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©ewerfercbaftlicbea. Im Manien �fcfu für die Scharfmacher 1 Auf dem sogenannten evangelisch-sozialen Kongreß, der diesmal in Essen   tagt, ritt der Vorsitzende, Prof. Dr. Baum» garten, recht forsch für die rheinisch-westfälischen Scharfmacher gegen die Arbeiter in die Schranken. Nach dem Bericht desReichsboten" entquoll seinem gepreßten Herzen zunächst ein Stoßseufzer über das Wachstum der Sozialdemokratie. Unsere Nation, die an der Spitze der Völker stehe, erlebte das letzte Jahr bei den Reichstagswahlen ein Anschwellen der sozialdemokratischen Flut, wie sie selbst Pessimisten unter den Frommen nicht befürchteten. Die 110 Reichstagssitze, die die mit unserem Staat und unserer kirchlich-nationalen Kultur zerfallene Partei an die erste Stelle in der Vertretung der Nation gerückt hat und die 4� Millionen Stimmen, die hinter dieser Partei stehen, geben der heutigen inneren Lage ihre Signatur. Damit verbindet sich der, wie vielen scheinen will, steigende Terrorismus, den diese Partei in den parlamentarischen wie in den Arbeitskämpfen des letzten Jahres ausgeübt hat." Dann sprach der Diener der chrisi lichen Religion der Nächstenliebe von demheißen Boden der schweren Industrie, auf dem vor nicht langer Zeit ein solcher Kampf ausgefochten worden, dem alle mit tiefster Teil nähme gefolgt seien. Für uns ergibt sich aus dem Steigen der sozialistischen   Flut keinerlei Verärgerung, sondern ein vermehrter Antrieb, Verständnis zu suchen für die, welche ihrer Verärgerung über unseren Staat und unsere Gesellschaft so unmißverständlichen Ausdruck geben." Diesem Vorbehalt folgte dann das freudige Bekenntnis für die Großindustriellen: ..Wir dürfen' uns aber auch nicht der Verpflichtung ent- ziehen, ein gerechtes Verständnis für diejenigen zu suchen, die unter dem TerroriSmuS der Sozialdemokratie und ihres Wirt- schaftlichen Anhanges in erster Linie zu leiden haben. Dazu fordert uns ja auch der Boden auf, auf dem wir hier stehen, der uns die gewaltigste Arbeit, aber auch die großartigste Wohl fahrtSleistung des deutschen Unternehmertums zeigt......" Solches Bekenntnis, meinte der Referent weiter, erwachse als Pflicht der sittlich religiösen Gesinnung des Evangeliums Jesul Also in seinem Namen: für Scharfmachereil Die Arbeiter, denen solchesozialen Töne" in die Ohren klingen, werden sich erinnern, daß aus den Reihen der hier verhimmelten Großindustriellen die Parole ausgegeben wurde:die Gewerkschaften zu zerschmettern", daß der Gründer der beweihräucherten Firma Krupp   zu dem Grundsatz sich bekannte:Lieber eine Werkstatt in die Luft sprengen, als Forderungen der Arbeiter anerkennen," daß die Kohlenmagnaten ein Z e n t r a l m a ß'r'e'g'l'u'n'g s b u r e a u errichteten, daß sie gerade jetzt Uriasbriefe in die Welt flattern lassen, um mißliebig gewordene Arbeiter mit der Hungerpeitsche niederzuschlagen. Und mit Erbitte- rung wird man daran denken, daß von hier aus die wütendsten Anstrengungen erfolgen, um die Arbeiter in daS Prokrustes- bett ausnahmegesetzlicher Bestimmungen zu spannen. Das nennt sich nun sozial, christlich, ideal, human und hat kein Verständnis für die furchtbar brutalen Verhältnisse, für die entsetzlichen sozialen Nöte, die unter der Herrschaft deS unpersönlichen Kapitals herauswuchsen. Hier, in der Domäne der Großindustrie, sind alle persönlichen, alle nt'nschlichen Be- Ziehungen zwischen Arbeiter und Unternehmer ausgemerzt. Das keinerlei Gemütsregungen unterworfene Profitintereste bestimmt den Inhalt des sogenannten Arbeitsvertrages, der ein Sklavenverhältnis nur schlecht verdeckt. Und die Sklaven opfert man den anonymen Unternehmern, die als Aktionäre irgendwo in der Welt, fernab von den Stätten der Produk- tion, die salbungsvollen Kapuzinaden genießen. Schmun- zelnd können sie sich gestehen: die Kirche hat ihre Aufgabe als Instrument kapitalistischer Interessenvertretung begrif- fen! Wir können uns in Ruhe an den Früchten der Arl�it anderer delektieren, unsere Nachtwächter find auf dem Posten I Berlin   und Umgegend. Die Klempner in den Buchstiibenbetrieben erstreben eine tarifliche Festlegung ihrer Lohn» und Arbeitsverhältnisse. In einer vom Deutschen   Metallarbeiterverband einberufenen Versammlung, die am Mittwochabend bei MerkolvSki, AndreaSstratze, stattfand, wurde die Lag« im Gewerbe und die Möglichkeit, Verbesserungen durchzusetzen, nach einem Referat von Devigneux besprochen. Die Lohnarbeit ist noch die Regel, die Versuche, Akkordarbeit einzuführen, sind bis jetzt in den meisten Fällen abgewehrt worden. Die Stundenlöhne betragen, 70 und 76 Pf., in Ausnahmefällen werden auch 80 bis S0 Pf. bezahlt. In manchen Werkstätten dagegen, wie bei Koch u. Bein, werden 60 bis 63 Pf. bezahlt, bei der Firma»Licht- reklame" 60 bis 66 Pf. Ueber die Firma Koch u. Bein und den Werkmeister daselbst wurde mancherlei Beschwerde geführt. Die täg- liche Arbeitszeit in der Buchstabenbranche soll S Stunden betragen, aber vielfach wird auch Ueberzeit gearbeitet, sogar ohne einen an- gemessenen Zuschlag. In der DiSkusfion sprach man sich nicht nur gegen die Ueberstunden, sondern auch für eine Verkürzung der Arbeitszeit aus; man erinnerte daran, daß die Badewannen« klempner nur achtstündige Arbeitszeit haben. Als besonders not- wendig wurde die tarifliche Festlegung der Stundenlöhne verlangt. Vorläufig soll das Organisationsverhältnis unter den Angehörigen der Branche noch besser ausgestaltet werden, um zu geeigneter Zeit die nötigen Schritte zur Verbesserung der Lage unternehmen zu können. veutlebes Reich. Der Gärtnerverband im Jahre 1911.. Mit Befriedigung kann der Verband auf das letzte Geschäfts- jähr zurückblicken. Konnte er doch mit Erfolg die Lohn- und ArbeitSverhältniffe der Gärtner verbessern, dabei den Kampffonds stärken und die Mitgliederzahl erhöhen. Die Mitgliederzahl betrug am Jahresschluß 6231, das sind 706 mehr als am Schluß des Jahres lölv. Die Steigerung der Mitgliederzahl beträgt seit 190S: 1337. Dieser Fortschritt ist um so höher anzuschlagen, weil in den drei vorhergehenden Jahren die Mitgliederzahl stagnierte. Neuauf- f mommen wurden 4684 Mitglieder, darin spiegelt sich eine riesige luktuation der Mitglieder wieder, die zum größten Teil durch he Fluktuation im Berufe bedingt wird. Die Einnahmen betrugen 144 483 M., die Ausgaben 127 446 M.. der Kassenbestand 66 736,90 Mark. Für Unterstützungen wurden 18 036 M.. für Lohnbewegung und Streiks im Berufe 13 103 M. verausgabt. Auf den Arbeits- nachweisen des Verbandes wurden 4443 Stellen gemeldet und 3135 besetzt. Der Verband führte 58 Lohnbewegungen und Streiks. Acht Bewegungen führten zu einem Tarifabschluß, Abwehrstreiks mußten sieben geführt werden, um zu verhindern, daß die Unternehmer ihre im Frühjahr gemachten Zugeständnisse wieder rückgängig machten. Der Erfolg der Gesamtbewegungen war für 2188 Mitglieder eine Lohnerhöhung von 4248 M. pro Woche und für 923 Mitglieder eine Arbeitszeitverkürzung von 2276 Stunden pro Woche. Eifrig wurde auch die Bekämpfung des Kost- und Logiszwanges, der im Gärtner- beruf noch vorherrscht, betrieben. Der Verband ist dazu überge- gangen, die Wohnungen der Gehilfen zu photographieren und in der Verbandszeitung öffentlich an den Pranger zu stellen. In dem Hinterpommerschen Baugewerbe rumort es gewaltig. und ist eS verschiedentlich schon zu Arbeitseinstellungen gekommen. In dem Landkreise Stolpe sind bei mehreren Unternehmern in den verschiedenen Dörfern die Arbeiten eingestellt worden. Hier macht fich da» Bestreben der Junker bemerkbar, keinem Maurermeister Arbeiten zu geben, dersozialdemokratische" Maurer   beschäftigt. Kein Wunder, daß nun die Maurermeister sich in einer Zwickmühle befinden, da nur wenige Maurer nicht organisiert find. Auch in Rügenwalde   ist es zum Streik gekommen, da die Maurer eine zehn- stündige Arbeitszeit und 45 Pf. Stundenlohn nebst den üblichen Landzulagen beanspruchen. Bisher wurden 11 Stunden täglich bei 40 Pf. Stundenlohn gearbeitet. Daß die Arbeitgeber von parteipolitischen Forderungen",Verhetzen und Aufwiegeln" reden, ist selbstverständlich. Interessant dürfte es sein, daß der national- liberale Reichstagskandidat, Wurstfabrikant Schmidthals, dem ein konservativer Besitzer den Pachtvertrag gekündigt hat urrb der nun in den liberalen Blättern als«Opfer des konservativen Terrors" gefeiert wird, sich selbst zum Terrorismus aufschwingt und von den streikenden Bauarbeitern den Austritt aus dem Bauarbeiterver- bände und Aufgabe des Streiks verlangt, oder aber droht er: im Winter würden diese Maurer in seiner Wurstfabrik keine Arbeit bekommen. Theorie und Praxis I Der Baugewerksmeister Georg S ch i r m e r ist gut Freund mit dem Bahnhofsvorsteher. Dieser Vorsteher verbot den Rügcnwalder Maurern und deren Frauen das Betreten des offenen Bahnsteiges. Auf eingelegte Beschwerde antwortete die Direktion Danzig  . daß sie Erhebungen eingeleitet habe. An einem Sonntag reisten nun einige Arbeitswillige ab. Gerade, als sich der Zug in Bewegung setzte, kam Herr Schirmer auf den Bahnsteig. Als nun die Arbeitswilligen in Erinnerung an eine Kneiperei freundlich lächelnd an Herrn Schirmer vorüber- fuhren, rief dieser in höchster Entrüstung:Lassen Sie halten, die Leute wollen mich betrügen!" Und jetzt geschieht das Unglaubliche, der Vorsteher gibt das Haltesignal, der Zug hält und der Baugewal- tige steigt mit seinem Polier ein, um die Fahnenflüchtigen zurück- zuholen. Als dieS nach kurzer Wartezeit nicht gelang, blieben die Herren im Zuge und fuhren nach Schlawe   mit. In Pommern   ist alles möglich. Auch in Gartz   sind die Bauarbeiter in den Streik getreten, wodurch die Maurer in Mitleidenschaft gezogen sind. Hier versuchen die Unternehmer einen Vertragsbruch der Maurer zu konstruieren. Auch in den Dörfern Kublitz   und Weddin bei Stolpe sind zirka 40 Maurer in den Streik getreten. Zwei hier in Frage kommende Unternehmer haben bereits bewilligt. Der Zuzug von Bauarbeitern ist fernzuhalten._ Den hannoverschen Scharfmachern wird das Geld knapp! In den Kreisen der an der Spitze der Scharfmacher von Han- »ober und Linden stehenden Metallindustriellen von Hannover   und Linden gibt man sich bezüglich der Dauer des Kampfes keinen Jllu- sionen hin; man ist vielmehr auf eine ausgedehnte Dauer von vorn- herein gefaßt. Schon sehen sich diese Herrschaften nach HilfSmann- fchaften unter ihren Geschäftsfreunden um, und von ihren Liese- ranten erwarten sie Befristungen der Zahlungen für die Dauer des Kampfes. So hat in diesen Tagen die Hannoversche Waggonfabrik an verschiedene ihrer Lieferanten ein Schreiben losgelassen, in dem es unter anderem heißt: Hiergegen appellieren wir an Ihr Solidaritätsgefühl und ersuchen Sie, uns dadurch zu unterstützen, daß Sie die Va- luta der Zahlungen um so lange hinausschieben, als der Streik bezw. die Aussperrung bei uns d a u e r t." Das Schreiben schließt dann mit nachstehendem Passus: Es steht uns bei der bekannten Hartnäckigkeit des nieder- sächsischen Arbeiterstammes ein harter Kampf bevor und müssen wir auch auf Ihre Hilfsbereitschaft rechnen, damit wir sieghaft aus demselben im Interesse dergesamten deutschen  I n d u st r i e hervorgehen." ES ist nun Sache des hartnäckigen niedersächsischen Arbeiter- stammes, den Scharfmachern in Hannover   und Linden zu zeigen, was eine Harke ist. Bei einmütigem Zusammenhalten kann der Sieg nicht ausbleiben._ Differenzen im Dresdener   Töpfergewerbe. Im März d. I. wurde mit den Unternehmern ein neuer der- besserter Tarif für Ofensetzer vereinbart, der, da Akkordarbeit ziem- lich umfangreich ist, aiti Schlüsse die üblichenallgemeinen Be- stimmungen" enthält. Diese Bestimmungen suchen jetzt die Unter- nehmer ganz willkürlich zu ihren Gunsten auszulegen, so daß etwas ganz anderes und den Gehilfen nachteiliges herauskommt, das gegen den Sinn sowohl als auch den Wortlaut der Bestimmungen verstößt. Verhandlungen find zwischen den beiderseitigen Organi- sationen eingeleitet worden._ Jriede in der süddeutschen Metallindustrie. Die Nürnberger Verhandlungen zwischen Vertretern der Metall- industrie und deS MetallarbeitcrverbanoeS führten zwar zu einer Einigung für Frankfurt   a. M. und dem Maingau, doch war der Friede damit namentlich für Süddeutschland   noch nicht gesichert. Im Stuttgarter   Industriegebiet bestanden noch Differenzen im Formergewerbe. Ehe die nicht beseitigt waren, wollten die Metall- industriellen die schon ausgesprochenen Kündigungen vielfach nicht zurücknehmen. So hatte eine Metallwarenfabrik in Singen am Hohentwiel ihren kürzlich per Einschreibbrief gekündigten Arbeitern am letzten Lohntage mitgeteilt, daß die Kündigung erst aufgehoben werden könne, wenn die Differenzen in Stuttgart   beseitigt seien. Nunmehr sind die Differenzen im Stuttgarter Formergewerbe am 29. Mai nach fünfstündigen Verhandlungen zwischem Vertretern der Metallindustriellen und des Metallarbeiterverbandes ebenfalls beigelegt worden. Den Formern wurde eine wöchentliche Arbeits- zeit von 56 Stunden zugebilligt und Lohnerhöhungen, die nach er- folgter Umrechnung 2 3 Pf. pro Stunde für jeden Arbeiter aus- machen. Damit kann nun erst die angedrohte Aussperrung für Süd- deutschland als erledigt erachtet werden. Der Bericht des Ausschuffes der christliche« GeWerk» schuften für das Jahr 1911 bietet wenig Bemerkenswertes. Nicht das ist interessant, was wir im Bericht zu lesen bekommen, sondern das, was in ihm verschwiegen wird. Alle die Angriffe, die die christ- lichen Gewerkschaften von katholisch-kirchlicher Seite aus im Be- richtSjahr erfahren haben und die ihren Bestand gefährden, werden übergangen, als ob sie nie dagewesen seien und heute nicht existierten. Der Herr Generalsekretär Stegerwald  , der der Ver- fasser deS Berichtes ist, hat sogar vergessen, einen Kommentar zu seinem Briefe an Bachem zu schreiben. DaS kann man ihm nach fühlen. Und doch hätte der Mann alle Ursache, einmal Klarheit für die Oeffentlichkeit, mehr noch für die christliche Arbeiterschaft zu schaffen, wie man in katholisch-kirchlichen Kreisen zu den christ lichen Gewerkschaften steht, wieweit die Gefahr gereift ist, di» christlichen Organisationsgebilde in ein Fahrivasser zu treibe». wo ihnen Taktik und Prinzipien autoritativ und endgültig ebe» von den kirchlichen Instanzen aufgezwungen werden. Oder wolle» die christlichen Heerführer heut« noch der Welt weismachen, das die christlichen Gewerkschaften sich ganz und gar noch im alte» Gleise bewegten, ihr« bisherigen Bahnen von Nichtarbeiterseit» nicht durchkreuzt worden sind? DaS zu beweisen dürfte den schlauen Opportunisten" in Köln   nicht gelingen und darum schweig er fich in dieser Frage aus. Aber Stillschweigen ist auch eine Antwort. Wie eS den christlichen Gewerkschaften an den Kragen gehen soll, beweist schon daS Schicksal des christlichen Textilarbeiterver- bandes in Holland  . DiePetrusblätter" vom 19. April wissen zu melden: Der interkonfessionelle christliche Textilarbeiterverband UnitaS". der in einzelnen Bezirken Hollands  , nach dem Vor- bild der christlichen Gewerkschaften Deutschlands   gegründet worden war, ist durch eine bischöfliche Verordnung den Katholiken verboten worden. In den Kirchen derjenigen Orte, die eine solche Gewerkschaft besitzen, wurde am letzten Sonntag eine Be- kanntmachung verlesen, die das Lesen des Vereinsorgans und die Mitgliedschaft den Katholiken untersagt." DieUnitaS" ist hin! Die christlichen Gewerkschaften Deutsch  . lands haben ihrer Auflösung bis jetzt nur noch aus dem Wege gehen können, indem sie krampfhaft ihre Existenz damit zu be- weisen suchen, daß sie eine notwendige Organisation im Kampfe gegen die Sozialdemokratie sind, und daß sie sich kirchlich-auto- rativen Befehlen unterwerfen wollen. Vor allen Dingen, daß sie katholische Grundsätze nicht anzutasten gedenken; nur bitte, nicht auflösen! Wir sind zu allem bereit, nur laßt uns leben! Kein Wunder, wenn der Bericht Stegertvalds aus opportunistischen Gründen diesen wichtigen Abschnitt in der Geschichte der christ- lichen Gewerkschaften übergeht. Dafür aber um so mehr die Rolle hervorhebt, die die christlichen Gewerkschaften im Kampfe gegen die Sozialdemokratie auch im vergangenen Jahre gespielt haben wollen. Mit welchem Erfolge, zeigt das Aufschnellen der sozialdemokratischen Stimmen bei der letzten Reichstagswahl und der mächtige Auf- schwuiig der freien Gewerkschaften. Diese Tatsachen entheben uns, dem Phrasenschwall Stegertvalds in seinem Bericht, die Sozialisten- töterei betreffend, näher zu folgen. Es mag sein, daß die christ- lichen Gewerkschaften hier und dort von gewissem Einfluß ge- gewesen sind, nämlich, sie haben manche Besserung der Wirtschaft- lich-politischen Lage der Arbeiter aufgehalten, selbst aber Ersprieß- liches für die Arbeiterklasse nicht erreicht. Was die christlichen Gewerkschaften schließlich materiell für die Arbeiter erreicht haben, nach Ansicht der Christcnführer. ist so dürftig, daß Stegerwald nicht ein Wort der Hervorhebung hierfür findet. Auch das kennzeichnet seinen Bericht. Während noch im vergangenen Jahre im Bericht ein Mitgliederzuwachs hervorgehoben wurde, läßt man hierüber heuer nichts merken, wenigstens nicht im Bericht Stegerwaids. Nur in einzelnen christlichen Sekre- tariatsberichten wird über den Stand der christlichen Gewerkschaften berichtet. So wollen sie in Norddeutschland rund 1000, in Bayern  rund 3000, in Württemberg   rund 1600 und in Baden rund 1000 Mitglieder zugenommen haben. Wenn man in den anderen Bezirken nicht bessere Erfolge aufzuweisen bat, steht eZ mit der Entwicklung der christlichen Gewerkschaften schlimm. Mit derWerbekraft des ckiristlichcn Gedanken?" ist e? dann auch im vergangenen Jahre nicht weit hergewesen, doch was die christlichen Gewerkschaften im vergangenen Jahre gewonnen haben, wird ihnen infolge ihrer verräterischen Taktik bei den großen Be- wegungen der Arbeiter in diesem Jahre wieder verloren gegangen sein. Im Saarrevier sind allein mehr Mitglieder vom GeWerk- verein christlicher Bergarbeiter abgesprungen, als die vorgenannten Ziffern zusammengenommen. Ebenso sind im Süden und Westen Deutschlands  , auch bei den übrigen christlichen Gewerkschaften. massenhaft Austritte erfolgt. Man kann also verstehen, daß der Berichterstatter Warte der Begeisterung nicht finden kann, und daß er sich in der Hauptaufgabe abquält, zu zeigen, daß man die christlichen Gewerkschaften leben lassen soll, als Faktor im Kampfe gegen die proletarische Arbeiterbewegung. Ausland. Der AnSstanb der anbalnstschrn Eisenbahner dauert fort. In einer sehr stürmisch verlaufenen Versammlung beschlossen die Eisenbahner, den von ihren Führern nach Beratung mit den Ver- tretern der Regierung bereits angenommenen Vergleichsvorschlag nicht gutzuheißen und den Streik fortzusetzen. Die Abteilung Sevilla   hat ebenfalls den Schiedsspruch abgelehnt. Bus Induftnc und Handel Neue Bücher. M. Biermer, Die hessische Eisenbahnfrage nach dem LandtagSschluß. Der Staatsrentenmarkt und die Sparkassen. Teuerung und Geldwert.(Emil Roth  , Gießen  . 1912. 79 S. 1.50 M.) Der letzte der drei vereinigten Zeitungsartikel verficht die These, daß Teuerungen nicht durch vermehrte Goldproduktion hervor- gerufen werden, vielmehr habendie gewaltigen Goldmengen(die im vergangenen Jahrhundert gefördert wurden) in durchaus normaler Weise in unserem(ständig wachsenden) Kreditorganismus Aufnahme gefunden". Dagegen wagt der Professor die Hypothese, daß die vornehmste Teuerungsursache in Lohnerhöhungen zu suchen ist. Der zweite Aufsatz verteidigt die Pläne der preußischen und hessischen Regierungen, die Sparkassen zur An- legung von Spargeldern in Staatspapieren zwecks Hebung der Rentenkurse zu zwingen. Hessen   will sogar die Spar- lassen durck,freie Vereinbarung" veranlassen, daß sie der Regierung überlassen, wo, wann und zu welchen Preisen die Kassen Staatspapiere kaufen und daß sie sich verpflichten die Kauf- operationen durch die Hessische Landeshhpothekenbank oder die Staats- fchuldcnkasse vornehmen zu lassen. Die Regierung will so für Rech- nung Dritter auf dem Geldmarkte als Käuferin der eigenen Werte auftreten. Ueber Maßnahmen der Regierung im Kriegsfalle weiß der Verfasser zu berichten: si'e wird KriegSlombardkaffen errichten,«die gegen Verpfändung von Wertpapieren vom Reiche garantierte d. h. mit dem Versprechen späterer Einlösung aus- gestattete, den Reichskassenscheinen nachgebildete Kassenanweisungen emittieren". Der erste Aufsatz deS Gießener   Universitätsprofessors sucht die Vorteile Hessens   an der preutzisch-hessischen Eisenbahn­gemeinschaft nachzuweisen.__ E. M. letzte Nachrichten. Ersatzwahl für Roeren. Trier  , 30. Mai.  (W. T. B.) Bei der heutigen ReichStagSersatz- wähl im Wahlkreise Saarburg-Merzig-SaarlouiS wurden abgegeben für Werr(Z.) 15 893. Stauch(Wildzentrum) 7138, Pick(natl.) 1540, Krämer(Soz.) 739 Stimmen. 127 Stimmen waren zersplittert, 115 ungültig. Werr ist gewählt. Zum verlegenen Schweigen Unterschlagung. München  , 30. Mai.  (P.-C.) Bei der Tagung der katholischen Arbeitervereine der Kölner   Richtung, die zu Pfingsten in Frank- furt a. M. stattfand, wurde ein HuldigungZtelegramm nach Rom  an den Papst gesandt. Während der Papst dem zu gleicher Zeit tagenden Verband katholischer Arbeitervereine der Berliner   Rich- tung ein in wärmsten Worten gehalten«? Anerkennungstelegramm sandte, erhielten die in Frankfurt   tagenden Kölner   nach einer Mit- teilung derKölnischen Volkszeitung" keine Antwort. Wie der Preß-Centrale" jedoch von zuverlässigster Seite mitgeteilt wird, ist eine Antwort zu Händen des Reichstagsabgeordneten GieSbertS ein. getroffen, von diesem jedoch nicht verlesen worden, da sie offenbar den gehegten Erwartungen nicht entsprach. Es wäre interessant, den Wortlaut dieser Depesche zu erfahren, deren Veröffentlichung von der einen oder anderen Seite aus wohl nicht lange auf sich warten lassen wird.(Siehe den ArtikelVerlegenes Schweigen".) Mutterschaftsprämien. Paris  , 30. Mai.  (W. T. B.) Der Deputierte und ehemalige Kriegsminister Messimy brachte in der Kammer einen Gesetzesantrag ein. welcher bezweckt, der namentlich durch die letzte Statistik er- wiesenen Bevölkerungsabnahme zu steuern. Danach soll jede Mutter von 4 Kindern ein« Prämie von 500 Frank erhalten, welche teilweise oder gänzlich zur Sicherung einer Leibrente verwendet werden kann. Der Betrag dieser Rentve würde mit der Zahl der Kinder zu- nehmen, so daß beispielsweise eine Mutter, welche vom 20. bis zum 31. Lebensjahre 8 Kinder hätte, mit 5V Jahren eine Leibrente von 518 Frank erhielte. Die erforderlichen Geldmittel sollen erlangt werden durch eine besondere Besteuerung der Junggesellen und der Ehepaare, die keine Kinder oder nur ein Kind haben. Nach der letzten Volkszählung hat in Frankreich   die Bevölke- rung eine Abnahme von 330 000 Seelen erfahren. Berantw. Redakteur: Albert Wach«, Berlin  . Inseratenteil verantw.; LH. Glocke, Berlin  . Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u, Verlagsanstalt Maul Singer ä- Eo., Berlin   SW. Hierzu 3 Beilagen u. vnterhaltnngSbsi