|t. 116. 29. Jahrgang.L ßcilnjc des Jstmitfs" Kerlim NslksdlR21. p«i 1912.Partei- Hngelcgenbciten.Zur Lvkallistc.Im vierten Kreis hat ein Wechsel deS Inhabers �.vomLuisenstadt-Kasino, Oraniensirage 180, stattgefunden. Der letzigeInhaber, Herr Kirschkowski, stellt es nach wie vor zu den üblichenBedingungen zur Versüguug._ Die Lokalkommission.Groß- Lichterfelde. Heute, den 21. Mai, abends SVa Uhr, im„Kaiserhof", Kranoldplatz: Große öffentliche Versammlung. Tages-ordnung: Die wirlschastliche Organisation als Ergänzung der poli-tischen. Referent: Reichstagsabgeordneter PeuS. Genoffen! Sorgtfür Maffenbesuch l Der Einberufer.Zchlendors(Wannseebahn). Heute, Dienstag, den 21. Mai,abends 8>/z Uhr: Wahlvereinsversammlung bei Mickleh. 1. Vortragdes Genossen Kamrowski:»Der deutsche Bauernkrieg". 2. Diskussion.8. Vereinsangelegenheiten. 4. Verschiedenes. Der Vorstand.Treptow-Baumschulenweg. Die Mitgliederversammlungen fallender Feiertage wegen in diesem Monat aus.Morgen, Mittwoch, beteiligen sich die Genossen an den bekannt-gegebenen Protestversammlungen in Berlin. Der Vorstand.Karlshorst. Heute abend 3'/, Uhr im Restaurant.Fürstenbad",Inhaber Bartels: Mitgliederversammlung. 1. Vortrag des GenoffenWilhelm D ü w e l l:„Spekulative und Moralreligion". 2. Dis-kussion. 3. Beschlußfassung über die Einteilung der Zahlabend-gruppen. Die Bezirksleitung.Köpenick. Heute Dienstag, abends T�Uhr: Handzettelverbreitungvon den bekannten Lokalen auS.Hohen-Schönhausen. Zur Versammlung am Mttwoch treffensich die Parteigenoffen pünktlich 1/s8 Uhr bei Krause.Reinickendorf-Ost. Heute abend 7 Uhr: Flugblattverbreitungvon den bekannten Stellen aus. Die Bezirksleitung.Nieder-Schönhaufen. Für Nieder-Schönhausen findet morgeneine öffentliche Versammlung nicht statt. Dafür wollen die Ge-Nossen heute Dienstag, den 21. Mai, abends 8>/z Uhr. in der Mit-gliederversammlung des Wahlvereins bei Manke, Charlottenstr. 8.Ecke Beuthstraße, erscheinen. Tagesordnung: 1. Vortrag desGenoffen Max Schütte über:.Ferdmand Laffalle". 2. Diskussion.3. Wahlvereinsangelegenheiten. 4. Verschiedenes._ Die Vezirksleitung.Berliner Nachrichten.Die Tegeler Seeinseln.Der Feiertagsverkehr nach Tegel und seiner herrlichenUmgebung hat in den letzten Jahren immer mehr zugeyom-men. Weit über hunderttausend luft- und lichthungrigeGrotzstadtmenschen werden an schönen Sommersonntagen hin-ausbefördert. Die Verkehrsmisere ist zwar auch hier, wienach so vielen anderen bevorzugten Ausflugsorten, an derGrenze des Erträglichen angelangt, aber die Millionenbevölke-rung nimmt das mit bissigem Humor in den Kauf, um über-Haupt nur in vollen Zügen Natur kneipen zu können. Weram Tegeler See das prächtige Wald- und Wasserpanorama insatter Ruhe genießen will, wird dem Massenverkehr aus demWege gehen. Die schaffende Bevölkerung ist darauf ange-�wiesen, den durch Verkehrsärger schon geschmälerten Natur-..genuß mit Hunderttausenden zu teilen. Zu dem„Huge nachTegel" haben die reicheren Verkehrsgelegenheiten, die Anlageder Tegeler Strandpromenade und die Errichtung neuerVergnügungs-Etablissements nicht wenig beigetragen. AlteBerliner, echte Naturfeinschmecker, können diesem lawinen-artig sich ergießenden Menschenstrom keinen rechten Geschmackabgewinnen. Andere wieder reizt dieser massenhafte Sonn-tagsauszug aus dem steinernen Spreekoloß und an den Ufernund auf dem Wasser das quirlende Leben und Treiben, dasan amerikanische Weltstadtbäder erinnert. Wo erholung-suchende Menschen sich so häufen, beginnt selbstverständlichunser unvergleichlicher Bureaukratismus sich von seinerschönsten Seite zu zeigen. Auch die Tegeler Gendarmenhalten es für eine grundgescheidte Idee, gerade an Feiertagendie dicken Notizbücher und die ewig schmachtenden Staats-kassen zu füllen. Obenan steht die Jagd aus Badende, dieohne behördliches Sanktum ihren Körper reinigen und er-frischen. Wunderliches Land, dieses Preußen, das sich mästetan Legionen von Verboten! Ganz besonders hat man hierseit vorigem Jahre die Tegeler Seeinseln aufs Korn genom-men. Unter ein paar bedauerlichen Unglücksfällen mußtedie Allgemeinheit leiden. Ach. wäre doch die Obrigkeit nurden hundertsten Teil so besorgt um die Millionen, die untermoderner Blntsaugerpolitik seufzen! Heute sind die Aus-flügler von den schönsten Tegeler Seeinseln so gut wie ver-bannt. Das wird auch kaum anders werden, selbst wennScharfenberg. Baumwerder und Lindwerder in den Besitz derStadt Berlin wirklich noch übergehen sollten. Die prächtigeInsel Scharsenberg war bekanntlich viele Jahrzehnte derRuhesitz des Botanikers und Dichters Dr. Karl Bolle, derhier neben einem weinumrankten Landhaus seinen eigen-artigen Baumgarten„Arboretum" schuf, dessen Tage unterder neuen Besitzerin gezählt sind. Das große Publikum hattezwar auch früher nicht viel von diesem idyllischen Eiland, dader„Herr der Inseln" als Einsiedler lebte und keinen un-gebotenen Besuch wünschte. Aber Interessenten wurde dieBesichtigung doch stets gestattet. Daß auch Baumwerder undLindwerder einen großen Teil ihres Naturschmucks verlierenwerden, ist vielleicht nur eine Frage der Zeit. Alexander V.Hum-holdt. der am Tegeler See Kraft sog zu seinen unvergänglichenSchöpfungen, würde sich im tannenumhegten Grabe desTegeler Schloßparks umdrehen, wenn er diese von der Spe-kulation diktierte, immer rücksichtsloser um sich greifendeNaturzerstörung sehen könnte. Und mit ihm klagen dieGeister oll der Großen und Edlen der Nation, deren Worteund Werke mit dem Tegeler See innig verknüpft sind. Schonftreckt das Goldfieber seine Hand gierig auch auf Valentins-Hi-fber gegenüber Spandau aus. Hier dürfen die Ausflüglernock, unbeschränkt festen Fuß fassen. Der größte Teil dieserMckites Schilf gebetteten Insel ist mit Landhäusern besetzt.die eine Spitze mit dem Restaurant und einer hübschenSpielwiese dem Publkum vorbehalten. In allen Himmels-rikbtunaen um Berlin muß man von verschwundenen oder per-findenden Naturschönhelten reden. Soll auch das TegelerNelaeÄ zu einem Naturtorso werden? So steht man aufSckritt und Tritt vor den großen Aufgaben, die dem Zweck-n» I-in Wlai. Bte foot d°ch«Ilh-Imvon Humboldt?„Man kann viel, wenn man sich nur rechtviel zutraut!"__—Das Konterfei de»„Herra der Erde" mit dem Worischen Hut.der im Berliner Zeughaus unter Glas vor dem Mottenfraß be-wahrt wird, prangt seit Sonntag an allen Anschlagsäulen Groß-Berlins. Es ist wieder mal die Reklame für ein vaterländischesSpektakelstück, das auf dem Brauhausberge in Potsdam herunter-gerissen wird und auf die Zwangserziehung zum Hurrapariotismusgeeicht ist. Der Verfasser Axel Delmar trägt natürlich dick mitPhantasiefarben auf, kommt aber wenigstens nicht in die Lage,sein Machwerk auf Befehl der preußischen Theaterzensur fälschenzu müssen, wie bei den Festspielen in Pichelswerder, wo die Nach-kommen der brandenburgischen Raubritterzunft es sich verbetenhaben, daß die heutige Generation wahrheitsgemäß mit den Land-stratzenschandtaten der„Edelsten der Nation" bekanntgemacht wird.Einen literarischen Wert hat auch das Potsdamer Radaustück nicht,kaum einen historischen. Es verhimmelt lediglich wieder den„mo-narchischen Gedanken", der sich auch in dem„großen Korsen" solebendig entwickelte, daß er mit den damaligen europäischen Thron-fesseln jonglierte. Der„Herr der Erde" ist heute schon in Wahrheitder sozialistische Gedanke, der einen Napoleon niemals wiedererstehen lassen kann.AuS dem Zwcckverband. Unter dem Vorsitz des Oberbürger-meisters Kirschner trat gestern der Ausschuß für den Verband Groß-Berlin im Berliner Rathause zusammen. Den Beratungen, die vierStunden in Anspruch nahmen, wohnten Oberpräsident Dr. v. Conrad-Potsdam mit dem Oberpräsidialrat Graf v. Roedern bei. Auf derTagesordnung standen u. a. der Waldverkauf der Stadt Spandauund die Anstellung von drei höheren Beamten seines Juristen, einesVerkehrstechnikers und eine? Bausachverständigen). Es wurde be-schlössen, am nächsten Mittwoch eine Besichtigung der SpandauerForst durch die Ausschußmitglieder der Beschlußfassung vorangehenzu lassen. Zu einer Beschlußfassung über die Wahl der vor-geschlagenen Personen für die höheren Beamtenstellen kam es nicht.Die Sache mußte wegen vorgerückter Stunde vertagt werden. AlsMitglieder der Beschlußbehörde sind vom Magistrat die Stadt-räte Geh. Rat Mosse und Dr. Franz, sowie die StadtverordnetenJustizrat Galland und Bankdirekior Mommsen in Borschlag ge-bracht worden._Das„zum Klassenhaß aufreizende" Elendsbild.Gegen den die Förderung der Arbeiten des Zweckver-bandeS Groß-Berlin betreibenden Propaganda-a u s s ch u ß hatten Hausbesitzer die Polizei angerufen, weil seinSäulenplatat mit dem von Käthe Kollwitz gezeichneten Bildzweier reduzierter Kinder zum Klassenhaß aufreize.Nachdem es dem Hausbesitzerverein des Frankfurter-Tor-BezirkSgelungen war, die Polizei von der Notwendigkeit eines Verbotesweiterer Benutzung dieses Plakats zu überzeugen, wird jetzt ge-meldet, daß auch die Staatsanwaltschaft noch mobilgemacht werden soll. Es heißt, daß die verantwortlichen Personendes Propagandaausschusses, Staatssekretär a. D. Dernburg alsVorsitzender und Dr. Hehmann als Geschäftsführer, bereits derStaatsanwaltschaft wegen Aufreizung zum Klassenhaßangezeigt worden seien. Man fühlt sich zunächst versucht, dieseNachricht für einen faulen Witz zu halten, aber leider ist ja beiuns das Unglaublichste möglich. Schon ergreist hierzu auch dieGeschäftsstelle des Propagandaausschusses das Wort, um durch diePresse zu erklären, jene Zeichnung von Küche Kollwitz sei niemalsals eine typische Darstellung Berliner Kinder ausgegeben worden,sondern die beiden Kinder seien nur aufzufassen als Repräsentantender vielen von den Schulärzten als kränklich und schwächlich be-fundenen Kinder. Die Erklärung schließt:„Es muß im hohenMaße bedauerlich genannt werden, wenn die Mitglieder des Pro-pagandaauSschusseS, die nachdrücklich auf diese Taufende von umGesundheit und Jugendglück betrogenen Kinder und auf die drin-gende Rottvendigkest besserer Spiclplatzgelegenheiten hingewiesenhaben, deswegen von der Staatsanwaltschaft unter Anklag« gestelltwerden sollen." Nun fehlt nur noch, daß der Propagandaausschußden Hausbesitzern samt dem Staatsanwalt de- und reumütig Ab-bitte leistet. Es wäre nicht ohne besonderes Interesse, wenn Staats-sekretär Dernburg wegen dieses„zum Klassenhaß aufreizenden"Elendsbildes auch noch verurteilt würde.Gibt es eine Baupolizei? Aus Arbeiterkreisen wird uns ausWilmersdorf geschrieben: In der Darmstädter Straße b wirdgegenwärtig von der Firma Romanowski u. Co. ein Bau ausgeführt,auf welchem zirka 30 Arbeiter beschäftigt sind. Trotzdem derselbeschon bis zur ersten Etage gediehen, ist eine Baubude überhauptnicht vorhanden. Es scheint sich also bisher niemand, auch diePolizei, welcher die Ueberwachung der Durchführung der PolizeiVorschriften in die Hand gegeben ist, darum gekümmert zu haben,ob die Polizeiverordnung und die Bestimmungen der ministeriellenVerfügungen befolgt werden. Der Unternehmer macht sich hieroffenbar einer Verletzung der behördlichen Vorschriften, welchezum Schutze der Bauarbester erlassen sind, schuldig. Die Bestim-mung, daß auf dem Bau zur Unterkunst der beschäftigten Arbester allseitig dicht umschlossene und mit einem wasserdichten Dachversehene Räume vorhanden sein müssen, scheint ihn nicht zukümmern». Wenn die Arbeiter die Befolgung der Polizeivorschriftendurch einen Streik zu erzwingen suchten, würde die Polizei sofortauf dem Plan erscheinen. Der Unteriunstsraum der Arbeiter be-steht gegenwärtig auS einer im Keller aufgestellten Stellage— zweiNctzriegel und ein Brett—. an welcher die Sachen gehängt werden.Abgedeckt ist die ganze Geschichte durch die Rüstbrester, welche aufden Kellerträgern und den Balken in der ersten Etage liegen, sodaß Schutt und Wasser ungehindert von oben eindringen könnemAber auch bei Regenwetter kann dieser.Unterkunftsraum" leichtzu einer Badeanstalt werden, denn das Wasser kann vom höher-belegenen Hofterrain ungehindert hinein. Den Fußboden bildetMutter Erde, die hier fast immer in weichem Zustande ist. Sitz-gelegenheit ist nicht vorhanden; sie wäre auch für die Einnahme vonMahlzeiten zwecklos, denn sitzen könnte doch niemand, ohne derGefahr ausgesetzt zu sein, großen Schaden an seiner Gesundheitzu nehmen. Fenster und Türen fehlen ebenfalls. Und die Arbeiter,die sich in diesem zugigen feuchten Raum auS- und ankleidenmüssen, treiben ein frevelhaftes Spiel mit ihrer Gesundheit. Di«Einnahme der Mahlzeiten, die Entlohnung, alles geht in der Kneipebor sich. Der Bau wird von Akkordmaurern ausgeführt, die nichtden Mut haben, energisch das zu verlangen, was ihnen durch dasGesetz garantiert ist. Sie hofften und hoffen auf das Eingreifender Polizei. Bisher vergebens, diese hat wichtigeres zu tun.Ein Mißstand ganz gefährlicher Art ist auf dem UmbauUhlandstr. 73 offenbar geworden. Dort werden vom Unter-nehmer Hupfer in der Parterreetage Ladenausbrüche vorgenommen.Es werden bei dieser Arbeit Frontpfeiler herausgenommen unddie neu erstandenen Oeffnungen mit großen schweren Trägernüberdeckt, auf welchen dann das Mauerwerk und die Balken derersten Etage ihren Stützpunkt finden. Bevor nun die Träger unter.gebracht sind, muß der ganze obere Teil des Gebäudes, an welchemdie Aenderungen vorgenommen werden, äußerst sorgfältig und sicherabgesteift sein» damit nicht das Gebäude zusammenbrechen kann.Bei den hier in Frage stehenden Arbeiten ist aber die Absteifungleichtfertig und sorglos vorgenommen worden. Die Steifen sindnicht auf eine unverrückbare Grundlage gestellt, sondern teils aufdie Kellerkappcn. Stürzt eine solche Kappe infolge deS durch dieSteifen übermittelten starken Druckes ein, dann verlieren dieSteifen ihren Halt, und die Gefahr des Gebäudeeinsturzes ist ge-geben. Die Steifen hätten durch die Kappen hindurch bis auf dieKellersohle geführt und dort aufgestellt werden müssen. Es liegthier ein regelrechter Verstoß gegen die allgemeinen Vorschriften fürBauausführungen vor.Daß Unternehmer sich Verstöße der vorgenannten Art zuschulden kommen lassen können, liegt an der mangelhasten Kontrolledurch die behördlichen Organe. Es wird aber nicht anders werden,als bis sachkundige Männer aus den Reihen der Arbeiter zur Bau-kontrolle herangezogen werden.Massenerkrankunge» wurden dieser Tage aus der Heimstättein Blankenburg gemeldet. Danach erkrankten eine größere AnzahlPatienten infolge Genusses von aufgewärmtem Lungenhaschee, dasverabreicht worden war. Die Patienten wurden von Uebelteit undErbreihen befallen und hatten andauernden Durchfall, der längereZeit anhielt. Es wird berichtet, daß sogar bei einigen PatientenFiebererscheinungen eingetreten seien. Dem Arzt sei keine Meldungerstattet worden. Auf Nachfrage wird uns die Mitteilung von denErkrankten bestätigt. Die Schwester hätte aber durch Verabreichungvon Tropfen den unangenehmen Erscheinungen begegnen können,so daß ernsthaste Folgen nicht eingetreten seien. Es ist nötig,ernstlich darauf zu achten, daß Speisereste infolge allzu über-triebener Sparsamkeit nicht weitere Verwendung finden, zumaldann, wenn kranke Personen in Frage kommen. Eine verständigeWirtschaftsverwaltung sollte eigentlich wissen, daß gerade Lungen-Haschee sehr leicht dem Verderben ausgesetzt ist, und daß es unent-schuldbar ist, eine solche Speise Patienten nach 24 Stunden wiedervorzusetzen.179124 ist die Zaubernuumvev, auf die das große Los ent-fallen ist. So mancher Lotteriespieler, der sich im Geiste schon alsKrösus sah und ausrechnete, was er mit dem großen Gewinn an-fangen würde, wenn— er ihn bekäme, wird enttäuscht fein undseine Hoffnungen auf— das nächste große Los richten.Mit den Adoptionszentralen ist, wie wir wioderholt mitteilten.in der letzten Zeit in Berlin und auch in anderen Großstädten, dieauf diesem Gebiete mit der Reichshauptstadt in Verbindung standen,etwas aufgeräumt worden. Daß aber einzelne dieser„Spezialisten",die das unsaubere Gewerbe weniger offen betreiben, immer nochgute Geschäfte machen, zeigt die Verhaftung eines ArbeitersFriedrich Widder aus Neukölln. Dieser machte in Zeitungen be-kannt, daß er einen Knaben und ein Mädchen gegen einmalige Ab-findung zu vergeben habe, und bezeichnete als seine Wohnung einHauS in der Ritterstraße, in dem er sich in einem Fremdenlogiseingemietet hatte. Dort besorgte er seinen ganzen Briefwechsel,ließ sich aber sonst nur noch morgens sehen, um die Post in Empfangzu nehmen. Bewerbern, die sich auf seine Anzeigen meldeten, ver-langte er nach Art dieser Schwindler 5 bis 10 M.„Auskunfts-gebühren", die sie nach der Ritterstratze senden mußten, im vorausab. Die letzten drei Tage kam jeden Morgen der Geldbriefträgermit neuen Sendungen. Dann ließ sich der Gauner im Logis nichtmehr sehen, und auch der Briefträger kam nicht wieder. Inzwischenerfuhr die Kriminalpolizei, daß der„Adoptionsvermittler" derPost geschrieben hatte, er werde von jetzt an Briefe und Geld-sendungen vom Amte abholen. Beamte legten sich deshalb dort aufdie Lauer und nahmen ihn fest, als er kam, um Sendungen ,nEmpfang zu nehmen. Wie jetzt festgestellt wurde, hatte Widder indrei Tagen nicht weniger als 60 Anweisungen ausgezahlt bekommen.Ein eigenartiger Strassenbahaunfall ereignete sick gestern Montag-nachmittag an der Ecke der Gertraudten- und Grünstraße. Dortfuhr ein Straßenbahnwagen der Linie S8 auf einen an der Halte-stelle hallenden Straßenbahnwagen der Linie 164 mit großer Gewaltauf. Bei dem Anprall wurden die Fahrgäste stark durcheinander-gerüttelt und der Kaufmann Friedrich Wuttke aus der LandsbergerAllee 52 fiel ohnmächtig vom Vorderperron des Wagens der Linie 58auf das Straßenpflaster. Er erlitt Rückenverletzungen und Wundenam linken Arm. Außerdem verunglückten noch zwei andere Personendie über Schmerzen im Rücken Nagten. Die drei Verletzten fandenauf der Unfallstation am SpittelmarU die erste Hilfe und konntendann nach ihren Wohnungen entlassen werden.Im städtischen Obdach Plötzlich gestorben ist gestern vormittagein ungefähr 40 Jahre alter Mann, dessen Persönlichkett ffch nichtfeststellen, ließ. Der Tote, der Papiere auf de» Namen eines 1873zu Charlottenburg gebürtigen Droschkenkutschers Paul Kienbach beisich führte, ist ungefähr 1,65 Meter groß und kräftig und hat dunkel-blondes Kopfhaar und einen dünnen, blonden Schnurrbart. DieLeiche wurde beschlagnahmt und nach dem Schauhause gebracht.Im Streit erschossen hat in der Nacht zum Sonntag der23 Jahre alte, zu Hayna» im Kreise Goldberg gebürtige ArbeiterAlfred Neumann, der sich wohnungslos in Berlin aufhielt, den25 Jahre alten Kutscher Karl Rüger, der aus Neustettin stammt.und bei seinen Eltern in der Landsberger Allee 50 wohnte. Rügerbesuchte am Sonnabend abend mit mehreren Freunden verschiedeneSchanklokale im Osten der Stadt. Gegen 3 Uhr endete ihre Bier-reise in einer Wirtschaft in der Madaistraße, in der Nähe derFruchtstraße. In diesem Lokal hielt sich auch Neumann auf. Plötz-lich sagte dieser, daß ihm sein Portemonnaie mit 65 M. Inhalt ge-stöhlen worden sei und beschuldigt« Rüger des Diebstahls. Dasverbat sich der Beschuldigte aber und Neumann beruhigte sich aucy.Als Rüger sich kurze Zeit darauf eine Zigarette anzündete, tratNeumann wieder auf ihn zu und forderte ihn im barschen Toneauf. ihm auch eine zu geben. Rüger kam seiner Aufforderungaber nicht nach, stagte ihn vielmehr, wie er dazu käme, ihn immerzu belästigen. Dieser Wortwechsel artete zu Handgreiflichkeitenau». Rüger wollte sich aber im Lokal nicht mit seinem Gegner ein-lassen und sagte zu ihm, wenn er etwas wolle, so solle er mit ihmauf die Straße kommen. Darauf ging Neumann gleich ein undging zur Fruchtstratze. Rüger folgte ihm auch und gab ihm kurzer-Hand eine Backpfeife. Im selben Augenblick kam ein Milchwagendahergefahren und trennte beide, so daß Rüger auf dieser. Neu-mann auf jener Seite stand. Neumann schlich sich jetzt hinter demWagen her und stand so plötzlich vor Rüger. hielt diesem den Re-volver auf die Brust und drückte ab. ehe der Bedrohte ihm dieWaffe entwinden konnte. Die Kugel drang Rüger mitten insHerz, so daß er sofort zusammenbrach und auf der Stelle verschied.Nach diesem Schuß fielen die Freunde deS Erschossenen über Neu-mann her, nahmen ihm die Waffe ab, verprügelten ihn undbrachten ihn zum 95. Polizeirevier in der Fruchtstrahe 70. Einigevon ihnen trugen den erschossenen Freund zur Unfallstation in derKoppenstraße. Hier konnten die Aerzte aber nur noch seinen Todfeststellen und ließen die Leiche nach dem Schauhause bringen.Neumann wurde nach seiner Vernehmung aus dem Revier nach demPohzelprasldmm gebracht.Ein mutmaßlicher KindeSmvrd beschäftigt die Kriminalpolizei.AM Sonnabend nachmittag fanden Müllkutscher, als sie den Müll-n?,? Hffuses Voltastraße 44 leeren wollten, in diesem einPalet, als sie den Umschlag, eine blaugeblümte Schürze, entfernthatten, fanden sie darin die schon stark verweste Leiche eines neu-geborenen Knaben. Sie wies am Kopfe mehrere blutige Ver-wtzungen auf. Allem Anschein nach hat die unnatürliche Mutteroas Kind nach der Geburt mit dem Kopfe auf einen harten Gegen-staist» geschlagen und so getötet. Die kleine Leiche wurde von derNevierpolizet beschlagnahmt und nach dem Schauhause gebracht.Die Nachforschungen nach der Mutter waren bisher ohne Erfolg.In einem Hotel vergiftet hat sich der 28 Jahre alte Handlungs-Schilfe Hans Andres. Vor acht Tagen nahm dieser in einem Hotel