fmBereien verursacht durch die ununttelbareu Interessenten, dieLieserauten von Armee und Marine, die auch die Presse beherrschen.Früher wurde die Presse als Groß mackt bezeichnet, heutesteht ein großer Teil der Presse unter d e in K o m m a n d o d e sGroßkapitals.Diese großen Interessen haben naturgemäß auch die Regierungs-gewalt veranlaßt, ihr dienstbar zu sein und so sind denn auch dieStaaten in die gegenseitigen Eifersüchteleien des Industrie-und BanlkapitalS hineingezogen loorden. Insbesondere hat Deutsch-land mit besonderem Eifer Weltpolitik getrieben, leider keine Welt-Politik, die auf einen friedlichen Ausgleich und eine ruhigeEntWickelung des Handels ausgeht, sondern eine aggressive undherausfordernde Wcltpolitik. ES sind geradezu seltsame Vor-stellungen über die Entwickelung in weiten Kreisen verbreitet. AlsBeispiel zitiere ich, was ich vor kurzem in einem konservativenBlatte gelesen:„Schafft neue Ideale, erzählt unserer Jugend, vaßneben England Deutschland allein znr Weltherrschaft berufen ist, daßin Afrika ein ungeheures deutsches Kolonialreichgeschaffen werden kann, und daß eS geschaffen werden wird,wenn dieser Gedanke Gemeingut aller Deutschen gewordenist." Solche romantischen Vorstellungen haben in weitenKreisen um sich gegriffen. Kein anderer als der deutscheKaiser hat sich an die Spitze dieser Bewegung ge-stellt, er hat das Wort von den, größeren Deutschland gelprochcn, erhat gesagt, rmsere Zukunft liegt auf dein Wasser, er hat das Tele-gramm abgesandt, worin der Admiral des Atlantischen Ozeans dendes Stillen Ozeans begrüßt— freilich vor der Seeschlacht vonTschutschima. Dadurch mußtedas Mißtrauen Englandswachgerufen werden, und es niußte gesteigert werden durch die Art,wie die Staatsgewalt zugunsten des großen Kapitals gearbeitet hat.Von dem Telegramm an Ohm Krüger bis zum Panther-fprung nach Agadir war die ganze Politik eine der Unsicher-heit, des Tastens, eine Politik ohne klares Ziel. Das ist abergerade in der auswärtigen Politik sehr gefährlich. lSehr richtig!bei deir Sozialdemokraten.) So sind denn jedes Jahr neueKonflikte aufgetaucht, bald knisterte es hier, bald da, eine un-geheure Beunruhigung hat die Völker ergriffen, niemand fühltsich inehr sicher, kaum ist eine Erholungspause eingetreten, ein Aus-gleich in irgend einer Streitfrage gefunden, so geht es gleich lviedervon neuein los, wieder heißt es, jeden Augenblick kann der Kriegausbrechen. Dieser Imperialismus treibt in der Tat die Völker bisan den Abgrund des Krieges. Freilich wenn es so weitgekommen ist, erfaßt die Beteiligten ein Grauen, und wieder suchtman dann einen Ausgleich, eine Ruhepause zu schaffen.Das alles erklärt den gegenwärtigen Zustand der Völker. Auch beiden letzten Verhandlungen über Marokko wurde gesagt, sie würdeneinen Ansqleich mit Frankreich bringe». Aber tatsächlich besteht dieEifersucht der Nationen weiter und aus einer solchen Situationkommen nun die neuen Vorlagen, die wiederum das ungeeignetsteMittel sind, um Ruhe in Europa zu schaffen.(Sehr wahr I bei denSozialdeniokraten.)Der Zustand, von dem ich sprach, wird gekennzeichnet und ge-steigert durch die Kriegshetzcreien gewissenloser unverantwortlicherLeute, die sich nicht genug darin tun können, das Kriegsgespenst an dieWand zu malen. Herr B a s s e r in a n n hat gestern gemeint, auchdie sozialdemokratischen Blätter geben den Chauvinismus in Frank-reich zu. Dort sitzen, meint er, die Leute, die zum Kriege hetzen.Seine Zitate beweisen doch nur, daß wir unseren Lesern wahr-heitSgemäß den heutigen Zu st and schildern, daßwir ihnen sagen, in Frankreich und England gibt es ebenso wie beiunS Kreise, die zum Kriege treiben und den Chauvinismus machen.Es wäre sehr schwer zu sagen, welches Volk den Preis desChauvinisnrnS verdient. Aber auch eine starke Friedens-b e w e g u n g ist i» Frankreich vorhanden. I a u r s S ist jederchauvinistischen Agitation mit Entschiedenheit und nicht ohne Erfolgentgegengetreten.(Zustimmung bei den Sozialdem.) Gerade dieNation alliberale Presse treibteine Kultur des Chauvinismus,der sich mit dem in Frankreich durchaus nreffen kann. Diese Kriegs-schwärmer und Kriegshetzer treiben ein groteskes und böseS. Spiel.Bald wird es so dargestellt, als ob unser armes Deutsches Reichaußerordentlich gefährdet sei, als ob alle Feinde bereit sind, überuns herzufallen i am nächsten Tage wieder heißt es, wir in Deutsch-land sind ungeheuer st a r k, wir wollen unS nichts gefallenlassen, wir wollen die halbe Welt erobern. Das ist ein böses, un-besounenes, unsinniges Treiben.(Sehr richtig I bei den Sozial-demokraten.) So ist im September im„Deutschen Armeeblatt" er-örtert, wie die Chancen e i n e S K r i e g e s z w isch e n Deutsch-land einerseits und Frankreich und England an-dererseits liegen, wobei übrigens damals noch keineneue Wehrvorlage für nötig gehalten wurde... Der Artikel wirdzwar als nicht offiziös bezeichnet, doch heißt es, daß maß-gebende Leute seine Anschauung teilen.(Hört! hört bei denSozialdemokraten). Auch in der„Täglichen Rundschau" heißt es:„Baut Schisse, jenseits des Kanals sitzt unserfc i n d".(Hört I hört I bei den Sozialdemokraten.) Vor wenigenagen noch wurde in demselben Blatt die schon von der„Kreuz-Zeitung" widerlegte elende Legende von dem plötzlichen Uebersallwiederholt, der seitens England auf uns beabsichtigt sein soll. Sowird Mißtrauen gegen uns erregt und der Völkerhaß ge-schürt. Vor wenigen Tagen hat die Tngung der be-rühmten Alldeutschen stattgefunden. Der Reichs-regierung sind dort keine Schmeicheleien gesagt, vielmehrwurde von der Niederlage gesprochen, die ihre leichtfertige Marokko-Politik erlitten. Ungeniert wurde Marokko als deutschesSiedelungsland einer hoffentlich recht nahen Zukunft an-gesprochen und so der Anschein eriveckt, als ob weite Kreise beiunS bereit sind, die eben geschlossenen Verträge mit Frank-reich zu brechen. Bei der Begründung des neuen Wehr-Vereins wurde gesprochen, als ob der Krieg vor der Türstehe. Wenn unter solchen Umständen diese neuen Vorlagenkommen, braucht man sich nicht wmider», wenn im AuslandeMißtrauen entsteht und um sich greift. Diese Hetzereien sindum so schlimmer geworden, seit diese Leute gesehen haben, siebrauchen die Forderungen nicht auS eigener Tasche zu be-zahlen.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Der Kanzlerhat sich sehr leise gegen diese Ueberpatrioten gewendet, erhätte ein einfaches Mittel, sie bescheidener zu machen, er brauchte nureine kräftige Erbschaftssteuervorzuschlagen(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten) oder auchnur, nach einem früheren Vorschlage Bebels, zustimmen, daß ausallen diesen Hurraschreiern eine besondere Kriegs-b r i g a d e gebildet würde, die als e r st e gegen denFeind marschieren müßte. Die sanften Ermahnungen, man sollenicht zuviel Skandal machen, bedeuten gar nichts. Sehen dieseLeute doch, daß auch die ReichSregierung sich von der Flutdes Chauvinismus forrtreiben und zu solchen Vorlagen zlvingeuläßt. Sind sie durchgeführt, so wird bald lvieder der Ruf nach mehrertönen. Dadurch wird der internationale Zustand i m m er mehrverschlimmert. Ans den Reden der letzten Tage klang esdurch, daß gar nicht so große Opfer verlangt werden, daß Frank-reich und England für seine Wehrmacht n o ch in e h r aufbringe.Aber wie liege» denn die Dinge in Wirklichkeit? 1372 hatleDeutschland ein Heer von 359 999 Mann im Frieden, 1895waren es 614 999 Mann und nach der Durchnibruilg der Vorlagenwerden es 1912 665 399 einschließlich der Offiziere sein. Dazukommt das große Personal der Marine, so daß wir alles in allemeinen Bestand von 759999 Mann haben werden. Die deutsche Armeeist d i e st ä r k st e der Welt. Die Bevölkerung ist von 1872 bis1919 unr 55 Proz. gestiegen, das Militär aber um 64 Proz. unddie Ausgaben für Heer und Marine«m 429 Proz. Gewiß ist dierussische Armee zahlreicher als unsere, aber Rußland ist bedeutendgrößer und ein Teil von der Armee ist in Ostasien festgehalten.Bon Frankreich ist ja bekannt, daß in seiner Armee sich zu einemgroßen Teil ein nicht kriegsbrauchbares Menschen-Material befindet, das den Strapazen eines Krieges nicht ge-wachsen ist. Die Kosten für Heer und Marine betrugen 1372399 Millionen Mark, jetzt über IVz Milliarden, pro Kopf der Be-völkerung 24 Mark. Jede Familie trägt129 Mark jährlichzu den Lasten unserer Rüstung bei, das sind doch kolossale An-forderungen an die Leistungssähigkeit gerade auch der arbeitendenKlasse. Der Kanzler verwies ans die Kosten in anderen Ländern.Aber in England herrscht ein ganz anderes Steuer-s y st e m, da tragen die reichen Leute einen großen Teil derKosten. England hat auch eine kostspieligere Mbrine wie wir,das hängt mit dem Söldnerwesen zusammen. Wir Sozialdemo-kraten leugnen ja auch gar nicht, daß die anderen Völker denselbenJniperialismus treiben, eS handelt sich ja hier nicht um einenationale Frage, sondern um eine internationale aller-ersten Ranges. Die Völker Europas geben für Heer undMarine 7 Milliarden jährlich aus, dazu kommen noch 5 Milliarden,die durch Entziehung der Arbeitskraft verloren gehen, und die un-geheuren Zinsen. Was könnte man mit diesen ungeheuren Summenfür K u l t u r a n f g a b e n lösen.(Sehr richtig! bei den Sozial-demokraten.) Zahlreiche Menschen haben nicht das nötigste zurNahrung und Kleidung. Wieviel Elend ließe sich mit diesenSummen mildern? Eine großartige W o h u u n g s f ü r> o r g e,eine Fürsorge für Kinder, für Säuglinge ließesich ausbauen. Sie sprechen soviel von der Jugend-s ü r s o r g e, und in Preußen haben Sie eine Million für diesepatriotische Jugendsürsorge ausgeworfen. Auf dem Gebiet derJngendstirsorge harrt unserer noch ein weit größeres Kultur-Problem, die Nutzbarmachung der h ö h e r e n S ch u l e n füralle Begabten. Die Kinder der wohlhabenden Klasse können auchnach dem 14. Jahr sich noch weiter bilden und entwickeln, die Kinderder Arbeiterklasse werden mit dem 14. Lebensjahr ins Erwerbslebengeschickt. Diesen Zustand zu ändern, ist eine nationale Auf-gäbe, an der wir gerne mitwirken.(Sehr richtig! bei den Sozial-demokraten.)Die Vertreter der Vorlage sagen, sie soll den Frieden sichern.Das hörten wir bei jeder Wehrvorlage. Aber genau so sprichtman auch in den anderen Ländern. Bei uns sagt man, dortsitzen die Chauvinisten und die anderen sagen, die Deutschensind die kriegslustigen Chauvinisten und so rüsten alle stets weiter.Die neue Marinevorlage wird ja wieder mit einer englischenFlotten vorläge beantwortet. Wie also soll dadurch derFriede gesichert werden? Würden die Rüstungen uns sichern, somüßten wir schon ganz sicher sein. Tatsächlich aber ist die Weltlageunt so bedrohlicher, je mehr w i r gerüstet haben.(Lebhaftes Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Darum ver-laugen wir Einhalten auf dieser gefährlichen Bahn, dieser be-waffnete Friede ist kein wirklicher Friede, sondern birgt viele Ge-fahren in sich. Wir vertreten eine entgegengesetzte Politik, wir wollennicht rüsten, um den Frieden zu sichern, sondern wir wollen, daßalles getan wird, umeine friedliche Bcrständigungherbeizuführeu.(Zustimmung bei den Sozialdemokraten.)Gestern ist von den Verhandlungen zwischen der deutschen Re-gierung und der englischen Regierung und von dem Besuche desKriegsministers H a l d a n e kurz gesprochen worden. Wir Sozial-deniokraten waren sehr erfreut, als wir im Februar dieses Jahresaus dem Munde des Reichskanzlers hörten, daß Verhandlungenüber die Schlichtung der strittigen Fragen zwischen uns undEngland stattgefunden hätten. In letzter Zeit ist dann aber leidergesagt worden, diese Verhandlungen seien auf einem totenPunkte angelangt. Wir würden das in allerhöchstemMaße bedauern. Ich bedauere, daß der Herr Reichskanzlerüber diese Verhandlungen nichts geäußert hat. Ich würdees für außerordentlich dringlich halten, daß die Herren vom Re-gierungStische uns über die Entwickelung dieser, wie mir scheint,außerordentlich wichtigen Frage Anstlärungen geben. Wir haben dieBefürchtung, daß gerade die neuen Vorlage», die wir hier berate»,einen neuen Anlaß bieten können, um derartige Berständigungs-Verhandlungen zu erschweren.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.)Wir unsererseits haben allen Anlaß, auf die Weitercntwickelung desinternationalc» Schicdsgerichtswrscns und aufBerhandlungcn über Einhalt der Rüstungenzu dringen. Der Abg. Bas s ermann hat hier gestern gesagt, eShabe sich herausgestellt, daß England nicht nur mit Deutschlandüber diese Dinge verhandelt habe, sondern auch andere Staatensollten daran beteiligt werden. Deshalb solle man lieber durch dieseVerhandlungen mit England einen Strich machen. Ich bedaure,daß der Führer der nationalliberalen Partei eine so durchaus ernsteSache in so leichter Weise abgetan hat. An der Tatsache, daßauch andere Staaten zu den Vereinbarungen und zu der Ver-stäiidigung hinzugezogen werde» sollen, brauchen wir in keiner WeiseAnstoß zu nehmen. Im Gegenteil, es kann uns nur willkommen sei»,wenn solche Verhandlungen nicht nur mit Deutschland gepflogen werden,sondern auch mit anderen Staaten. Wir wissen ja, daß die deutsche Re-gierung überhaupt eine große Abneigung gegen jeden Versuch, mit Eng-land zu einer wirklichen Verständigung zu kommen hat. Der Reichs-kanzler bat ja im vorigen Jahr eine Rede gehalten, in der er einesolche Verständiguugsäklion als vielleicht ideal, aberpraktisch nicht durchführbar bezeichnet hat. Vielleicht soll dasideal sein, der Herr Reichskanzler meint also noch nicht einmal, daßes wirklich ein Ideal sei, eine solche Verständigung herbeizuführen.Der Herr Reichskanzler hat sich bei dieser Gelegenheit zu einems e h r p l u in p e n Darwinismus bekannt. Es gab aber doch eineZeit, in der auch in den regierenden Kreisen ganz andere Ans-fasinngen über eine Verständigniigsaklion unter den Völkern bestandenhabe», das war die Zeit des berühmten Friedens manifest esder russischen Regierung im Jahre 1893. Ich will nichtüber die Motive dieses Manifestes sprechen, ich will nur erwähnen,daß die erste Haager Konferenz einen Beschluß gefaßt hat. daß eineBeschränkung der militärischen Lasten i» hervorragenderWeise wünschenswert sei. Diese Erklärung ist aber vonder deutschen Regierung mitunterzeichiiet worden. Die deutscheRegierung hat eS auch als in hervorragender Weise wünschenswertbezeichnet, daß eine Beschränkung der militärischenLasten eintritt. Aber das sind alles leere Redensarten gewesen.Irgendwie Ernst zu machen, hat man stets abgelehnt.England hat wiederholt solche Angebote an Deutschland gemacht.G r e y hat von neuem belont, daß England zu derartigen Ver-einbarungen bereit sei. Deulschland hat aber alle derartigenAngebote zurückgewiesen. Die Mehrheit des Deutschen Reichstageshal eine Resolution allgenommen, die immerhin ein itein wenig demStandpnnkl Rechnung lrägt, den die Sozialdeniokraten von jehervertreten haben. Aber das warei» Schlag ins Wasser.Die englische Regierung wußte ja aus den Vorbesprechungen derdeutschen Vertreter, daß die deutsche Regiernng der Sache ab-lehnend gegenüberstand. Anstatt nun aber endlich in einesolche Verständigungsaktion einzutreten, wie wir eS wünschen,koinnien mm solche Vorlagen, die nur Mißtrauen erzeugen und provo-zierend wirken. Wir glauben deingegennber, nicht neue Regimentermüssen geschaffen werden, sondern die ReichSregierung müsse end-lich sich ernstlich bemühe», mit den W e st st n a t e n Europase r n st h a f t e B e r h a n d l n n g e» zu pflegen, um einengemeinsamen Einhalt der Rüstungen herbeizuführen.� ES ist, wiemir scheint, in dem heutigen Zeitalter eine der schlimmste nund f u r ch t b a r st e u Tatsachen, daß die drei W e st-st a a t e u sich so feindlich gegenüberstehen, diese drei Staaten, dieso Großes für die nienschliche Kulliir geleistet haben, die drei Groß-staaten, in denen die Dichter und Denker und ebenso die arbeitendenMassen den Wunsch haben, daß sie zusammen arbeiten mögen undnicht sich mit gegenseitigen Rüstungen erdrücken. Würden sich diesedrei Großstaaten einigen können, ivaS wir wünschen, so wäre das,wie mir scheint, ein gewaltiger Kulturforischritt. Das wäre einegroße, herrliche Ausgabe, die man sich stellen könnte.Diese Aufgaben werden aber durch die einseitigen kapitalistischenInteressen und durch die Dienstbarkeit der Regierung gegenüberdiesen Interessen vereitelt.Die Völker wolle» den Frieden.Ich bin auch überzeugt, daß sie dieses Ideal der Völkerverständigungerreichen werden und daß sie sich aus der Roheit und Gewaltätig-keit in demselben Maße durchringen werden, wie die Volks-massen mächtig werden gegenüber den In-teressen des Besitzes und des Kapitals.Ich möchte nun noch einige Ausführungen über die Deckungs-frage machen. Meine Fraktion ist damit einverstanden, daß einebesondere Kommission zur Beratung de- Branntweinsteuergesetzcseingesetzt wird. Wir sind damit einverstanden, weil wir meinen, daßdieses schwierige, komplizierte Gesetz ganz besonders eingehend be-raten werden soll. Wir sind auch insofern mit dem Vorschlage desAbg. B a s s e r m a ii n einverstanden, als dadurch die Arbeiten derBudgetkommission entlastet werden und ferner neue Vorschläge znrDeckung der Militärvorlage einer gründlichen Beratung unterzogenwerden können. Die Art und Weise, wie diese neuen Lasten bezahltwerden sollen, scheint unS ganz skandalös zu sein. Wir haben1999 die blauschwarze Finaiizreform gehabt, jetzt haben wir dieschwarze Finanzreform.In den Heeresfragen hat sich der Reichskanzler vor denii a t i o n a l i st i s ch e ii Strömungen gebeugt und in den Finanz-fragen vor dem Zentrum, das keine wirklichen Besitzsteuern habenwill. In der Thronrede standen so schöne Worte über die voll-ständige Gesundung der Rcichsfinanzreform. Der Umsturz der Ge-danken, die der frühere Schatzsekretär W e r m u t h vertreten hat, istsehr zu bedauern. Was der jetzige Schatzsekretär Kühn vorschlägt,ist keine Deckung für die neuen Vorlagen, sondern ist einfach eineSchiebung mit Zahlen.(Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.)So sehr wir auch dem Schatzsekretär Mermuth entgegenstanden, wirhaben doch anerkannt, daß in ihm ein Gefühl für die Ordnung,Sicherheit und Sauberkeit der Reichsfinanzen vorhanden war. Aberwir müssen gestehen, daß mit diesen neuen Maximen des Reichs-schatzamts die Ordnung. Sicherheit und Sauberkeit ganz wesentlichund gründlich zu Ende gehen wird. Für uns ist das wesentlichstean dem jetzigen Verfahren des Reich-schatzamtes und der Reichsregierung, daß die neuen schweren Lasten der Wehrvorlagen wiederumaus Zöllen und Verbrauchssteuern in erster Linie bezahlt werdensollen. Die Ueberschüsse aus den Zöllen und den Verbranchsabgabenzeigen ja, wie angenehm dieses System für eine Regierung ist.Die Zölle und die Verbrauchsabgaben sind derartig be-schaffen, daß es gar keiner Bewilligung des Parlaments bedarf. Automatisch st eigen sie, wenn diewirtschaftliche Entwickelung auswärts geht. Das macht sichdie Regierung zunutze, sie braucht gar keine Steuern für ihre neuenWehrforderungeii. In der Begründung zur Deckungsvorlage istdarauf hingewiesen, daß im Vorjahre 39 Millionen Zölle durch dieDürre entstanden sind, die damals in Deutschland herrschte. DieTeuerung, unter der damals die weitesten Kreise der Bevölke-rung schwer gelitten haben, hat die Reichskaffe auf Grund desElends des Volkes gefüllt. Die so gewonnenen Groschenund Summen sollen dazu benutzt werden, um die Forderungen fürdas Militärwesen zu decken.Man hat auch in England Steuern, aber die englischen Ver-Hältnisse sind darin doch ganz anders, die sind viel günstiger für dieunteren Volksmassen als bei uns in Deutschland. Sehen Sie sichdoch einmal den englischen Zolltarif darauf an, auf welcheWaren die Zölle gelegt werden. Das sind nicht die Dinge, die zudem täglichen Bedarf des BolkeS gehören, das sind Dinge, die inerster Linie die wohlhabenden Kreise treffen. BeiunS dagegen ist das Steuer- und Zollsystem so ein-gerichtet, daß die Kinder, die Frauen, daß die ganzeFamilie auf das schwerste herangezogen werden, um solche Ueber-schliffe für die Reichskaffe zu erzielen, und die sollennun dazu dienen, die Riistungsvorlagen zu decken. Diejenigen,die die Lasten tragen können, die dazu nach ihrem Ver-mögen und ihrem Einkommen am besten imstande sind, wenn siedie besitzenden Klassen, die Deckung für die Lasten zu tragenhaben würden, würde eS das gute mit sich bringen, daß wirnicht so bald wieder neue Vorlagen bekommenwürde n. Wenn jetzt aber wieder die Bezahlung durch die unterenVolksklassen geschehen soll, werde» es die besitzenden Klaffen sehrleicht haben und um so eifriger an neue Lasten herangehen. DieLosung muß sein, daß die Kapitalisten und die Großgrundbesitzerjetzt bezahlen müssen. Herr v. Bethmann Hollweg hatja fortwährend an die Opferwilligkeit der Bevölkerung appelliert.Nun seien Sie doch opferwillig, die Herren vom Zentrum,von der konservativen Partei, die besitzenden Klaffen.rufen wir. Wie wäre eS denn, wenn z. B. die Grundbesitzereine besondere Steuer auf sich nehmen würden zum bestendes Vaterlandes, zur Deckung der Vorlagen!?! Wie wäre esdenn, wenn die F ü r st e n h ä u s e r, die Privilegien, die sie ge-nießen, aufgeben würden, um sich opferwillig zu zeigen?! Dakönnte schon ein hübscher Teil der Wehrvorlagen gedeckt werden.Was wir in bezug auf die Erbschaftssteuer erlebt hoben, ist dasunsäglichste Schauspiel, daS wir erlebt haben. Der Gedanke andiese Steuer hat in den weitesten Kreises des Volkes Synipathie,man hat diesen Gedanken als geeignet erkannt,-endlich einmalauch die wohlhabenden Kreise einigermaßen in gerechter Weiseheranzuziehen. Ich muß sagen, eS ist doch geradezueine Schmach und Schande für die besitzenden Klasse«,daß sie sich jahraus jahrein immer wieder mahnen lassen müssen, obsie denn nicht endlich etwas bezahlen wollen. Der Reichskanzlerhat eine seltsame Bemerkung gemacht. Er meinte, auf die Erbanfall-steuer sollte die Regierung nicht dringen, weil kein so großer Unter-schied zwischen den Erträgen auS der Abschaffung der Liebesgabeund der Eibschaftssteuer, 36 Mill. und 69 Mill. M., bestände. Washindert denn aber die Regierung daran, aus der Erbanfallsteuereinen höheren Betrag zu erzielen als 69 Millionen?Mit Leichtigkeit lassen sich ganz andere Summen daraus erzielen.Der mühelose Reichtum, der durch Erbschaften erworbenwird, kann in Deutschland noch in ganz anderem Maße heran-gezogen werden. Unsere sozialdemokratischen Anträge haben Ihnengezeigt, daß man. ohne rigoros zu sein, 299 bis 399 Millionenerzielen könnte. Die Herren rivalisieren so eifrig mit England inbezug auf die SchifsSbauten: Rivalisieren Sie doch auch ein-mal mit England auch in bezug auf das Bezahlen! Eng-land bringt weit über 599 Millionen Mark durch dieErbschaftssteuer auf, ans den Kopf der Bevölkerung fast19 M.. während wir kaum 2 M. auf den Kopf der Bevölkerungdarauf erzielen.Herr v. Bethmann Hollweg hat gesagt, mit der Sozial-demokratie sei diese Erbaiifallsteuer nicht zu machen. Darauf kannich dem Reichskanzler folgendes erwidern: Es ist ja ganz selbst-verständlich, daß wir Soziatdemokraten keinerlei Neigung verspürenkönnen, Steuern für Vorlagen zu belvilligen, deren Inhalt wirnicht billigen, die wir für höchst schädlich und gefährlichhalten. Wir sind der Meinung, daß das vielmehr Aufgabe derer ist.die solche Militärvorlagen machen: sie müssen auch für die nötigeDeckung sorgen, und zwar für eine Deckung, die gerechter ist.Ihre Aufgabe ist es, wie mir scheint, ihren Patriotismus zu be-währen und mit Anträgen auf gerechte Steuern vorzugehen.Der Abg. B a s s e r m a n n hat angekündigt, daß seine Fraktionvielleicht noch in der Konimission Anträge stellen würde. Das würdeuns sehr lieb sein, wir sehen diesen Anträgen mit Spannung ent-gegen. Wir werden daraus unsere Konsequenzen zu ziehenwissen. Wenn das Reichsschatzamt so große Ueberschüsse heraus-rechnet, so bin ich der Meinung, daß es dafür schon genügendVerweiidimg geben wird. Ich möchte aber an die Haltungdes ReichsschatzamteS erinnern, als es sich 1919 darumhandelte, für die arbeitslosen Tabakarbeiter,die durch die Tabaksteuer brotlos geworden waren, etwas mehr zubewilligen, wie wir das beantragt haben. Da hieß es aber:„Rein,es ist kein Geld da." Heute hat man die Ueberschüsse und ist be-reit, sie für militärische Zwecke herzugeben. Wie hat man sich da-