eS ist tiberhaupt ein Unrecht, bon einer Unter» ernährung des deutschen Volkes auS Mangel an Fleisch zu sprechen.(Oho I bei den Sozialdemokraten.) Die Fleischteuerung in Deutschland ist keineswegs eine Folge des Fleischbeschaugesetzes: denn die Fleischteuerung ist ja in allen Ländern eingetreten. Der beste Verlas; für die Volksernährung ist der auf die inländische Fleischproduktion sSehr richtig I rechts), bei ihr allein können wir auch das Fleisch in lebendem wie im geschlachteten Zu- stand untersuchen, was in gesundheitlicher Beziehung am wiinschens- wertesten ist. Herrn F i s ch b e ck bemerke ich, das; das Reichs- aesundheitsamt bereits den Reichskanzler ersucht hat, das verein- fachte Verfahren der Trichinenschau in allen Bundes- staaten erproben zu lassen. Zum Schluß verteidigt der Redner das vom Grafen Posadowsky angegriffene Gutachten des Gesundheitsamtes über die Versalzung der Flüsse durch die Abwässer von Kaliwerken. Abg. Dr. Becker sb. k. P.) wünscht eine schärfere NahrungS« mitte lkontrolle insbesondere der S ü ß w e i n e für Kinder und Kranke. Daß aus konsesfionellen Gründen ein Medizinalpraklikant von einer Anstalt zurückgewiesen wird, die er sich zur Ableistuug seines praküschen Jahres ausgesucht hat, muB auf das s ch ä r f st e g e m i tz- billigt werden. Andererseits kann aber auch keine Anstalt ge- zwungen werden, unter allen Umständen einen Medizinalpraktikanten, der sich meldet, anzunehmen. Die Folge wäre nur. daß sich niemand um seine Ausbildung kümmern würde. Einen Teil des praktischen Jahres sollten die Praktikanten auch bei einem vielbeschäftigten Arzt zubringen können. Da könnten sie auch am besten in die soziale Medizin eingeführt werden.— Bon einer Unterernährung des Volke? bei unseren gegenwärtigen Verhältnissen zu sprechen, ist eine große Uebertreibung. (Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Der Fleischkonsum ist da- für nicht der richtige Maßstab.(Sehr richtig I rechts. Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Nein, von Kaffee allein lebt der Mensch nicht und am allerwenigsten die Herren von der Linken.(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Ein übermäßiger Fleischgenuß(Gelächter bei den Sozialdemokraten) ist aber ebensowenig gut wie ein übermäßiger Alkoholgenuß. Abg. Dr. v. Schulze-Gaevernitz(Vp.); In der Weinfrage kann ich mich voll den Ausführungen des Abg. Blankenborn anschließen.— Wenn aber in seiner Resolution auch die Geschmack- probe durch Sachverständige empfohlen wird, so möchte ich doch bitten, zu bedenken, daß auch die menschliche Zunge eine b e- schränkte Größe ist.(Große Heiterkeit.) Abg. Panlh-Cochem(Z) v e r l i e st eine Rede über die Wein- frage. AIS er vom Vizepräsidenten D o v e ersucht wird, lediglich die gesundheitliche Seite der Frage zu behandeln, spricht er einig« Worte frei, st o ck t dann und fährt unter großer Heiterkeit des Hauses fort zu lesen. Vizepräsident D o v e verweist den Redner wiederholt zur Sache und macht ihn auf die Folgen aufmerksam; darauf bricht der Redner kurz ab.(Heiterkeit.) Abg. Lcube(Vp.): Das vom Ausland kommende Vieh sollte nicht in Quarantäne gestellt, sondern geschlachtet werden, dann würde die Untersuchung viel besser durchzuführen sein. Ueber die Eiufübrung von Rindfleisch hat sich der Regierungsvertreter wohlweislich ausgeschwiegen. Wäre es wirklich so gesundheits- schädlich, wie immer behauptet wird, so müßte England längst ein großes Leichenfeld sein.(Sehr richtig I links.) Was die Herren von rechts für die Flcischsorge des Volkes übrig haben, be« weist ein Artikel der, Deutschen Tageszeitung", der das Volk ermahnt, den Widerwillen gegen das Pferdefleisch zu über- winden.(Hört! hört! links.) Abg. Dr. Blunck(Vp.» verlangt, daß die Mcdizinalpraktikanten von der Verwaltung den Krankenanstalten zugewiesen werden, und befürwortet die Resolution seiner Partei auf Regelung der Arbeitsverhältnisse in den Krankenanstalten. Gerade da? Krankenpflegepersonal leide ganz außerordentlich unter Berufskrankheiten. Wünschenswert sei. daß die Regierung Auf- klärung gebe, inwieweit das Krankenpflegepersonal der Wohltat der Privatbeamtenversicherung teilhaftig sei. Die Prüfungsvorschriften für das Krankenpflegepersonal sollten reichs- gesetzlich geregelt werden. Ministcrialdircklor CaSpar: Die Erhebungen über die Arbeit«- berhätliusse des Krankenpflegepersonal« sind jetzt fast voll- ständig abgeschlossen und werden im ReichögesundheitS- amt bearbeitet. Vom Resultat wird es abhängen, ob die Verhält- nisse reichsgesetzlich geregelt werden. Abg. Schwarz(Z.) erörtert die Gefabren de? Rückganges der Geburtenziffer. Es fei eine bedauerliche Encheinung, daß kinderreiche Familien von den H a u S b e f i tz e r n sehr ungern gesehen würden. Sogar Dien st vertrage gebe es. worin Ent- l a s s u n g vorgesehen sei, wenn die Familie des Angestellten st ä r k« r werde. � �,,, Abg. Nacken(Z.) befürwortet eine Resolutron auf Revision der Zinthüttcnverordnung dahin, daß die v o l l e A r- b e i l's r u h e an den WeihnachtS -, Oster- und Pfingstfeiertagen in den Metall-, Hütten- und Walzwerken gesichert wird. Ministerialdirekior Caspar: Erhebungen sind im Bange. Abg. K rings(Z.) führt Klage über die Staubplage durch elektrische Bahnen und AutoS. RegimmgSrat Lehmann: Die Staubplage kann nicht durck) das Gesundheitsamt, sondern nur durch gute Straßen beseitigt werden. Damit schließt die Diskussion. Die Resolutionen werden alle angenommen, ebenso das Kapitel ReichsgeiuudheitSamt. Hierauf v e r t a g t das HauS die Weiterberatung auf Donners- tag 1 llhr. Schluß 7 Uhr.__ Hus der Partei. Eine französisch dentsche Demonstration in Paris . Paris , 18. März.(Eig. Bcr.) Sofort nach dem Wahl- sieg der deutschen Sozialdeinokratie hatte sich in den Kreisen der französischen Partei der Wunsch geregt, der brüderlichen Freude über diesen Erfolg einen machtvollen Ausdruck zu verleihen. Die mit dem Lyoner Parteitag verbundenen Ar- beiten machten indes eine Vertagung notwendig und schlieh- lich wurde als Datum der Feier der 30. März gewählt. An diesem Tage fiitdct in der Salle Wagram eine von der Ver- waltungskoininission der geeinigten Partei gemeinsam mit dem deutschen sozialistischen Leseklub veranstaltete Fest- versanimlung statt. Ter deutsche Partcivorstand hat Geilossen Scheidemann delegiert: als französischer Redner ist Ge> nosse I a u r � s in Aussicht genominen. Die Mitwirkung bedeutender Pariser Künstler wird den festlichen Charakter der Kundgebung erhohen. An» den Organisationen. Der Sozialdemokratische Verein Breslau -(Land-) N e u m a r k t hielt am Sonntag in Breslau eine außerordentliche Generalversammlung ab. Die Einnahmen vom ersten Halbjahr betragen(XXZ-ML M., die Ausgaben 6982,05 M. Kassenbcstand 1190,06 M. Die Reichstagswahl im Wahlkreise Breslau -(Land-) Reustadt hat eine Ausgabe von 18909,27 M. verursacht, denen 19 032,07 M Einnahmen gegenüberstehen. Als Grundstock für den nächsten Neichstagswahlkampf verbleiben 123,40 W. Hierauf wurde Genosse S r o w i g aus Krietern bei Breslau als besoldeter Parteisekretär für den Wahlkreis Breslau -(Land.) Neustadt ge- wählt. Mit der Wiederaufstellung des Genossen Schölisch zum Reichstagskairdidaten und einem Vortrag über unsere Aufgaben für die Zukunft schloß die sehr aut besuchte außerordentliche Generalversammlung. Die Stuitgarker Genossen und ihr ParteiblaK. Am vergangenen Freitag nahm eine gutbesuchte Partei- Versammlung den Bericht der Preßkommission entgegen, der von der letzten württembergischen Landesversammlung auf- getragen war, mit dem Landesvorstand die prinzipielle und taktische Haltung der„Schwäbischen Tagwacht" zu überwachen und die Anstellung oder Entlassung des Redaktions- und Expeditions- Personals vorzunehmen. Die Pretzkommission besteht ebenso wie der Landesvorstand aus sieben Personen; letzterer wird durch die Landesversammlung gewählt. Die Preßkommission dagegen setzt sich aus vier Mitgliedern des ersten, zwei Mitgliedern des zweiten und einen. Mitglied des vierten Wahlkreises zusammen, die durch die Generalversammlungen dieser Kreise zu wählen sind. Partei- sekretär Genosie B u l l m e r erstattete den Bericht, aus dem hervorging, daß die Stelle des leitenden Redakteurs an der «Schwäbischen Tagwacht" noch nicht besetzt ist. Der Landesvorstand hatte nach kürzerer Kündigung die frühere Redaktion am 1. Oktober vorigen Jahres entlassen. Seitdem schweben die Verhandlungen. Ein Genosse, der durch die Vermittelung des Parteivorstandes für die leitende Stellung gewonnen wurde, trat nach den Vorgängen bei der Gemeindewahl wieder zurück. In der Diskussion sprach Genosse Hildenbrand als Ver- treter des Landesvorstandes, Genossin Zetkin sowie die Genossen O st e r und A r c y n s k i. Die Versammlung nahm folgende aus ihrer Mitte gestellte Resolution mit großer Majorität an: „Die Stuttgarter Parteimitglieder fordern, daß endlich die Redaktion der«Schwäbischen Tagwacht" in Uebereinstimmung mit den Forderungen besetzt wird, die wiederholt von der Mehr- heit der Stuttgarter Parteimitglieder erhoben worden sind. Diese Forderungen sind als berechtigt anerkannt worden in der gemeinsamen Sitzung von Landesvorstand und Preß- kommission, die in Anwesenheit von zwei Vertretern des Partei- Vorstandes unter dem Vorsitz des Genossen Dietz stattgesunden hat. Die damals angenommene Resolution hat sie zur bindenden Verpflichtung gemacht. Der Landesvorstand hat eS seither unterlassen, die dringend nötige Regelung der Redaktionsangelegenheiten in Gemeinschaft mit der Preßkommission, die ihm als gleichberechtigter Faktor zur Seite steht, zu Ende zu führen. Abgesehen davon, daß dadurch die Schritte verlangsamt wurden, die zur Anstellung eines leitenden Redakteurs unter- nommen werden müssen, ist dadurch auch die Preßkommission außerstand gesetzt worden, den ihr statutengemäß übertragenen Aufgaben entsprechend, zusammen mit dem Landesvorstand die Ausgestaltung des Blattes und seine prinzipielle Haltung zu bestimmen. Die Versammlung protestiert gegen alle Versuche, die Rege- lung der„Tagwacht"-Angelegenheit zu verschleppen als gegen eine unverantwortliche Lähmung der Aufklärungsarbeit über die Grundsätze der Partei, die die„Tagwacht" als führendes proletarisches Kampfblatt zu leisten hat. Sie fordert, daß der LandeSvorstand zusammen mit der Preßtommission mit aller Energie die Anstellung eines leitenden Redakteurs betreibt, dessen Persönlichkeit die Bürgschaft für eine grundsätzliche Haltung unseres Parteiorgans bietet, wie sie der Resolution des Dresdener Parteitages entspricht." Vorher erhob die Versammlung einmütig Protest gegen die Scheusäligkeiten, die die russische Regierung an den sozialistischen Abgeordneten der zweiten Duma begangen hatte. Gemeindcwahlfiege. Bei der Stadtverordneten -Ersatzwahl in Bremerhaven wurde von der Sozialdemokratie die 3. Klasse wieder behauptet. Die Gegner beteiligten sich gar nicht ernsthaft an der Wahl. Die sozialdemokratische Liste siegte mit 1130 gegen 460 Stimmen. In Köbeln bei Muskau erlangten unsere Genoffen auch in der t. Klasse noch einen Sitz, nachdem sie in der 2. und 3. Klasse gesiegt hatten, so daß sie jetzt die Mehrheit im Gemeinderat haben. In Freiwalde siegte in der 3. Klasse die sozialdemokratische ohne Gegenliste._ Tod eine? Veteranen der Revolntion. Paul Stumpf, der älteste Mainzer Parteigenosse, ist nach kurzem Krankenlager gestorben. Stumpf hatte sich als ganz Junger an der Revolution tn Paris 18 48 beteiligt. kam dann nach Deutschland und machte im badischen Aufstände 1849 den Zug nach Kirchheimbolanden mit. In der Reaktions- Periode mit zahlreichen anderen des Hochverrats angeklagt, wurde er vor das Schwurgericht gestellt, das jedoch auf Freisprechung er- kannte. Nachdem er lange im Ausland gelebt hatte, kehrte er nach Mainz zurück und schloß sich der sozialdemokratischen Partei an. Lebhafte Beziehungen hatte er mit Karl Marx , Engels, Lassalle, Liebknecht usw. unterhalten. Stumpf hat ein Alter von 85 Jahren erreicht. Unter seinen zahlreichen Manu- skripten, Briefen usw., die er hinterlassen hat und die vorläufig in der Stadtbibliothek aufbewahrt werden, dürfte sich manches Interessante befinden. poli»Ulck»e», Oertchtliche« uft*. Prcßprozeß. Wegen Beleidigung eines Pfarrers wurde Genosse Kühn als Verantwortlicher des„G o t h a e r V o I k S b l a t t S" in der Be- rufungsinftanz zu 100 M. Strafe und den üblichen Nebenstrafen verurteilt. Jugendbewegung. Staatliche Jugendpflege in Sachsen . Unter diesem Titel erscheint dieser Tage im Verlage des Zentralvorstandes der sozialdemokratischen Partei Sachsen ? eine kleine, vier Bogen starke Broschüre, die von dem Genossen Landtagsabgeordneten Keimling verfaßt ist. Die Broschüre enthält, wie schon ihr Titel andeutet, in wohl ziemlich lückenloser Form daS wichtigste Material über die mit staatlicher Unterstützung«ingeleitete„Jugendpflege" in Sachsen , das jüngste Produkt der gegen die moderne Arbeiterbewegung ge- richteten Bestrebungen unserer Gegner. Der Verfasser beabsichtigt mit seiner kleinen Schrift nicht, das Problem der bürgerlichen Jugendbewegung in seiner ganzen Tiefe und Breite zu erschöpfen. Das tonnte er schon deswegen nicht, weil wir hierüber in unserer parteigenössischen Literatur bereits ein vortreffliches Werkchen in der Schrift des Genossen Dr. Karl Korn : Die bürger- l�che Jugendbewegung in Deutschland , besitzen. Die Broschüre des Genossen Keimling Ivill in der Hauptsache nur Material bieten über spezifisch sächsische Verhältnisse, um den in der Jugendbewegung tätigen und sich dafür interessierenden Ge- nossen in der Agitation zur Hand zu gehen. Dabei ist aber die kritische Beleuchtung der Tätigkeit der bürgerlichen„Jugend- freunde" nicht außer acht gelassen. Bei dem regen Eifer, mit dem zurzeit Behörden. Schule. Unternehmerkorporationen, bürgerliche Vereine der verschiedensten Art und. einzelne„Menschenfreunde" sich der Ausgabe des Proletarierjugcndfanges widmen, ist der kleinen Schrift eine starke Verbreitung zu wünschen. Sie kostet im Einzelverkauf 50 Pf., durch die Parteiorganisationen bezogen 20 Pf Bestellungen nehmen alle Parteibuchhandlungen. Partei- sekrctariate usw. entgegen._ Gewerkfcbaftlicbea. „Vaterläncürche" und„deutrcb-nationalc" Gelbe! Die Zenrumschristcn sträuben sich noch, wenn man sie „unter den Linden", als gute Freunde der„Wcrkvereine" be- zeichnet, wenn von den„gesunden gelben Gedanken" geredet wird. Die„Deutschnationalen" verzichten auch auf den falschen Schein. Wie berichtet wird, nahm auf dem in Worms abgehaltenen Gautag des Bundes vaterländischer Arbeiter- vereine als„Ehrengast" auch ein Vertreter des„deutsch - nationalen Handlungsgehilfenverbandes" daS Wort. Die „Wormser Zeitung" berichtete darüber: „Herr HofiuS entbietet herzliche Grüße im Namen des deutsch « nationalen Handlungsgehilfenverbandes und beglückwünscht den Verband vaterländischer Arbeitervereine zu seinen bisherigen guten Erfolgen. Wir werden dem jungen Verband gern hilfreiche Hand reichen, um gemeinsam handeln zu können in den heutigen eigen- artigen Zeitläuften, in denen die Gründung Ihrer Vereinigung eine Notwendigkeit war. Gerade den vaterländischen Arbeiter- vereinen und den Bewegungen, die die gleichen Ziele verfolgen, ist die Zukunft beschieden, denn eS kann unter keinen Umständen so weiter gehen, daß die Arbeiterschaft auch weiterhin derartig verhetzt wird. Dem Weiterbliihen und Gedeihen deS Verbandes widniet Herr Hofius die herzlichsten Glückwünsche." Die eigentliche Festrede beim Kommers hielt auch ein Mitglied der„Deutschuationalen". Gleiche Seelen finden sich; als Dritte im Bunde werden nun wohl bald auch„unter den Linden " die Zentrums- christen mit ihren„gesunden gelben Gedanken" hinzukommen. Berlin und Umgegend* Der Streik bei Löwe. Die Situation ist bis jetzt noch unverändert. Fest steht fedoch das eine: nämlich, daß die Firma nur unter den schwersten und äußersten Anstrengungen nach außen hin den Schein erweckt, daß sie ihren Betrieb im Gange hält. Die Betriebsleitung kann es nicht mehr verbergen, wie kläglich eS mit ihren derzeitigen ArbeitLkrästen bestellt ist. DieS ergibt sich schon aus den nicht mißzuversiehendeu Andeutungen und Versprechungen, die von Meistern und sonstigen Vorgesetzten einer Anzahl von Streikenden verschiedent- lich gemacht Wörden sind. In einer am Mittwoch ab- gehaltenen Versammlung, in der H a n d k e einen SituationS- bericht gab und betonte, daß die Streikenden mit nn» verminderter Entschlossenheit weiterkämpfen werden, wurden die Ausführungen des Redners mit stürmischer Zustimmung aus- genommen. Auf verständnisinnige Heiterkeit stieß auch die Mit« teilung, daß Lehrlinge als— Kolonnenführer verwendet werden und daß die Bruch-(Ausschuß-) Haufen immer höher anwachsen. Die Diskussion brachte ganz klipp und klar zum Ausdruck, daß der Kampf so lange dauern werde, ßiZ im Löweschen Betriebe ein ge- rechtes System für die organisierten Arbeiter garantiert wird. Klagen der Straßenbahnangestellten. Die Angestellten der Großen Berliner Straßenbahn führen Klagen über unregelmäßig gewährte freie Tage. Nachweislich müssen dieselben aus verschiedenen Bahnhöfen 2—3 Wochen fahren, bis sie einmal frei bekommen. Dieser Mißstand ist daraus zurück- zuführen, daß seit Oktober v. I. nach eigener Angabe der Direkiion auf der Aktionärversammlung, 400 Bedienstete entlassen wurden respektive«freiwillig" den Dienst quittierten. Daß durch ein der- artiges System die Unfälle und Zusammenstöße nicht verringert, sondern bedeutend erhöht werden, dürfte jedem, und nicht in letzter Linie auch der Betriebsleitung der.Großen" klar sein. Ferner wird es begreiflich erscheinen, daß durch ständiges Wechseln des Personals auch die Sicherheit deS Publikums nicht gerade ge« fördert, im Gegenteil vielmehr gefährdet wird. Die„Große Berliner" versteht es außerordentlich gut, bei jeder passenden Gelegenheit darauf hinzuweisen, daß die Aufsichtsbehörde es so und nicht anders verlange. Es wäre auch hier angebracht, sich an die Bestimmungen derselben zu halten, welche besagen sollen, daß dem Personal nicht mehr wie zehn Arbeitstage hintereinander zu- gemutet werden dürfen. ES ist nichts damit getan, wenn den An- gestellten 52 freie Tage gewährt werden, wovon mindestens sieben Sonntage sein sollen, londern es muß in erster Linie verlangt werden, daß dieselben jede Woche ihren Ruhelag erhalten. DaS wird ohne weiteres bedingt durch den Großstadlbetrieb und das verlangt auch die den Angestellten auferlegte Verantwortung, die für jeden Schaden haftbar gemacht werden. ES wäre ein leichtes, diese Ruhetage in den bestehenden DienstturnuS hineinzuarbeiten, indem auf sieben Wochen jeder 8. Tag und auf weitere sieben Wochen jeder 6. Tag als Ruhetag angesetzt wird. Auch die Sonntage würden dadurch gewährleistet. Aber wo derartige Einrichtungen bestanden, so bei der früheren Dampfftraßenbahn, bei der Berlin -Charlottenburger Straßenbahn, sind dieselben bei der Uebernahme der Verwaltung durch die G. B. St. beseitigt worden. Zweck: Bessere Ausnutzung des MenschenmaterialS. Ob dabei die Kräfte des einzeliien überanstrengt werden, darum kümmert sich die Gesellschaft nicht. Die Aufsichlsbehörde hat auch, wie man sieht, nur darauf zu achten, daß die Wage» der Gesellschaft mit dem nötigen ausgebildeten Personal besetzt sind. Damit scheint ihre Aufgabe erledigt zu sein. ES müßte sonst Wunder nehmen, daß sie nicht in Erfahrung bringen sollte, daß in letzterer Zeit auf mehreren der westlichen Bahnhöfe der Gesellschaft von mehreren hundert Bediensteten nur zwei einen Ruhetag bekommen, um aber an demselben gleich für Kranke wieder zum Dienst herangezogen zu werden. Wenn die Unzufriedenheit der Straßenbahnangestellten mit« solchen Umständen fortdauernd wächst, ist das völlig begreiflich. Tarifbewegung der Zelte» und Planarbeiter. Die im Verbände der Sattler undPortefeuiller organisierten Arbeiter der Zelte« und Planfabriken stehen in einer Tarifbewegung, woran auch der Deutsche Metallarbeiter» Verband sowie der Verband der Schmiede beteiligt sind. Bon den Unternehmern hat nur ein Teil den eingereichten Vertrags- entwurf beantwortet. Die Forderungen sind aber auch dem Vor- fitzenden de« JndustrieverbandeS zugegangtn. DaS Resultat be» zilglich der Wünsche über die Regelung war, daß die betreffendem Unternehmer so gut wie gar nichts zugestanden. Auch in den Lohn- forderungen wurde den Aroeitern nur geringfügige Ausbesserung ver- sprachen. Desgleichen lautete auch die Zusage bei den übrigen Forderungen teils nur wenig entgegenkommend. teils direkt ablehnend. So wollten die Herren auch nichts wissen von der Abschaffung der Heimarbeit. Ueber den Ausgang berichtete Schulze vom Sattlerverband in einer am Mittwoch abgehaltenen Versammlung, der auch als Vertreter des MctallarbeiterverbandeS Maus bei- wohnte. Eine Einigung mit den beiden von Herrn Nasse, dem Vorsitzenden des JndustrieverbandeS vertretenen Firmen war nicht zu erzielen. Da auch die Aussprache mit den übrigen Firmen kein wesentliches Ergebnis brackne, io empfahl der Resercnt, eventuell sich bietende Äerhaiidliingen nicht schon von vornherein abzulehnen. Nachstehende Resolution wurde einstimmig angenommen: Die im Englischen Garten versammelten Arbeiter und Nr- beiterinnen der Plan- und Zeltebranche Berlins erklären die bis» her vom Generalsekretär der Arbeitgeberverbände Berlins , Herrn Nasse, im Sustrage der Firmen Reichelt und Eckert gemachten Zu- geständnisse für ungenügend. Eine Fortsetzung deS Vertragsverhältniffe» kann nur erfolgen. wenn die Herren Arbeitgeber dem Verlangen nach Verkürzung der Arbeilszeil und einer den teueren geitverhältmssen mehr ent- sprechenden Lohnerhöhung Rechnung tragen. Ganz besonderes Gewicht legen die Versammelten ferner auf eine präzise Regelung der Moiitagezuschläge. auf Abschaffung der Heimarbeit, sowie auf eine durchgreifende Regelung der Arbeits- vermittelung. Die Versammelten beauftragen die Organisationsvorstände. diesen WillensauSdruck zur Kenntnis der Herren Arbeitgeber zu bringen und erwarten, daß bei eventueller Fortsetzung der Ver- Handlungen diesen Wünschen seitens der Arbeitgeber mehr Rechnung getragen wird._ Schuhmacherstreik in Görlitz . In Görlitz hat am Montag die große Mehrzahl der Schuhmachergesellen die Arbeit eingestellt.— Zuzug ist fernzuhalten.
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