Nr. 96. 39. IMMg.2. f filap te.Amiirls" Knlim golMlaltDonnerstag. 25. April 1912.Mgeoränetenkaus.W. Sitzung vom Mittwoch, den 24. ApriZ�vormittags 11 Uhr.Am Mnistertisch: v. Dallwitz, Lentze.Das Sparkaffengesetz.Minister des» Innern v. Dallwitz: Nidfyt. um den Kurs derStaatspapiere zu heben, hat das Ressort des Innern diese Vorlageeingebracht— früher war sie vom Finanzministerium ausgearbeitet—, sondern nur, weil die Aufsichtsbehörden eine Vergrößerungder Liquidität für nötig erkannten. Seit 1869 stiegen die Einlagenvon 471 Millionen auf 11 Milliarden. Da ist auch die Verantwor-tung der StaatSregierung für die Liquidität viel größer geworden.Wir stellten mehrinals den Sparkassen besonderes Entgegenkam-mcn in Aussicht, wenn sie unseren Wünschen entgegenkämen, abersie forderten statt dessen immer nur Erweiterung der Lombardic-rungS-(Beleihungs-) Pflicht der Reichsbank. Die von den Spar-lassen zur Lombardierung eingesandten Reichs- und Siaatspapierewerden von der Rcichsbank lombardiert werden. Die Möglichkeitdazu im Ernstfalle wird in der Kommission zu besprechen sein.Das Gesetz wird den Zinsfuß der Sparkassen nichtherabzusetzen brauchen; die Sparer erhalten aber die Ga-rantie. ihr Geld auch wirklich zu erhalten, wenn sie es brauchen.Etwaige Kursverluste sind ja buchmäßiger Art und treffen dieSparer nicht. Das Gesetz will die Sparkassen nicht schädigen, sondern auf festeren Boden stellen.(Bravo!)Abg. v. Kardorff(fk.) erklärt das Gesetz in dieser Form für seinePartei als geradezu unannehmbar. Ich persönlich haltees aber für sehr gut, wenn durch den Zwang. StaatSpapiere zukaufen, die Sparkassen zu festen Abnehmern der Staats- undReichsanleihen werden. Die angestrebte Liquidität der Kassenwürde aber andere Mittel erfordern. Eine Regelung und Siche-rung der Anlage der Reservefonds ist nötig. Wir sind für keineBestimmung, die dahin führen könnte, daß das Geld aus den Spar-Zassen in die Banken wandert. Tritt Herr v. Gwinner aber fürdas Gesetz ein, so merkt mau die Absicht und wird verstimmt.(Zu-stimmung.) Die Sparkassen verdanken ihre Blüte der ehrenamt-lichen Tätigkeit der Männer der Selbstverwaltung. Die soll nichtbeschränkt werden.(Beifall bei den Freikonservativen.)Abg. v. HennigS-Techlin(kons.): Ich bin gewiß ein Freund derSelbstverwaltung, aber das Publikum erwartet vom Staat Ver-antwortlichkeit und darum Vorsorge für die Sicherung der Liqui-dität. Der größte Teil meiner Freunde ist für den Grundgedan-kcn des Gesetzes.Abg. Dr. Crüger-Hagen(Vp.): Wir haben gegen die Vorlagedie denkbar erheblichsten Bedenken, erwarten aber zu-nächst noch von der Kommissionsberatung Aufklärung, ob man dennschon die v e r w a l t u n g s r e ch t l i ch e n Mittel zur Erhöhungder Liquidität erschöpft hat. ehe man ein Gesetz dazu braucht, undwie man die Liquidität im Ernstfall sichern will. Die bloße Zusageder Lombardierung durch die Reichsbank reicht nicht aus. DerZweck ist tatsächlich die Hebung des Staatspapierkur-s e S, das wird ccher so nicht erreicht. Dazu müßten Sie eine Stelleverpflichten, den ganzen Änleihebetrvg abzunehmen, so daß sie denKurs dekretieren möchte. Daß wir zu den künstlichsten Mit-t c l n greifen, wird unserem Kredit im Auslande nichts nützen.�..fSchr richtig?) Wir wollen überhaupt keine weiteren Staatsein-griffe in das wirtschaftliche Leben. Eine wahre Freude an diesemGesetz können nur die Sozialisten haben. Sie(nach rechts)lehnen den Großbankdirektor v. Gwinner als Sachverständigenab. Sie urteilen aber doch selbst als Gutsbesitzer in landwirtkchast-lichen Fragen! Das ganze ist ein Flickgesetz. Biel Wicktigerwäre es. damit zu brechen, daß in den..alten" und„neuen" Pro-vinzen versckiedeneS Sparkassenrecht besteht und daß die Kreisspar.kassen bankmäßige Reklame machen. So preisen sie sich damit an.daß ihr Vorsitzender— der L a n d r a t— völliges Stillfchwei-g e n über die Einlagen gegenüber dem Borsitzenden derSteuerveranlagungskommission— dem La n brat— bewahre(Große Heiterkeit.) Das bankmäßige Vorgehen der Sparkassenführt auch zu erheblichen Verlusten, so z. B. im Kreise Schwetz.Es gibt also viel wichtigere Sparkassenprobleme als die in dieserVorlage enthaltenen, z. B. die Frage der Anforderungen an dieBuchhaltung und Bilanzierung der Sparkassen.(Zustimmunglinks.)..Finanzministcr Dr. Lentze: Ich hoffe, daß die Kommissionsberatung Sie doch zu einer freundlicheren Stellung zu dem Gesetzbringen wird. Wir brauchen für unsere wirtschasllicken Unterneh-mungen wie für Kulturausgaben jährlich etwa 299—499 MillionenAnleihen, wodurck der Kurs natürlich ungünstig beeinflußt wird.Dagegen müssen Mittel ergriffen werden. Die Vorlage soll denKurs nicht heben, sondern ihn nur gegen den Druck der neuaufzu-nehmenden Anleihen stabilisieren. Das Gesetz sichert wohlnur die feste Abnahme von 69 Millionen, aber mit dem Zwang derReichsversickerungsordnung zur Erwerbung von Reichsanleihendurck die Bcrufsgenossenschasten und JnvalidenversicherimgSanstal-ten. sowie der Feucrsozictäten steigt dieler Betrag auf 299 Millio-neu. Wir müssen uns auch gegen Schwierigkeiten beider Unterbringung unserer Anleihen, die dock sosicher sind und zu 95 Proz. werbenden Zlvecken dienen sichern. DasAusland ist uns hierin längst vorangegangen und das kapitals-ärmere Italien hält jetzt im Kriege seine Kurse höher als wir inPreußen! Für die weitherzige Gewährung der Mün-delsickcrheit darf der Staat diese geringe Gegenleistung for-der,,. Ich weiß aus alter Praxis, daß dieses Gesetz keine gesundeSparkasse beeinträchtigen wird. Eine Garantie gegen Kursverlustsind Schotzanweisungen. Die bisher angelegten Gelder der Spar-'kassen sollen unangetastet bleiben,»ur für die ferneren Anlagengilt das Gesetz und da können die Kursverluste nur minimal sein.Höchstens können die Uebcrschüsse etwas geringer sein, aber dieseUcbcrschüffe der Gemeindespa'rkassen etwa zum Etatsausgleich zuverwenden, wäre unzulässig und für die Finanzen der Gemeindenhöchst gefährlich, da plötzlick große Beträge aus den Kassen behobenwerden können. Das Gesetz liegt im Interesse der Sparer wie desStaates?.(Bravo f rechts.)Abg. Leinert(Sog.):Wäre der Zweck die Hebung der Liquidität, so könnte man ohneweiteres zustimmen. Aber der Zweck ist die H e b u ng d e S K u r-f e s der S t a a t s p a p i e r e. wie ja soeben der Minister zuge-geben hat. Daß auck die Feuerversickerungsanstalten zum Kaufvon StaatSpapicren gezwungen sind, ist doch kein Grund dafür.jeden Sparer zu zwingen, ein Viertel seines Vermögens inStaatSpapiere n anzulegen. Warum geht man da nicht wei-ter und verlangt das�nicht nur für die Sparkassen, sondern auchfür die Bank.en?(«ehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) DerStaat sagte, er garantiere den Arbeitern und Kapitalisten Verdienst— verlangt aber nur von den kleinen Sparern der öffenllichen Sparkassen Opfer für die Sicherheit des Staates?Sonst hat man immer behauptet, daß die Einleger lauterArbeiter find— heute hat aber der Minister v. Dallwitzbehauptet, es seien wohlhabende Leute!(Hört! hört! beiden Sozialdemokraten.) Mögen doch die Kapitalisten p r o z e n-tual ihrem größeren Vermögen auck grössere Opfer fürdie(Sicherheit dringen. Aber aus dem Respekt vor dem Privat-kapital geht man an die Banken nicht heran?In England hält es jeder Reiche für Anstandspflicht, einenTeil seines Vermögens in Staatspapiercn anzulegen. Wo ist denndieser gemeinsimiige Patriotismus bei den deutschnationalen Ko-pitalisten Deutschlands? Die machen es so wie der Sultan AbdulHamid und geben ihr« Gelder ins Ausland, wenn es ihnen sichererund einträglicher scheint.Die heutigen Sparkassen tragen durch ihre Ueberschüsse zu denGemeindefinanzen bei. Bon Rechts wegen müßten sie den Ein-legem: rückvergütet werden. Da aber die Gemeinden diese Heber-schüsse verwenden, will auch der Staat daran Geld verdienen. Sotam dieses Gesetz zustande.Ich verstehe natürlich das Interesse des Staates und Reichesan hohen Kursen, denn die Zinsen müssen auf jeden Fall bezahltwerden. Aber mit diesen Mitteln erreicht man das ja gar nicht.Hochherzig soll der Staat die Mündelsicherheit gewährt haben?Ja. die Gemeinden haften doch mit ihrem Vermö-gen— lvähreick sich auf den Regierungskassen als Hinterlcgungs-stellen kein Mensch zurechtfindet. Wenn aus der Verleihung immernoch weitere Rechte des Staates abgeleitet werden, dann sagt erschließlich noch: Jeder hat vom Staat das Leben verliehen be-kommen, denn der hat die Standesämter eingerichtet!(Leb-hafte Heiterkeit.)»Bei der Mündelsicherheit sichert der Staat gar nichts— erverlangt aber einen Nutzen dafür. Wäre der Minister noch Ober-bürgermeister von Magdeburg, so hätte er das schon hervorgehoben.Aber mit dem Amt hat sich da die Meinung gcän-dert.(Sehr gutk bei den Sozialdemokraten.)Warum richten die Bundesstaaten denn nichtPostsparkassenein, wenn sie den Kurs der Staatspapiere heben wollen? Werder Staat will lieber nur den Nutzen— die Verwaltungskosten läßt er den Gemeinden und Stuerzahlern!In den Petitionen der Sparkassenverbände, auch des Hannover-scheu, wird das Gesetz als eine Verschlechterung bezeichnet,und die Regierung gibt das ja zu, nur leugnet sie, daß die Schädi-gung bedeutend sei. Eine Herabdrückung des Zinsfußes der öfsent-lichen Sparkassen durch dieses Gesetz wird auch die kleinen Sparerin die Depositenkassen der Privatbanken treiben. Wie diesedie Spargeldcr an sich ziehen, hat ja der Prozeß der Nieder-deutschen Bank zur Genüge gezeigt!Nach der Statistik, die der Geschäftsführer des Sparkassenver-bandes im Reichstage vorgetragen hat, sind von den 11 MilliardenEinlagen 1,8 Milliarden ganz kleine Einlagen unter 699 M., auf8 Millionen Bücher aber von 12 Millionen! Also wo sind da diewohlhabenden Leute?Wir halten die gegenseitige Ueberbietung deröffentlichen Sparkassen mit ihrer Sicherheit für einen Auswuchs.Wenn wirklich durch das Gesetz Kursschtvankungen ausgc-schlössen werden, gut. dann möge doch der Staat die Sparkassengegen Kursverluste sichern, sie ihnen ersetzen; haben sie doch bis19! 9 159 Millionen an Kursverlusten eingebüßt! Ersatz leisten willder Staat aber nicht und darum stellt er alle möglichen anderenGründe in den Bordergrund.Im Herrenhaus war man zuerst gegen das Gesetz: nachvertraulichen Aufklärungen über den Kriegsfall hat man es sichanders überlegt. Militärvorlagen gehören aber in den Reichs-tag. Wir protestieren gegen die Vorschiebung solcher Gründe.Kein Mensch, auch nicht der ReichÄ>ankpräsident, kann sagen,ivaS für ein Geldbedarf im Kriegsfall sein wird und ob noch Geldfür die Lombardierung der Sparkassenkonsols vorhanden sein wirdEin europäischer Krieg bedeutet einfach den Maffenbankrott.Wir können aar nicht beschließen, wie die Liquidität der Sparkassenun Kriegsfall gesichert werden soll. Man verweist auf Italienshohen Kursstand. Ja. hat es denn auch die ungeheuerliche Schul-denwirtschaft des Deutschen Reiches?(Sehr wahr! bei den Sozial-dcmokraten.)Unter keinen Umständen stimmen wir aber der im Gesetz vor-geschriebenen Einschränkung der Selbstverwaltungzu. Heute schon haben die Aufsicktsbehörden große Macht. Habensie sie zur Sicherung der Liquidität verwandt? Im Gegenteil—sie haben gestattet, daß auch Ueberschüsse unter 25 Proz. nicht un»bedingt dem Reservefonds zugeführt werden müssen.Räch§ 4 soll in national gefährdeten LandeSteilen der Ober-präsident weitgehendere Verwendung der Ueberschüss e gestattendürfen, zu kommunalen Zwecken und dergleichen, und das kanndurch entsprechende Bedingungen des Oberpräsidenten zu Drang-salierungen führen. Da könnten die Polen noch die Hakatistenunterstützen müssen oder Ihre berühmte„Jugendpflege". Aberda fragen Sie gar nicht nach der Liquidität!(Hört! hört! bei denSozialdemokraten.)Das Gesetz ist alsoein Ausnahmegesetz gegen die Sparkassen,die kleinen Sparer, die Polen und Dänen usw. Im Herren-haus hat der Seehandlungspräsident das Wiederkommendieses Gesetzes, wenn es abgelehnt wird, in Aussicht gestellt undder Minister des Innern droht für diesen Fall mit den schärfstenAufsichtsmaßregeln. So ist es ja immer: Gesetze, die das Volknicht will, werden hier immer wieder eingebracht— die Gesetze, nach denen das Volk verlangt, aber nicht.Auch nicht, wenn sie einmal irgendwo verloren gegangen sind, wiedie Wahlreform.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Diemüssen Sie einbringen, aber nicht ein solches, von allen Jnter-essenten abgelehntes Gesetz!(Lebhaftes Bravo! bei den Sozial-demo traten.)Abg. v. TrampcztznSki(Pole): Wir Polen und unsere Genossen-schaften können kein Vertrauen zu Banken haben, die vonder Regierung abhängig sind.Abg. Dr. v. Krieg(kons.) begründet den ablehnendenStandpunkt eines Drittels der konservativen Frak-t i o n.Abg. Freiherr v. Loe(Z.) den der Vorlage günstigen Stand-Punkt einer Zentrumsmindcrheit.Abg. Stenger-Erfurt(natl.) spricht namens eines Teils derNatwnalliberalen im Gegensatz zum Abg. Dr. Schröder- Kasselgegen das Gesetz.Abg. Engelbrecht(fl.) äußert ebenso wie Abg. v. Kardorff dieerheblichen Bedenken seiner Partei.Das Gesetz geht an eine 21er Kommission.Die Vorlagen über die Errichtung eines Amtsgerichts inGladbeck sowie eines Amtsgerichts in Schönse« undAenderung der Amtsgerichtsbezirke Briefen, Gollub undThorn werden dcbattelos angenommen.Die Frage der A l t p e n s i o n ä r e soll erst nach Erledigungdes Etats des Innern beraten werden.Es folgt die zweite Lesung des Etats der Anfiedelungs-kom Mission für Posen und We st Preußen.Der Etat wird d�e b a t t e l o s gegen Zentrum, Polen, So-zialdemokraten und Dänen bewilligt.Donnerstag 11 Uhr: Etat des Innern.Schluß: Vor 4 Uhr._Hus der Frauenbewegung.Mütter habt acht auf eure heranwachsenden Kinder.Seit einigen Tagen hoben sich die Schulräume wieder geöffnet,sie haben sich auch den Kindern aufgetan, die jüngst das schul-sähige Alter erreicht haben. Etwas von dein Ernst des Lebens machtsich alsbald dem sechsjährigen Kinde bemerkbar, es merkt, dass es________________________ m_____,_______ �_____ �nun in andere Bahneil gelenkt wird. Solange waren es die nächsten I dem Berus der Lehrerin zuströmen. Lieber lass das Volk dummAngehörigen, die das Kind beeinflussten; in den minderbemittelten I bleiben, lass es Analphabeten geben. Nur nicht Deutschland imBevölkerungsschichten sind eS besonders die Mütter, die die Kinderl Lehrerinncnberuf voran; erst alle anderen Länder diesseits undfür» kommende ernste Leben vorbereiten. Nun ändern sich die Dinge. J jenseits des Ozeans und dann hinterher.„Immer langsaiu voran,Noch weiss das Kind freilich nichts davon, datz ausser den Eltern auch I immer langsam voran, dass die Unterrichtsbehörde mitkommendie Gesellschaft etwas von ihm zu verlangen hat, aber'kann." Und greift dann einmal eine sozialdemokrati/chc Federgar bald merkt eS, daß neben dem Willen der Eltern einanderer sich Geltung verschafft. Wäre der gesellschaftlicheAuf- und Ueberbau deS Staates ein anderer, als er heutetatsächlich ist, so könnte man sich den Einfluß wohl gefallen lassen,d. h. wenn z. B. in der Schule oberstes Gesetz das wäre, dieJugend für die Gesellschaft, also im Interesse aller zu erziehen.Heute ist das leider nicht der Fall. Schon von Anfang an wird dasKind in der Schule im Sinne und zu Nutz und Frommen derkapitalistischen Wirtschaflsweise erzogen. Dagegen heißt eS nun zuprotestieren. Um der Schule nicht im Leben des Kindes den größtenEinfluß zu belasten, ist es unbedingte Notwendigkeit, daß das Elternhaus mit fester Hand seine Erziehungsarbeit neben derSchule ausübt. Leider haben viele Eltern— und wenn mau vonEltern spricht, so denkt man in diesem Falle weit mehr an dieMutter als an den Vater— einen Teil der Erziehung nicht richtigerfaßt. Sie stecken noch zum Teil in einer Weltanschauung, diesie ihre Kinder ganz falsch erziehen läßt. Sie bemerken nicht, wieviele Gefahren das Kind in der Schule deS KlassenstoateS umgeben.Die meiste Beachtung verdient der Umstand, daß die Volksschule dieKinder zu willenlosen Werkzeugen der herrschenden Gesellschaft zuerziehen sucht. In diesein Sinne»nacht sie ihren ganzen Einflußgeltend, darauf ist fast der gesamte Unterricht zugeschnitten.Nun wissen wir, daß leider noch unzähligen Frauen daS Verständnis zur richtigen Erkenntnis dieser Tatsachen fehlt. Anderen— und das find gewiß nicht die wenigsten— fehlt die Zeit, sichmit diesen Angelegenheiten zu beschäftigen. Beides darf aber keinGrund sein, auf die Dauer tausende und abertausende Proletarier-linder dem Willen und der Macht der Volksschule auszuliefern. Solange eS noch nicht gelungen ist, die Schule auf eine gesunde Basiszu stellen, muß in anderer Weise dem Treiben derherrschenden Klasse ein Damm vorgebaut werden. Schule undHaus haben nicht nur einander zu helfen, zu ergänzen,sondern heute ist es noch so, daß das Haus das Unkraut, das in derSchule gesät und eifrig großgezogen wird, ausjäten muß. Das istgewiß bei manchem KindeScharakter nicht leicht, besonders schwer istes aber dann, wenn die in Frage kommenden Mütter bei sich selbstnoch mit so vielem Unkraut zu kämpfen haben. Gute Früchte beider Erziehung der Jugend zu freie», aufrechten Menschen sehen tvirüberall dort, wo der Sozialismus in seiner ganzen Größe insElternhaus eingezogen ist Schon die Gespräche zwischen denEltern, die die Kinder, auch wenn sie nicht direkt indiese hineingezogen werden, beobachten, zeigen den Kindernden rechten Weg. Folgt dann gelegentlich ein direkter Hm-weis auf die nach Ansicht der Eltern verkehrte Meinung der Lehreroder ihrer vorgeschriebenen Lehnnethode, so ist vorläufig wenig Ge-fahr vorhanden, daß der Geist des 5tindes verdorben werden könnte.Eine andere Gefahr droht, w nn das Kind die Schule verläßt.Roch bis vor einigen Jahren, als der Jugendfang durch unsereGegner noch nicht in dein großartigen Stil betrieben wrirde»vieheute, konnte man dein zweiten Abschnitt im Leben des jungenMenschenkindes mit weniger Besorgnis entgegensehen. Die großeMaffe hat ja nach und nach, wenn auch manchmal auf Umwegenihren Weg zu den Zielen ihrer Befreiung gefunden. Damit kannandererseits nicht in Abrede gestellt werden, daß die frühere allzugroße Sorglosigkeit in bezug auf Erziehung und Verkehr der heran-wachsenden Jugend»nanches Proletariermädchen und»nanchen jungenMann ins gegnerische Lager oder sogar in den JndifferentiSmuS hatfallen lassen. Heute aber, wo neben Kirche und Privatpersonenauch die Regierung alle Minen springen läßt, um die Arbeiterjugendder Sozialdemokratie abspenstig zu mache»», heute gilt eS in denTagen noch der Schulentlassung besonders eindringliche Mahnungenan die Jugend direkt, in erster Linie aber a» die Arbeiterfrauen zurichten.Hat sich die Reaktion ftühcr hauptsächlich um die männlicheJugend bemüht, so versucht sie nun auch»nehr an die weiblicheJugend heranzukommen, ein Zeichen, daß man daS weibliche Geschlecht mit anderen Augen zu bettachten beginnt. Wohl gab eSauch früher christliche Jungfrauenvereinc der verschiedenen Kon-fessionen, aber die Propaganda dieser Vereine bedeutete nur weniggegenüber dem Tam-Tam, der jetzt angeschlagen wird, um die weib-liche Jugend einzufangen. Die Gleichgültigkeit diesen Dingen gegen-über ist in Arbeitertteii'en noch groß. Wohl verwehren aufgeklärteEltern ihren Söhnen den Eintritt in die Jugendwehren»vie denAnschluß an ähnliche, die Jugend zu Hurrapatrioten ausbildendenBestrebungen, aber auch das kann man leider nichtvon allen sagen; und wo der Vater von dem Rummelnichts wissen will, da leistet die Mutter nicht selten Bor-schub, damit der Sohn an den. wie man sagt„harinlosen" turnerischenoder geselligen Veranstaltungen unserer Gegner teilnehmen kann.Man findet es doch so sckön, wenn Proletarierkinder mit hochstehen-den Persönlichkeiten in nähere Berührung koinmci». Welche Ehre!Biel klrrzsichtiger find die Mütter aber noch., wenn eS sich umdie Töchter handelt. Immer spukt noch in den Köpfen der Mütterdie ErziehungSmeihode von anno dazumal. Bei diesen Müttern, dienicht wissen, daß die Neuzeit andere Menschen braucht als die Ver-gangenheit, finden die Jugendfänger aus gegnerischem Lager willigeHelfer. Wenn»un auch die Mütter ihre Töchter nicht christlichenoder nationalen Jugendvereinen zuführen, so leisten sie doch, wennauch unbelvußt der Reaktion Dienste, indem sie ihre Töchter derfreie» Jugendbewegung fernhalten. Es scheint so. als ob die weib-liche Jugend sich weniger zur Jugendbewegung hingezogen fühlt.Die Ursache mag zuin Teil die Verschiedenheit der weiblichenvon der männlichen Erziehung sein. Aber was die Schule durch dieTrennung der Geschlechter verabsäumt, müßte die freie Jugend-bewegung wieder gut machen. Die Arbeiterfrauen sollten die eis»rigsten Forderer dieser Notwendigkeit sein.Gleiche Gehälter für gleiche Leistung««!.Bekanntlich wurde im letzten Jahre den amerikanischen Lehre-rinnen das gleiche Gehalt für ihre dem Staat zugute komincndenDienste zuerkannt wie den»nännlichen Kollegen. Die amerikani-scheu Lehrerinnen schenkten das Mehreinkommen des ersten Monatsder Vertreterin ihrer Sache(einer Lehrerin, die sich feit Jahrenhervorragend für die Erringung des gleichen Honorars eingesetzthatte) als Anerkennung für ihre tatkräftige Agitation. Nun gehtes auch in— Rußland vorwärts. Die Gleichberechtigung derrussischen Lehrerinnen mit den Lehrern und die gleiche Ent-lohnung für beide Geschlechter ist kürzlich durch Gesetz festgelegtworden. Fortan werden die Lehrerinnen mit gleich hoher«schul-bilduirg freie Bahn zuin Unterricht an Knabenschulen sowie zuallen akadeinischen Aemtern und den Ehrenämtern der Universitäthaben. Die Stellungen der Professoren, Dekane, und Rektorenkönnen nunmehr ebenso gut»nit Frauen»vie»nit Männern besetztwerden. Und Teutschland? In Deutschland haben die Oberlehrerneuerdings wieder eine Petition eingebracht des Inhalts, daß dieRegierung schützend für sie eintrete, damit kein Mann, wenn auchsein Wissen ein sehr minimales, damit kein akademisch gebildeterOberlehrer einer mehr wissenden studierten Frau unterstellt»verde»könnte. Und die Regierung? Nun die Tabellen der AusstellungDie Frau in Haus und Beruf". Abteilung Unterricht undErziehung, haben es deutlich dargelegt, daß in allen Oder-klassen der männliche Schulvertretcr paradiert, daß die Lehrerinin der Hauptsache die Unterklassen verwaltet. Zwar fehlen inDeutschland Tausende von Lehrern, unzählige Klassen sind über-füllt, aber um keinen Preis gleiche Gehälter, gleiche Chancen fürdie Lehrerin, die Frauen könnten dann ja wo möglich z u zahlreich