genossenschaft im diesjährigen Bericht über diese Frage. DerBeamte schrieb:„Auf übermäßigen Alkoholgenuß dürften so vielwie gar keine Unfälle zurückzuführen sein, denn der Freibiergenußhat in den letzten Jahren eine auffallend in die Erscheinungtretende Regelung erfahren. Infolge der Teuerung, welche inallen Gauen Deutschlands zu verzeichnen ist, drängen die Arbeiterimmer mehr— sogar in Kleinbetrieben— auf Ablösung desFreibieres. Ist diese aber einmal eingeführt, dann wird auchvon den Arbeitgebern aus präzise Durchführung gesehen, daletztere aus gleichen Gründen wie die Arbeiter zu größter Spar-samleit veranlaßt sind. Zu diesem Urteil komme ich auf Grundvon gelegentlich der Revisionen, bei welchen auch stets die in denBetrieben vorhandenen Unfallstellen besichtigt werden, gemachtenBeobachtungen und Feststellungen."Der Beamte stellt also fest, daß die Unfälle durch Alkohol-genuß fast verschwunden sind. Z>as ist der Haupterfolg derBraucreiarbeiterorganifation.Die seither gewährten 7 Liter Freibier pro Tag wurdenfrüher vertrunken und bei der Gefährlichkeit des Berufes mußtenUnfälle dann vorkommen. Durch die Ablösung des Freibieresist aber den Arbeitern ein weiterer Vorteil entstanden, weil siedoch gewöhnlich 4 bis 5 Liter pro Tag mit je 12 Pf. entschädigterhalten. Die Steuerbehörden rechneten ja auch den einzelnenBrauereiarbeitern pro Jahr 2 bis 300 M. Einkommen durch dasFreibier an. Man sieht also wieder hieraus, welchen Einflußdie Organisation auf das Leben des Einzelnen haben kann. Wennauch der Aufsichtsbeamte der Berufsgenosienschaft die Teuerungdafür verantwortlich machen will, daß sich jetzt die Brauereiar»beiter sogar in den Kleinbetrieben zur Ablösung des schädlichenFreibieres drängen, so ist dies Nebenfache, denn ohne die tarif-liche Vereinbarung der Organisation der Arbeiterschaft wäre dochdas Drängen gar nicht möglich. Während sich nun der eine Bc-amte für diese Ablösung ausspricht, scheint ein weiterer Aufsichts-beamter kein großer Freund der Alkoholbekämpfung zu sein.Denn er lamentiert über die große Gleichgültigkeit der Arbeite»schaft in Punkts Unfallschutz und brummt:„Ueber alles möglichewerden Versammlungen gehalten, Flugblätter verteilt, kurz alleszur„Aufklärung" unternommen, mir ist aber noch nichts davonzu Ohren gekommen, daß man auf die Mitwirkung des arbeiten-den Standes„en magse" mit allen Mitteln hingewirkt hätte, dieUnfallverhütung zu unterstützen. Die ganze Welt hat man zumKampfe gegen zu weitgehenden Alkoholgenuß aufgerufen und da-bei gar nicht selten in zu großem Eifer über die Stränge ge-schlagen." Der gute Mann kennt offenbar die Tätigkeit der Ar-beiterorganisationen nicht, die seit Jahren das betreiben, was erverlangt.2i« Herren Fleischermeister.Man muß es den Fleischermeistern lassen, sie verstehen ihrHandwerk und„kennen sich aus im Wurstkessel". Auf der einenSeite bittere Klagen über die Notlage ihres Handwerks und dannbrutale Gewalt gegen ihre Gesellen, die es wagen, sich einer mo-dernen Organisation anzuschließen. Und in der Berufsgenoffen-schaft für das Fleischergewerbe haben sie die beste Verbindung untersich. Der Vorsitzende der Berufsgenossenschaft erhält für seine Mühe-waltung 3S00 M. pro Jahr ausgezahlt und würde natürlich sehrerstaunt sein, wenn es z. B. auch die Ortskrankenkassen wagenwollten, ihren Vorsitzenden eine solche Summe zu zahlen, obschonderen Tätigkeit mehr als doppelt so groß ist. Der uns vorliegenveBericht der Fleischerei-Berufsgenossenschaft pro 1911 ist auch mit derReichsversicherungsordnung sehr zufrieden, die„keine Schmälerungdes Sclbstverwaltungsrechtes" der Berufsgenossenschaften vorsiehtund die Genossenschaft auch künstig„für die Feststellung der Eni-schädigungen in jeder Beziehung allein zuständig seien". KeinWunder, daß die Herren vom Hackklotze ihre Jahresversammlung,wie sie extra im Bericht hervorheben, in Dresden mit einem don-nernden Hoch auf„Seine Majestät dem deutschen Kaiser", und daman in Sachsen tagte, auch noch auf den König von Sachsen, er-öffneten. Dann wurde auch noch der„Deutschen Fleischerzeitung",dem Organ der Meister, herzlich für ihre Unterstützung gedankt.Dt'ese kann den Dank zurückgeben. Wer aber den Bericht aufmerk-fam durchliest, wird finden, daß die Meister herzlich wenig für ihreBerufsgenossenschaft übrig haben, die sich zur Aufgabe gestellt habensoll,„den Entschädigungsberechtigten so rasch wie möglich zu ihrenRechten zu verhelfen", dieselben aber monatelang warten läßt und„mit allem Nachdruck" aber die Genossenschaft„vor ungerechtfertigtenAnsprüchen zu schützen" sucht. Mit ihren Vertrauensleuten ist dieGenossenschaft nicht sehr zufrieden, deren„Gesamtleistungen dochwesentlich hinter dem zurückblieben, was man billig erwartendurfte". Es wird bedauert, daß verschiedene Herren sogar versagten,der Genossenschaft zur Hilfe zu kommen. Man drückt sich nicht allemvon den Ehrenpflichten, auch nach Möglichkeit von der Zahlung,wenn man auch mit Hochrufen die Versammlungen eröffnet. DurchVermittelung der Behörden wurden wieder eine große Anzahl vonBetrieben versichert, die seit Jahren ihren Betrieb führten. AlleBelehrung sei da zwecklos gewesen und müsse vielfach„die Absichtangenommen werden, sich der Beitragspflicht solange wie möglichzu entziehen". Auch Geinemden versagten in diesem Punkte. DerBericht weist noch darauf hin, daß im Laufe des Jahres mannig-fach die Erfahrung gemacht worden, �.daß die Bezüge der gerade imFleischergewerbe so zahlreich beschäftigten Familienangehörigen sehrniedrig für die Beitragsumlage angegeben, aber beim Eintritt vonUnfällen bedeutend höhere Beträge als Grundlage für die Renten-berechnung behauptet und auch meist erstritten werden." Bei derSteuerveranlagung wird man jedenfalls ähnlich verfahren undMeistersöhne werden„keinen Lohn" verdienen....Die Aufsichtsbeamten der Genossenschast berichten auch, daß stebei 7036 vorgenommenen Betriebsrevisionen nur in 1S87 Fällen dieLohnbücher in Ordnung gefunden haben, in 2828 Fällen fehlte sogarjede Lohnbuchführung. Sehr groß wird daher auch die Zahl der nichtversicherten Betriebe und Gesellen in Deutschland noch fem. Per-sichert waren im Jahre 1911 nun insgesamt 64 06« Betriebe mit121 026 Vollarbeitern. Die Zahl hat gegen das Jahr 1910 mir um2650 Betriebe mit 4448 Arbeitern zugenommen, worunter sich rund300 Kraftbetriebe wieder befanden, die auf eine„Extraeinlatmng"gewartet haben, bis sie ihrer gesetzlichen Pflicht nachkamen. Sehrgroß sehen sich natürlich die Zahlen über die gezahlten Arbeitslohnean. wenn mau liest, daß 114 909 218 M. an Löhnen nachgewiesenworden sind, die für die Umlageberechnung als Grundlage dienten.Rechnet man aber die Zahl der versicherten 121 026 Vollarbeiter indiese Zahl hinein, so ergibt sich, daß ein Metzgergeselle durchschnitt-lich nur einen Jahresverdienst von 760 M. erhielt.Und da wagen eS die Herren von„hohen Löhnen" ihrer Ge-seven zu reden, die vor„Verhetzung" geschützt werden sollen. Groß-spurig spricht man auch im Bericht von der„höchsten Aufgabe derBerufsgenossenschaft, den Verletzten die verlorene Leistungsfähig-keit und die ArbeitstreuJugkeit möglichst bald und möglichst voll-kommen zurückzugeben" und spricht von den Richtlinien der Lest-sätze des Reichsversicherungsamtes über Gewährung von Heil-verfahren innerhalb der ersten 13 Wochen des Unfalls. Und dabeibat die Berufsgenossenschaft laut Bericht ganze 480 M. für diesenZweck verausgabt, bei 4837 iw Berichtsjahre gemeldeten Unfällen!IWie sieht es in den versicherten Betrieben aus, obschon seitJahren mehrere technische Aufsichtsbeamte ihres Amtes walten?Laut Bericht wurden in den 7034 besichtigten Betrieben insgesamt27 322 Verstöße gegen die Unfallvorschriften entdeckt..Die Verhütungsvorschristen fehlten z. B. in 4736 Betriebengänzlich, in 1228 Betrieben fehlten die Handleisten an Treppen, ,n743 Fällen der betriebssichere Zustand der Maschinen, in 2470 Fallenwar gar kein Verbandsmaterial vorhanden, in 822 Betrieben wurdenungeschützte Schwungräder vorgefunden, in 1184 Fällen waren d»eZahngetriebe gar nicht geschützt, das Fehlen von AuSrückvorrich-jungen an Maschinen wurde in 1109 Betrieben bemängelt, derRiemenschutz fehlte in 2192 Fällen. Unvorschriftsmatzige Auszugs-winden wurden noch in 1806 Betrieben vorgefunden und in 3260Betrieben fehlte sogar der Einlauffchutz an Äen Fleifchzertlein«-rungsmaschlnen. die belanntlich die meisten Opfer fordern. Brauchtman sich da zu wundern, daß auch die Versicherten„gleichgültig"gegen den Unfallschutz werden, wie der Bericht beklagt.Und dann die Beschäftigung von Kindern und jugendlichen Ar-bcitern an gefährlichen Maschinen. Der Bericht bemerkt in einzelnenFällen hierzu:„Die qualifizierte Fahrlässigkeit der Betriebsunternehmer er-gab sich daraus, daß sie die verletzten Personen an ungeschütztenoder nicht hinreichend geschützten Fleischzerkleinerungsmaschinen,wie Fleischwölfe, Kutter, beschäftigten, womit sie allein schon gegendie Unfallverhütungsvorschriften und die bezüglichen Bestimmungender Gewerbeordnung fehlten. In 22 Fällen war diese Verfehlungdeshalb eine besonders schwere, weil dem Verbote zuwider jugend-liche Personen unter 16 Jahren an den Maschinen beschäftigtwurden.Von den 32 verletzten Hilfspersonen standen im Lebensalter:unter 12 Jahren 1, von 12 bis 14 Jahren 4, von 14 bis 16 Jahren17 und über 16 Jahren 10."„Namentlich find es die gefährlicheren Arbeitsmafchinen imFleischergewerbe, die zu manchen beklagenswerten Unfällen führen,wenn die Vorschriften unbeachtet bleiben. Unter den betreffendenVerletzten befanden sich viele Hilfspersonen in dem jugendlichenAlter von weniger als 16 Jahren, ja sogar Schulkinder, die. zwarverbotswidrig, aber doch mit ernster Arbeit beschäftigt wurden unddeshalb entschädigt werden mußten."„An ungeschützten Fleischzerkleinerungsmaschinen sind folgendeschwere Verletzungen Jugendlicher zu verzeichnen gewesen:4 Personen, darunter ein Knabe von 12 Jahren, verloren dierechte Hand; 2, darunter ein Knabe von 19 Jahren, die linke Hand;4 Verletzte, unter ihnen ein löjähriges Dienstmädchen, hatten denVerlust von vier Fingern der linken Hand, einer den von drei Fin-gern der linken Hand und zwei den Verlust sämtlicher Finger derrechten Hand zu beklagen. Ein 13?L Jahre alter Schulknabe verlordrei Finger der rechten Hand, einer vier Finger und den halbenDaumen der rechten Hand, ein anderer den Zeige- und Mittelfingerund% des rechten Daumens. In weiteren 14 Fällen handelte eSsich ebenfalls um jugendliche Verletzte mit weniger schweren Finger-Verletzungen an diesen Maschinen."„In einigen Orten sind Unternehmer polizeilich angehaltenworden, ihre Betriebsstätten aus Kellern in oberirdisch befindliche,gesundheitlich einwandfteie Räume zu verlegen."Wann liegt bei Theatcraufführunoen höheres Kunstinteresse vor?Wie die meisten anderen Lustbarkeits-Steuerordnungen, ent-hält auch die für Bocholt die Bestimmung, daß von der Steuer freiseien solche Veranstaltungen, bei denen ein höheres wissenschaftlichesoder ein höheres Kunstintereffe obwalte. Mit Rücksicht auf dieseBestimmung wollte der Theaterdircltor Redlich, der im Sommerin Bocholt Vorstellungen gibt, von der Lustbarkeitssteuer freigestelltwerden, zu der ihn der Magistrat herangezogen hatte. Er beriefsich auf die günstigen Rezensionen der Presse.Der Bezirksausschutz holte eine Aeußerung des Magistrats vonEmden ein, wo Kläger auch Vorstellungen gegeben hatte. DieserMagistrat erklärte, daß die Vorstellungen zweifellos von künst-lerischem Interesse seien. Es werde nicht nur das Lustspiel, sondernauch das ernste Schauspiel gepflegt.Der Bezirksausschutz gab der Klage statt und stellte den Klägervon der Lustbarkeitssteuer frei. Er nahm ein höheres Kunst-interesse an und betonte u. a., daß auch das gewählte Lokal(„Rothen-bürg") nach der Art der Beschaffenheit seiner Räume nicht da-gegen spreche. Und was die Bühnenausstattung angehe, so könntennicht die Anforderungen in der kleinen Stadt gestellt werden, wiein der großen Stadt. Ferner berücksichtigte der Bezirksausschußdie günstigen Zeitungsberichte über die Aufführungen.Das Oberverwaltungsgericht verwarf dieser Tage die Revisiondes Magistrats aus folgenden Erwägungen: Ob im einzelnen Falleein höheres Kunstinteresse obwalte, hänge sehr wesentlich von derWürdigung der verschiedenen tatsächlichen Verhältnisse ab. Es seinicht blotz allein entscheidend, was dargestellt werde. Beim Theatersei es also nicht bloß der Gegenstand der Vorstellung, sondern eskomme ganz besonders auf die Art der Darstellung an. Erst wenndiese den Anforderungen der Kunst entspreche, könne ein höheresKunstinteresse angenommen werden. Achnlich habe auch dasKammergericht entschieden. Und auf demselben Gedanken beruheauch ein Ministerialerlaß vom 8. Juni 1392. Ferner komme nochin Betracht, wie das Milieu sei, in dem die Vorstellung vorsich gehe. So könnte z. B. das Obwalten eines' höheren Kunst-interesses verneint werden, wenn ein fortwährendes Kommen undGehen des Publikums stattfinde. Oder dergleichen. Im vorliegen-den Falle habe nun der Bezirksausschuß ohne Rechtsirrtum unterWürdigung der tatsächlichen Verhältnisse bejaht, daß ein höheresKunstinteresse obwaltete. Die Freistellung von der Lustbarkeits-steuer sei darum gerechtfertigt.Eue aller Melt.Schweres Eisenbahnunglück in Schweden.Ein schweres Eisenbahnunglück hat sich am Sonntagmorgen beider Station Malmslätt in der Provinz Ostgotland zugetragen.Der Expreßzug Malmü— Stockholm stieß morgens umö»/, Uhr in falscher Weichenstellung mit einem Güterzuge zu-sammen. Der erste Wagen des ExpreßzugeS, ein Schlafwagen,wurde vollkommen zertrümmert, zwei andere Wagenwurden schwer beschädigt. Bei dem Unglück sind 18 Per«so neu getötet und 16 schwer verletzt worden.Ueber das furchtbare Unglück werden folgende Einzelheiten ge-meldet:Durch den Zusammenstoß wurden die zwei Schlafwagen, die derLokomotive und dem Gepäckwagen folgten, der erste völlig zer«trümmert, während sich der zweite, der mit Reisenden dicht besetztwar. förmlich in den er st en hineinschob. Dabei wurdendie Gasbehälter zertrümmert, das Gas explodierte und im Nustanden beideWaggonsinFlammen. Herzzerreißende Schreieertönten aus dem Innern des brennenden Trümmerhaufens. Bald je-doch verstummten auch diese. Das kleine Personal der.Station war demUnglück gegenüber völlig machtlos, es wurde jedoch sofortmilitärische Hilfe aus dem Malmslätter Truppenlagerrequiriert. Innerhalb einer knappen Viertelstunde erschienen mehrerehundert Soldaten an der Unglücksstelle und machten sich sofortdaran, die brennenden Wagentrümmer mit Aexten auseinander-zuschlagen, Diese Arbeit war mühsam und erforderte soviel Zeit.daß die Mehrzahl der in den Trümmern eingeschlossenen Passagiereelend verbrennen mußten, bevor die Soldaten Hilfebringen konnten.Nachdem die Soldaten in mühsamer, angestrengter Arbeit dosDach de« ersten Wagen« entfernt hatten, um zu den Toten undVerwundeten zu gelangen, bot sich den Rettern ein entsetzlicher An-blick. Uebereinandergetürmt lagen die Leichen.Zwischen ihnen jammerten die Verwundeten. Die ersten Personen,die aus den Trümmern hervorgezogen wurden, waren FrauDr. P h i l p, eine Tochter Strindbergs. Direktor L u n d aus Malmöund Kapitän Berg au« Stockholm. Die drei Leichen waren zueiner fast unkenntlichen Masse zusammengeballt.Di« meisten Verletzten und Toten find Schweden, einige Dänen,ferner find tot: ein Engländer und ein Russe. Wunderbarerweisekamen der Lokomotivführer unh der Heizer des Unglückszuges mitnur leichten Verletzungen davon.Die Untersnchung über die Ursache des Unglücks hat ergeben,daß es aus falsche W e i ch e u st e l l u n g in Berblndung mit zuspät gegebenem Haltesignal zurückzuführen ist. Außerdem scheintdas Stationsbureau unklar« und widersprechende Besehle für dieSisnalstellung ausgegeben zu haben.Ein Kulturlverk.Für die bayerische Pfalz wird in Homburg, in der Näheder pfälzischen Kohlengruben, eine elektrische Ueberlandzentrale er-richtet, die etwa 80 Stadt- und Landgemeinden mit Elektrizität der-sorgen soll. Das Elektrizitätswerk ist als Aktiengesellschaft miteinem Aktienkapital von Z'/z Millionen Mark gedacht. Von diesemKapital soll der Kreis 3,9" Millionen, die Städte 2,6 Millionenund die Schuckert-Gesellschaft 2 Millionen Mark übernehmen.Den Landgemeinden muß der Kreis 900 000 M. zur Beteiligungüberlassen. Auf je 200 000 M. kommt ein Aufsichtsrat, so daß dasPrivatkapital(Schuckert) mit vier Aufsichtsräten stets dem Kreiseund den Gemeinden gegenüber in der Minderheit ist. Strompreis-änderungen können nur init Dreiviertelmajorität des Aufsichtsratesvorgenommen werden, so daß eine Ausbeutung der Konsumenten durchdie betriebsführende Firma so gut wie ausgeschlossen ist. Die Aktiensind unveräußerlich. Nach 22 Jahren muß die Privatfirma ihrenBesitz ans Wunsch der Allgemeinheit käuflich abtreten. Auch sonstsind die Bedingungen des Vertrages für Kreis und Gemeinden sehrgünstig. Es erfolgt die Abgabe des Stromes an Private undindustrielle Unternehmen nicht durch die Zentrale, sondern durch dieGemeinden, jedoch sind auch hier Ausnahmen auf Wunsch zu-lässig.Erst durch den lebhaften Protest unserer Parteigenossen rm Landewurde die bayerische Regierung davon abgehalten, die geplanteZentrale der Rheinischen Schuckertgesellschaft auszuliefern, die bereitseinen Kohlenlieferungsvertrag mit den pfälzischen Staatsgruben ab-geschlossen hatte. Die Regierung weigerte sich aber entschieden, dasElektrizitätswerk in eigene Regie zu nehmen.Der Stadtrat von L u d w i g s h a f e n a. Rh. beschloß in seinerletzten Sitzung den Anschluß der Stadt an die Zentrale und die Ab-tretung des eigenen Elektrizitätswerkes an die Aktiengesellschaft Ueber-landzentrale gegen einen Kaufpreis von l'/z Millionen Mark. Unterden fadenscheinigsten Gründen stimmten alle bürgerlichen Stadträtegegen die Beteiligung an der Ueberlandzentrale. Durch die Abgabeseines Werkes und die Beteiligung an der Zentrale hat Ludwigshafeneiner großzügigen Ausführung des Projektes die Wege geebnet, dennnunmehr ist der Anschluß der übrigen größeren Städte wie Kaisers-lautern, Pirmasens, Speyer so aut wie gesichert. Daß die bürge»lichen Parteien gegen den Anschluß stimmlen, liegt in ihrer Gegner-schaft zur Kommunalisierung der Betriebe; sie hätten lieber dasGanze dem Privatkapital überlassen. Für unsere Genossen aber lagum so weniger Veranlassung vor, dagegen zu stimmen, als auch inbezug auf die Arbeitsverhältnisse vertragliche Regelung zugesichertworden ist._Unwetterkatastrophen in Amerika.Ein Gewittersturm hat am Sonnabend in Mittel- und West-Missouri großen Schaden angerichtet. Sechs» ndzwanzigPersonen sind umgekommen, der Materialschaden istbedeutend. Die Städte Merwin, Adrian, Leaton, Sedalia sind starkbeschädigt. In Jonesville(Ohio) ist der Glockenturm der katholischenKirche durch einen Tornado während des Gottesdienstes ein-g e st ü r z t worden. Drei Personen wurden getötet,darunter der Priester, der nach dem ersten Schreck den Gläubigenbefahl, zu flüchten, während er selbst blieb, um die letzten Sakra-mente zu spenden. Der materielle Verlust in Ohio wird auf eineMillion Dollar geschätzt. Auch in Mexiko hat ein Wolken-bruch schwere Verheerungen angerichtet. Zahlreiche Meiischen sindbei dem Unwetter u m g e k o m m e n.j In den Flüssen werdenviele Leichen talwärts getrieben.Im Interesse der guten Sache.Verhaftet wurde in Breslau der christliche BezirkssekretärEduard Pfeffer wegen Unterschlagung von Ver-ba nd sg e ld e r» und Urkundenfälschung. Pfeffer kan-vidierte vor zwei Jahren noch für die vereinigten Klerikalenund Konservativen zu den Stadtverordnetenwah-l e n. Da die Unterschlagungen bis über die Zeit hinausreichenund die bürgerlichen Kandidaten die Wahlunkosten selbst bezahlenmüssen, so liegt die Bermutung nahe, daß Pfeffer auch die unter-schlagenen Gelder„im Interesse der guten Sache" verwandt hat.Ein Zivilprozest gegen ein Königreich.Das glorreiche Königreich Böhmen liefert nicht nur Sol-daten, Steuern, nationale Raufereien und bonifizierten Junker-schnaps, sondern vor allem auch immer neuen Lustspielstoff. Diesesreiche Land ist bekanntlich vollständig bankrott, es bleibt seinenBeamten den Lohn schuldig und da die auS Haß gegen jedeWahlreform betriebene Obstruktion der Deutschen im Landtag alleSanierungsaktionen hindert, werden von den Gläubigern desLandes nun schon die Gerichte angerufen. Das„ErzherzogtumOesterreich unter der Enns"— Niederösterreich— klagt gegen das„Königreich Böhmen" beim Verwaltungsgerichtshof auf Zahlungeiner halben Million Kronen für Verpflegungskostennach Böhmen zuständiger(heimatsberechtigter) Findelkinder inniederösterreichischen Anstalten. Selbst wenn das Land Bölstnenverurteilt wird— woran kaum zu zweifeln ist— kannesnichtzahlen, denn die Landeskasse mutz mit 600 000 Kronen bis zumHerbst auskommen und sie hat keine neuen Einnahmen zu gewär-tigen. Man wird also das Königreich pfänden müssen und daeröffnet sich vielleicht eine Möglichkeit, wie das Lgyp s«ine Ngtio«nalen Krakeelpolitiker loswerden könnte,..Kleine Notizen.Hochwasser beS Rheins. In den letzten 24 Stunden ist derRhein bei Kehl um rund einen Meter auf 430 Zentimeter undin der Nähe von Maxau um einen halben Meter auf240 Zentimeter gestiegen.Unfall des Zeppelin-LuftschiffcS. MS Montag nachmittag inFriedrichshafen die letzte Gaszelle des Z. ni entleert werdensollte, entzündete sich das Gas auf bisher unaufgeklärteWeise. Ein kleiner Teil der Außenhülle des Luftschiffes ist ver-brannt; die Spitze und ein Teil der Träger find zerstört. ZweiAngestellte wurden leicht verletzt.Bootsunglück aus dem Thuner See. Ein schweres Bootsunglückhat sich am Sonntag cluf dem Thuner See zugetragen. Zwei jungeKaufleute, Paul G u t o n und Albert Herren hatten eine Segel-Partie auf dem See unternommen. Die jungen Leute sind abernicht wieder an Land zurückgekehrt. DaS Segelboot wurde kiel-oben treibend auf dem See gefunden. Die Leichen konntenbisher nicht geborgen werden.Einstnrzkatastrophe in Rußland. Aus Saratow wird telegraphiert,daß in dem nahe gelegenen P r o k r o W s k die Mauer einer Knochen-mühle eingestürzt ist. Zahlreiche Arbeiter wurden unter denTrümmern begraben. Siebzig von ihnen konnten nurals Leichen geborgen werden, zahlreiche andere find schwerverletzt._Briefharten der Rcdahtfon.A. G. 86. 1. Nein. 8., 4., 5.«. 6. Eingabe an die Schuldeputation.3. Ja.— F. D. 77. 1. Nein. 2. Die Frau kann intervenieren. 3. Andas Amtsgericht, in dessen Bezirk Sie wohnen.— P. 9)1, 84 DerAbzug jür die Bejchlidignng der Uhr ist nur zuläjsig, wenn nicht zwischendem Zeilpuiilt der Beschädigung n«d dem Tage, an dem der Abzug ersolgte,eine Lohnzahlung ftaltgesunden hat. Der übrige Abzug war ungerechtsertitg.Marktbericht von Berlin am IS. Juni 1S18. nach ErmittelungdeS königl. Polizeipräsidiums. Markthallendreise.(Kleinhandel)100 Kilogramm Erbsen, gelbe, zum Kochen 34,00—50,00. Speisebohnen,weihe. 30,00-56,00. Linsen 40,00-80,00. Kartoffeln(ttlcrnfstl.) 8,00— 13,00.1 Kilogramm Rindfleisch, von der Keule 1,70—2,40. Rindfleisch, Bauchslcisch1.49— 1,80. Schweinefleisch 1,40—2,00. Kalbfleisch 1,50—2,40. Hammelfleisch1,80-2,40. Butter 2,40-3,00. 60 Stück Eier 3,00-4,60. 1 KilogrammKarpien J, 20-2, 20. Aale 1,60-3,20. Zander 1,60-3,60. Hechte 1,60-3,00.?Nch« 0M-S.00. Schleie 1,40-3,20.»Itlt 0,80-1,60. 60 Stück krebs,4,00—40.00.