.8. Aus der Geschäftsordnung deS Reichstages. 9. Porträts undBiographien der sozialdemokratischen Reich«.tagssraktion 1912.— DaS gut ausgestattete Werkchen kostet3 6 Pfennige.poliecitteius, Gerichtliches ulw.Wegen Beleidigung des SoldatcustandeShatte daS Generalkommando in Münster gegen unseren GenossenO u i tz a u von der. Freien Presse" in Elberfeld Straf-antrag gestellt. Die Beleidigung wurde erblickt in einer imNovember v. I. erschienenen Notiz der„Freien Presse", in der ge-sagt wurde, der Füsilier Müller vom 39. Infanterieregiment inDüsseldorf habe infolge Schikanierung durch ältere Mannschafteneinen Selbstmordversuch gemacht. Der als Zeuge vernommeneFüsilier Müller bekundete, baß er ernstlich die Absicht gehabt habe,sich das Leben zu nehmen, da er viel schwereren Dienst, als seineKameraden, die ihn links hätten liegen lassen, gehabt habe. Haupt-mann Chemnitz bekundete dagegen, er(Zeuge) habe den Eindruck ge-habt, daß M. den Selbstmord nur fingiert habe, um wegen einesfehlerhaften Taumens frei zu kommen. DaS Schöffengericht Elber-seid hielt einen ernsthaften Selbstmordversuch infolge Mßhandlungoder Schikanierung nicht für vorliegend und verurteilte den GenossenOuitzau zu 166 M. Geldstrafe.«