Gewevfelcbaftlkbee. HrbeitswUUgc Revolverhelden 1 In Görlitz , wo über tausend Arbeiter der dortigen Waggonfabrik seit acht Wochen wegen Erringung besserer Lohn- und Arbeitsverhältnisse im Streik stehen, beunruhigen Berliner Katzmarek-Gardisten seit einigen Wochen die gesamte Bevölkerung der Stadt in der schwer st en Weise, ohne daß ihnen von den Streikenden oder von der Bürgerschaft die geringste Ursache dazu gegeben worden ist. Bekannt ist es sogar der Polizei, daß diese Streikbrecher mit Dolch in essern und Revolvern be- w a f f n e t sind, und alle Warnungen in dieser Hinsicht haben nicht veranlaßt, daß man dieser gefährlichen Sorte von Menschen die Waffen abnahm, obwohl sie schon mehrfach davon Gebrauch gemacht haben. Nur in einem ein- zigen Falle wurden einmal zwei Streikbrechern die Revolver von der Polizei fortgenommen. In der Nacht von Sonntag zu Montag gerieten die Arbeits- willigen, nachdem sie vorher friedlich des Weges gehende Bürger in rohe st er Weise mit Fäusten bearbeitet, auf die Straße geworfen und mit Füßen brutal ge- mißhandelt hatten, zur Abwechselung einmal unter sich selb st in Streit, wobei der Revolver und andere Mordwaffen eine Rolle spielten. Ein Arbeits- williger, der von seinen eigenen Genossen schwer mißhandelt wurde, feuerte sechs Revolverschüsse ab, wobei dre i Arb e its wi lli g e zu m Teil so schwer ver- letzt wurden, daß sie mittels Krankenwagen in das Krankenhaus geschafft werden mußten. Die Polizei machte schließlich der Revolverschießerei ein Ende. In der Bürgerschaft greift die Empörung gegen die Arbeitswilligen immer weiter um sich, trotzdem aber weigern sich die freisinnigen Direktoren, den Streikenden die geringfügigen Lohnaufbesserungen zu be- willigen. Lieber bringen sie das Ansehen einer ganzen Stadt in Verruf. Obendrein zahlen sie noch den Streikbrechern einen bedeutend höheren Lohn bei vollständig freier Verpflegung, als jemals von den Streikenden vorher verdient wurde. Hoffent- lich sieht sich jetzt endlich einmal die Görlitzer Polizei ihre Schützlinge an und nimmt ihnen wenigstens die Mordwaffen ab. Beweise dafür, daß sie im Besitze solcher sind, sind genug vorhanden und an Warnungen hat es nicht gefehlt. Diese arbeitswilligen Revolverhelden nimmt die Scharfmacherpresse noch besonders unter ihre schützenden Fittige, indem sie die gemeinsten Verleumdungen über die Strei- kenden kolportiert. verlin un«l Clmgegenck. Im Bergoldergetverbe haben in letzter Zeit zwecks allgemeiner Regelung der Lohn- und Arbeitsverhältnisse Verhandlungen mit den Arbeitgebern stattge- funden. Das Ergebnis ist die Vorlage eines Arbeitsvertrages, der zwischen der Freien Vereinigung der Holzindustriellen zu Berlin für die ihr angeschlossene Vereinigung der Goldleistenfabrikanten und der Zahlstelle Berlin des Deutschen Holzarbeiterverbandes für die Branche der Vergolder, Goldleistenarbciter und Arbeite- rinnen abgeschlossen werden soll. Mit diesem Arbeitsvertrag, der gedruckt vorliegt, beschäftigte sich eine zahlreich besuchte Branchen- Versammlung der Vergolder, die am Dienstag im„Gewerkschafts- haus" stattfand. Der Branchenobmann Westphal berichtete über den Verlauf der Verhandlungen und erläuterte die einzelnen Be- stimmungen der Vorlage. Die erste Bestimmung— der die Arbeitnehmervertreter jedoch nicht zugestimmt haben— lautet:„Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt Sl Stunden." Die Arbeitnehmer verlangten, daß als Maximalarbeitszeit öl) Stunden festgesetzt werden sollten, und das mit um so mehr Recht, als in ungefähr einem Drittel her Fabriken schon eine regelmäßige Arbeitszeit von 50 Stunden und darunter, bis zu 47 Stunden, besteht. Aber der Obermeister R aHardt machte als Vertreter der Holzin- dustriellen seinen Einfluß dahin geltend, daß diese Forderung nicht anerkannt wurde. Man kam dann überein, die Frage vor- läufig als strittig zu betrachten und den Hauptvorständen beider Parteien zu überweisen. Kommt auf diesem Wege keine Einigung zustande, so soll das Einigungsamt entscheiden.— An den Vor- abenden der drei hohen Feste wird mittags um 1 Uhr Feierabend gemacht, bei voller Lohnzahlung; auf diese Bestimmung hat man sich geeinigt, nachdem die Arbeitnehmer erst den 12 Uhr-, die Arbeitgeber den 2 Uhr-Arbeitsschluh vorgeschlagen hatten. Für die Regelung der Lohnverhältnisse sind die folgenden Bestimmungen besonders wichtig, und sie bilden, wie der Redner sagte, eigentlich das Rückgrat des ganzen Vertrages. Z 2. Lohn- und Akkordverhältnis. Die ver- tragschließenden Parteien erkennen sowohl die Lohn- wie Akkord- arbeit nebeneinander als ortsüblich an. Bei Arbeiten, welche bisher ständig in Lohn ausgeführt wurden, bleibt die Lohnarbeit bestehen, wenn eine gütliche Einigung auf Akkord nicht zu er- zielen ist. In Streitfällen entscheidet die Schlichwngskom- Mission. Wird ein Arbeiter von Akkord- auf Lohnarbeit gestellt, so ist als Lohn der in den letzten drei Monaten erzielte Akkord- durchschnittsverdienst zu zahlen. § 3. Akkord- Abschlagszahlung. Die wöchcnt- liche Akkord-Abschlagszahlung beträgt für die in den jeweiligen Betrieben mehr als 6 Wochen beschäftigten Arbeiter bei voller Arbeitszeit mindestens 2,— M. unter dem Durchschnittsverdienst der letzten' 6 Wochen. Bei neuen Arbeitern wird wie in bis- heriger Weise eine abschätzungsweise Abschlagszahlung geleistet, bis sich auch bei ihnen der Durchschnittsverdienst von 6 Wochen feststellen läßt.— Bei den durch Alter, Unfall, Invalidität minderleistungsfähigen Arbeitern, sowie bei deu neuausgelernten im ersten Gesellenjahre, sofern sie noch bei ihrem Lehrmeister beschäftigt sind, wird die Abschlagszahlung abschätzungsweise der geleisteten Arbeit gezahlt. Der erste Satz des Paragraphen 3— der, wie später die Diskussion zeigte, nicht gleich richtig verstanden wurde— besagt, daß aus dem Akkordverdienst von 6 Wochen mit voller Beschäf- tigung der wöchentliche Durchschnittsverdienst herausgerechnet, da- von 2 M. abgezogen werden, und der übrigbleibende Betrag als das Mindeste gelten soll, was dem Akkordarbeiter als Abschlagslohn zu zahlen ist. Die Akkordlöhne selbst sind durch besondere Akkord- tarise festgelegt, in die neueingeführte Arbeiten nach Vereinbarung des Preises mit dem Werkstattausschuß nachzutragen sind. Die Vor- läge enthält im übrigen noch eine Reihe anderer Bestimmungen zu weiterer Regelung der Akkord- und Lohnverhältniffe. Von der Festsetzung eines bestimmten Minimallohnes hat man jedoch Ab- stand genommen. Kann der Akkordarbeiter wegen Mangel an Material usw. nicht weiterarbeiten, so fft die Wartezeit in Lohn zu bezahlen. Ebenso hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Lohn- Vergütung, wenn er Sonnabends länger als eine halbe Stunde auf seinen verdienten Lohn warten muß. In allen Betrieben sind Lohnbücher einzuführen, die denr Arbeiter zwecks Nachprüfung in der Regel vor der Lohnzahlung ausgehändigt werden müssen. Das Koalitionsrecht ist selbstverständlich anerkannt, und in dieser Hin- ficht bestimmt die Vorlage, daß Maßregelungen wegen Zugehörig. Zeit zur Organisation oder wegen Vertretung der Interessen einer der beiden Vertragsparteien nicht zulässig sind. Für die Arbeits- bedingungen ist auch noch die Bestimmung von Wichtigkeit, daß gewisse Werkzeuge vom Arbeitgeber geliefert werden müssen. Wo günstigere Lohn- und Arbeitsbedingungen bestehen, als im Vertrage Verantw. Redalteür�Albkrt Wach», Berlin . Lnjeratenteil verantw.; festgesetzt sind, bleiben sie in Gekkuflz, und ferner berpflichken beide Parteien sich, mit allen Mitteln dafür zu sorgen, daß un- günstigere Bedingungen beseitigt werden, der Vertrag also überall im Vertragsgebiete zur Geltung kommt. Heimarbeit muß nach dem in der Fabrik geltenden Akkordtarif bezahlt werden, und die Bctriebsarbeiter dürfen durch Heimarbeiter nicht geschädigt werden. Werden Werkzeuge oder Kleidungsstücke des Arbeiters durch Feuer im Betriebe vernichtet, so sind sie der Feuerversicherung cnt- sprechend zu ersetzen. Der Arbeitsnachweis wird gemäß dem § 16 des allgemeinen Vertrages für die Holzindustrie geregelt, also paritätisch gestaltet, jedoch soll er borläufig im„Gewerkschafts- haus" bleiben, bis das neue Gebäude des Arbeitsnachweises in der Rückerstraße fertig ist. Die Schlichtungskommission, für die im übrigen die Bestimmungen des allgemeinen Vertrages gelten, wird aus je 4 Vertretern und 4 Stellvertretern der beiden Par- teien zusammengesetzt. Strittig ist noch die Frage der Tauer des Vertrages. Während das Bestreben der Unternehmer in der Holzindustrie bekanntlich darauf gerichtet ist, möglichst für alle Tarifverträge ein und denselben Ahlaufstermin festzusetzen, haben die Vergolder kein Interesse daran, auf diese Weise für die Zu- kunft in die allgemeine Tarifbcwegung hineingezogen zu werden, weil sie befürchten, daß sie dabei gleichsam als Kompensation»- objekt dienen müssen und als kleine Branche nicht zur Geltung kommen werden. Da eine Einigung nicht möglich war, sollen nun auch der Ablaufstermin und die Vertragsdauer zum Gegen- stand von Verhandlungen zwischen den Zentralvorständen gemacht werden.— Der Redner empfahl der Versammlung, die Vorlage sowie die vorgeschlagene Behandlung der strittigen Punkte gutzu- heißen, weil damit doch gewissermaßen eine annehmbare Regelung der Lohn- und Arbeitsverhältnisse geschaffen werde. Es folgte eine sehr rege Diskussion, die sich bis nach Mitternacht hinzog. Mehrere Redner waren der Meinung, daß man lieber auf den ganzen Vertrag verzichten sollte, wenn nichts besseres zu erreichen sei, und namentlich, wenn die Fabrikanten nicht auf die Festlegung einer SOstündigen Maximalarbeitszeit eingehen wollten. Es wurde schließlich folgende Resolution angenommen: „Die Versammlung der Vergolder Berlins ist bereit, einen Tarifvertrag mit den Goldleistenfabrikanten einzugehen, wenn der Vertrag eine SOstündige Arbeitszeit festsetzt und der Ablaufs- termin nicht mit dem des allgemeinen Pertrages zusammenfällt. Die Versammlung beauftragt darum die Verhandlungskom- Mission, m diesem Sinne zu wirken." Deutkcbcs Reich. Der Buchdruckerverband im Jahre tvlt. Ein bewegtes Jahr hat die finanziell bestgestellte deutsche Ge- werkschaft hinter sich; fiel doch in dieses die nach fünf Jahren fällige Tarifrevision, die diesmal sich etwas schwieriger gestaltete. Von außen erwachsen der Tarfgemeinschaft im Buchdruckgewerbe manche Feinde. In Wvrt und Schrift wird sie von Vertretern der Arbeitgeberverbände befehdet und auch im Lager der Buchdruckerei- besitzcr tauchen Strömungen auf, die dahin drängen, bei künftigen Tarifrevisionen weitere Zugeständnisse an die Gehilfen nicht mehr zu machen. Der Gutenbergbund, eine Gehilfenorganisation, die im Gewerbe völlig einflußlos ist, bemüht sich, als Tarifkontrahent zugelassen zu werden; er setzt seine organisatorische Ohnmacht in denunziatorische Bekämpfung des Verbandes um und sucht diesem in der Tarifgemeinschaft SHvierigkeiten zu bereiten. Neben diesen Einflüssen von außen war es die starke Einführung der Setz- Maschine und die Vervollkommnung der Druckmaschine, die den Prinzipalen Veranlassung gaben, Abänderungen des Tarifes ein- schneidender Art zu beantragen. Dagegen mußten die Gehilfen- Vertreter unter dem Druck einer abnormen Teuerung aller Lebens- bedürfnisse auf wesentliche Zugeständnisse in der Entlohnung drin- gen. Trotz dieser komplizierten Situation gelang es, in fast vier- zehntägigen Verhandlungen zu einer friedlichen Verständigung zu kommen. Nach dem Abschluß der Tarifrevision machte sich unter den Verbandsmitgliedern verschiedentlich eine Opposition bemerk- bar, die in Berlin zu einem kurzen Konflikt in einigen Zeitungs- druckereien führte, weil die Maschinensetzer einige Verschlechte- rungen ihrer Arbeitsbedingungen bei der Tarifrevision mit in Kauf nehmen sollten. Doch auch dieser Streit wurde durch die Tarif- instanzen beigelegt. Die Durchführung des Tarifs machte weiter tüchtige Fort- schritte. Mitte des Jahres 1311 war der Tarif bei 7559 Firmen mit 64 631 Gehilfen in 2158 Orten eingeführt. Wenn man berück- sichtigt. daß im Jähre 1897— dem Jahre nach der Einführung der Tarifgemeinschaft— der Tarif bei 1631 Firmen mit 18 349 Ge- Hilfen an 469 Orten eingeführt war, so erkennt man daran die starke Einbürgerung des Tarifgedankcns im Buchdruckergewerbe. Die EntWickelung des Verbandes war eine befriedigende. Die Mitgliederzahl stieg von 61 924 auf 64 793. Der Buchdruckerverband dürfte in ein Stadium gelangt sein, wo der Zufluß an Mitgliedern nur noch von Ausgelernten zu erwarten ist, da alle anderen Or- ganisationsfähigen des Gewerbes sich ihm angeschlossen haben. Der Vermögensbestand hat- die 9 Millionen Mark nahezu er- reicht. Doch hat der Verband aus dieser effektiv gewiß sehr hohen Summe große Verbindlichkeiten den Mitgliedern gegenüber einzu- lösen. Die Jnvalidenunterstützung stellt hohe Anforderungen an die Zentralkasse, die Zahl der unterstützungsberechtigten Invaliden be- trägt annähernd 999, und die letzte Generalversammlung beschloß, für diesen UnterstützungSzweig allein 5 Millionen zu reservieren. Die Zahl der Invaliden steigt von Jahr zu Jahr, und 334 518 M. mußte an sie jährlich an Unterstützung gezahlt werden. Die größte Anzahl der Invaliden, nämlich 156, befand sich im Alter über 79 Jahre, 123 waren 65 bis 79 Jahre alt, 112 zählten 69 bis 65 Jahre, 198 befanden sich im Mer von SS bis 69 Jahre und so abwärts bis zu 22 Invaliden, die bis zu 39 Jahren zählten. Die Verbandskasse nahm an Beiträgen 3 368 738 M ein, all» Zinsen aus angelegtem Kapital allein 309 916 M. Verausgabt wurden neben der Hohen Summe für Jnvalidenunterstützung 977 429 Ml. an Krankenuntcrstützung, 929 612 M für Arbeitslosenunterstützung. Die Einnahmen beziffern sich auf 3 794 623 M., die Ausgaben auf 2 913 526 M-, so daß die Vermögenszunahme 791997 M. betrug. Streik beim Bau des Mittellandkanals. Bei der Firma Held u. Francke, Berlin , die zurzeit in Minden an der Weser Arbeiten am Mittellandkanal ausführt, haben, wie wir schon gestern telegraphisch kurz meldeten, am 4. Juni sämtliche Arbeiter(Erdarbeiter. Maschinisten, Heizer und Werkstellenarbeiter) die Arbeit eingestellt. In Betracht kommen ins» gesamt 429 Mann, darunter zirka 199 Ausländer.— Ursache de« Streiks ist das ablehnende Verhalten der Firma gegenüber den Forderungen der Arbeiter. Gefordert wurde zehnstündige Arbeitszeit und eine geringe Loherhöhung von durchschnittlich 8 bis 4 Pf. pro Stunde. Zuzug ist fernzuhalten. Polizei und christliche Gewerkschaften. Bekanntlich hat auf dem in Frankfurt a. M. stattgefundenen katholischen Arbeiterdereinskongreß der katholische Arbeitersekretär Königbauer-München ausgeführt: „In München werden die Namen aller Zugereisten den christ- lichen Gewerkschaften von der Polizei täglich mitgeteilt, so daß die Vorstände gleich eine Hausagitation veranlassen können." Die„Münchener Post» ist in der Lage, hierzu eine ihr zu- gegangene Zuschrift eines Geistlichen zu veröffentlichen. In dieser Zuschrift heißt es: „Wie die christlichen Gewerkschaften die Adressen der Zu- gezogenen erfahren? Der Bezirksvcrband der katholischen Arbeiter- und Arbeiterinnenvereine(Pestalozzistr. 4) besorgi daS. Durch Bcrmittelung des Ordinariates hat der Bezirkspräscs Landgraf das Recht, seinen Sekretär Reitz jeden Tag auf eine Stunde in der Polizei die Zugewanderten herausschreiben zu lassen. Bezirks- Präses Landgraf schickt die auf diesem Wege erhaltenen Listen nicht nur an die Pfarreien— unter diesem Titel gab die Polizei die Erlaubnis—» sondern auch an die christlichen Gewerkschaften tb.Glocke.Berfin. Druck U.Verlag: Vorwärts Duchdr.u, Verlagsanstals� und die katholischen Vereine. Das Austragen besorgt die Bezirks- organisation unter Führung des Landgraf, des Reitz und des Jesuiten Meyer, genannt Präses Meyer(Rottmannstr. 1)." Hierzu bemerkt das Münchener Parteiorgan: „Wenn diese Angaben richtig sind, werden also die für die Pfarrämter ausgeschriebenen Listen ultramoutanen Partei- organisationen ausgeliefert. Die Polizeidirektion wird wohl öffentliche Aufklärung geben, ob sie gewillt ist, diesen ungeheuer- lichen Mißbrauch des amtlichen Aktenmaterials zugunsten einer politische» Partei noch weiter zu unterstützen." Es ist nichts Neues, daß auch anderwärts die Polizeibehörde die Christen durch ähnliche Manipulationen unterstützt. TlusUnd. Eisendreher, Achtung? Tie Skodatverke in Pilsen sind für Dreher strengstens geschlossen! Der Streik in Spanien . Die Arbeiter von 54 asturischen Gruben haben beschlossen, den Generalstreik zu verkünden. Zahlreiche Truppen und Gendarmen sind in das Streikgebiet abgegangen. Wie aus Oviedo gemeldet wird, enipfing die erregte Menge das Militär mit Steinwürfen, worauf von letzterem mehrere Salven ans die Demonstranten ab- gegeben wurden. Hierbei wurde ein Arbeiter getötet, vier schwer verletzt. Streiks in Japan . Tokio , im Mai 1912.(Eig. Ber.) Endlich beginnen auch in Japan die Arbeiter sich ihrer Macht bewußt zu werden und das beste Mittel, das ihnen zur Verfügung steht, zu benutzen. Leider fehlt ihnen die nötige Energie und vor allen Dingen fehlt der großen Masse das Gefühl der Zusammen- geHörigkeit und das nötige Vertrauen, kurz gesagt, eS fehlt ihnen Parteidisziplin und— Ausdauer. Begann dieses Jahr mit einem Streik der Straßenbahnangestellten, die durch Lahmlegung des Ver- kehrS an den dazu geeigneten Tagen ihre Forderungen durchzusetzen verstanden, wenngleich einige Führer ins Gefängnis wanderten, so brach Anfang April im Marinearsenal in Kure ein Streik aus, der leider resultatlos verlief, weil den Streikenden die AuS- dauer fehlte. Die Angestellten dieses Arsenals sind schon lange unzufrieden mit der Behandlung, die ihnen seitens der Vorgesetzten, Offiziere usw. zuteil»vird, und wollten die Absetzung dieser er- zwingen. Wenn auch der Japaner im allgemeinen Brutalitäten und Schimpfworte, Grobheiten usw. nicht kennt, darüber die Angestellten also nicht zu klagen haben, weil der Japaner immen höflich bleibt, so ist es dennoch erklärlich, daß„höfliche Schikaniererei, Mißachtung und dergleichen mehr verletzt und tiefer trifft, als«in in der Er- regnng ausgestoßenes Schimpfwort. Und das versteht der höhere Japaner ausgezeichnet, durch Nadelstiche bei ausgesuchtester Höflich« keit bis aufs Blut zu peinigen und den Sanftmütigsten zur Raserei zu treiben. Uns Europäern zuckt oft genug die Hand, wenn wir dieses ewig stereotype, geistlose, lächelnde Gesicht der sogenannten„gebildeten" oder„höheren" Stände an- schauen müssen. So werden in den Arsenalen und anderen staat- lichen Werkstätten die Arbeiter geradezu malträtiert. Sie wollten nun von ihren Peinigern erlöst werden uud traten etwa 2599 Mann in den Ausstand. Die anderen Arsenale sollten folgen, falls in Kure die mißliebigen Vorgesetzten nicht entlassen würden. Es wurde aber niemand entlassen, in den anderen Arsenalen wurde ruhig fort- gearbeitet und so kehrten nach und nach die streikenden Arbeiter wieder auf ihre Posten zurück. Die Regierung erklärte, sie könne keinen der Vorgesetzten entlassen, sie wolle aber dafür sorgen, daß Ungerechtigkeiten und schlechte Behandlung nicht vorkommen sollen. Damit gaben sich die Arbeiter zufrieden und damit war nach dreitägiger Dauer dieser Streik beendet. Aber das dicke Ende kam nach; wie beim Straßenbahnerstreik, so wurden auch in Kure 48 Personen, die am Streik beteiligt waren und als Redner auftraten, verhaftet auf Grund bei berüchtigten Paragraphen des Polizeigesetzes wegen Vergehen gegen die öffentliche Ordnung und Ruhe, obgleich die Streikenden sich tadellos benommen haben, und auch nicht die geringste Ruhestörung vorgekommen ist. Die anderen Arbeiter sahen dem ruhig zu und arbeiteten wieder weiter, ihre Führer so im Stiche lassend. Echt japanisch. Es gehört unter solchen Umständen schon viel Ueberzeugung und Idealismus dazu, sich hier zum Führer der noch undisziplinierten Massen aufzuwerfen. So lange diese keine Disziplin lernen, wird hier wohl jeder Streik eine Farce bleiben, bei der die Führer die Zeche bezahlen. Hetzte Nachrichten. Gegen die preußische Gewaltpolitik. Kiel , 5. Juni. (Privattelegramm bei„Vorwärts')'. Eine Riescnversammlung, die den größten Saal Kiels bis auf den letzten Platz füllte, es waren wohl 5999 Personen anwesend, fand heute abend hier statt. Der Landtagsabgeordnete L e i n e r t referierte über die letzten skandalösen Vorgänge im preußischen Abgeordneten- Haus und die Gewaltpolitik der preußischen Junker. Die Versamm- lung zollte dem Redner immer wiederholten Beifall. Die Versamm- lung war ein wu>htiger Protest gegen die preußische Gewaltpolitik und eine gewaltige Demonstration für das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht. Blutiger Zusammenstoß in Brüssel . Brüssel, 5. Juni. (W. T. B.) Heute abend erfolgte auf dem Boulevard ein Zusammen st oß zwischen Manifestanten und Gendarmerie, die mit Steinen beworfen wurde und deshalb Salven abgab. Mehrere Personen wurden verwundet. Eine Schlappe der Spanier. Paris , 5. Juni. Nach einer Meldung der„Action" aus Algier hat der Kundschafterdienst des Obersten Girardot in Gercif am linken Muluja -Ufer die Nachricht erhalten, daß dieRifleute etwa 29 Kilometer von Taurixt einen spanischen Posten über» rumpelt, zum Teil niedergeuiacht und zum Teil gefangen ge- nommen haben. 12 Offiziere und 89 Mann sollen getötet sein oder vermißt werden. Türkische Siegesmeldung. K-nstantinopel, 5. Juni. (W. T. B.) Einer Depesche des Ober- kommandanten von Tripolis zufolge fand bei Buchamez ein Kampf mit, fünf italienischen Bataillonen Infanterie, einer Batterie Artillerie und einer Maschinengcwehrabteilung statt. Die Italiener versuchten von zwei Seiten anzugreifen, um die Türken und Araber zu umzingeln. Sie wurden jedoch zurück- geschlagen. Die türkischen und die arabischen, Truppen hatten 5 Tote und 23 Verwundete. Bei H o m s fand am 39. Mai ein Scharmützel statt, bei dem fünf Italiener getötet und drei ver- wundet wurden. Mexikanisches. Mexiko-City, 5. Juni. (P.<?.) Ein sehr bezeichnendes Licht auf die Zustände in der mexikanischen Armee wirft folgender Zwischenfall: Als der Oberst Bella, der Kommandant der Miliz. truppen der Armee des Generals Hucrta, ohne den Befehl seines Vorgesetzten sich erlaubte, gegen den Feind auszurücken, geriet Hucrta in eine solche Wut, daß er seine Kanonen gegen Bella richtete und dessen Truppen umzingeln und entwaffnen ließ. Sie werden von den Huertaschcn Truppen jetzt scharf über- wacht. Oberst Bella, dem der Degen abgenommen wurde, wurde verhaftet und wird vor ein Kriegsgericht gestellt werden. aulSingertCo., Berlin LW. Hierzu 2 Beilagen».Nnterhaltungsbl.
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