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leidigen. In diesen Streit wische ich wich ükrigeiiz nicht ein, Ge- nossin Luxemburg   ist. glaube ich. Manns genug, sich selbst zu verteidigen.(Heiterkeit.) B ra u n hat in seinem Schlußwort behauptet, Sie dürfen nicht bloß einen Punkt des Abkommens tadeln, sondern Sie müssen ent- weder das ganze Abkommen tadeln oder billigen. Es geht uns mit diesem Stichwahlabkommen so wie im Reichstag der Fraktion bei einem Gesetzentwurf. Die Fraktion prüft alle Punkte und sagt, dieser Punkt gefällt mir. jener nicht, und dann fragt sie. ob das Mißfallen an diesem oder jenem Punkte ausreicht, das Ganze zu verwerfen. So sagt'der Antrag Niederbarniin, wir mißbilligen vns Abkommen nicht, weil wir prinzipielle Gegner eines jeden solchen Abkommens sind, sondern weil dieses Abkomnien unannehm- -bar für uns ist durch den einen Punkt der Dämpfung. Nun zu der prinzipiellen Verteidigung des Abkommens durch Braun. Braun sagte, der Wahlkampf, den unsere Genossen rm ganzen Lande mit Elan geführt haben, war in erster Linie dar- auf eingestellt, den schwarzblauen Block zu zertrümmern und die Reichstagsmehrheit des sclm-arzb lauen Blocks zu beseitigen. Die Hauptaufgabe in den Wahlkämpfen ist, unsere Partei einen gewal- tigen Ruck vorwärts zu bringen, so viel Stimmen und natürlich dabei auch Mandate als möglich zu erobern. Als Nebenzweck ergab sich diesmal für uns auch, zu versuchen, den schwarzblauen Block zu zertrümmern. Niemals kann man sagen, in erster Linie sei es auf die Zertrümmerung des schwarzblauen Blocks angekommen. Stichwahlen sind ein Ucbcl und wir wollen sie ja auch durch daS Praportionaltnahlsystem beseitigen. Aber, da wir dort, lvo wir aus der Stichwahl ausfallen, suchen müssen, die uns am nächsten stehende Partei in den Reichstag zu bringen, können wir unter Umständen auch Stichwahlabkommen treffen mit Parteien, die mit uns gleiche Ziele in Einzelfragen verfolgen. Dagegen ist prinzip-ell nichts einzuwenden, und über die Dämpfung hat Grunwald so ausgezeichnet gesprochen, daß ich darauf nicht näher eingehen will. Nur muß ich auf den lähmenden Einfluß dieser Dämpfung hinweisen, der darin zum Ausdruck kommt, daß die Genossen, die wohl begreifen, was die Dämpfungsprofessoren(Heiterkeit) ge- meint haben, es doch mißbilligen, weil es ihren Empfindungen und ihrem gesunden politischen Urteil widerstreitet.(Sehr richtig!) Wie soll es denn werden in den Wahlkreisen, die uns noch nicht sicher sind. Wie werden da die Vorkommnisse von 1312 auch künf- tig auf unsere Genossen einwirken, die sich sagen müssen: wenn wir es wirklich solveit bringen, daß wir den Stichwahlsieg fast in der Hand haben, was nicht es uns nachher kommt der Partei- vorstand und schließt mit den Freisinnigen ein Abkommen, daß wir doch dämpfen müssen. Diese Wirkung des Abkommens macht es notwendig, daß die Parteigenossen im ganzen Reiche ein für allemal die Sicherheit erhalten, daß solches nie wieder vorkommen kann. (Sehr gutl) Das müßte sonst lähmend einwirken auf alle künf- tigen Wahlen(Vielfaches: Sehr richtig!) in allen noch nicht sicheren Kreise». Wenn die Dämpfung, die diesmal für 16 Wahlkreise be- stimmt war, künftig in 306 Kreisen wirkt, und die Gewinnung neuer Anhänger lähmt, was nützt es uns dann, daß sich die Leute in Nordhausen   usw. nicht daran gehalten haben. Es würden uns die neu zu gewinnenden Leute gleich fern bleiben und sagen: da wähle ich nicht erst Cohn, sondern Wiemer. Das hat der Parteivorstand nicht bedacht; er hat hastig gearbeitet und da ist eine Pfuscharbeit herausgekommen. Ich sehe die segensreiche Wir- kung der Resolution Niederbarnim   darin, daß sie künftigen Wieder- holungen vorbeugt und bitte Sie darum, ihr einmütig zuzustimmen, damit sie einen heilsamen Einfluß ausübt, damit wir um so früher in der Partei im ganzen Deutschen Reiche Ruhe bekommen. Je früher, desto besser ist es, wenn wir die Sicherheit erhalten, daß Stickpvahlabkommen mit Dämpfung für die Gegenwart und mit gefährlichen Stachlvirkungen für die Zukunft nie und nimmer ge° troffen werden dürfen.(Lebhafter Beifall.) Genosse BLHler- Niederbarnim: Nach der glänzenden-Beweisführung GrunwaldS glaube ich die weitere Beweisführung dämpfen zu sollen, damit die Beweis- führung selbst nicht abgeschwächt wird. Für uns handelt eS sich weniger um das ganze Abkommen, als um die Dämpfung der Wahlkreise. L edebour und Grunwald haben schon gesagt, was wir beabsichtigen. Wir wollen nicht den Parteivorstand rüffeln, ihm auch kein Mißtrauen aussprechen, sondern wir bedauern, daß der Parteivorstand 16 Wahlkreise ohne weiteres aufgegeben hat. Ich muß sagen, daß die Ausführungen des Genossen Braun über die Stellung der Genossen in Hagen   für uns irreführend waren. («ehr richtig!) Der Parteisekretär von Hagen   hat in der letzten Generalversammlung dieses Kreises ausdrücklich erklärt, vom Kreis- vorstand sei festgestellt worden, daß die Behauptungen des Genoffen Braun m allen Teilen falsch waren. Ich möchte die entscheiden­den Sätze aus dieser Rede des Kreissekretärs zur Verlesung dringen: Wir haben versucht, ein Mitglied des Parteivorstandes nach Hagen   in die heutige Generalversammlung zu bekommen, haben dabei mitgeteilt, daß Genosse Braun in Berlin   Ausführungen ge- macht hat, die von der Parteileitung in Hagen   nicht unwider- sprachen bleiben können. Wir glaubten, daß durch«ine Aus- spräche hier die Sache etitgültig hätte erledigt werden können, leider hat der Parteivorstand es abgelehnt, nach Hagen   zu kam- nie ii, er hat uns mitgeteilt, daß die Sache geklärt sei." Am Schlüsse des Artikels wird darauf hingewiesen, daß die für Hagen   bestimmten Redner in letzter Stunde den Hagener Ge- nassen abspenstig gemacht worden seien.- Wenn Hagen   von dem Stichwahlabkommen in letzter Stunde ausgeschlossen wurde, so hätte man die Redner doch freigeben müssen. Der Parteivorstand hat aber in letzter Stunde den Genossen Wurm veranlaßt, nicht nach Hagen   zu fahren, obwohl er das Referat schon zugesagt hatte. Wir bedauern aufs tiefste, daß durch die Ausführungen deS Ge­noffen Braun die Interna in diese Versammlung hineingeworfen wurden, aber wir müssen der Wahrheit die Ehre geben und scmen, wie die ganze Sache steht. Wir bedauern besonders, daß ein der- artiges Abkommen zustande kam, das wer weiß welche Konse- quenzen nach sich ziehen wird. Wenn das so weiter geht, fürchten wir in Niederbarnim  , daß für den nächsten Parteitag recht unlieb- same Debatten herausbeschworen werden. Hamburg   ll, Stuttgart  und andere Kreise nehmen dieselbe Stellung ein wie wir. Wir hetzen nicht gegen den Parteivorstand, wir wünschen nur, daß in Zukunft eine derartige Dämpfungsparole nicht mehr herausgegeben wird. Wir bedauern auch, daß Genosse Braun in der letzten Versammlung versucht hat, am Schlüsse seiner Ausführungen die ganze Geschichte zu verschieben. Er hat so getan, als wenn wir gegen den Parteivorstand aufträten und er rief uns zu, nicht gegen den Parteivorstand, sondern mit ihm sollten wir gehen. Dabei wies er hin auf die Kämpfe im Ruhrbecken. Ich muß doch sagen, nicht ein einziger wird hier im Saale   fein, der nicht mit dem Partei- vorstand gegen die Reaktion ankämpfen wollte.(Sehr richtig!) Gerade in dem gegenwärtigen Augenblick, wo wir über interne Parteiangelegenheiten reden, sind wir uns bewußt, daß draußen die Masse der Reaktionäre steht und uns niederzubütteln versucht. Auch die Kritik dieses Stichwahlabkommens beweist doch, daß inner- halb der Parteigenossen der Wunsch vorhanden ist, daß reine, klare Bahn geschaffen wird und daß auf dieser Bahn weitergegangen werden soll m i t dem Parteivorstand. Da soll der Parteivorstand nicht mit uns streiten, sondern sagen: Wenn Ihr allgemein der Auffassung seid, daß auf diesem Gebiete nicht weitergegangen wer- den soll, dann gehen wir mit Euch, und wir werden versuchen, in -Zukunft derartige Abkommen nicht mehr zu treffen, sondern mit Euch gemeinsam die späteren Kämpfe durchzufechten. In diesem Sinne wünschen wir auch, daß die Versammlung unserer Resolution zustimmt. Dann können wir den gemeinsamen Kampf wieder auf- nehmen zum Nutzen der Partei, zum Nutzen der allgemeinen jlvbeiterbcwegung.(Bravo  !) Genosse Ruf- Berlin IVi Genosse Braun hat ganz recht, wenn er sagt, daß die Dämp- fung der Wahlkreise sich nicht von dein Stichwahlabkommen trennen jftßt, und daß man dieses Abkommen nur im ganzen gutheißen «du im ganzen verurteil«, kann. Deshalb muh man auch die Ar- likel(Jim Rosa Luxemburg in die Debalke ziehen, um so mehr,- als diese Artikel ja auch bei den späteren Debatten aus dem Partei- tag eine Rolle spielen werden. Ich hätte auch gewünscht, daß der Parteivorstand die Sache nicht so lange geheim gehalten fyitte. Wenn er nach dem Schluß der Wahlen sofort damit herausgekom- men wäre, so hätte er damit seinen Gegnern eine Waffe aus der Hand genommen. Der Parteivorstand soll künftig etwas mitteil- famcr sein. Die Ausführungen der Genossin Rosa Luxemburg  in derLeipziger Bollkszeituug" gehen von dem Standpunkt aus, daß die Fortschrittlsr uns dieses Mal bei den Stichwahlen genau so verraten hätten, wie bei früheren Wahlen. Ich bin auf Grund zahlenmäßiger Feststellungen zu dem Ergebnis gekommen, daß diese Behauptung nicht richtig ist. Bei früheren Wahlen ist der Freisinn in der Stichwahl niemals in der Weise für uns eingetreten, wie es bei der letzten Stichtvahl der Fall war. Wenn früher bei Stich- Wahlen durchschnittlich 26 Proz. der freisinnigen Stimmen für Sozialdemokraten abgegeben wurden, so war das schon sehr viel. Diesmal haben wir nur in Elberfeld  -Barmen den geringen Prozent- satz von 22,3 der liberalen Stimmen für unseren Kandidaten zu verzeichnen. Dort handelt es sich aber auch hauptsächlich um Nationalliberale. In Köln  -Stadt aber sind beispielsweise 111,6 Prozent der liberalen Stimmen durch die Reserven bei der Stich- Wahl auf unseren Kandidaten gefallen. Für das ganze Reich ist folgendes Ergebnis festzustellen: In den 31 Wahlkreisen, wo die Fortschrittlichen uns Unterstützung zugesagt habe», sind im Durch- schnitt 44,1 Proz. der liberalen Stimmen für unsere Kandidaten abgegeben worden. Man kann also ruhig zugestehen, daß durch das Stichwahlabkommen in der Haltung der Fortschrittliche» eine ge- waltige Verbesserung zu verzeichnen ist. In der allgemeinen politischen Situation liegt es, daß wir früher oder später dazu ge- langen werden, mit dieser öder jener bürgerlichen Partei vielleicht mehr zu paktieren, als das bisher üblich-ivar.(Lachen und Wider- spmch.) Lachen Sie darüber; ich habe schon häufig bemerkt, daß die Tatsachen die vorgefaßten Ansichten über den Haufen werfen. DaS haben wir cy,ch schon bei uns zu verzeichnen gehabt.(Zuruf: Leider!) Wenn eine bürgerliche Partei vorhanden ist, die es halb- Wegs ehrlich mit der Arbeiterschaft meint(erneutes Lachen), dann werden wir in unserem eigenen Interesse sie doch nicht zurückstoßen können. Braun sagte schon sehr richtig, daß infolge des Wahl- ergebnisses die Regierung und die reaktionären Parteien Abstand nehmen von der Einbringung eines Ausnahmegesetzes gegen die organisierte Arbeiterschaft, was vorher doch unbedingt ihre Ab- ficht war. In der Diskussion wurde bor allem das Bedauern über die Dämpfung ausgedrückt. Die Wirkung der Dämpfung wird von unseren Theoretikern viel zu sehr überschätzt. So ist es ja auch mit den Kompromissen. Wenn in Süddeutschland   früher Kompromisse abgeschlossen wurden, so hat man immer erklärt, dadurch würden die Prinzipien der Partei aufgegeben. Tatsächlich ist das bisher nicht eingetreten.(Na! na!) Früher wurden ja ähnliche Momente auch gegen die gewerkschaftliche Organisation vorgebracht. Das Stichwahlabkommen hat sich hauptsächlich auf Norddeutschland er- streckt. Trotzdem aber haben uns die Liberalen in Süddeutschland  in einer Reihe von Wahlkreisen einen großen Prozentsatz ihrer Stimmen bei der Stichwahl zugeführt: In Kaiserslautern   61,7 Pro- zcnt, in Kronach   111,2 Proz., in Ansbach  -Schwabach   76 Proz., in Schweinfurth 8S Proz., Würzburg   80 Proz., Augsburg   88,2 Proz., Kolmar   89,3 Proz., Metz   65,4 Proz. und in Erbach  -Benzheim 93 Pro- zent. Es ergibt sich daraus, daß dort, wo unsere Partei schon häufiger mit bürgerlichen Parteien zusammengegangen ist, bei den bürgerlichen Parteien bis zu einem hohen Grade die berühmte norddeutsche Rotscheu verloren gegangen ist. Daß die Kompromisse auch in anderer Beziehung nicht schaden, ergibt sich aus der Tat- fache, daß in Baden und Bayern   unsere Genossen in schärfster Opposition zum Zentrum stehen, während sie in beiden Ländern früher mit dem Zentrum zusammengegangen sind. Deshalb soll mau nicht so ängstlich sein und glauben, sobald man an die bürger- lichen Parteien herankommt, gehen alle Prinzipien verloren. Ueber kurz oder lang wird man doch dazu kommen müssen, schon im Jnter- esse der Arbeiterschaft. Im Interesse der Arbeiterschaft müssen wir versuchen, gemeinsam mit bürgerlichen Parteien eine Erhöhung der Schutzzölle zu verhindern. Die Partei ist doch dazu da, auch Gegenwartspolitik zu treiben und nicht nur Zukunftsphantasien. Man soll nicht immer davon reden, daß die Massen durch solche Ab- kommen verwirrt werden. Wir haben schon bei Stichwahlen Stimm- enthaltung proklamiert, die Massen haben sich aber nicht danach ge- richtet, sondern einfach aus ihrem Instinkt heraus das kleinere Uebel gewählt. Wenn auf der anderen Seite nicht unsere Theore- tiker mitunter zu viel Konfusion in die Massen hineinbringen würden, dann würde manche Verwirrung hintangehalten werden. In dieser Beziehung ist schon mehr Verwirrung gestifiet worden als durch Dutzende von Stichwahlabkommen. Sehen wir uns einmal das Verhalten der bürgerlichen Parteien im Reichstag   an. Da ist zu konstatieren, daß der schwarzblaue Block in die Minderheit ge- drängt worden ist.(Lachen und Widerspruch.) Das hat sich bei den verschiedensten Abstimmungen ergeben. Es hat sich gezeigt, daß eine kompakte Rechtsmajorität nicht mehr vorhanden ist.(Zurufe: Präsidentenwahl!) Gerade die Präsidentenwahl hat das zur Evi­denz bewiesen. Wir sehen das Zentrum in der Minorität, und es treibt nun, wie überall, wo es in der Minderheit ist, BoSheits- Politik, und wird sie weiter treiben. Daher möchte ich dringend davor warnen, daß wir uns als Partei zu sehr einschachteln. Die verschiedenen Parteitagsbeschlüsse in der Präsidentenfrage haben dem Zentrum und den rechtsstehenden Parteien eine willkommene Gelegenheit geboten, unseren Genossen im Parlament Schwierig- leiten zu bereiten, weil die Gegner bereits im voraus wußten, wie sich unsere Genossen verhalten müssen. Die SelbsteinschachtelungS- taktik rann unsere Partei unmöglich auf die Dauer betreiben, daS würde sich später einmal bitter rächen. Wenn man mit einer Aktion des Vorstandes nicht einverstanden ist, dann kann man das kritisieren, aber man braucht hier nicht gleich Beschlüsse darüber zu fassen. ES ist auch nicht richtig, daß durch das Abkommen die Agitation für unsere Prinzipien während der Haupt- und der Stichwahl verhindert worden ist. Im praktischen Wahlkampf wer- den doch auch vor der Hauptwahl sehr wenig die theoretischen Fragen erörtert, und es werden vor allem den Gegnern ihre Sünden vor- gehalten. Vor der Stichwahl ist das erst recht der Fall. Genossin Rosa Luxemburg   meint, die Rechtsparteien hätten doch ge- wissermatzen den Fortschritt herausgehauen, und die reaktionäre Masse habe sich schließlich zusammengefunden. Sie führt als Be- weis 7 Kreise an, von denen 3 an dem Abkommen nicht beteiligt waren. Sie hat aber nur diejenigen Kreise herausgesucht, die ihr gerade zur Beweisführung gepaßt haben. Es sind doch auch Kreise zu verzeichnen, wo seitens der rechtsstehenden Parteien nur 26 Proz. der reaktionären Stimmen für die Fortschrittler abgegeben worden sind in der Stichwahl. Bei der Beweisführung sollte man in Zu- kunft doch objektiver verfahren, nicht einseitig heraussuchen, was einem in den Kram paßt, sondern alles anführen, was dafür und was dagegen spricht. Das ist von der Genossin Rosa Luxem» bürg verabsäumt worden. Genossin Rosa Luxemburg  : Ich bin den Mariendorfer Genossen sehr dankbar dafür, daß sie mir durch ihr Mandat ermöglicht haben, hier zu sprechen. Als ich den Bericht von der vorigen Sitzung der Generalversammlung las, war ich äußerst peinlich berührt durch die Art und Weise, wie der Vertreter des Parteivorstandes die Frage des Stichwahlab- kommens hier vor Ihnen behandelt hat.(Sehr wahr!) Nicht des- halb, weil ich persönlich bei dieser Verteidigung sehr schlecht weg- gekommen bin, ich bin persönliche Angriffe gewöhnt und nehme sie sehr kühl. Aber es hat mich peinlich berührt, daß der Vertreter der obersten Parteibehörde in eine so hochwichtige und ernste politische Frage einen Ton der persönlichen Gehässigkeit hineingetragen hat (Sehr richtig!), statt mit gebührendem Ernst und Sachlichkeit eine so hochwichtige Frage zu behandeln.(Sehr richtig! und Wider- spruch.) Man kann über das Stichwahlabkommen dieser oder ande- rer Meinung sein; aber die oberste Behörde einer politischen Partei von unserer Größe und unseren Aufgaben muß sich von vornherein sagen: Auch ich kann einmal fehlen I Einen Anspruch aus Unfehl- hatkelk Miss foshalb aus tlfle solche lReTzBtfrM! gezenvver Ket öffentlichen Kritik darf ein sozialdemokratischer Parteivorstand mcht haben. Wo kommen wir sonst hin?(Sehr richtig!) Wer meine Artikel gelesen hat, wird von ihrer strengen Sachlichkeit überzeugt sein. Genosse Braun behauptet, daß nur kapriziöse qZrima- donnen sagen könnten: Wenn die Fortschrittler die Klausel der Dämpfung unserer Agitation in 16 Kreisen zu einer unerläßlichen Bedigung des Abkommens gemacht haben, hätte man die Herren Fortschrittler in beschleunigtem Tempo die Treppe hinunterbefordern sollen Ich glaube, wenn unser Zentralorgau, derVorwärts". leider nicht so sehr seine Pflicht als Jnformationsorgan vcrnach- lässigen würde, dann würden Sie alle wissen, daß nicht bloß ich diese Ansicht vertreten habe, sondern daß von den verschiedensteir Seiten in der Partei genau dieselbe Auffassung vertreten wurde. (Hört! hört!). Schon am 17. Februar, also lange vor mrr. schrreb unser Elber-, felder Parteiorgan, dieFreie Presse", über das Stichwahlab« kommen: Wir bemerkten schon, eS nicht billigen zu können, daß sich unsere Parteileitung auf die Dämpferklausel eingelassen hat. Wir kämpfe» nicht nur bei Wahlen, sondern fortgesetzt. Und wenn dann die Genossen eines Wahlireises jahrelang fleißig gearbeitet: und besonders den herangekommenen Wahlkampf mit großer Bravour geführt, Erfolge errungen, haben und in die Stichwahl gekommen sind, so kann man ihnen auch dort, wo wenig Aussichl auf einen Sieg ist, nicht kurz vor der Stichwahl zumuten:Jetzt müßt Ihr Euch bis nach der Stichwahl politisch tot erklären." Das geht nicht, gerade auch wegen der Disziplin. Man darf nicht Unmögliches von de» Genossen verlangen, wenn die von den Gegnern so oft bewunderte Disziplin in der Partei hochgehalten werden soll. Nun kann man geltend machen, daß von der An« nähme der Dämpferilausel es abhängig war. ob das Stichwahl- abkommen zur Tatsache werden sollte oder nicht. Da sind wir nun der Meinung, daß man bei einem so hohen Preis lieber auß das Abkommen verzichtet hätte." Auch eine kapriziöse Primadonna in Elberfeld  ?(Lebhafte! Heiterkeit.) Das Organ der Parteimitgliedschaft von Rüstringen  « die nicht gerade im Geruch de» äußersten Radikalismus steht, das Norddeutsche Volksblatt", schrieb: Die Sozialdemokratie ist keine Parket, in der nach einem siegreichen Wahlkampfe Ruhe alz die bekannte erste Bürgerpflicht betrachtet wird. Im Gegenteil: i» ihren Reihen ist es von jeher Sitte gewesen, sich ständig selbst z» prüfen, mögen auch Wochen und Monate nach den jeweilig in Frage kommendenFällen" vergangen sein. Die Stichwahltakiii des Parteivorstandes haben auch wir nicht gebilligt und nur aus Disziplingründen haben wir uns gefügt. Auch die kürzlich den Redaktionen übermittelte Begründung durch denselben favd nicht unseren Beifall. Aus diesem Grunde geben wir eine Rede wieder, die Genossin Luxem- bürg am 1. März vor der Bremer   Arbeiterschaft hielt. Die Redaktion." Die Genossen in Solingen   haben sich in ihrer Kreisgeneralver-> sammlung am 10. März mit dem Abkommen beschäftigt. Der Refc- rent, Genosse Wendemuth, verteidigte das Stichwahlabkommen und den Parteivorstand. Als er aber zur Dämpferklausel kam, hat er gesagt: Da wurde nämlich ausgemacht, daß wir in 16 Wahlkreisen bis zum Stichwahltage" keine Versammlungen abzuhalten, kein Flugblatt zu verbreiten, keine Stimmzettel den Wählern zuzu- stellen und am Wahltage selbst keine Schlepperdienste zu ver- richten hätten, wogegen uns freisteht, am Wahltage vor den Lokalen Stimmzettel zu verbreiten". Das muß verurteilt wer- den, denn eine solche Abmachung ist unserer Partei unwürdig. Entweder soll man kämpfen oder soll es nicht. Auf keinen Fall aber soll nian den Schein erwecken, als ob man kämpft und tut es doch nicht." DieSchwäbische Tagwacht", ein Organ nicht de? äußersten Radikalismus(Heitere Zustimmung), schreibt: Dergedämpfte" Wahlkampf ist überhaupt eine ganz neue Erfindung. Wir hätten gewünscht, er wäre nicht erfunden worden.... Wenn die Volkspariei als Bedingung für das Zu- standekommen eines Stichwahlabkommens eine derartige Forde- rung stellte, mußte sie trotzdem und unter allen Umständen vom Parteivorstand abgelehnt werden.... Die Kritik, die sich an das Abkommen knüpfte, wird sicherlich auch dazu führen, daß die Partei für die Zukunft von ähnlichen Vereinbarungen verschont bleibt. Welche Situationen die Zukunft bringen wird, läßt sich heute nicht sagen. Aber das muß mit allem Nachdruck ausge- sprochen werden: Zumutungen, wie sie in dem diesjährigen Stich- wahlabkominen an die Parteigenossen gestellt wurden, dürfen sich unter keinen Umständen wiederholen; der Vorstand einer demo- kratischen Partei, wie sie die Sozialdemokratie darstellt, muß sich von solchen Abmachungen fernhalten, die zu verteidigen ihn selber sehr schwer fallen muß." So geht es auch weiter. Die Parteiblätter in Erfurt  , Halle, Göppingen   haben das Abkommen, namentlich die Dämpferklausel, auf das schärfste verurteilt. Sie aber sind leider darüber nicht informiert, weil Ihr Organ die Pflicht verabsäumt hat, Sie auf dem Laufenden zu halten über das geistige Leben in der Partei. (Hört! hört!) Deshalb konnte man es Ihnen so darstellen, als ob das Karnickel, das die ganze Sache angefangen, hier oben auf der Tribüne vor Ihnen stände.(Heiterkeit.) Das ist aber gar nicht wahr. In unserem wissenschaftlichen Organ, derNeuen Zeit", hat im Leitartikel vom 15. März Genosse Mehring das Ab- kommen genau so scharf verurteilt, wie ich und andere. Er schreibt: Allein es ging über die erlaubte Grenze hinaus, als dem Ansinnen der Fortschrittler nachgegeben wurde, ihnen 16 Wahl- kreise zu überlassen, in denen sie mit unseren Leuten stachen____ Daß der Parteivorstand die 16 Kreise nicht einfach, sondern durch dieDämpfung" der Agitation preisgegeben hat, macht die Sache eher noch schlimmer als besser. Wäre es von weiten Partei- kreisen unseres Erachtens nicht verstanden worden, wenn der Parteivorstand das Stichwahlabkommen mit der Fortschritts- Partei von der Schwelle abgewiesen hätte, so würde es gerade auch in diesen Parteikreisen freudig begrüßt worden sein, wenn der Parteivorstand auf die Erpresserbeoingungen hin die Fort- schrittler hätte zu ihren Freunden vom Bülow-Block abfahren lassen." DerVorwärts" hat die offizielle Verteidigung des Partei» Vorstandes übernommen, wenn auch nicht im Namen des Partei- Vorstandes. Hören wir: Wenn aber das Abkommen zu dieser Dämpfung unter anderem auch die Verpflichtung rechnete, den Wählern keine Stimmzettel zuzustellen und am Wahltage keine Schlcpperdienste zu verrichten, so überschritt es damit die Grenzen des der Situation Entsprechenden, ja des Erreichbaren. Denn den Parteigenossen in den erregten Zeiten einer Wahl unmittelbar vor der Entscheidung jede Betätigung, nicht nur agitatorischer, sondern organisatorischer Art versagen wollen, heißt Unmögliches von ihnen verlangen. Und ebensowenig am Platze war die Heim- lichkeit, mit der daS Abkommen eine Zeitlang behandelt wurde____ Sollten die Fortschrittler Grund gehabt haben, zu wünschen, daß das ganze Abkommen ein Geheimnis bleibe, dann durfte eS über­haupt nicht abgeschlossen werden. So nützlich unS das Abkommen auch erscheint, um den Preis der Umwälzung unserer demokra- tischen Grundsätze durfte es nicht erkauft werden." In diesem Sinne haben sich auch die Genossen in Hamburg  , Merseburg   und anderen Kreisen ausgesprochen gegen das Ab- kommen, und bis jetzt kenne ich nicht eine Stimme in der Partei, die diesen Punkt des Abkommens des Parteivorstandes verteidigen würde. Vielleicht tut es Genosse Kolb jetzt in seinem Blatt.(Leb- hafte Heiterkeit. Ledebour ruft: Das ist auch noch nicht mal sicher!) Es kommt ja nicht darauf an, ob ein einzelner Jehler in der Taktik, der prakiischen Politik vom Parteivorstand gemacht wurde oder nicht. Niemand von uns verlangt vielleicht von ihm Fehler- losigkeit und die Unmöglichkeit, irgendeinen Fehler zu machen. Aber was das Wichtigste ist, das sind die allgemeinen politischen Gesichts- fc>unk& EMe hiejer Politik zugrunde lieg«» und die in der Ver-