Nr. 100. 29. ZshtMS. 1. KilU des ,|dtaärts" gwltot NcksblÄ Ditllstlts, 30. ApÄ 1912. ßandUismus und Unarchismus. Von unserem Spezialberichterstatter. IV. Auf den Bahnen des„Individualismus". Die Szene wechselt: wir sind in Frankreich . Der„in- dividualistische Anarchismus", den wir in Brüssel kennen ge- lernt haben, hat nicht nur das Domizil, sondern auch die Physiognomie verändert. Von irgend welchen propagandisti- schen Zwecken ich nicht mehr ernsthaft die Rede, was denn auch logisch ist— denn was gehen den konsequenten„Idealisten" die anderen an, sofern sie ihm nicht dienen können? Falsch- münzerei, Einbruch, Raubmord werden auf breiter Basis organisiert. Die gewählten Opfer sind Bankdiener, Chauffeure, kleine Angestellte— kurz Proletarier, der Kampf gegen die Organe des Staates wird nur notge- dr u n g e n, zur Verteidigung geführt. Hier muß natürlich der Verdacht einer direkten Provokation fortfallen. Der Typus der Brüsseler Expropria- tionen findet Wohl gelegentlich eine Art Wiederholung— in den Diebstählen, die der später unter Verdacht der Teilnahme auf Raubmord verhaftete S o u d y beim Arbeiterkon- s u m v e r e i n„E g a l i t a i r e" auf Billette und i n d e n Bureaus der„Guerre Sociale" ausführt. Bei der„Guerre Sociale" handelt es sich darum, die Kasse der „bans byugres", d. h. den für die Saboteure der Eisenbahnen und ihre Angehörigen gefam- melten Fonds zu erbeuten. Die Person des Schuldigen war auch der Polizei vor dem Bankraub in Chantilly bekannt. Warum hat man diesen und etliche andere genügend belastete Menschen bloß einer„Beobachtung" unterzogen, die sich, wie die folgenden Btuttaten zeigen, als ungenügend erwiesen hat. Sollte sich etwa die Sicherheitspolizei auf ihre„Anzeiger" in den„individualistisch- anarchistischen" Kreisen dermaßen verlassen haben, daß sie darauf verzichtete, im kleinen zu handeln und wartete, um bei einem großen Coup— z. B. dem in Alais vorbereiteten— einen ergiebigeren und effekt- vollen Fang zu tun? Eine solche Taktik ließe sich vom Ge- sichtspunkte der Polizeizwecke verteidigen— wofern die Polizei über die nötige Schlauheit verfügte, um sich nicht von ihren Vertrauten düpieren zu lassen. Die Art, wie B o n n o t entwischen konnte, spricht nicht gerade dafür, daß Schlauheit zu den stärksten Seiten ihrer Funktionäre gehört. Jedenfalls ist es außer Frage, daß dem Chef der Pariser Sicherheitspolizei und früheren Chef der Anarchistenbrigade die Lebensläufe der aus Belgien eingewanderten„An- archisren" in Wort und Bild bekannt waren. Dazu kamen die Zusammenkünfte der„Anarchie", die überhaupt wie ein Glashaus wirkte und die aus dem Dunkel ihrer Wege dort eintretenden Leute in helle Beleuchtung stellte. Daß kein Sherlock Holmessches Kombinationsgenie dazu gehörte, die Zusammenhänge der verschiedenen Verbrechen zu finden, auch wenn nicht die Ausschlüsse der Anzeiger mit geholfen hätten. Daß solche Anzeiger in dieser„Anarchistenaffäre" tätig waren und noch sind, ist zweifellos, und die Polizei selbst macht kein Hehl daraus. Wie anders wäre es z. B. zu erklären, daß sie über den Ohnmachtsanfall, den Soudy nach dem Bank- raub in Chantilly erlitten haben soll— im Automobil, dessen Insassen die Teilnehmer am Raub- m o r d w a r e n—, so schnell informiert wurde? Es ist auch offiziell bekanirtgegeben worden, daß der„Anzeiger", der Soudys Verhaftung herbeiführte, 20 000 Frank bekommen hat. Wenn es aber wahr wäre, daß die Polizei bereit gewesen sei, um die ganze Bande in ihre Hände zu bekommen, einem Hauptschuldigen zum Lohne für seinen Verrat herauszuhelfen � eine anmutige Vorstellung fürwahr, der mit dem für die Rettung der bürgerlichen Ordnung und Sicherheit ausgesetz- ten Preis bedachte Herr Raubmörder, der sein Leben etwa als friedlicher Grundeigentümer und Rentier beschließt!— was wäre das anderes als der schmählichste Bankrott des bourgeoisstaatlichen Polizeiin st ituts überhaupt, eine fortwirkende Aufreizung zur Provokation ge- meiner Verbrechen? Doch mag auch selbst dieser schlimme Handel nicht beabsichtigt gewesen sein, das Anzeiger- Wesen selbst ist eine mit dem heute überall bestehenden Polizeisystem unvermeidlich gegebene Quelle von Korruption, ein vermeintliches Gegengift, das den vergifteten sozialen Körper nicht heilt, sondern noch mehr verseucht— und ein Beweis, daß die bürgerliche Gesellschaft nicht nur in ihren Reformversuchcn, in Sozialpolitik und Sozialhygiene, sondern auch in der kriminalpolizeilichen Repression der von ihr selbst aufgezüchteten antisozialen Elemente ohnmächtig ist. In der Tat nun hat auch die bürgerliche Presse den Ver. dacht einer Beziehung zwischen der Polizei und einem der an den Verbrechen Beteiligten recht deutlich ausgesprochen. Das war, als Ende März Herr Guichard den Reportern auf einmal sagte: Warum sprechen Sie denn immerfort von C a r e u y als einem der Hauptschuldigen? Vielleicht ist er an den Hauptaktionen überhaupt nicht und sonst an den Verbrechen nur als Komparse beteiligt. Dies sagte Herr Guichard, der Carouys ganze Ver- gangenheit in Brüssel, Charleroi und Paris kannte, Ende März, im Augenblick, da die Polizei alle Anstrengungen machte, Bonnot und Garnier, die man als die Gefährlichsten der Bande kannte, zu ergreifen. Setzte er noch Hoff- nungen auf Carouy? Wir haben gesehen, daß Carouy schon in Brüssel der Verbindung mit der Polizei im höchsten Maße verdächtig war, wir finden ihn dann weiter an ver- schiedenen Affären beteiligt, so z. B. bei der des jetzt in Melun abgeurteilten Falschmünzers Huc, bei denen er immer das Glück hat, nicht gepackt zu werden. Soll Herr. Guichard nicht seine guten Gründe gehabt haben, die Rolle des Mannes, der schon in Brüssel in der ersten Reihe des „individualistischen Anarchismus" gestanden hat und bald darauf in Charleroi in schwere Verbrechen verwickelt schien, zu verkleinern?- Ende März hat Herr Guichard also gesprochen und A n- fang April wird Carouy verhaftet, mit Entfaltung eines Apparates, wie er sich bei der Festnahme eines ganz ge- fährlichen Missetäters rechtfertigt. Die Verhaftung hat allerdings Herr Jouin vorbereitet und vorge- n o m m e n, der Sous-Chef der Sicherheitspolizei, der in einem offenkundigen Gegensatz zu Herrn Guichard operierte und mit ihm einen förmlichen Preßkrieg in der Jnforma- tionspresse führte. Von der Verhaftung Carouys sind merk- würdig voneinander abweichende Darstellungen in die Presse gekommen. Welchen Anteil an ihr Herr Guichard hatte, der sich verspätet auf das Automobil setzte, ist nicht klar geworden. Herr Jouin ist jetzt tot und so hat man wenig Hoffnung. etwa in späteren Polizeimemoiren diese dunklen Vorgänge ganz aufgeklärt zu sehen. Vielleicht wäre er noch am Leben. wenn er auf die Verbindungen des Herrn Guichard größeres Vertrauen gesetzt hätte. Für die Allgemeinheit aber ist nicht die„Anzeiger"-Rolle des einen oder anderen Individuums von Bedeutung, son dern das Wirken einer Institution, die offiziell die Aufgabe hat, die Betätigung der antisozialen Instinkte im Nahmen des bürgerlichen Staates hintanzuhalten. ' Sin Siegestag der pariser poltzei. Ruhmgekrönt ist am Sonntag die Pariser Sicherheitspolizei aus ihrem Kampfe gegen die Automobilbanditen heimgekehrt. Zwei langgesuchte Mitglieder der Verbrechergesellschaft, Bonnot und D u b o i s, sind mit Hilfe einer etwa 400 Mann starken Polizei- und Militärabteilung und nach Verwendung von Dhnamitpatronen in Choisy-le Not zur „Die im Schatten leben." Drama von Emil Rosenow . Als Vorfeier zum Maifest veranstaltete der Arbeit erbil« t> u n g s a u s s ch u ß zu Frankfurt a. M. letzten Sonntag um die Mittagsstunde im Schumanntheater die Uraufführung des nach- gelassenen sozialen Dramas unseres so früh verstorbenen Genossen Emil Rosenow :„Die imS chatten lebe n". Die Berliner »Freie Volksbühne", die ihre nächste Spielzeit mit diesem Werk eröffnen will und sich die Uraufführung bereits gesichert hatte, war auf eine an sie gerichtete Bitte der Genossen von ihrem Rechte zu- Künsten der Frankfurter Aufführung zurückgetreten. Ungefähr a000 organisierte Arbeiter füllten in festlicher Stimmung das riesige Haus. Genosse Dr. Pönsgen-Alberty, der auch die Inszenierung leitete, begrüßte das kunstfreudige Publikum in einer kurzen Ansprache, in der er den Zusammenhang dieser Vorfeier dem Festtage der Arbeit würdigte. Das neue Drama führt uns auf Westfalens rot« Erde, in eine jener Arbeiterkolonien, wie sie zu Dutzenden die„Wohlfahrtsein- rschtungen" des Unternehmertums im Ruhrrevier geschaffen haben. ksm Mittelpunkt der Handlung steht die Familie Lückel, Mutter, Sohn und drei Töchter, die den Ernährer vor Jahren bei einem Bergunglück verloren haben. Dafür ist ihnen gestattet worden, in der ärmlichen Hütte wohnen zu bleiben. Die Kinder arbeiten alle für das Werk. Trotzdem ist grimmes Elend ständiger Gast bei Mutter-�nckel und harte Schicksalsschläge fallen auf sie nieder. Eine furchtbare Grubenkatastrophe, hervorgerufen durch die Ge- wissenlosigkeit und die Gewinngier"der Bergwerksleitung, raubt ihr den Mann lhr«r erst vor wenigen Tagen verheirateten Tochter und macht den einzigen Sohn, der einmal die Stütze ihres Greisentums sein sollte, zum Krüppel. Die jüngste Tochter, ein lebensdurstiges, etwas loses Ding, wirft sich dem leichtfertigen Sohne des Geheim- ratS Langenscheidt,«r mit den raffiniertesten Mitteln sie zu be- tören weiß, an den.Hals©j« wird von der Polizei der entsetzten Mutter zurückgebracht. Liesa, die einzige in diesem Milieu, die allem Elend Wchtz bietet, ein tapferer, starker Charakter— ein Symbol der Kräfte, die einmal zur Befreiung auch dieser Prole- tariermassen aus aller Knechtschaft führen werden, verläßt das elterliche Haus, um sich draußen eine freie, eigene Existenz zu schaffen. S i e wird kämpfen, sie wird ihrer Schwester Los nicht teilen. In ihrer Liebe zu Diakonus Körting hat sie die große Eni- täuschung ihres Lebens erfahren. Körting ist einer jener geistigen Proletarier, die zwischen den Klaffen hin und her schwanken, ein Typus der Akademiker, die sich eine Zeitlang der Arbeiterbewegung anschließen, solange sie selbst üm Schatten leben. Sowie ihnen aber einmal ein Platz an der Sonne winkt— in diesem Falle eine Pfarre in Arnsberg —, schämen sie sich ihrer radikalen Vergangen- lheit und kriechen reumütig unter d«e Fittiche der Machthaber. So war es auch dem Werkdirektor Älonne gegangen, der aus kleinen Lerhältnisseu heraus zu leitender Stellung hinauf protegiert worden ist. Er ist der vollkommen gelungene Typus des protzenhaften Erubenherren, dem die ganzen Wohlfahrtseinrichtungen nur die Hülle nacktesten Eigennutzes bedeuten. Die Gestalten Rosenows sind von wunderbarer Plastik. Ein jedes der Kinder Mutter Lückeis bietet eine Welt für sich. Sie sind mit der vollen Liebe des Künstlers gesehen in ihrer Bedingtheit, die sich aus dem Milieu, aus den speziellen Anlagen, auS der veralteten Erziehung ihrer Mutter eigibt, und mit voller Objektivität ge- zeichnet. Mutter Lückel, die eigentliche Hauptfigur, ist eine jener rückständigen Frauen, die dies Leben der Not und Knechtschaft geistig gebrochen hat. Sie ist von kriechender Demut nach oben, ihr geistiges Leben erschöpft sich in religiösem Kinderglauben. Der Eigenart ihrer Kinder, die sie unterschiedslos mit dem Knüppel „erzieht", steht sie mit vollem Unverständnis gegenüber. Ebenso bewundernswert wie die Plastik der Hauptpersonen, um die sich eine Reihe höchst origineller episodischer Gestalten grup- Pieren, ist auch Rosenows reife Technik in der Szenen führung. Besonders der zweite Akt mit seiner grandiosen Steigerung vom ersten Munkeln über die Katastrophe bis zum Läuten des Toten- glöckleins für die Verunglückten ist von unheimlicher Gewalt. DaS Publikum stand denn auch sichtlich unter dem Banne einer starken seelischen Erschütterung. Poetisch fein empfunden ist der Schluß des zweiten Aktes: der alte Werksinvalide Schniermann sucht im Getändel mit den Kindern seine furchtbare Angst zu betäuben. Die lauteste Wirkung löste der dritte Akt aus, der in verzweifeltem Ausbruch der Mutter über die Flucht des Kindes aus dem elter- liehen Hause seinen Höhepunkt findet. Die Aufführung hielt sich im ganzen auf einem erfteulich hohen Niveau. Die Darsteller, ausnahmslos den ersten Foankfurter Bühnen entnommen, durchweg vor scharf umrissene Aufgaben ge- stellt, waren tief in das Werk eingedrungen. Die Aufnahme war eine mehr als begeistert«. Der Beifall war einmütig und stark._ Theater. Kleines Theater.»Der Nachtwächter Lustspiel von S. G u i t r Y. Ein grau und wacklig gewordener Jung« geselle, Inhaber des Ordens der Ehrenlegion, berühmtes Mitglied der Akademie und mit Dukaten reich gesegnet, gibt in der Guitryschen Komödie Anweisungen, wie alte Herren seines Standes in dem Ver» kehre mit Maitresien sich philosophisch zu verhalten haben. Aus- gehend von dem Satz, daß die gefälligen Damen, die sie mit ihrer Liebe und ihrem Gelde beglücken, sie jedenfalls mit jüngeren Rivaleu betrügen werden, kommt er zum Schlüsse, daß seinesgleichen sich begnügen solle, die Auswahl möglichst günstig zu beeinflussen. Ein solider, gesunder junger MenschalsTeilhaber biete Sicherheiten gegen die viel unliebsamere Konkurrenz verlotterter Rouös, sei daher als Nacht- Wächter zur Verhütung größeren Unheils vortrefflich zu gebrauchen. Dabei soll dieser Zyniker zugleich auch eine Art Gemütsmensch sein. Seiner Verliebtheil ist der Gedanke, dem Mädchen lästig zu fallen, unleidlicher als der, daß fie_ ihn hintergeht; und in seine kalku- lierenden Erwägungen spielt eine zärtliche Besorgtheit um ihr Wohl hinein. Indes der Ehrgeiz psychologisch nuancierender Vertiefung Strecke gebracht worden. Ueber den glorreichen Kampf, der in seinen Einzelheiten stark an die Belagerung der Verbrecher in Houndsditch erinnert, wird folgende Darstellung gegeben: Sicherheitsdirektor Guichard erhielt Sonnabend abend ver- schieden? Nachrichten, die vermuten ließen, daß ein in einen Auto- mobilschuppen umgewandeltes Häuschen in Choisy-le N o i den Auwmobilbanditen als Schlupfwinkel diente. Sonntag morgen begaben sich der Sicherheitsdirektor Guichard mit reichen Schutzleuten nach Choisy-le Rai. Er ließ das Häus- chen umstellen und öffnete das Tor des AutomobilschuppenS. Du- bois war gerade im Begriff, ein Motorfahrrad zu besteigen. Ein Polizist feuerte, ohne zu treffen, seinen Revolver gegen Dubais ab, der mit mehreren Schüssen erwiderte und den Polizei- 'inspekwr Arlen am Arme leicht verwundete. Guichard befahl seinen Leuten, das Feuer einzustellen, und rief Dubais zu:„Hände hoch! Gehen Sie hinaus, es wird Ihnen nichts geschehen." Dubois hielt seinen Revolver vor und zog sich in den Hintergrund des Schuppens zurück, worauf die Poli- zisten den Schuppen verließen. In demselben Augen- blick fielen von dem Balken des ersten Stockwerks mehrere Revolver- schüsse und zwei Polizisten stürzten schwer verletzt zu Boden. Sofort verbreitete sich das Gerücht, daß der Schütze Bonnot sei. Guichard ließ um Verstärkungen nach Paris telephonieren. Bevor diese eintrafen, eilten eine Anzahl Orts- bewohner mit Gewehren herbei und richteten gleichzeitig mit den Polizisten, indem sie gleich diesen hinter Bäumen und Straßenböschungen Deckung suchten, ein unaufhörliches Feuer gegen das Haus. Auch die Banditen schössen unaus- gesetzt Revolver ab. Polizeipräfekt Lepine und Sicherheitsdirekwr Guichard ließen das Haus von inzwischen eingetroffenen Poli- z i st e n und Soldaten der republikanischen Garde in weitem Kreise umzingeln und Gewehrsalven abgeben, die sämtliche Fensterscheiben des Hauses zertrümmerten, aber die beiden Belagerten nicht hinderten. ihr Feuer fortzusetzen. Die Kugeln drangen jedoch nicht weiter als 40 bis 60 Meter. Die Polizeibeamten beschlossen nunmehr, das HauS i n di e Luft zu sprengen. Ein Offizier der berittenen Polizei, Fontan mit Namen, der früher Pionieroffizier gewesen war. erbot sich, die Sprengung auszuführen. Ein kleiner Karren wurde mit Matratzen und Stroh beladen, um Fontan gegen die Kugeln der Verbrecher zu schützen. Fontan nahm zwei Dynamitpatronen sowie eine lange Zündschnur m't und schob unter dem Schutze der Matratzen den Karren langsam dem Hause zu. Die Verbrecher eröffneten jedoch ein Schnell- feuer gegen den todbringenden Karren und zwangen Fontan, der bereits bis auf 10 Meter an das Haus herangelangt war, zur Rückkehr. Nunmehr ließ Fontan einen großen zweirädrigen Wagen mit Matratzen und Stroh ausstopfen. Dann ließ er ein Pferd verkehrt einspannen und trieb dieses Gespann bis an das Haus heran. Unter den hohen Rädern des Karrens gelang eS ihm, bis an die Hausmauer heranzukommen und seine Dynamitpatronen anzulegen. Dann zog er sich schnell zurück und brachte die Mine zur Explosion. Den Ver- blechern war es jedoch gelungen, durch Sand, den sie auf das Dynamit schütteten, der Explosion die Wirkung zu nehmen. Erst ein dritter Sprengungsversuch hatte Erfolg und ein Teil des Hauses stürztezusammen. Durch den Wagen g c- deckt, rückte ein Dutzend Polizisten gegen das Haus vor und drang mit vorgehaltenen Revolvern, die Ma» trotzen als Deckung benutzend, i n den Schuppen. Dort stießen sie auf die erkaltete Leiche Dubois, die keiner» lei Verwundung aufwies. Man nimmt an. daß er sich v e r» gi f t e t hat. Im ersten Stockwerk fanden die Polizisten B o n n o t mit verwundetem Arm auf dem Boden liegend; sie feuerten eine Salve auf ihn ab. Bonnot stieß einen Fluch aus. er wurde an den Armen und Beinen von den Polizisten erfaßt und über die Treppe geschleppt. Er atmete zwar noch, lag aber sichtlich in den letzten Zügen. Sein Körper trug 12 Schußwunden. Die um das Haus angesammelte tausendköpfige Menge stürzte vor, um Bonnot zu lynchen, aber es gelang den Polizisten. reicht nicht weit. Im Grunde läuft das Ganze auch eben nur auf ein Ragout gepfefferter Frivolitäten in der gewohnten Pariser Schwankmanier hinaus. Herr Adalbert spielte den MalerSmann, dessen schnippisch unbekümmerte Selbstsicherheit und frische Energie auf Madame nach einer bei Cbampagner verjubelten Nacht so starken Eindruck macht, mit großer Drolerie. verblüffend war auch diesmal wieder Jlka Grüning in der sonst ganz undankbaren, ja peinlichen Rolle einer gealterten Zofe, die den Liebling ihrer Herrin mit glühenden Versichcrimgen ihrer Leidenschaft verfolgt. DaS frech versckmitzte Max- und Moritz- gesicht mit dem schwungvoll verlängerten Munde, das sie sich zugelegt, wirkte noch bei den plattesten Fadaisen unwiderstehlich komisch. Abel flocht in die Darstellung des alten Herrn manch feine Züge, doch ohne die mangelnde Plastik dieser auf lauter Räsonneur- und Theseneffekte eingestellten Figur aus eigenem ergänzen zu können. Mathilde Brand gab dem verwöhnten und verlogenen Halbwelt- dämchen liebenswürdigen Charme. Humor und Satire. Der Hehler st ehlerkrakehler. Wie...? Was...? Na, dieser Sozialiste—I Wie konnte er sich so vergessen l Man liebt doch seine Futterkiste, Zumal, wenn man sich vollgefressen. .Mein Preußen I' seufzt eS aus den Bänken, .Mein Preußen I"... Schnupfen... Tränenfetzen. �. »Wir lassen, Heimat, dich nicht kränken. weiß Gott : wir wissen dich zu schätze»! Wo gibt es solche Untertanen, so treu, so brav, so voll der guten Gesinnung?— wo die Veteranen, die sich für uns verzückt verbluten?— Wo gibt e» solche Liberalen, die immer schreien und niemals beißen?— Wo solche Bürger, die nur zahlen? Sie können uns ja sonst... gewogen bleiben I' Warum so laut wie auf der Bühne?— Sieht man ihn nur das Maul aufreußen, so murmelt eS auf der Tribüne: »Der Zedlitz, ja— der ist aus Preußen I"— _____ Kurt. Nottze». — Der Bildhauer Otto Stichling ist Sonntag früh im 40. Lebensjahre in einem Berliner Sanatorium gestorben. Er war zuletzt Professor an der Kunstgewerbeschule zu Charlottenburg . Die Natioualgalerie ist im Besitz eines seiner bclanntcjten Werke: »Dgs nackte Mädchen".
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