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verdünntem Sprit, der mit sog.Würzen" aromatisier! wird. Auf IM Liter dieses Schnapses wird ein Liter dieser Würze zugesetzt, um den gewünschten Geschmack zu erhalten. Bei diesen Würzen kommen irgendwelche schädlichen Substanzen überhaupt nicht in Frage. Wenn dies der Fall sein würde, so mühte schon ganz Deutsch- land vergiftet sein, da überall diese Essenzen verwendet werden. Alle diese Stoffe können außerdem mit dem Methylalkohol keine besondere Verbindung eingehen, die einen neuen andersartigen Charakter hat und schädlich wirken könnte. R.-A. Dr. Werthancr: Es ist mir mitgeteilt worden ,daß zu den sogenannten Kornschnäpsen Fuselöl und Bittermandelöl verwendet werden soll. Beide Stoffe sollen aber giftig sein? Prof. Juckenack: Daß Fuselöl zugesetzt wird ist möglich, da dieses dem Spritgemisch den charakteristischen Konibranntwemgeschmack verleiht. In den mir bekannten Fällen, wie z. B. in dam Fall Isaak, in welchen ich die Schnäpse unter- sucht hatte, sind immer nur die im Handel befindlichen Essenzen zugesetzt worden. Isaak hatte sogar einfach Sprit und Wasser zu- sammengegossen. Es ist übrigens falsch, wenn vorhin hier gesagt worden ist, dah nur dadurch die giftige Wirkung entsteht, daß der Körper die Stoffe absorbiert. Todesfälle durch eine grotze Reihe anderer Gifte beweisen das direkte Gegenteil. Ferner ist gesagt worden, daß der Methylalkohol möglicherweise erst durch Grünspan die giftige Eigenschaft erlangt hat. Davon kann gar keine Rede sein. Grünspan, d. h. Kupfer läßt sich noch in ganz minimalen Spuren nachweisen. Um aber Vergiftungen durch Kujjfcrsalze her­beizuführen, müssen schon ganz erhebliche Quantitäten in An- Wendung kommen. In so geringen Mengen, wie Grünspan in dem in kupfernen Apparaten destillierten Methylalkohol enthalten sein könrrten, ist Kupfer überhaupt nicht giftig. Justizrat Dr. Franz Jvcrs legt besonderen Wert auf die noch- ma%e Feststellung, daß die Essenzen, wie sie von seinem Mandanten Zastrow verwendet worden seien, überhaupt nicht giftig sind. R.-A. Dr. Joffe: Sind die Leichen untersucht worden auf Permangcdnat und Aldehyd? Beide Stoffe sollen von den Fabri- kanten dem Methylalkohol zugesetzt werden, um diesem den scharfen und üblen Geruch zu nehmen. Sind diese beiden Stoffe giftig? Dr. Jeferich: Solche Untersuchungen auf Permanganat und Aldehyd waren bei d.em vorgeschrittenen Stadium der Verwesung der Leichen nicht mehr möglich. Kalipermanganat, welches selbst nicht giftig ist, würde sich sofort durch die bekannte vwlett-braune Farbe erkennen lassen. Wenn diese verschwunden ist, so würden sich Manganoxyd, ein harmloses unlösliches Braunsteinsalz und ebenso harmlose Kalisalze bilden. Was die vorhin erwähnten Punkte betrifft, so sind mir allerdings Nitrobenzolvergiftungen, durch Verwendung von Mirbanöl bekannt. Derartige Vergiftungen kann man aber tatsächlich schon mit der Nase erkennen, da sich der charakteristische Bittermandelgeruch sehr leicht erkennen läßt. Vors.: Ist es denn richtig, daß der Methylalkohol einen so wider- wältigen Geruch und Geschmack hat, wie hier wiederholt gesagt worden ist? Dr. Jeferich: Nein, heute nicht mehr. Früher da- gegen wurde Methylalkohol wegen dieser Eigenschaften als Dena- tnrierungsmittel für den Brennspiritus verwandt. Der jetzt fabri- zierte azetonfreie Methylalkohol riecht nur ganz schwach aromatisch. R.-A. Dr. Puppe: Methylalkohol hat die Formel CH-OH, be­steht also aus einer Verbindung von Kohlenstoff. Wasserstoff und Sauerstoff. Nun hat der Sachverständige Dr. Förster hier gesagt, daß derartige Stoffe, wenn ihre chemische Verbindung geändert bezw. ein Teil ihrer Verbindungen erhöht wird, giftige Eigenschaf. ten annehmen können. Ist dies nicht durch den Zusatz irgendwelcher Stoffe, wie z. B. der Essenzen, möglich? Dr. Jeferich: Nein, denn die ätherischen Oele in den Essenzen gehen mit dem Methyl- alkohol keine neuen Verbindungen ein, sondern lösen sich nur auf, wie z. B. Salz in Wasser. Staatsanwalt Dr. Gutjahr beantragt den Antrag auf Ver- togung abzulehnen. Rechtsanwalt Dr. Werthauer teilt mit, daß Rechtsanwalt Dr. Alsberg auf einige Tage verreisen müsse und für ihn Rechts- anwalt Dr. Brederea eintrete. Der Gerichtshof zieht sich hierauf zu längerer Beratung zurück. Der Borsitzende verkündet nach deren Beendigung: Der Antrag auf Aussetzung der Berhandlung wirb abgelehnt. Dagegen soll auf die Beweisanträge betr. die Essenzen eingegangen werden. Das Gericht behält sich aber vor, den Umfang der Beweisaufnahme zu bestimmen und die Sachverständigen zu benennen. Diese werden aber vor Montag über 8 Tage nicht zu laden sein. Was die Haftentlassung des Dahle betrifft, so wird die Vorfrage zu stellen sein, welche Kaution gestellt werden soll. Staatsanwalt Dr. Gntjahr: Ich bemerke hierzu, daß die Beschwerde des Dahle über die verweigerte Haftentlassung gegen eine Kaution von 2000 Ndark vom Kammergericht verworfen worden ist. Der Gerichts­hof beschlieht: Der Haftbefehl gegen Zastrow wird aufgehoben, die Haftentlassung des Angeklagten Dahle wird von der Stellung einer Kaution von 6000 M. abhangig gemacht; die Haftentlassung deS Angeklagten Mcyen wird abgelehnt. Ueber die übrigen Beweis- antrüge soll später befunden werden. Die Anklagefälle, die in der Nachmittagssitzung verhandelt wurden, boten lein anderes Bild, als die vorhergegangenen. Es handelte sich überall um plötzlich eingetretene Todesfälle unter den auch bei den übrigen Fällen beobachteten Symptomen. In ein- zelnen dieser Fälle sind die Leichen erst mehrere Wochen nach dem Tode exhumiert worden und waren schon in einen hohen Grad der Fäulnis übergegangen, so das; die Gerichtsärzte Dr. Hoffmann und Dr. Stürmer nur ein bedingtes Gutachten dahin abgeben konnten, dah die Methylalkoholvergiftung als Ivahrscheinlich hinge- stellt werden müsse, weil Dr. Jeserich bei der chemischen Unter- suchung das Vorhandensein von Methylalkohol festgestellt hatte. Als Zeuginnen traten in rascher Folge die schwarzgekleideten Frauen auf und erzählten mit geringen Unterschieden die Leidens- geschichte der ihnen so jäh geraubten Ernährer. Unter ihnen be- fand sich auch die Witwe eines Drogisten, der sich aus 60 Gramm angeblichen Weingeistes, 40 Gramm Zuckerlösung und einigen Tropfen Arrak-Essenz einen Schnaps gebraut und davon getrunken hatte. Auch die Zeugin hat einen Schluck davon genossen. Der Ehemann sei sehr bald darauf sehr unwohl geworden und sei unter fürchterlichen Qualen, Luftnot, Schstörungen usw. gestorben. Ter Verstorbene hatte Methylalkohol im eigenen Geschäft zur Her- stellung von Parfümerien usw. schon verwendet, den Weingeist, den er zur.Herstellung des verhängnisvollen Schnapses verwandte, hatte er alsSprit" gekaust. In diesem Falle wie in einigen anderen geht das Gutachten der Medizinalräte Dr. Hoffmann und Dr. Stürmer bestimmt auf Methylalkoholvergiftung, nachdem Dr. Jeferich und RegierungSrat Dr. Juckenack über ihre Fest- stellungen berichtet hatten; in anderen Fällen, insbesondere in denen, wo eine Obduktion nicht stattgefunden hat, konnten die �sachverständigen nur mit Wahrscheinlichkeiten rechnen. Staats­anwalt Dr. Gutjahr: Wir haben zur Schonung der Familien- gefühle nicht die Ausgrabung aller in Frage kommenden Leichen veranlaßt. Ich hatte geglaubt, daß mancher Fall auch ohne Ob- iduktion festgestellt werden könnte. Die Schonung des Familien- gefiihls bewirkt nun vielleicht, daß eine Anzahl Fälle nicht fest- gestellt werden kann. Vorsitzender: Kann unter diesen Um- ständen nicht auf ein« ganze Anzahl von Zeugen verzichtet werden, wenn die Staatsanwaltschaft auf diese Fälle kein Gewicht mehr legt? Rechtsanwalt Dr. Wcrthauer erklärt, nicht auf die Zeugen verzichten zu können. Er ist der Meinung, daß sich die Obduktion der Leichen nicht vermeide« lasse. Es sei' doch möglich, daß die Obduktion ergibt, daß der Tod, der unter denselben Erscheinungen eingetreten ist, doch auf andere Ursachen zurückzuführen sei, und ich beantrage deshalb, die Augen- scheiiinahrne durch Obduktion vornehmen zu lassen. Nach kurzer weiterer Bewcisauftiahmc wird die Sitzung auf Sonnabend 0 Uhr vertagt. Gegen die Ablehnung des Haftentlassungsantrages für Mehen hat Rechtsanwalt Dr. Joffe sofort Beschwerde beim"Kammergericht geführt und für Meyen Kaution angeboten. Jim der parte!* Internationale Propagandafahrten. Paris  , 3. April. fEig. Ber.) Der außerordentliche Eindruck der am Sonntag abgehaltenen ftanzösisch-deutschen Versammlung ver- anlaßt Genossen Sembat, einen Gedanken, den er schon auf dem Parteitag in St. Ouentin formuliert hat, wieder aufzunehmen. Er schreibt in der heutigenHumanitö":.Ich möchte, daß in ganz Deutschland   wie in ganz Frankreich   gemischte Mannschaften deutscher und französischer Redner, Reichstagsabgeordnete und Deputierte, Journalisten und Gewerkschaftler zusammen vor der Menge erscheinen. Durch ihre bloße Gegenwart, Seite an Seite, Hand in Hand, würden sie die Solidarität der beiden Völker bezeugen. Es ist etwas ganz anderes, sie von Landsleuten oder durch den Mund eines aus dem Ausland gekommenen Genossen, eines Beauftragten des Landes, das man uns als SchreckenSbild hingestellt hat, verkünden zu hören- Man stellt uns gegenseitig als Chauvinisten hin. Wäre nicht die beste Antwort darauf, gemeinsam in den Städten Frankreichs   und Deutschlands   unsere gemeinsamen Ideen über den Blödsinn der Kriege und die solidarische Allianz der beiden Völker darzulegen? Ich habe immer geglaubt und glaube es seit Sonntag noch fester, daß man auf diese Art sehr rasch eine starke Strömung der öffen:" lichen Meinung zugunsten des Friedens hervorrufen würde." Die belgische Partei wird am Sonntag in Brüssel   ihren 27. Jahreskongreß abhalten. Eingeleitet werden die Verhandlungen durch eine große Volks- Versammlung mit der Tagesordnmig:»Die Wahlen der End- kämpf." Als Redner sind vorgesehen die Genossen Anseele, Furnemont, Debunne, Pepin, Demblon, Vandervelde   und der Vertreter des deutschen Parteivorstandes, Genosse Müller. Paul Brousse   gestorben. AlS Direktor des Asyls von Ville-Evrard ist in Paris   Paul Brousse   gestorben, der einst in der Geschichte der Internationale und deS französischen   Sozialismus eine bedeutende Rolle gespielt hat. Brousse war 1844 in Montpellier   geboren. Nach dem Fall der Kommune mußte der junge Sludent der Medizin, der dort eine söderalistische Erhebung zur Unterstützung der Pariser versucht hatte, flüchten. Fn der Schweiz   geriet er dann ganz unter den Einfluß des Bakumsmus, für den er in der Iura-Föderation mit Leiden- schaft tätig war. Er redigierte damals französische und deutsche Anarchistenblättchen und wurde auch in Zürich   wegen Aufreizung zum Monarchenmord verurteilt. Nach der Amnestie ging er nach Frankreich   zurück, wo er mit JuleS Guesde   an der Konstituierung des Parti Ouvrier arbeitete, aber rasch in das Fahrwasser des seichtesten Opportunismus geriet. Die Richtung, die er begründete, hieß der PossibiliSmuS oder auch nach ihm der.Broussismus". Es kam zum vollständigen Bruch mit der Arbeiterpartei, Brousse behielt aber in Paris   einen Anhang, der im Gemeinderat sogar eine an« sehnliche Vertretung hatte. Er selbst war 18 Jahre lang Gemeinde- rat und hat fich als solcher nicht wenig Verdienste um die Arbeiter- bevölkerung erworben. An der Gründung der geeinigten Partei nahm er teil. Als er aber ILO« in die Kammer gewählt wurde, nahm er auf die Fraktionsdisziplin keinerlei Rücksicht und stimmte in den wichtigsten Fragen mit den Regierungsrepublikanern. Es war nicht gememe Streberei, die ihn leitete, seine Wandlungen keine .Anpassungen" im Briandscken Sinne, sondern die natürliche Eni- Wickelung eines in seinem Wesen stets kleinbürgerlichen Revolutionärs. 1910 wurde er nicht mehr gewählt. Aus den Organifatione«. Der Sozialdemokratische Verein für den Wahl- kreis Bielefeld-Wiedenbrück hielt am Sonntag feine Ge- neralverfammlung in Bielefeld   ab. Der Verein zählte am Schlüsse des Jahres 1911 6703 Mitglieder, davon bW weibliche, gegen 6175 söI3) am 30. Juni; mithin Zunahme 528. Die Kasse hatte an Einnahmen im 2. Halbjahr 1911 inkl. 3788,91 M. Bestand 14 766,72 Mark aufzulveifen, an Ausgaben 13 186,94 M., blieb Bestand 1579,78 Mark. Der NeichstagSwahlkampf hat 19 292,31 M. Kosten vex- ursacht. ES kamen 24 Flugschriften in 393 400 Exemplaren, 46 250 ReichStagSwähler" und 24 000 Exemplare der.VolkSwacht" zur Verbreitung, ferner 38 100 Handzettel für Versammlungen und 340 000 Stimmzettel. 56 Versammlungen wurden abgehalten; außerdem im letzten Halbjahr 92 Mitglieder, und 7 öffentliche Versammlungen. Unsere Stimmenzahl stieg von 13 642 in 1907 auf 17 287.Bolkswacht"-Abonnenten sind eS im Kreise jetzt übvr 10 000. In 13 Kommunen beträgt die Zahl der sozialdemokratischen Vertreter 46, davon 10 in der 2. Abteilung.   Zum Schlüsse re­ferierte Genosse Severing über die politische Lage. Die Maifeier beschäftigte am Dienstagabend die Versammlung deS Sozialdemo- kratischen Vereins in Lübeck  . Es wurde beschlossen, eine Morgen- Versammlung abzuhalten und nachmittags einen Demonstrationszug uach dem benachbarten Ausflugsort Jsraelsdorf zu veranstalten. Bemerkenswert ist, daß die Behörde der Sozialdemo- kratie in diesen, Jahre erstmalig einen staat- lichen Play zur Abhaltung der Feier zur Ver- f ü g u n g stellt, auf dem nach Ankunft des Festzuges in Israels  - dorf die Ansprache gehalten und Spiele arrangiert' werden sollen. Noch bei der letzten Maifeier wurde die Hergabe eines staatlichen Platzes für dieses Fest von der Behörde rundweg abgelehnt, was von unseren Genossen in der Lübecker   Bürgerschaft scharf kritisiert wurde. Diese Kritik hat anscheinend sehr gefruchtet. Zurückweisung. Ein am 2. April im.Vorwärts" erschienener Bericht über eine Stuttgarter   Parteiversammlung läßt.eine ganze Anzahl Redner" ausführen, es sei.ein»»haltbarer Zustand, daß ein Genosse, der ein Reichs- und Landtagsmandat inne habe, zudem noch die Chef- redalteurstelle bekleide, über Sitzungen von Landtagskommissionen an ein bürgerliches Korrcspondenzbureau Berichte liefere. das eigene Blatt dann die Korrespondenz abonnieren müsse, um die Berichte des Chefredakteurs zum Abdruck bringen zu können". Eine entsprechende Resolution sei angenommen worden. Diese Beschuldigung ist gegen mich ge- richtet, der ich an der Versammlung nicht teilnehmen konnte, da ich an demselben Abend in Norddeulschland ein Referat zu halten hatte. Ich werde die erste Gelegenheit wahrnehmen, den Instanzen, die von mir Rechenschaft zu verlangen haben, klaren Wein einzuschenken über den wahren Sachverhalt. An dieser Stelle möge mir nur die Fest- stellung gestattet sein, daß die obige Behauptung eine grobe U n- w a h r h e i t ist, die ihr Urheber wider besseres Wissen ver- breitet. Stuttgart  , 3. April 1912. Wilhelm Keil  . Jugendbewegung. Klerikale Jugenderziehung. Während die Jugendorganisattonen und Jugendausschüsse unserer Richtung energisch den Kampf gegen den Alkohol aufgenommen haben, spielt bei den Frommen dieses VerdummungS- mittel natürlich seine Rolle neben den anderen. So hat die katholische M i t t e l s ch u l kartellverbindung Rhaetia ihr Stiftungs  - fest in Innsbruck   drei Tage lang gefeiert. Dabei war ein Kommers, ein Frühschoppen und ein Salvatorrummcl. Also drei Tage Suff. Die Mittelschulkartellverbindung Thuiskonia in Wien  hat in ihren Satzungen von 1911 als§ 11:.Es wird fortgesosien I' Da» gibt dann die Gehirne, wie mau sie für die ftaatSerhaltenden Zweite braucht. Jnngdeutschland. Der Garnisouskommandeur einer kleinen ostpreußischen Gar- nisonsstadt begann seine diesjährige Kaisergeburtstagsrede mit dem Bedauern darüber, daß die fällige Kaiserparade leider diesmal ausfallen mutzte..Ich wollte", so sprach er,die ganze Wehrkraft unseres Volkes Ihnen vor Augen führen: in der Truppe die wehr- Pflichtige, waffenfähige Mannschaft, im Kriegerverein die alten gedienten Soldaten, im I u n g d e u t s ch la n d- B u.n d und in den Schulen das heranwachsende Geschlecht." Leider war die Macht der Natur stärker als der Wille des Herrn Generals: ein gewal- tiger Schneesturn, verwehte die Straßen über Nacht und ver- hinderte nicht nurdas heranwachsende Geschlecht" und diealten gedienten Soldaten", sondern auch diewehrpflichtige, Waffen- fähige Mannschaft", an der üblichen Parade teilzunehmen. Dieser neueste Jugendbund, der hier schon zwischen Krieger- vereinlern und Soldaten paradieren sollte, wurde erst zwei Monate früher, am 13. November 1911, in Berlin   gegründet und ließ am 1. April d. J.'die erste Nummer der halbmonatlichen illustrierten Bundeszeitschrift:Der Jungdeutschland- B u n d" erscheinen. Der Herr Generalfeldmarschall Dr. Freiherr v. d. Goltz gibt uns im Leitartikel der ersten Nummer selber Aus- kunft über die Fragen: Was will und soll der Jungdeutschland- Bund? Der Bund soll angeblich kein politischer Verein sein, denn Politik und Parteiinteresse» loerden von dem Betriebe des Jungdeutschland-Bundes mit Strenge ferngehalten werden." Aber nur ein starkes und frommes Geschlecht, das erfüllt ist von dater- ländischcm Geiste, das treu zu Kaiser   und Reich steht, wird im- stände sein. Teutschland siegreich durch die Stürme zu tragen, die ihm nicht erspart bleiben werden." Aus den schönen Worten hört man dieselbe heuchlerische Mc- lodie, die aus den Tiraden derunpolitischen" Kriegervereine heraustönt. Weiß Herr v. d. Goltz nicht, daß im neuen Deutschen Reichvaterländische Gesinnung" nur denen zugebilligt wird, die die Geldsacks- und Herrschaftsinteresscn der besitzenden Klassen mit Schafsgeduld alsgottgewollte" Einrichtungen hinnehmen? In diesem Sinne erklärt der Bundfür sein hauptsächlichstes Arbeitsfeld die körperliche EntWickelung von Deutschlands Jugend", ein Ziel, das freilich auch die anderen Jugendvereine auf ihre Fahnen geschrieben haben. Damit nun keine Konflikte entstehen und jeder weiß, was er zu tun hat, wird in einem weiteren Ar- tikel,Hand in Hand", bewiesen, daß die neutralen Sport- und Spielvereine eigentlich nur für die körperlich besonders Be- gabten, dagegen die konfessionellen Vereine nur für die religiös­sittlich Begabten bestimmt sind, während die überwiegende Mehr- zahl der Jungen beiseite steht.Um diese Beiseitestebenden zu gewinnen, ist es nötig, an Eigenschaften und Interessen anzu- knüpfen, die in der Mehrzahl der Jungen schlummern, d. h. an ihre allgemeine männliche Eigenart und ihren kriegeri- scheu Instinkt." Also mit einem Wort: Der Hauptzweck des Bundes istdie kriegerische Uebung", oder in ehr- lichem Deutsch   ausgedrückt: das Zurechtstutzen für den künftigen Kasernendrill. Darum sind Unter- offiziere der Linie und des Beurlaubtenstandes als Ab- teilungsführer, aktive Offiziere als Vorsitzende der ein- zelnen Ortsvereine bestimmt, während Oberstleutnants, Re- gierungSräte und Generäle als Vertrauensmänner der Provinz- und Landesorganisationen fich betättgen. Darum finden dieKriegs- und Sportspiele. Geländeerkundigungen, Marsch- und Lauf-, Abkoch- und Lagerübungen zum Teil auf dem.Kasernenhofe statt, und die Regimenter stellen Zeltbahnen, Kochgeschirre und Musik zur Verfügung; darum werden in den Exerzierhäusern Festspiele aus dem Leben Friedrichs des Großen schalten und Lichtbildervorträge überUnsere Helden tu Südwest". Der Jungdeutschland-Bund ist also dazu bestimmt, den Volks- schuldrill und Fortbildungsschuldrill zu ergänzen; er soll die letzte Lücke ausfüllen in dem gewaltigen Ring, der den preußisch-deut- schen Untertan von der Volksschule bis zum Kriegerverein, von der Wiege bis zum Grabe umflamm ert hält! Dieser militaristische Endzweck des Bundes genügt gber der BundeSleiwng noch lange nicht; denn nach dem Geständnis des Herrn Generalfeldmarschalls wird der Bund neben der werbenden eine vereinigende und eine ergänzende Hilfstätigkeit entwickeln. ..... Durch Hinweise auf die zweckmäßigsten Mittel zur Kräfti- gung und Stählung der Jugend und damit auch zur Steige» rung der Wehrkraft der Nation", wird der Bund suchen, der praktischen Jugendpflegearbeit aller Verein«eine gemeinsame Richtung zu geben", damit endlich auch die konfessionellen und neutralen Jugendvereine aller Schattierungen den nötigen mili- tärischenvaterländischen" d. h. sozialistenfeindlichen Schliff bekommen, im Sinne de? berühmten borussischen Ministerial- erlasses, im Sinne des Herrn Generalfcldmarschalls Dr. Freiherr von der Goltz._ Soziales. Wie hat ein taubstummer Wähler feine Stimme abzugehen? Ueber diese noch unentschiedene Frage äußerte sich in seiner letzten Sitzung der Potsdamer Bezirksausschutz bei Verhandlung einer Klage gegen die Gemeindevertretung in Sachsenhausen  . Am 22. März v. I. fand dort für die 3. Abteilung eine Gemeindever- tretertvahl statt. Ihr Ergebnis wurde von dem Wäschefabrikanten Kühl und dem Arbeiter Karl Leue angefochten. Beider Einspruch wurde aber verworfen. Die Kläger   drangen mit ihrem Begehren aber beim Kreisausschuß durch. Sie wendeten ein, daß durch die Nichtberücksichtigung einer Vollmacht und durch die Zurückweisung eines taubstummen Wählers das Wahlergebnis beeinträchtigt und demnach die Wahl für ungültig zu erklären sei. Der Tat- bestand, der in der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurde, ergab allerdings ein recht sonderbares Ansinnen des Wahlvor- steherS. Als der Taubstumme an den VorstandStisch herantrat, um einen Zettel zu überreichen, der die Namen der Kandidaten verzeichnet enthielt, die der sprachlose Wähler wählen wollte, er- flärte der Wahlvorsteher, die Wahl müsse mündlich vollzogen werden. Das war dem Bedauernswerten, der sein Bürgerrecht geltend machen wollte, unmöglich Es kam aber gerade auf die Stimme des Taubstummen" an. Der Kreisausschuß hielt zuerst den Eintvand der Kläger   hinsichtlich des Wahlresultatcs für un- begründet. In der mündlichn Verhandlung wurde er aber eines Besseren belehrt. Nun dekretierte diese Instanz, ein taubstummer Wähler könne unbedingt in gesetzlich gültiger Weise seine Stimme abgeben, wenn er seinen Namen auf den Zettel schreibe, auf dem die Namen der Kandidaten stehen. Einer besonderen Formalität oder gar der Zuhilfenahme eines stimmberechtigten Wählers be­dürfe es nicht. Der»Vertreter der Gemeindevertretung wandte ein, der taubstumme Wähler hätte nicht dem Wahlvorsteher seinen Willen kundgeben dürfen, die auf dem Zettel stehenden Kandidaten- namen abzulesen, sondern hätte sich die Unterstützung eines Wählers sichern müssen. Der Bezirksausschuß hielt den Wahlvor- stehcr nicht für berechtigt, aus diesem Grunde den Taubstummen von der Ausübung seines Wahlrechtes auszuschalten und seine Stimmabgabe zurückzuweisen und erklärte, da auch der andere Grund durchgreifend war. in Uebereinstimmung mit dem Kreis- ausschuß die Wahl von Sachsenhcrusen für ungültig. Gegen die schriftliche Stimmabgabe eines Taubstummen ist also nichts ein- zuwenden._ Hus Industrie und Kandel Bergmann Siemens-Schuckert  . Die Tatsache, daß die Bergmannwerke sich dem Siemens- Schuckert  -Konzern anschließen müssen, war seit einiger Zeit be- kannt. Man hat daraus mit Recht gefolgert, daß die Bergmann- werke ihre Selbständigkeit damit aufgeben und daß weiter der Monopolisierung der ElektrizitätSinduftne die Wege gebahnt seien.