lonnte. Man sehe sich nur diesen Wahlkampf an, in dem der Liberalismus einen seiner vielen kleinbürgerlichen Träumer ins Treffen schickte und den Kampf spielend gewann. Herr O u t h- w a i t e, der siegreiche liberale Kandidat, ist einer der bekanntesten Landreformer. Sein Wahlprogramm bestanö in der Hauptsache aus der Forderung, die drückenden Gemeindesteuern bis auf einen kleinen Nest abzuschaffen und durch eine Reichssteuer auf den Wert des Grund und Badens in der Höhe von Proz. zu ersetzen. Dadurch sollten unter anderen Dingen der Lohn des erwachsenen Arbeiters automatisch um durchschnittlich 1 Schilling und 7K Pence die Woche erhöht werden, da der Arbeiter diese Summe wöchentlich weniger an Gemeindesteuern oder Wohnungsmiete zu entrichten hätte. Dieses Programm, das nebenbei einen grotzen Rechenfehler enthält(um die Erfolge, die sich Herr Outhwaite verspricht, zu erzielen, mühte eine bedeutend höhere Landwertsteuer erhoben werden), wurde aber keineswegs von seinen politischen Freunden, die ihm im Wahlkampf beistanden, unterschrieben; einige von ihnen forderten eine viel niedrigere Steuer, andere schlugen vor, alle Steuern abzuschaffen und durch eine einzige Steuer auf das Land zu ersetzen. Dazu kam noch, daß sich die offiziellen Liberalen, die die Kandidatur Outhwaite mit allen Mitteln unterstützten, zu dem Programm ihres Schützlings mäuschenstill verhielten. Am weitesten wagte sich Lloyd George hervor, der dem Kandidaten seiner Partei Erfolg wünschte, weil dieser die Landfrage zu einer Tagcsfrage gemacht habe. Herr A s q u i t h, der im Parlament gefragt wurde, ob das Programm des liberalen Kandidaten in Hanlcy das der liberalen Partei sei, erwiderte, daß ihn die Wahl- geschichte nichts angehe. Der liberale„British Weekly", der seit einiger Zeit die Landfrage zu einer Spezialität gemacht hat, war wütend. Er schrieb:„Herr Outhivaite will der Landbesteuerung die Narrekappe aufsetzen. Er würde sie in den Augen aller Leute mit gesundem Menschenverstand lächerlich machen." Die von dem liberalen Kandidaten befürwortete Politik war so unklar wie sie nur sein konnte; aber über alle Unklarheiten half der Refrain des Landliedes:„Gott hat das Land für das Volk gemacht!" hinweg, der während des Wahlkampfes in allen Straßen der beiden Töpferstädte, die den Wahlkreis bilden, ertönte und schon bei den Wahlen des Jahres 1910 solch wertvolle Dienste tat. Dieser politische Gassenhauer hatte wiederum eine durchschlagende Wirkung und so konnten denn die Politiker, die in der liberalen Partei die erste Geige spielen und die Melodie nicht schön finden, schon ein Auge zudrücken. Manchmal wird es ihnen aber doch etwas bange geworden sein. Denn wer weiß, ob den Arbeitern nicht plötzlich die Frage in den Kopf kommt: Hat nicht Gott auch das Eisen und so viele andere Dinge für das Volk wachsen lassen? Ter Wahlkampf in Hanleh beweist wieder einmal, mit welch gefährlichem Gegner die Arbeiterschaft Großbritanniens zu rechnen hat. Der Erfolg in Hanleh wird die Liberalen sicher anspornen, dieselbe demagogische Politik auch anderswo zu versuchen. Um dieser Bolksvcrblendung erfolgreich entgegentreten zu können, be- darf es vor allen Dingen der Aufklärung, der sozialistischen Pro- paganda, die der Arbeiterschaft die Hohlheit der neuen liberalen Schlagworte erkennen läßt, und einer beständigen methodischen und rastlosen Organisationsarbeit, die eine Wiederholung solcher zerschmetternden Niederlagen wie in Hanleh unmöglich machen wird. ller Uirieg. Eine Kundgebung über die türkische Politik. Konstantinopcl, IL. Juli. In der Kammer machte genern der Großwcsir Said Pascha Ausführungen über die äußere und innere Politik der Regierung. Er bezeichnete inbezug auf den Krieg die unbeschränkte und tatsächliche Anerkennung der Rechte der Türkei als das Programm der Regierung. Das Kabinett habr beschlossen, im Kriege z u beharren.(Beifall.) Der Groß- Wesir ging dann auf den Angriff auf die Dardanellen und deren Schließung und Wiedereröffnung ein. Die Pforte habe bei dieser Gelegenheit erklärt, sie würde die Meerenge wieder schließen, sobald ein neuer Angriff Italiens auf diese stattfinde. Die Besetzung der Inseln des Aegäischen Meeres werde natürlich nicht vo, Dauer sein, wenn auch manche daraus Nutzen zu ziehen wünschten. Die Türkei würde dies als einen Angriff auf ihre Unantastbarkeit ansehen, die alle Osmanen verteidigen würden. Wenn Italien andere Inseln angreifen sollte. so würden die Dardanellen zur Vorsicht wieder ge- schlössen werden. In S m h r n a sei ein großes Armeekorps ge- bildet worden. Zum Schutze der Dardanellen feien gleichfalls be- trächtliche Truppenmassen zusammengezogen Mit Bezug auf die italienischen Angriffe im Roten Meer erklärte der Großwesir, die Pforte habe den Mächten mitgeteilt, daß sie An- 1 griffe auf Pilger als inhuman betrachte. England habe diese Er- l klärung günstig aufgenommen und sei in Rom vorstellig geworden. Der Großwesir erinnerte dann an die heldenhafte Haltung der in � Tripolis kämpfenden Truppen.(Beifall.) Der Scheik der S n u s s i tue sein Mögliches für die Verteidigung des Landes, ins- besondere Enver Bey. Der Krieg werde nicht ewig dauern, er werde mit dem Frieden enden, aber das bedeute nicht, daß die Türkei sofort Frieden machen wolle. Die Bedingungen müßten vielmehr annehmbar sein. Man habe der Türkei ge- wisse Anerbietungen für den Frieden gemacht, darunter die Auf- rcchterhaltung der Autorität des Kalifats. Das Kalifat sei und werde immer sein der religiöse Mittelpunkt aller Mohammedaner. Diese Bedingung genüge deshalb nicht für den Frieden. Der Prä- zedengfall mit Bosnien könne nicht angeführt werden, denn es bestehe ein großer Unterschied zwischen den beiden Fällen. Außer- dem habe damals ein anderes Kabinett die Regierung geführt. Eine Entschädigung könne in zweiter Linie diskutiert werden, das Ziel der Regierung sei jedoch die unbeschränkte und tat- sächliche Aufrechterhaltung der Souveränität. Das Land könne nicht für Geld verkauft werden.(Beifall.) Der Großwcsir erinnerte an die Gcpüchte über einen Schritt Rußlands wegen der Dardanellen und über einen Schritt der Pforte in Petersburg , wobei diese ihr Erstaunen aus- gedrückt habe. Ter Minister des Aeußern Ssasonow habe geant- wortet, es habr sich um eine persönliche Jnmative gehandelt, die Von der Stellungnahme der Regierung verschieden sei. Mit England habe hie Pforte einige Meinungsverschieden- heiten über Eisenbahn- und andere Fragen, welche das Kabinett beizulegen wünsche. Es sei zu hoffen, daß das Ergebnis für beide Teile zufriedenstellend ausfallen werde. Zu der Kreta frage führte der Großwesir aus, daß der Schritt der Regierung und der Schutzmächte den Rechten'der Türkei Achtung verschafft habe und daß auch Griechenland gemäß dieser Haltung der Mächte sie respektiere.' Er habe zu Oesterreich-Ungarn das größte Pertrauen und hoffe, daß Tatsachen dieses Vertrauen rechtfertigen tverdcn. Der Großwesir erstattete sodann ein längeres Expose über die innerePolitik. Indem er auf die Gerüchte von Mißbräuchen in einigen Zweigen der Militärverwaltung einging, meinte er mit Bezug auf M a h m u d S ch e w k e t P a scha, daß an dessen Ehren. haftigkeit niemand zweifle. Die Regierung prüfe die Frage einer Reorganisation des K ri e g s m. n, ste r. um s. Auch sollen die Beziehungen des Kriegsministeriums zum Generalstab' geregelt werden. Der Großwesir ging dann auf die Vorgänge in AI- b a n i e n ein und nannte die Albaner treu und edel. Ihre For- derungen, die den Sturz des Kabinetts, Auflösung der Kammer, Neuwahl und nach Provinzen geregelten Militärdienst erstreben, wies er als ungesetzlich zurück. Die Forderung nach Ernennung albanischer Beamten halte er für annehmbar. Der Großwesir werde dem Ministerrat vorschlagen, einen oder zwei Beamte nach Albanien zu schicken, die dort die Lage studieren sollen. Die be- bäuerlichen Vorgänge hätten auf das Ausland einen schlechten Ein- druck gemacht. Die Regierung wolle nicht zum Janitscharen -System zurückkehren. Der Großwesir stellte zum Schluß die Vertrauens- frage. Die Kammer sprach mit 194 gegen 4 Stimmen dem Kabinett ihr Vertrauen aus. politische(lebersicdt. „ Berlin , den 16. Juli 1912. Zentrumsspitzelei. In der vom Grafen Oppersdorfs herausgegebenen Wochenschrift „Wahrheit und Klarheit" wurden jüngst von einem Anonymus „Julius" mehrere Journalisten und Parlamentarier der Zentrums- Partei sehr arg bloßgestellt. Das hat die ehrsame Sippe der An- rüchigen sehr verschnupft und der„Bayerische Kurier" hat denn auch glücklich herausgebracht, wer dieser Julius ist. Das Münchener ultramontane Blatt bringt folgende von echt katholischem Geiste durchwehte Mitteilung: „Wer ist„Julius"? Es ist der PrivatsekretSr des Grafen Oppersdorff, Herr Karl Schnitzler. Schnitzler steht nach Aussage der Leute, die ihn kennen, nicht auf katholischem Boden, er sei viel- mehr notorischer Atheist, er ist nichtpraklizierender Katholik. Jeden- falls steht so viel fest— daß er— geborener Katholik— seine Ehe, die er mit einer Katholikin eingegangen hat. nicht kirchlich einsegnen ließl l Diese rein bürgerliche, nicht kirchliche„Ehe" be- steht heute noch— es ist der Verbindung ein Kind entsprossen— wenn auch die Frau mit ihrem Kinde den Mann verlassen hat, nicht aus Ueberdruß an liebevoller Behandlung I Wir begnügen uns mit diesen Feststellungen l" Schrecklich, der Mann hat sich nicht katholisch trauen lassen, sondern seine Ehe nur auf dem Standesamt geschlossen. Das ist freilich ein viel größeres Verbrechen, als wenn er seine Gesinnungen verkauft! Tie überseeische Aus- und Einwanderung im Jahre ISII. Nach soeben erschienenen Statistiken sind 1911 22 699 Deutsche ausgewandert, während es 1919 noch 25ö31 waren. Wir sind jetzt also fast auf den Stand von 1998 zurückgekehrt, des Jahres, das die niedrigste Ziffer seil 49 Jahren zeigte, nämlich 19 883. Bon den Auswanderern des Jahres 1911 gingen über Bremen 12 199, über Hamburg 6597, der Rest über Holland , Antwerpen , Frankreich . Die meisten Auswanderer kamen aus Hannover , Rheinland und Posen (1831, 1421 und 1971)sowie auS Berlin mitBrandenburg2l25,hierwaren aber die meisten Durchreisenden, die einige Zeit in Berlin geweilt hatten, ohne Arbeit zu finden. DaS Ziel der Auswanderung war meist Nordamerika , etwa 18 399 gingen dorthin. 70 Proz. der Auswanderer waren Männer, fast drei Viertel aller Auswanderer standen im Alter von 17 bis 60 Jahren.— Nichtdeutsche Auswanderer wanderten 183 233 über Deutschland aus, dies sind 71 385 weniger alS 1919. Die gesamte Ein- und Rück- Wanderung über Deutschland betrug 1911: 193355 Personen (gegen 1919 mehr 44 999)._ Auf NeichsverbandSpfaden wandelt die von Bielefeld nach Herford übergesiedelte „Neue Westfälische Volk-Szeitung", konservatives Organ für die Provinz Westfalen . In ihrer Nr. 169 vom 19. Juli bring: sie folgende Notiz aus Minden : „Das kleinere Hebel. Ben Akiba hat unrecht, wenn er behauptet, es wäre alles schon dagewesen; denn daß ein Sozial- demokrat sich gelegentlich eines SühneterminS beim Schieds- richter ohne weiteres bereit erklärt, zur Strafe 25 M. an die Kasse des Reichsverbandes gegen die Sozialdemokratie zu zahlen, das ist bis heute noch nicht dagewesen. Ein nichtsozialdcmokra- tischer Arbeiter würde von einem freien Gewerkschaftler und Sozialdemokraten in wüstester Weise Streikbrecher und Lump beschimpft und außerdem noch ins Gesicht gespieen. Der Belei- digte reichte Beleidigungsklage ein. und hier verlangte der Kläger , daß der Genosse und Kulturträger 25 M. Strafe an die Kasse des Reichsverbandes zahle oder die Klage ginge weiter.— Besagte 25 M. sind am 26. Juni der Geschäftsstelle des Reichsverbandes in Hannover vom Schiedsrichter zugegangen." Unser Parteiblatt in Bielefeld , die„Volkswacht", hat darauf in Minden Erkundigungen eingezogen. Sämtliche Schiedsrichter haben erklärt, daß ihnen niemals ein solcher Fall vor- gekommen sei. Die Herren haben auch bereitwilligst Einsicht in ihre Bücher nehmen lassen. Im übrigen besteht die Bestini- mung, daß Sühnegelder nur für die Armen der Stadt oder andere gemeinnützige Zwecke verwandt werden dürfen, sonst macht sich der Schiedsrichter strafbar. Zudem existiert in Minden selbst eine Ortsgruppe des Liebertschen Reichsverbandes; weshalb mußte also das Geld nach Hannover gesandt werden? Auch von den in Be- tracht kommenden Personen der christlich-sozialen Partei weiß keine etwas von dem sonderbaren Fall. Die„Neue Westfälische Volkszeitung" wivd von dem früheren Redakteur des in Enger (Westfalen ) erschienenen christlich- sozialen„Ravensberger", W. B e h l e, redigiert, der vor drei Jahren die Redaktion dieses Blattes niederlegte, angeblich weil ihm der Ton der christlichen Führer in den Spalten ihrer Zeitung zu rüde war. Er ging als konservativer Parteisekretär nach Baden und hat seit der Uebersiedelung der„Neuen Westfälischen Zeitung" nach Herford , 1. Juli 1912, die Redaktion dieses BlatteS über- nommen. Nach obiger Notiz zu urteilen, scheint es, als ob Herr Behle sich inzwischen von seinen Gcwiffensskrupeln freigemacht hat. Arbeiter und Flottenbauten. Einen Blick hinter den Kulissen läßt uns nachstehendes Schreiben tun, das heute auf unseren Tisch flatterte. Es lautet: An den Staatssekretär deS Reichsmarineamts, Berlin . Betrifft Ablieferung des Linienschiffes„König Albert". Euer Exzellenz beehre ich mich unter Bezugnahme auf die Anfrage der Bau- beaufsichtigung vom 29. April 1912 ganz ergebenst mitzuteilen, daß es sich nicht vermeiden lassen wird, daß in der Fertigstellung S. M. Linienschiff„König Albert" eine Verzögerung eintritt. Zwar habe ich alles aufgeboten, um die durch den fünfmonatlichen Streik in meinem Betriebe im vorigen Jahre verlorene Zeit wieder einzuholen. Doch war durch die Verhetzung nach der Be- endigung des Streiks die Leistungsfähigkeit der Arbeiterschaft erheblich heruntergesetzt, so daß sich nur mühsam das Versäumt« wieder einholen ließ. Infolgedessen mußte ich, um die rechtzeitige Fertigstellung S. M. Schiff„Oldenburg " nicht in Frage zu stellen, mehr Arbeiter bei diesem Bau verwenden, wie es sonst der Fall gewesen wäre. Bei S. M. S.„Oldenburg" ist es mir ge- lungen, die durch den Streik verursachte Verzögerung vollständig wieder einzuholen, bei„König Albert" aber nicht in demselben Umfange. Außerdem kommt hinzu, daß vor und nach dem neun- � tagigen Streik im März d. I. die Verringerung der Leistungs- fähigkeit der Arbeiterschaft sich gattz besonders bei„König Albert" bemerkbar machte. Es wird mir infolgedessen nicht möglich, mehr wie zwei Monate der durch den Streik verlorenen Zeit wieder einzuholen, so daß die Ablieferung deS Linienschiffes S. M. S. „König Albert" im Juli 1913 erfolgen wird. Hochachtungsvoll p. p. F. Schi chau. gez. C. Carlson. Wie liegen die Dinge m Wirklichkeit?.. . Die Arbeiter forderten 36 Pf. Stundenlohn, denjenigen, die 36 Pf. schon hatten, sollte eine Aufbesserung von 2—5 Pf. gewährt werden. Direktor Carlson lehnte nicht nur diese be- scheidenen Wünsche rundweg ab, sondern nannte einige Mitglieder des Krankenkassenvorstandes, welche ihm in Er- mangelung eines Arbeiterausschusses die Wünsche unterbreite- ten,„grüne Jungen", die„noch nicht trocken hinter den Ohren" seien. Noch heute zahlt die Firma an verheiratete Arbeiter 16 bis 17 M. Wochenlöhne bei zehnstündiger Arbeits- zeit! Als im Reichstage der Abgeordnete Brandes bei der Beratung des Marineetats auf die elenden Lohnverhältnisse der millionenschweren Firma Schichau hinwies, erklärte der Herr Admiralitätsrat Harms, seines Wissens habe sich die Firma mit den Arbeitern geeinigt. Wer dem Herrn dieses „Wissen " suggeriert hat, ist unschwer zu erraten. Leider ist von einer Einigung keine Rede. Eine besonders unanständige Unterstellung ist, daß als Grund der späteren Fertigstellung die veränderte Leistungs- fähigkeit der Arbeiterschaft infolge„Verhetzung" angegeben wird! Wenn schon etwas aufreizend wirken kann, so die Tatsache, daß die vorstehenden Wochenlöhne an Familien- Väter gezahlt werden. Bei solch„fürstlichen Gagen" sehnt sich natürlich jeder nach anderen Arbeitsstätten. Der d a u e r n d e W e ch s e l bei den Arbeitern und die Einstellung ungeübter Arbeiter läßt die Leistungsfähigkeit nicht steigen. Ganz besonders trifft das auf den im Schreiben er- wähnten März d. I. zu. wo die Leistungsfähigkeit besonders abgenommen haben soll. Wir stellen fest, daß um diese Zeit Dutzende qualifizierter Werftarbeiter auf anderen Nord- und Ostseewerften über- siedelten, um nicht ewig am Hungertuche zu nagen! Die Firma ffetzte aber bei den Werftbesitzern eine Sperre für alle von Schichau kommenden Arbeiter durch. Die Firma s e l b st verursacht durch ihre niedrigen Löhne die geringere Leistungsfähigkeit! Um diese Zwerglöhne aufrecht zu erhalten, ist die Firma zurzeit um die Gründung eines gelben Werkvereins be- müht. Wir glauben kaum, daß dadurch die Leistungsfähigkeit der Arbeiterschaft gehoben und die Ablieferung von Bauten frühzeitiger erfolgen dürftel Pommersche Scharfmacher. Die Krautjunker PommeruS haben bekanntlich einen„Schutz- verband pommerscher Arbeitgeber" begründet, dessen Mitglieder sich verpflichten müssen, keinem Unternehmer Arbeiten zu übertragen, der freiorganisierte Arbeiter beschäftigt. Daß sie damit jenen Terroris- mus ausüben, den die Konservativen angeblich bekämpfen, komnrl den junkerlichen Gründern, wie es scheint, gar nicht zum Bewußtsein;. In der„Pommer scheu Tagespost" versuchen dl t edlen Herren ihr Vorgehen zu begründen. In den schwülstige� langatmigen Darlegungen wird zunächst bedauert, datz am 25. Mai 1899 die Zuchthausvorlage vom Reichstage abgelehnt wurde; die Folgezeit habe bewiesen, daß dies ein Fohler war. Die Verhältnisse hätten sich seit damals eher verschlechtert als verbessert. Wer es mir dem Volkswohl ernst nehme, der müsse daher lebhaft bedauern, daß auch die neuerlichen Bemühungen, den Arbeitswilligenschutz zu erweitern, gescheitert seien. Dann heißt es weiter: „Die Sozialdemokratie weiß, daß der TerrorismnS die Waffe ist, der sie vornehmlich ihre Erfolge verdankt; es kann daher kaum Wunder nehmen, daß die Sozialdemokratie mehr und mehr dazu übergegangen ist, ihre Zwangsbeglückung über die Kreise der Un- organisierten und nichtsozialdemokratisch organisierten Arbeiter hinaus auch aus andere Bkrufsstände auszudehnen. Die Boy- kottierung von Gastwirten, die Drangsalierung der Kaffenärzte ist seit den letzten und vorletzten Reichstagswahlen, ebenso wie daS Vorgehen gegen alle möglickien Geschäftsleute, die der Sozialdemokratie nicht zu Willen sind, zur üblichen Geschäfts- gebarung geworden. Wählt irgend jemand, der mit sozialdemo- kratischer Kundschaft zu tun hat, gemäß seinen politischen An- schaumigen nicht sozialdemokratisch, so strafen ihn die GeWerk- fchaften mit dem Verruf, der den Mann und mit ihm Frau und Kinder ins Elend stürzt. Die verschiedenen Anläufe, die Re- gierung und ein Teil des Parlaments genommen haben, sind ergebnislos verlaufen; was bleibt da schließlich anderes übrig, als der Weg zur Selbsthilfe, der jetzt durch die Gründung des „Schntzverbandes pommerscher Arbeitgeber" beschritten worden ist." Die pommersche» Junker beziehen ihren Bedarf an Kleidung usw. zumeist aus Berlin . Hoffentlich bleiben sie sich konsequent und lassen silb nur dort Kleider anfertigen, wo sie die Gewißheit haben, daß weder bei der Bearbeitung noch bei der Herstellung deS Stoffes in allen feinen einzelnen Phasen ein Sozialdemokrat beschäftigt war. Und wenn sie das nicht mit Sicherheit feststellen können, dann mögen sie ihrer Ueberzeugung das Opfer bringen, barfuß und mit zerrisfenen Hosen herumzulaufen. Uebrigen« könnten die Junker aus der Vergangenheit lernen. Als das Sozialistengesetz erlassen wurde und jede Art von Organisation ohne weiteres zerstört war, haben eine große Anzahl Unternehmer in allen Teilen Deutschlands öffentlich erklärt, daß sie keinen Sozialdemokraten beschäftigen würden. Damals war die Partei noch klein, die Gewerkschaften waren zer- stört und trotzallcdem konnten die Unternehmer nicht ohne sozial- vemokratische Arbeiter auskommen. Wenn deshalb die pommersche» Ritter von Ar und Halm jetzt mit einem neuen Plan der Aushungerung sozialdemokratischer Arbeiter vor die Oeffentlichkeit treten, dann hat man dafür bloß ein mitleidiges Achselzucken, um so mehr, als die pommerschen Junker ganz gewiß nicht zu denen gehören, von denen man behaupten kann, sie würden das Puln« erfinden, falls ihnen der Mönch Berthold Schwarz darin nicht bereits zuvorgekommen wäre._ ©ebweiz. Der Tod unter den Bundesräten. Bern , 14. Juli. (Eig. Ber.) Die so oft gewünschte Ver- jüngung der schweizerischen Bundesregierung besorgt der Schnitter Tod, der in wenigen Tagen zwei ihrer Mitglieder, die Herren Adolf Deucher und Marc Ruchet , den ersten im Alter von 82 und den anderen von noch nicht 69 Jahren hinweggerafft hat. Beide gehörten der freisinnigen Partei an. Aber Herr Deucher genoß dennoch die Sympathien der organisierten Ar- beiterschaft, da er als Chef des Jndustriedepgrtements sozial- politisches Verständnis und guten Willen bekundete. frankmef). Eine Amnestie. Paris , IL. Juli. Auf Vorschlag des Justizministers B r i a n d unterzeichnete Präsident F a l l i e r e s einen Erlaß, durch den