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Wahlvorsteher erklärte bor Gericht, er habe die Büchse hübsch mit weitem Papier umklebt und daran geschrieben: Wahlurne". Richtig. So wußte man wenigstens, daß es sich um eine..Urne" handelt. Nebenbei benicrkt sei. daß Piesdorf der Junkersitz des jetzigen HerrenhauSpräsidcnten v. Wedel  ist! Der Einwurf für die Wahlkuverts war an der Seite der Biskuitbüchse. So konnte sich denn daS eine Wahl- fuveit sanft an das andere anlehnen. Abends 7 �hr wurden die WahlkuvertS gekeilt in drangvoll fürchterlicher Enge der Urne entnommen. Der Wahl- Vorsteher mußte vor Gericht zugeben. 10 bis 11 Kuverts k e l b st geöffnet zu haben. Dies ist nach§ 18 des Wahl- veglements unzulässig. Ein B e i s i tz e r hat die Umschläge zu öffnen. Hiergegen protestierte Genosse Mädel, wobei er in der Erregung dem Wahlvorsteher die Worte zugerufen haben soll:Ich fordere Sie auf, die Zettel zu mischen, widrigen- falls wir die Zählung verhindern werden." Der Wahlvorsteher klemmte dann die Kuverts unter den Arm. Dann soll Ge- nosse Hoffmann, der mit sieben Arbeiten: aus Belleben   ge- kommen war, versucht haben, dem Wahlvorsteher die Kuverts zu entreißen. Die KuvertS waren beim Auszähle» eins aufs andere gelegt, so daß die Möglichkeit bestand, die Wähler nach ihrer Stimmabgabe zu kontrollieren. Der Staatsanwalt beantragte gegen M. und Z. wegen Vergehens gegen Z 117 des Str.-G.-B.(wer es unternimmt, Behörden zu nötigen usw.) je sechs Monate und gegen die übrigen Angeklagten je zwei Monate Gefängnis. M. und Z. wurden zu je vier Monaten Gefängnis verurteilt. Die übrigen Angeklagten wurden freigesprochen. Einpositiver Erfolg" der Sozialdemokratie. Im Jahre ISll, als im Abgeordnetenhause über den Etat des Finanzministeriums verhandelt wurde, sprach Herr G i e s b e r t S vom Zentrum den Wunsch aus, eS möge doch die Negierung eine leicht verständliche Uebersicht über das preußische und das deutsche Steuerwesen veröffentlichen. Er meinte ein kleines Büchlein, woraus jodermann mit Leichtigkeit ersehen könne, wieviel jeder preußische Bürger insgesamt jährlich an Steuern zu zahlen hat für das Reich, für den Staat, für die Kommune, für die Kirche usw. Vielleicht noch außerdem dazu eine Aufstellung, was die genannten Körperschaften zum Nutzen des Bürgers mit diesem Geld leisten. Herr Giesberts hoffte das zur Widerlegung der sozialdemokratischen Agitation benutzen zu können; denn mit nichts so ungfähr sagte er könne die Bevölkerung leichter aufgehetzt werden, als mit dem Hinweis auf die hohen Steuern. Trotz dieser verlockenden Aussicht, eine Waffe gegen die Sozial- demokratie zu schmieden, blieb die Regierung gegenüber der An- regung des Herrn Giesberts gänzlich still. Vielleicht hatte sie selbst nicht allzu viel Vertrauen zu der Wirksamkeit dieser Waffe? Viel- leicht fürchtete sie, daß durch eine wahrheitsgemäße Dar- ftellung der Steuerlasten die Bevölkerung noch schlimmer erregt werden möchte, als durch die Agitation der Sozialdemokratie? In diesem Jahre nun hat bei der Etatsberatung der Redner unserer Partei den Wunsch des Herrn Giesberts wieder aufge- nommen und nachdrücklich unterstützt. Und siehe da, jetzt regt sich die preußische Regierung. Wie eine offiziöse Korrespondenz meldet, ..wird jetzt im Finanzministerium der Plan erwogen, durch Zu- sammenstellung eines leichtfaßlichen Berichts über die preußischen Finanzen, namentlich auch die Gestaltung des Eisenbahnetats, wei­teren Kreisen der Bevölkerung die Orientierung über das preußische Finanzwesen zu erleichtern." Das ist ja noch nicht ganz das Gewünschte, denn wir wollten ja eine Zusammenstellung alles gdsssrn, was der Bürger zahlt und was ihm dafür geleistet wirbt 'Aber es ist doch immerhin ein Anfang, mit der Zeit wird es schon mehr werden. Wir möchten deshalb schon jetzt unsere Genossen auf diese Publikation aufmerksam machen, die wenn s i e richtig ist ein ganz hervorragendes ÄgitationSmittel werden muß. Natürlich werden wir es uns angelegen sein lassen, die Schrift so- fort nach ihrem Erscheinen sehr genau nachzuprüfen und die Ergeb- nisse unserer Prüfung werden wir der Oeffentlichkeit nicht vor- enthalten._ Klerikale Wahlbeeinflussung. Das Schöffengericht in Köln   bestrafte den Redakteur des Kölner  Lokal- Anzeiger", eines Ablegers derKölnischen Volkszeitung", wegen Beleidigung des dortigen Vorsitzenden der nationalliberalen Partei, Professor Moldenhaucr. und des Vorsitzenden der Forsschritt» lichen Volkspartei. Fabrikant Schaaf, mit 60 M. Geldbuße. Er hatte den beidenWahlluge" und bewußte Unwahrheit vorgeworfen. In dem Prozeß wurde der Brief eines verstorbenen Sargfabrikanten der- lesen und sein Inhalt wurde aus Grund von Aeußerungcn des Sargfabrikanten zu seinen Lebzeiten durch einen Zeugen bestätigt. Der Brief gestattet einen Einblick in die Art und Weise, wie Zentrums- ogitatoren Stimmenfang treiben. Der Sargfabrikant lieferte häufig Särge in das Kölner B ü r g e r h o s p i t a l. Bei der Stadt- verordnetenwahl in Köln   erschien ein Vertrauensmann des Zentrums, der Vorsteher der dortigen katholischen Kiichengemeinde ist. zu- lammen mit dem geistlichen Rektor des Bürger- Hospitals, um den liberalen Mann zur Stimniabgabe für das Zentrum zu bewegen. Wie der Brief behauptet, haben die beiden dem Manne gesagt, er solle leine Stimnie nicht der liberalen Liste und keinem Juden(1) geben. Nachher habe der Geistliche von ihm das Versprechen verlangt, nicht zu wählen. Die beiden viel jüngere» Herren hätten ihm beim Weggehen gesagt, er. der 70 jährige Mann, solle fick als guter Katholik schämen<I>. liberal zu wählen. Auch hätten sie gegenüber seiner Slandhafligkeit gesagt:Wir werden ja sehen I" Im Bürgerhoipital hätte man die Augehörigen Ver- siorbener beeinflußt und ihneu gesagt: Geht nicht zu Hirth, der ist kein guttt Katholik! Der ZenlruniSagitator bestritt die Angaben des Verstorbenen. Der Geistliche erklärte bezüglich einzelner Angaben in dem Briefe und gegenüber dem Zeugen, sich solcher Aeußerungen nicht zu erinnern, waS allerdings glaubhaft ist, da die Vorgänge mehrere Jahre zurückliegen._ Ter Lippische Landtag ist noch drei Sitzungen wieder ouSeinandergegangen. Seine Haupt- aufgab? war die Erledigung der Domanialvorlage, des Gesetz- enlivurfs über die Nechtsverbältiiisse zwiichc» dem Staat und dem fürstliche» Domanium. Nach jahrelangen Vorarbeite» war der Landlag jetzt endlich so weit, daß er die Vorschläge des Ausschusses, der init den Vorarbeiten betraut war, entgegennehmen konnte. Sie gingen dahin, daß da» Gesetz von 1888, wonach daS fürstliche HauSgut zu allen Mehraufwendungen für Beanite 10 Proz. bei- rrage» muß. aufgegeben werden solle, gegen folgende Zugeständnisse des Fürsten  : Erhöhung des jährlichen Zuschusses an die Staatskasse von 121 000 auf 140 000 M.. Beteiligung de« Staates an den eine halbe Million übersteigenden UeberichusseS des HauSgutS zur Hälfte. Daneben Gewährung eines beratenden Einflusses auf die Verwaltung des Domaniums. Die Konservativen und Liberalen hatten sich ans die Annahme dieser neuen Regelung geeinigt. Die Sozialdemokratie machte da- gegen die Forderung noch Trennmig derKrone" vom Domanium geltend und verlangte, daß der Besitz der Staatsverwaltung unter- stellt wetde. Leider ist sie im Landlage nur durch ein Mitglied ver- trete», das bei der AbstiimnuNg auch allein blieb. ES waren die größten Anstrengungen gemacht worden, ein einstimmiges Votum des Landtags herbcizusiifiren. und als alles nichts balf, da wurde von liberaler Seite das Verhalten des sozialdemokratischen Mitgliedes al« eine Versündigung am Kulturfortschritt charakterisiert. Dem- zegenüber wies unser Vertreter darauf hin. daß hier die Liberalen .eichten Herzens ein Druckmittel aus der Hand gegeben hätten, bei dessen nachhaltiger Anwendung die»reinliche" Scheidung der Ver- l°. haltrnsse zu erzwingen gewesen wäre. Durch die Preisgabe des Ge- setzes von 1838 sei die grundsätzliche Lösung deS DomanialkonfliktS in eine ungewisse Zukunft verschoben. Für die bevorstehenden Neuwahlen wird uns diese Entscheidung in der Frage gute Dienste lelsten. Von der Militärjustiz. Vor dem Kriegsgericht der Anfllärungssckuffe in Wilhelms­ haven   hatte sich der Matrose N. wegen Tätlichkeiten gegenüber einem Vorgesetzten zu verantworten. Der Matrose war beim Deck- wischen beschäftigt und warf, als er gehänselt wurde, dem Unter- offizier vom Dienst einen Besenstiel ins Gesicht, so daß dieser eine blutige Nase davontrug. Für diese Unbesonnenheit erhielt er ein Jahr und einen Monat Gefängnis. Wie hoch wohl die Strafe im umgekehrten Falle ausgefallen wäre? Ein Soldatenschinder. DaS Kriegsgericht der 12. Division in Neiße   verurteilte den Unteroffizier Skaletz vom 6. Pionierbataillon in Neiße   zu fünf Monaten Gefängnis wegen Beleidigung, vorschriftswidriger Behandlung, Mißhandlung eines Untergebenen und versuchter Ab- Haltung vom Beschwerdewege. Skaletz hatte einen Pionier Andetzki auf seine Stube bestellt. Als er nicht sofort erschien, ging er ihm entgegen. Als er Andetzki auf dem Flur traf, schlug er sofort inderrohe st enWeise aufihnlos und warf ihn zweimal die Treppe hinunter. Am Abend desselben Tages wurde der Ge- mißhandelte von Skaletz nochmals auf dessen Smbe bestellt. Hier mußte Andetzki Kehrt machen. so daß er mit dem G e- ficht nach der Wand zugekehrt stand. Der Unter- offizier bearbeitete den Ahnungslosen hierauf mit der Klopf- peitsche. Als Andetzki flüchten wollte, folgte ihm der Unter- offizier unter fortwährenden Schlägen, und nachdem der letztere die Tür verriegelt, warf er den Soldaten auf das Bett und setzte die Mißhandlungen fort. Außerdem versuchte der rohe Bursche den Gemißhandelten nach dem Vorfall noch vom Beschwerdewege abzuhalten, indem er ihm drohte:Du hast Dich an einem Vorgesetzten vergriffen. Wir werden beide bestraft, Du mit Zuchthau«, ich mit Arrest." Zum Glück ließ sich der Gemihhandelle dadurch' nicht einschüchtern und setzte seine Beschwerde durch mit dem Erfolge, daß der Soldaten- schinder für seine Gemeinheiten 6 Monate Gefängnis erhielt. Zuviel für die an den Tag gelegte Roheit ist daS wahrlich nicht I Die Sreigniffe in Ungarn  . Auch das ungarische Magnatenhaus hat die von der Mehrheit des Reichstags beschlossenen Wehrgesetze an- genommen. Während die Arbeiterschaft diesen Beschluß des Oberhauses voraussah, der die Arbeiter also nicht überraschte, wurde die Bürgerschaft durch den Beschluß in große Entrüstung versetzt. Die Sonntag in den Provinzstädten einberufenen Protest- Versammlungen waren von Arbeitern und Bürgern sehr stark besucht. Von den 43 in den verschiedenen Städten anberaumten Versammlungen konnten aber nur 14 abgehalten werden, da in den anderen Städten die Behörden die Ver- sammlungen verboten und alle Vorbereitungen getroffen hatten, gegen die Versammelten einzuschreiten. Die Versammlungs- redncr erklärten: Zwar sei jetzt der Staatsstreich gelungen; aber die oppositionellen Mitglieder und die Führer der Arbeiter- schaft werden in der nächsten Zeit das Land von Ort zu Ort bereisen und das Volk vorbereiten zum Kampfe, der im Herbst bei der Eröffnung des Reichstages und bei der Vorlegung des Wahlrechts-Gcsetzentwurfs wieder beginnen wird. In allen Versammlungen war die Erregung groß. Militär und Gendarmerie wurde an allen Orten bereit gehalten. Im Laufe dieser Woche werden neue Protestversammlungen im Lande stattfinden. Unser Budapester Parteiorgan wurde am Sonntag wieder konfisziert; angeblich wegen eines Artikels gegen das Oberhaus. Welche Erregung der Staatsstreich Tiszas im Volke ver- ursacht hat, wird auch durch das Ergebnis der Sammlung, die für die Opfer des Wahlrechtskampfes eingeleitet wurde. bewiesen. Spontan, ohne jede Aufforderung, machte sich unter der Arbeiterschaft die Bewegung kund, als die Zahl der Verwundeten und Inhaftierten vom 23. Mai bekannt wurde. Und obwohl das Sammeln in Ungarn   verboten ist, hat die Sammlung für die Opfer bereits 63000 Krone» ergeben._ Der engütche Dasien arbeiterstreik. London  , 15, Juni.  (Eig. 93er.) Die Proklamierung des nationalen Streiks hat bisher nur einen teilweisen Er- folg gehabt. Wohl haben die Docker in einer großen Anzahl von Häfen der Parole des Transportarbeiterverbandes Folge geleistet und die Arbeit niedergelegt, aber in anderen, wie in Liverpool und am Tyne, ist es nicht zum Streik gekommen, und in Manchester  , Plymouth   und Bristol   scheint die Streik- bewegung neuestens ebenfalls abzuflauen. Die Schuld an der schwachen Beteiligung in den Provinzhäfen wird zum größten Teil der Haltung des Vorstandes der Seeleute zugeschrieben, die ihre Mitglieder aufforderten, die Arbeit nicht vor der Vor- nähme einer Urabstimmung ihrer Mitglieder niederzulegen. Hat der Londoner   Hafenarbeiterstreik von der Teilnahme der Provinz bisher keinen entscheidenden Beistand gehabt, so nimmt der Kampf im Themsehafen selber ungeschmälert seinen Fortgang. Er nimmt sogar in dem Maße an Erbitterung zu, als die Leiden und Entbehrungen der heldenmütigen Kämpfer wachsen. Die Opferfreudigkeit der Londoner   Arbeiter tut hier Wunder. Durch die Ausgabe von Speisekarten wird der schlimmsten Not abgeholfen, und viele Tausende der Kinder der Streikenden werden von Arbeitern in anderen Teilen Lon- dons und selbst in der Provinz untergebracht und verpflegt. In dieser Beziehung hat derDaily Herald", der zum Organ der Streikleitung gemacht worden ist. vortreffliche Dienste ge- leistet._ Oelterrdch-Ungam. Rentable Tisza-Apologie. In Budapest   erscheint als wenig geachtetes, aber wohl subventioniertes Regierungsblatt daS von einem Herrn Palyi redigierte B u d a p e st i N a p l o Die Regierung hat nun von einem sie lobenden und die Opposition schmähenden Artikel desB. N." 1600000 Scparatabdrücke herstellen laffen, deren Gesamtkosten für Palyi 32 000 Kronen betrugen. Er erhielt aber vom Ministerpräsidenten Lukatsch 96 000 Kronen dafür. Wie man steht, gilt auch hier von der Be- geisterung für die Regierung das alte polnische Sprichwort: Nicht ehrenvoll aber gesund! frankreick. TaS Regime Millerand  . Paris  . 17. Juni. DieHumanite", die seit einiger Zeit gegen den 5lriegSminister Mrllerand gerichtete, von einer Gruppe republikanischer ynd sozialistischer Offiziere herrührende Schriftstücke beröffentlichk, berichtet, baß der Oberste deS 86. Infanterieregiments sämtliche an die Offiziere und Unter- offtziere seines Regiments adressierten Exemplare des Blattes mit Beschlag belegt habe, und erhebt gegen dieses Vorgehen Einspruch. Rußland. Zur Untersuchung in den Lenägoldgruben. Petersburg. 16. Juni. Der Ausweisungsbefehl gegen die streikenden Arbeiter der Lena-Goldwäschereien ist aufge. hoben worden, da Reichsratsmitglied Senator Manuchin, der mit der Revision der Gruben beauftragt ist. es für nötig befunden hat. daß während der Zeit der Untersuchung alle, auch die streikenden Arbeiter, in dm Gruben anwesend sein müssen, Marokko  . Keine Beruhigung. Fes, 16. Juni. Ein Wiederaufflammen de» Auf- stand es wird aus der Umgegend von Sefru und Bahlil gemeldet. ftus Induftrle und ftandeL Die goldene Großmacht. Nach einer Zusammenstellung imNeichsanzeiger" verfügten 86 deutsche Kreditbanken am 30. April 1912 über 2% Milliarden Aktienkapital. Die gesamten Aktien betrugen über 13 Milliarden Mark. Ziemlich die HAfte beider Summen entfällt auf die 8 Ber- liner Großbanken: Deutsche Bank. Diskonto-Gesellschaft, Dresdner Bank. Bank für Handel und Industrie. Schaaffhaufenscher Bank- verein, Nationalbank, Commerz, und DiskontoMank. Mitteldeutsche Kreditbank! Verteilt man die Gesamtsumme auf die Großbanken und die übrigen Institute, dann ergibt sich diese Uebersicht: 8 Großbanken 78 andere Banken Aktienkapital.... 1140 000 000 M. 1 387 365 000 M. Reserven..... 856 838 OOO» 294 373 000 Aktien insgesamt.. 7 576 473 000 6 623 611000 Diese Ziffern demonstrieren die in den Kreditbanken ruhende Macht, insbesondere die gewaltige Ueberlegenheit der 8 Großbanken. Diese sind zum Teil untereinander, teilweise aber auch noch bei den übrigen Banken dauernd beteiligt, so daß ihr Einfluß noch weit über da? eigene Kapital reicht. Die dauernde Beteiligung bei anidercn Banken ergibt in der Gesamtsumme 408,2 Millionen Mark, davon entfallen auf die 8 Großbanken allein 259,6 Millionen Mark. Leider gewähren die Bilanzen kein richtiges Urteil über die industrielle Be- tätigung der Banken. Ter Besitz an börsengängigen Wertpapieren außer Anleihen stellt sich für alle Banken auf 181,9 Mill., für die Großbanken allein auf 121 Mill. Die Summe ihrer Debitoren be- läuft sich auf 2954,3 Millionen; bei allen Banken ergab dies« Post- tion 5824,6 Millionen Mark. Die Aval- und Bürgschaftskreditoren figurieren mit insgesamt 760.6 Mill.. bei den 8 großen allein mit 421 Mill. Die Bankgebäude. cinschlichlich Immobilien, rcpräsen- tieren zusammen einen buchmäßigen Wert von 250,8 Mill., woran die Großbanken mit 124,3 Mill. partizipieren. In die vorstehenden Angaben nicht eingeschlossen sind die Zahlen von drei Uebersec- danken: Deutsche Orientbank  . Deutsche Uebcrseeische Bank und Deutsche Palästinabank, sämtlich in Berlin  . Deren Aktienkapital betrug 82 Mill. M.; sie verfügten über 11,4 Mill. Reserven und ins- gesamt 480,3 Mill. M. Aktiven. Die Aktiven der 89 Banken zu- sammen ergeben pro Kopf der Bevölkerung 210 Mk. Nimmt man an. daß das durch diese Banken in Bewegung gesetzte Kapital im Durchschnitt nur 4 Proz. Zinsen einbringe, dann entspräche.das dem netten Sümmchen von 547 Mill. M. als Tributpslicht der produk- tiven Arbeit.  _ " ProtmfttmwiTfui'be." An der Börse wird Baissestimmung gemacht. Die Großindustrie stellt derweile Produltionsrekorde auf. Die nacbfolgende Zusammen- stellung über die Roheisenproduktion und den Pmsand des Stahl- Werksverbandes geben hiervon ein anschauliches Bild. Es betrug in 1000 Tonnen: 1909 1910 1911 1912 Roheisenerzeugung Mai... 1090 1262 1312 1464 Januar/Mai 5182 5983 6419 700» Lersandprodukte A Mai... 378 388 632 536 A Januar/Mai 2070 2177 2447 2658 , B April... 891 508 497 596 B Januar/April 1604 1917 1982 2767 Am stärksten ist die Zunahme bei den Produkten B. Der Ver­sand von Erzeugnissen A(Halbzeugs Formeisen und Eisenbahn- Material) hielt sich im Mai auf der Höhe des Vorjahres, der Abstoß von Produkten B dagegen weist eine Steigerung um rund 100 000 Tonnen öder 22 Prozent auf. Diese Verschiebung illustriert den Vernichtungskamps der gemischten Betriebe gegen die reinen Werke. Erst beschlossen die Gemischttverke. die Kontingentie- rung der Produkte B durch den Stahlwerksverband aufzuheben, dann erhöhten sie den Halbzeugpreis um 5 M. bei gleichzeitiger Reduktion der Ausfuhrvcrgütung von 15 aus 10 M. Den Preis der Fertig- erzeugnisse jedoch hält man so ziemlich auf der früheren Höhe, so daß zwischen dem Halbzeugpreis und den Preisen für die weiter« verarbeiteten Erzeugnisse eine nur ganz unbedeutende oder gar keine Spannung verbleibt. Auf diese Weise erwürgen die Hersteller von Halbzeug die reinen Walzwerke. Sie reißen deren Absatzmärkte an sich, verarbeiten immer mehr Rohmaterial in den eigenen Betrieben zu Fertigerzeugnissen. Aus den Kreisen der reinen Werke werden nun auch wieder Klagen laut über die Erdrosselungspolitil der großen Stahlwerke._ Geplantes Petroleum-, Kohlen- und Tabakmonopol in Island  . Seit dem 1. Januar 1912 ist die Einfuhr von geistigen Getrau- ken nach Island   verboten. Im Jahre 1911 beschloß der Althing   die Bildung eines Ausschusses, der Vorschläge zur Deckung des Ein- nahmeausfalleS an Zoll machen sollte, der durch das Verbot für die Landeskasie entsteht. Der Ausschuß hat nunmehr die Einfüh- rung des Kohlenmonopols und Petroleummonopols, für später ge- gebenenfalls auch die Einftihrung deS Tabakmonopols vorgeschlagen. Ueberdies werden ein Einfuhrzoll auf Zeugwaren und Kleidungs- stücke, die zurzeit noch zollfrei sind, sowie neue Ausfuhrzölle auf Fischereierträgnisse angeregt. Wegen der Uebernahme des Petroleummonopols hat der Aus- schuß bereits mit zwei Petroleumgesellschaftcn verhandelt, doch ist eine Einigung noch nicht erzielt worden. Bezüglich deS Kohlen- monoPols hat der Ausschuß vorbehaltlich der Genehmigung deS AlthingS mit einer britischen Bergwerksgesellschast abgeschlossen. Die Vorlagen werden den Althing   voraussichtlich noch in der bevorstehenden Sommertagung beschäftigen. Smhrnaer Feigensyndlkat. Der im Januar dieses Jahres gegründete FeigentrustThe Smyrna Fig Packers Limited" hat eine weitere Verstärkung durch Beitritt der einen außerhalb gebliebenen Gruppe erfahren. Von den Häusern, die im vorigen Jahre im Smhrnaer Felgengeschäft arbeiteten, sind danach alle bis auf 6 kleinere beigetreten, welch letztere etwa 6 bis 7 Proz. der Ernte verarbeiteten. Dagegen haben mehrere früher im Feigengeschäft tätig ge- wesene kapitalkräftige Exportcure sich zu einem Konkurrenzunter- nehmen zusammengeschlossen, indem sie 20 000 bis 26 000 Lasten (letzte Ernte 100 000 Lasten) zu verarbeiten beabsichtigen. Ihr Absatzfeld wird voraussichtlich England und Amerika   sein. Endlich ist eine dritte kleinere Gesellschaft in Bildung be- griffen, die 5000 bis 6000 Lasten für den amerikanischen   Markt zu verarbeiten beabsichtigt. Alles in allem werden in der nächsten Saison der Trust mit 66 bis 70 Proz. den übrigen Gesellschaften und Einzelexporteuren Bit 30 bis 35 Proz. gegenüberstehen.