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satzung oder der ZwischenbeckSpassagiere handelt, ist um so größer, als es sich bestätigt, daß nur Passagiere der ersten Klasse sowie Frauen und Kinder gerettet worden sind. Paris  . 16. April. Den ganzen heutigen Tag über wurden die Bureaus der White Star  -Linie in der Rue Scribe von einer ungeheuren Menschenmenge, unter der sich hauptsäch« lich Engländer und Amerikaner befanden, belagert. Alle versuchten Näheres über das Schicksal ihrer auf dem Unglücks- dumpfer befindlichen Familienmitglieder zu erfahren, jedoch konnte ihnen naturgemäß noch keinerlei genaue Auskunft gegeben werden. Die Direktion hofft jedoch, in 2 bis 3 Tagen einegenaue Lifte der Uebcrlebenden sowie der ertrunkenen Passagiere herausgeben zu können. öeneraktii'ektoi' Kallin Uber clas CInglüch. Infolge mehrfacher an ihn gerichteter Anfragen um Mit- teilung seiner Ansicht über die Ursache deS Untergangs des Dampfers Titanie" äußerte sich der Generclldirektor Ballin einem Vertreter desWolffschcn Telcgraphen-Buraaus" gegenüber wie folgt: Im gegenwärtigen Augenblick ist es natürlich noch unmöglich, eine be- stimmte Ansicht über die Ursache des Unterganges der«Titanic  " zu cinßern, man kann nur sagen, daß die Schiffahrtsgesellschaften auch aus diesem Unglück lernen werden, und daß sie au Hand dieser traurigen Erfahrungen trachten müssen, die weit- geheudjten modernen-icherheitseinrichtunaen noch zu verbessern, die nach unserer Ansicht und nach der Ansicht der KlcrssifikationS- gefellschaften das bisher mögliche und erreichbare Matz von Sicher- heit schon geschaffen hatten. Daß die Katastrophe mit der Größe, der Geschwindigkeit und der Art des Schiffes an sich nichts zu tun hatte, liegt für jeden einsichtigen Menschen auf der Hand. Ebenso ist es meine feste Ueberzeugung, daß auf derTitanic  " alle modernen Sicherheitsvorrichtungen vor- Händen gewesen sind. Waruin sie nicht ausgereicht haben, das Schiff bor dem Untergang zu bewahren, ist eine Frage, die man im Augenblick noch nicht beantworten kann, sondern erst, wenn die genaueren Berichte über die Katastrophe vorliegen und von be- rufener Seite geprüft sind. Dann wird man daS Ergebnis auf das genaueste studieren, um, foweit das in Menschenkraft steht, Schlußfolgerungen für die weitere Verbesserung der Sicher- heilScinrichtungen daraus zu ziehen. Seilelclskanclgedungen cler Parlamente. Im Deutschen   Reichstage hat der Präfident Kaempf fit der heutigen Sitzung der Trauer über das ungeheure Unglück beredten Ausdruck gegeben. Zu Beginn der Sitzung führte er unter tiefem Stillschweig«! aus:,Bevor wir in die Tagesordnung ein- treten, glaube ich dem Schmerze darüber Ausdruck geben zu müssen, daß ein großes Schiffs unglück Hunderte von Menschen- leben, ja vielleicht mehr als tausend verschlungen hat. Ter DampferTitanic  ", der englischen White Star  « Linie gehörig, ist untergegangen und hat viele Menschenleben in seinen Schiffbruch hineingezogen. Wir sprechen unser schmerz- liches Bedauern aus über da» Unglück, daS in erster Linie daS englische STolf betroffen hat, in zweiter Linie all die Rationen, die Angehörige auf dem Schiffe haben. Sind wir doch nicht sicher, daß nicht auch unsere Nation unter dem Unglück schwer zu leiden hat. Ich danke Ihnen für den Aus- druck des Bedauerns und des Schmerzes, den Sie dadurch bewiesen m.habeii, daß Sie sich von den Plätzen erhoben haben." Im englischen Unterhaus« verlas Premierminister -A s q u i t h unter ticfetn Stillschweigen die Meldung der White "Star Line über den Untergang derTitanic  " und sagte dann: Ich bin betrübt, daß wir gezwungen sind, einem jener fürchterlichen Ereignisse gegenüberzutreten, die manchmal im Rate der Vorsehung beschlossen sind, die unsere Vorsicht zunichte machen, die die kühnste Phantasie sich nicht ausdenken kann, und die uns cnlpfinden läßt, wie arm unsere Worte sind, wenn wir in solchem Augenblick sagen wollen, was wir fühlen. Wir können nur unserer Belounderung dafür unvollkommenen Ausdruck geben, daß die besten Traditionen der See beobachtot worden zu sein scheinen, daß willig Opfer dargebracht wurden, um denen, hie am wenigsten imstande waren, sich selbst zu helfen, dst« größte Aussicht auf Rettung zu verschaffen, und daß wir tiefe« Mitgefühl mit denen haben, die so plötzlich ihrer liebsten und nächsten An- gehörigen beraubt worden sind. frühere Schiffdbataftrophen. Endlos ist die Zahl der Schiffskatastrophen, Tausende von Menschen haben bei dem Untergang von Schiffen ihr Leben ein- gebüßt, aber noch nie sind bei einem SchiffSuntcrgang soviel Menschen ums Leben gekommen wie bei dem derTitanic  . In der Zahl der Menschenopfer kommt dem letzten Unglück am nächsten der Brand und Untergang des BergnügungSdampferSGeneral S l o r u m" im New Aorler Hafen, bei dem im Juni 19CU über 1000 Menschen ihr Leben einbüßten. Im Jahre 1902 ertranken bei dem Untergang des englischen DampfersC a m o r t a" 73V Personen. Mit über 600 Ertrunkenen ist der Verlust des norwegischen AuswandererschifsezN o r g u" zu buchen, das<m Juli 1904 unterging. Bei dem Untergang derE l b e" am 80. Jgnuar 1896 fanden 375 Menschen den Tod in den Wellen. Der Untergang des Hamburger DampfersTtmbria" im Januar 1883 kostete beinahe 500 Menschen das Leben. Noch größer war die Zahl der Opfer bei dem Untergang des englischen Dampfers..Alice", mit dem im Jahre 1873 etwa 600 Menschen ihren Tod in den Wellen fanden. Ter Untergang deö spanischen DampfersR e i n a R e ge n t a" im Jahre 1395 kostete 435 Paffa- gieren das Leben. Gehen wir in der UngliickSliste weiter, so finden wir noch folgende Daten: Am 28. Mai 1895 der französische  DampferDon Pedro" mit 103 Personen; am 3. Dezember 1895 das AuswandererschiffSalier" mit 279 Personen; am 17, Juni 1896 das englische SchiffDrumond Castle" mit LS3 Personen: am 4. Juli 1398 der französisch« DampferBour- gogne" mit 5 70 Personen: am 16. Dezember 1900 das deutsche   KriegsschiffGneise na u mit 46 Personen; am 26. Juni 1901 der DampferCity ofRio deJaneiro" mit 160 Per- souen; am 7. Juni 1903 der französische   DampferLi bau" mit 122 Personen; am 10. September 1905 Admiral Togos   Flagg- schiffM i k a f a" mit 599 Menschen Bemannung: am 18. No- vember 1905 der englische   DampferHilda" mit 93 Personen; am 23. Januar 1906 der Brasilianer..A q u i d o b a n" mit 196 Personen; am 4. August 1906 der italienisch-spanisch« Auswanderer S i r i o" mit 3 8 5 Me n j ch e n; am 25. Februar 190? der englische  Dampfer.Berlin  " mit 170 Personen; am 12. März 1907 die französischeJena  " mit 118 Mann; am 20. Juli 1907 die kalifor- iiischeC o l u m b ia" mit 150 Personen; am 23. März 1908 der japanische DampferM a ku M a r u" mit 300 Personen; vier Wochen später wieder ein japanisches Schiff, der Schulkreuzer M a t u s h i m a", mit 200 Mgim; am 7. November 1908 der japanische DampferTaish" mit 150 Personen; in demselben Monat dieSordini a" mit 156 Personen; am 19. Februar 1909 der Hamburger Dampfer Presidente Noca" mit 100 Passa- gieren; am 14. November 1909 der JndienfahrerLa Sehne" mit IIB Personen; am 10. Februar 1910 der französische   Dampfer General Chancy" mit 150 Personen; am 20. April 1910 der englische   DampferAurora" mit 187 Personen, er, ickirockend' groß die Zahl der untergegangenen Schiffe ist. stellt die obige Liste doch nur einen kleinen Prozentsatz aller Schiffs- latastrophen dar. eine beckeutungsvolle AaHI. Paris  , 14. April.  (Eig. 33er.). Die geeinigte sozialistische Partei hat heute ein neues Mandat errungen. Nach leidenschaftlichem Kamps hat sie den Radikalen das 14. Ilrrondissement im zweiten Wahl- gang abgenommen. Gewählt ist Genosse Bracke mit 6281 Stimmen, sein radikaler Gegner bekam 6052, eindemokrati­scher Republikaner  " 636 Stimmen. Die Umstände, worunter sich diese Wahl vollzog und ihre Wichtigkeit für die ganze innere Politik Frankreichs  , fordern eine eingehende Be- sprechung. Das Mandat war durch den Rücktritt des ehemaligen Kriegsministers M e s s i m y frei geworden, der einen Sefdst- torensitz des Departements Ain, wo ihm ausgedehnte Fw milienbeziehungen das Mandat assekurieren, vorgezogen hatte. Die Sozialisten haben schon wiederholt den Wahlkreis, der einen nicht unansehnlichen Prozentsatz von Arbeiterwählern und sehr viel öffentliche Angestellte und allerhand Angehörige desneuen Mittelstands" umfaßt, bestürmt, ohne jedoch die Stellung Messtmys, der zum linken Flügel des Radikalismus gehört und besonders in kolonialpolitischen und militär- politischen Fragen eine reformfreundliche Gesinnung an den Ta� gelegt hatte, erschüttern zu können. Diesmal griff die geemigte Partei mit aller Kraft ein. Ihr Kandidat war Genosse Bracke, der zu den bekanntesten Parteimitgliedern gehört. Bracke, der mit seinem bürgerlichen Namen DeS- rousseaux heißt und von Beruf Hochschulprofcssor ist Bracke ist der Familienname seiner Mutter gehört der marxisti­ schen   Gruppe der Partei an und gilt sozusagen als der Leut­nant Jule G u e s d e s. Er vertritt seine Anschauungen be- sonders auch als Leitartikler derHumanitä" und Redakteur desSocialisme  ". Ein ausgezeichneter Kenner besonders der deutschen   Sozialdemokratie, hat er zahlreiche Broschüren und Revuen-Artikel aus der deutschen   Partciliteratur übersetzt. Auf den Parteitagen ist er einer der streitbarsten Wortführer seiner Richtung. Im ersten Wahlgang, am 31. März, bekam Bracke 4613 Stimmen. Sein Hautpgegner, der Radikalsozialist Cha- t e n e t, für den alle Preß- und Korruptionsmittel des Be- zirkswahlrechts arbeiteten, überflügelte ihn mit 5210 Stim- men, ein progressistischer Kandidat brachte es auf 2285, ein Monarchist auf 849, einunabhängiger Sozialist" auf 671, ein Individualist auf 169 Stimmen. Die nun folgende Wahlkampagne, die den heftigsten gehört, die in Paris   seit vielen Jahren geführt worden sind, änderte das politische Bild vollständig. Denn hatten bis zum ersten 3Vahlgang die allgemeinen politischen und sozialen Prinzipien in der Slgitation den Ausschlag gegeben, so trat nun die Frage des Proporzes in den Vordergrund. Zu- nächst trat der progressistische Kandidat zu- rück und bat seine Wähler, ihre Stimmen demjenigen der übrigbleibenden Wahlwerber zu geben, der dem Proporz- Prinzip am festesten ergeben sei. Damit war natürlich Genosse Bracke gemeint. Herr Chatenet entdeckte aber auf einmal, daß er der glühendste Proportionalist sei und daß seine Anschau- ungen iibep dix Wahlreform mit denen desVaters" des Pro- porzes, des Abgeordneten B e n o i st, durchaus übereinstimm- ten. Worauf ihm Herr Benoist eine wuchtige Ohrfeige der- setzte, indem er in einem offenen Brief erklärte, daß er für die erprobten und nicht für die neugebackenen Reformsreunde sei. Der bestürzte Herr Chatenet appellierte nun vom zornigen Vater des Proporzes an den wohlwollenden Onkel, den Radi- kalsozialisten Herrn Ferdinand B u i s s o n, Präsidenten der Wahlreformkommisfion, der ihm denn auch ein Wohlver- haltungSzeugnis in Proporzdingen ausstellte. Da aber Herr Chatenet trotzdem auf die Stimmen der Konservativen nicht mehr rechnen konnte. Verlegte er sich um- so nachdrücklicher auf die Verleumdung der sozialistischen   Par- tei und ihres Kandidaten, die er gleichzeitig als Bundes- genossen der eben erst umworbenenReaktion" und als An- Hänger desLandesverrats", der Sabotage usw. hinstellte. Keine Lüge war der radikalen Sippe zu schmutzig und zu albern. Herr Chatenet scheute sich nicht, Bracke als Anarchisten" zu bezeichnen, trotzdem gerade Bracke in der Partei zu den allerschärfsten Gegnern jeder Vermengung mit den Anarchisten gehört und jahraus, jahrein Artikel über die Notwendigkeit der Eroberung der politischen Macht schreibt. Die unredliche Taktik der Radikalen hat nicht verhindert, daß die Wahlkampagne einen großen Zuq bekam. Die sozia- listische Parteiorganisation des Bezirks leistete eine in Frank- reich ungewöhnliche Kleinarbeit, dieHumanitä" brachte ihre propagandistifckie Kraft ins Spiel und in mächtigen.Wähler- Versammlungen griffen die ersten Redner der Partei, Jaurds, Vaillant und andere ein. Der Wahlausfall ist von großer politischer Bedeutung, vor allem für den Kampf um den Proporz. Diese neue Niederlage, die sich der vor 14 Tagen erlittenen anschließt, zeigt den Radikalen, daß die Wahlresorm die Wähler genug stark, interessiert, um die traditionellen Stichwahlgruppierun- gen zu zerreißen und daß die Fortsetzung des Widerstands gegen sie den Zusammenbruch der radikalen Mehrheit her- beiführen muß. Da wird kein Schimpfen über dieAllianz" der Sozialisten mit den genmäßigten Parteien helfen. Die Radikalen haben es jetzt noch in der Hand, eine Wahlreform zu machen, die das Proporzprinzip gemäß ihren Besitzstand- interessen modifiziert. Weigern sie sich weiter und lassen sie sich von Breton noch tiefer in den Sumpf führen, so be- schleunigen sie nur ihre eigene Auflösung und bereiten die all- gemeine Koalition der Proportionalisten für die allgemeinen Wahlen vor. « Die Persönlichkeit des Genossen Bracke interessiert durch einen Lebenslauf, worin sich frühzeitig die Betätigung für die proleta- rifche Sache mit den gründlichsten wissenschaftlichen Bestrebungen paart. Bracke ist 1861 in Lille   geboren. Sein Bater war ein re- volutionärer Chansonnier, der es nicht vermocht hätte, seine vier Söhne studieren zu lassen, wenn ihre Begabung und Arbeitsamkeit ihnen nicht Freiplätze und Stipendien gesichert hätte. 1885 wurde der junge Professor für zwei Jahre nach der französischen   Philo- logenschule in Rom   geschickt. 1891 kam er an die praktische Schule für Hochschulstudien, die an die Earbonne angegliedert ist. Er ist dort jetzt stellvertretender Direktor. Von seinen philologischen Ar- beiten ist besonders die Uebersetznng der Oden des Bacchylides aus einem ägyptischen Papyrus hervorzuheben. Brack«, der auch ein ausgezeichneter Kenner der deutschen Sprache und des deutschen  Geisteslebens ist, hat u. a. NietzschesMenschliches, Allzumensch- liches" übersetzt. In der sozialistischei� Bewegung steht er seit 25 Jahren an hervorragender Stelle. Seit 1900 redigiert er das Zentralorgan >Lc Socialiste". Er ist Mitverfasser des Munizipalprogranims. Den Genogen der Internationale ist er auch durch seine Teilnahme an den internationalen Kongressen bekannt. Im vorigen Jahr hat er die französische   Partei auf dem Jenaer   Parteitag vertreten. politische dederlicbt. Berlin  , den 16. April 1912, Das Reichseisenbahnamt. AuS dem Reichstag  , 16. April. Landesrecht geht vor Reichsrecht! Und deshalb mußte. Da der preußische Eisenbahn- minister Breitenbach den Erwählten des Dreiklassensystems Rede und Antwort zu stehen hatte, der TitelReichseisen- bahnen" gestern v o n der Tagesordnung und der TitelReichs- eisenbahnamt" daraus gesetzt werden. Im Zeichen dieses Titels gab es eine Sitzung, die nicht gerade aufregend und ohne Höhen und Tiefen war Flachland, auf dem die einzelnen Debatter ihre Wortkolonnen exerzieren ließen. Zunächst wandte sich Genosse U l r i ch mit guten und zahlreichen Gründen gegen die preußisch-hessische Betriebsgemeinschaft, durch die Hessen  finanziell ganz außerordentlich geschädigt lverde, und forderte cHie Vereinheitlichung des deutschen Eisenbahnwesens. Nach ihm befaßte sich Herr S ch w a h a ch mit der Frage einer internationalen Zusammenfassung des gesamten Verkehrs und regte, da Nationalliberale sowohl wie auch Kommerzienräte allzeit ein warmes Herz für Arbeiter und kleine Beamte haben und Herr S ch w a b a ch sogar Nationalliberaler und Kommerzienrat ist, eine gesetzliche Regelung der Ruhe- und Dienstzeit des Eisenbahnpersonals an. Der Fortschritllcr Haas, einer der Führer des badischen Liberalismus. wies in einer. Rede, die eindrucksloser blieb. als man Wohl erwartet hatte, auf die Gefährdung der Bahnen durch die übermäßig lange Arbeitszeit der Beamten.hin,>vas dem Eisenbahnamtspräsidenten Wacker- zapv Gelegenheit zu der gemütvollen Bemerkung gab, Kgß der Eisenbahndienst für die Beamten gesundheits- schädigend sei, lasse sich nicht bestreiten, aber durch eine Ver- kürzung Her Dienststunden werde daran nichts geändert. Der Zentrt<msmann S ch i r m e r brach eine reaktionäre Lanze für das. Reservatrecht Bayerns   und nachdem man noch Herrn Behrens von der Wirtschaftlichen Vereinigung über die Elektrisierung der Bahnen, die verbunden sein müsse mit einem Verzicht der Elektrizitätsarbeitcr auf das Koalitions- recht, hatte orakeln hdren, vertagte sich DaS Haus auf Mittwoch 1 Uhr. Zu Beginn der SiHung hatte Präsident Kaempf der bei dem Untergang derTitanic  " umL Leben Gekommene« gedacht. Eisenbahnfinauze«. DaS preußische Abgeordnetenhaus begann Bei seinem Wieder« zusammentritt am Dienstag die zweite Lesung de» EtatS der Eisen« babnverwaltung. Die Debatte drehte sich vorläufig nur um die finanzielle Seite, die, wie von allen Redner» anerkannt wurde, eine ungemein günstige ist. Obwohl nach dem Etats- Voranschlag für 1911 nur 32,5 Millionen Mark dem Ausgleichsfonds überwiesen werden sollten, hat diese Summe in Wirklichkeit die stattliche Höhe von etwa 160 Millionen erreicht. Trotzdem find die Einnahmen in den neuen Etat wieder so vorsichtig aufgestellt, daß der Etat ein richtiges Bild von der glänzende» Entwickelung der Eisenbahnen nicht gibt. Zurückzuführen find die gewaltige« lleber« schüsse In der Hauptsache aus den wirtschaftlichen Aufschwung, in zweiter Linie auf die Dürr« des letzte« Sommer», in de« die Schiffahrt monatelang ganz oder größtenteils daniederlag. Hält die Regierung und hält der Landtag angesichts dieser guten Finanzentwickelung endlich die Zeit gekommen, um Reforme» großen Stils in« Werk zu setzen? Diese Frage muß leider ver« n e i n t werden. Die reaktionäre Mehrheit des DreiklassenparlamentS will davon nichts wissen, und auch der Minister von Breiten« b a ch warnte, obgleich er erklärt, daß die Eisenbohnen in erster Linie ein Verkehrsinstitut, nicht aber ein Finanzwstiwt find, vor einem allzu raschen Tempo in der Frage der Tarifennäßignngen. Solche Maßnahmen dürfen seiner Ansicht nach nur mit großer vor- ficht und nur dann ergrissen werden, wenn ein dringende« Be« dürsni« dazu vorliegt. Auch da, große Heer von Beamten und Arbeitern hat natürlich keinen Vorteil von de» lleberichüssen. di« gesetzgebenden Körperschaften betrachte« die vor drei Jahre« ab» geschlossene Besoldungsreform alS etwas Unantastbare». Im allgemeinen verlief die Debatte trocken. Etwa» Abwechselung brachten in den ruhigen Verlauf nur die Redner der lonservativeu Parteien, von denen der eine.im Interesse der BerkehrSficherheit" ein scharfe? Borgeheu gegen den Tr a nS p orta rb eit er ver- band und die S ozialdemokratie forderte, während ein anderer darüber jammerte, daß die Regierung die Bahnhofs-Buch. Händler nicht anweist, die konservativen Preßorgane dem reisende» Publikum anzudrehen. Daß der Verkauf sozialdemokratischer Schriften auf Bahnhöfen verboten wird, hält derselbe Redner natür« lich für etwas durchaus Bernünftige« und Gerechtes._ Die Vertreter unserer Partei werden erst im weitere» Bertaaf der Beratung, die am Mittwoch fortgesetzt wird, das Wort ergreife». Der bayrische Jesuitenerlah i« der Sa«»« der Reichsräte. J» der heutigen Sitzung der bayerischen Kammer der Reichs- röte kam es zu einer kleinen Jesuitendebatte. Graf Törring  . Jettenbach   führte auS: Auch ich begrüße'Uen Minister des Innern, Freiherrn   v. Soden, da ich fetne msdhaften z» schätzen weiß. Ich begrüße aber auch seine Erne�Mig aus einem anderen Grunde. Ich bin der Ansicht, daß die l-rrc�e sehr weise gehandelt hat, als sie ein Ministerium kreiert M. welche» die gleiche Ueberzeugung teilt wie die Mehrheit der Kammer der Ab» geordneten. Ich glaube, daß wir un« auf diese Weise dem parla« mentarischen System nähern, einem System, das wir auch auf die Dauer weder in Bayern   noch j« Deutsch  « land mehr entbehren können. Ich glaube, daß die neue» Minister bestrebt sein werden, ihr Amt in weiser Mäßigung zu führen, gemäß dem höchsten Auftrage. Ich befürchte aber, daß sie nicht die Kraft haben werden, dem Drucke Widerstand zu' leisten, der auf sie ausgeübt wird von feiten derjenigen Partei, die hinter ihnen steht. Wir haben in dieser Beziehung erst vor wenigen Tagen ein Ostergeschenk be- kommen in der Form des letzten Jesuiten  -rlasses, eines Erlasses, von dessen Nützlichkeit und Notwen« digkeit ich mich bisher nicht habe überzeugen lassen. Es werden aber auch noch andere Fragen an die Minister herantreten, welche von größter Wichtigkeit sind. Frage». welche sich beziehen werden aus die Schule, da« Verhältnis von Staat und Kirche zueinander und auf die weitere Be- Yand-lung der Sozialdemokratie. Bekannterweise wcuen die Arbeiterorganisationen bisher in Bayern   gleich be- handelt worden, wenn sie sich innerhalb deS Rahmens des Jdcchts und der allgemeinen Ordnung hielten. Nun hat das Zentrum dem früheren VerlehrSininifter v. Fraucndorfcr den Vorwurf ge- macht, ax habe diejenige Organisation, die eine Airlehuung habe an die Sozialdemokratie, besonders begünstigt, sine Behauptung, für die es di« Beweise schuldig geblieben ist. In Wirklich-