9,. 183. 29.?»� i. Keillige des„Nsmarts" Kerliner UsIltödlM. Die Generalverfammlungen der Berliner 5lal)lvereine, welche am Dienstag abgehalten wurden, beschäftigten sich in der Hauptsache mit der Entgegennahme der Jahresberichte ihrer Vor- stände und Funktionäre, die durchweg ein erfreuliches Bild reger Parteilätigkeit gaben, andererseits aber auch zeigten, daß die Arbeitsfreudigleit unserer Parteigenossen sich mit dem Erreichten nicht zufrieden gibt, sondern unermüdlich für die weitere Ausbreitung der Organisation am Werke ist.— Aus den einzelnen Versamm- lungen gingen uns folgende Berichte zu: Erster Wahlkreis. In der gut besuchten Generalversammlung gab Genosse Peter- mann den Borstandsbericht über das abgelaufene Geschäftsjahr. Dasselbe ist als ein äußerst arbeitsreiches zu bezeichnen. Große Anforderungen wurden an die Parteigenossen gestellt. Mit Genugtuung kann gesagt werden, daß sich die Parteigenossen des ersten Kreises brav gehalten und in der Kleinarbeit ihr möglichstes getan haben. Infolge der Neueinteilung der Kommunalwahlbezirke war der erste Kreis im 1. und 2. Bezirk an den Stadtverordnetenwahlen beteiligt, die auch hier unseren Kandidaten den Sieg brachten. Der Kampf um das Reichstags- Mandat wurde dieses Mal besonders heftig geführt. Durch die oe- mokratische Sonderkandidatur wurde unser Sieg bei der Hauptwahl verhindert; die Stichwahlen haben dann gezeigt, daß sehr viele demokratische Wähler der Parole der Demokratischen Vereinigung keine Folge leisteten. Aber auch die Freisinnigen können aus ihren Sieg nicht stolz sein. Mit 9 Stimmen Mehrheit behaupteten sie dieses Mandat. Gegen die Gültigkeit dieser Wahl ist wegen ver- schicdener Unregelmäßigkeiten Protest eingelegt worden, der zurzeit in der Wahlprüfungskommission der Prüfung unterliegt. Die Auf- klärungsarbeit und die Kleinagitation müssen unermüdlich fortgesetzt werden, damit bei der nächsten Reichstagswahl auch über Berlin I das rote Banner weht. Die geleistete Kleinarbeit drückt sich in folgen- den Zahlen aus: Es fanden statt 28 öffentliche Versammlungen, 28 Vorstandssitzungcn und 5 Kreiskonserenzen; 159 800 Flugblätter, 48 500 Handzettel und eine größere Anzahl Broschüren gelangten zur Verbreitung. Die Mitgliederzahl ist gegenüber dem Vorjahre um 126 gestiegen. Den Kassenbericht, der gedruckt vorlag, erläuterte Genosse B o l z m a n n. Vereinnahmt wurden einschließlich des übernommenen Kasscnbestandes vom Jahre 1910/1911 9499,06 M.> dem stehen an Ausgaben gegenüber 7636,99 M., sodaß für das neue Geschäftsjahr ein Kassenbestand von 3766,26 M. vorzutragen ist. Für die Reichstagswahlen wurden an Beiträgen und Tellersammlungen 2687,24 M. vereinnahmt, während dieselben 3766,26 M. an Kosten verursachten. Eine Diskussion zum Geschäfts- und Kassenbericht wurde nicht beliebt. Die beantragte Entlastung wurde dem Kassierer«instimmig erteilt. Die Versammlung nahm hierauf die Berichte der P r e ß- k o m m i s s i o n und der L o k a l k o m m i s s i o n entgegen und schritt sodann zur Reuwahl des Vorstandes Dieselbe hatte folgendes Ergebnis: Petermann erster, Schwabedal zweiter Vorsitzender. B o l z m a n n erster, H o p k a zweiter Kassierer, T a p p e r t erster, Genossin Z a d u k zweiter Schriftführer, Revisoren: Genossin Noack, Genosse Schröder und K o w a l d. in die P r e ß k o m m i s s i o n wurde Genosse Zaduk, in die Lokalkommission Genosse Ege, in die Kinderschutzkommission Genossin Richter und als stell- vertretend« die Genossin Cohn delegiert. Als Mitglied des Jugendausschusses wurde Genosse Gimmel gewählt. Nach längerer Debatte wurde sogann ein Antrag auf Entschädigung der Funktionäre mit großer Majorität angenommen. Gleichzeitig wurde beschlossen, ab 1. Oktober 1912 zur Deckung der durch die Entschädi- gung der Funktionäre entstehenden Mehrausgaben einen Extrabci- trag von 10 Pf. pro Quartal von den männlichen und 5 Pf. pro Quartal von den weiblichen Mitgliedern zu erheben. Der Punkt„Stellungnahme zur Vorlage des Verbandsstatuts von Grotz-Berlin " sowie die Bestätigung der Wahl der Delegierten zur Verbandsgeneralversammlung mußten der vorgerückten Zeit wegen vertagt werden. Zweiter Wahlkreis. Aus dem gedruckt vorliegenden Jahresbericht ist zu entnehmen, daß das verflossene Geschäftsjahr ein äußerst arbeits- aber auch erfolgreiches war. Recht günstige Erfolge zeitigten die Stadtverordnetenwahlen der 3. Abteilung. Nur ein Mandat verblieb den Gegnern und das nur mit 32 Stimmen Mehrheit. Bei der ungünstigen sozialen Struktur des zweiten Kreises ein gutes Zeichen. Noch viel schlagender beweist die vergangene Reichstags- wähl die errungenen Erfolge. Wurden im Jahre 1907 für Genossen Richard Fischer 35 286 Wähler gezählt, so diesmal 38 131 von 63 727 abgegebenen Stimmen. Dabei ist ein Minus von zirka 5000 Wahl- berechtigten gegen die Wahl im Jahre 1907 zu berücksichtigen. Ein Erfolg, der nur durch die rührige Arbeit der Parteigenossen und Genossinnen erzielt wurde. Bei der Nachwahl im 2. Landtagswahl- bezirk wurden einige UrWahlbezirke erobert. Im Gegensatz zu den Zahlabenden, deren Besuch sehr zu wünschen übrig läßt, war der Besuch der Fraucnleseabend« sehr er- freulich, wie überhaupt die Agitation unter den Frauen günstig« Erfolge aufzuweisen hat. In 27 Vorstands-, 3 Bezirksführersitzun- gen und 6 Mitgliederversammlungen erledigte der Wahlverein seine Geschäfte. Flugblätter wurden 900 000 verbreitet. An Abonnenten zählt der„Vorwärts" 7200. Am Schlüsse des Jahres 1911 betrug der M i t g l i e d e r b e st a n d: 4747 männliche und 548 weibliche, zusammen 5295. Dagegen 1912: männliche Mitglieder 5136, weib- liche 637, zusammen 5773. Das ergibt ein Mehr von zirka 500 Mit- gliedern.— Gleich günstig ist der Kassenbericht. Einer Gesamteinnahme von 38 689,54 M. steht eine Ausgabe von 37 082,62 M. gegenüber, sodaß ein Kassenbestand von 1606,99 M. verbleibt. Im ersten Halbjahr erscheinen in der Einnahme Mai- fondsmarken im Betrage von 303,50 M., im zweiten Halbjahr 939 Maifondsmarkcn ä 1 M. und 99 ä 50 Pf. In der Versammlung gab Genosse Sch w e m k e Erläuterungen zum Jahresbericht und ging näher auf die Ursachen des Mangel- haften Besuches der Zahlabende ein. Die Fluktuation im zweiten Kreis ist äußerst stark. Die hier herangebildeten Genossen verziehen meist in einiger Zeit nach Vororten, besonders Neukölln. Gustav Schmidt erstattete dann de» Kassenbericht. Eine lebhafte Diskussion fand nach dem vom Genossen Ewald gegebenen Bericht der Preßkommission statt. Ewald betonte, daß das Verhalten des Transportarbeiterver- bandcs dem Verlag„Vorwärts" gegenüber unbillig sei. Er stelle immer da Forderungen, wo die besten Löhne und Arbeitsbedin- gungen schon vorhanden sind, bei den Parteiunternehmen. In den bürgerliche Verlägen, wo im Verhältnis zu uns nur halb so viel Lohn gezahlt und doppelt so viel Arbeit sei, poche er nicht in dieser Art auf sein Recht. Unsere Presse in Berlin und besonders auf dem Lande wird unter diesen Umständen nicht imstande stin, die Blätter so zu liefern, daß sie den Arbeitern erschwinglich sind. Er selbst, sei eifrig bestrebt, den Zeitungsfrauen gute Löhne— 100 Exenkplare 25 M.— zu verschaffen. Ein Tarif in dieser Form sei jetzt auf 4 Jahre mit dem Verbände abgeschlossen. Ein Genosse weist darauf hin, daß bei niedrigen Löhnen die Frauen in Versuchung kämen, ihre Kinder mitarbeiten zu lassen. Die Forderungen des Transportarbeiterverbandes seien recht und billig.— Genossin Z i e tz ist der Meinung, daß es Pflicht eines jeden Verbandes ist, für seine Mitglieder das herauszuholen, was nur irgendwie errungen werden kann. In diesem Falle aber habe nun der Transportarbeitervcrband auch die Pflicht, seine Mitglieder zu verpflichten, für den„Vorwärts" zu agitieren.(Lebhafter Beifall.) Für die Lokalkommission erstattete Genosse Nein« Hardt Bericht. Wie im Vorjahre, so stehen auch dies Jahr dem zweiten Kreis 22 Lokale zur Verfügung. Mit den Leitern der Kammersäle und der Philharmonie war eine Einigung nicht zu er- zielen. � Auf Antrag der Revisoren wird dem Kassierer Entlastung erteilt. In der weiteren Diskussion wünscht der Genosse Ewald mehr die Erörterung unserer Prinzipien, wodurch die Zahlabende inter - essanter gestaltet würden. Genosse Krüger wünscht ausführlicheren Hinweis auf den„Vorwärts", namentlich in den öffentlichen Ver- sammlungen. Ein vom Genossen Ewald begründeter Antrag, die Wahl der Mitglieder für die Parteischule und Vorschläge zum Parteiausschuß nicht durch den Zentralvorstand, sondern durch die Verbandsgeneralvcrsammlung zu wählen, wird angenommen. Mit dieser Aenderung wird das Verbands st atut akzeptiert. Ebenfalls einstimmig angenommen wurde das Kreisitatut.-- Dann findet ein Antrag, der Widerspruch gegen die Be- zahlung der Referenten bei Protcstversamml um» gen erhebt, Annahme. Für die am Sonntag, den 18. August, statt. findende Urwahl wurde eine Vorschlagsliste aufgestellt. Nach An- nähme der Vorschläge für die Zeitungsbeschwerdekommission und Bestätigung verschiedener Bezirksführer schloß Genosse S ch w e m k e die Versammlung. Dritter Wahlkreis. In der gutbesuchten Generalversammlung erstattete der Vor- sitzende Pohl den Geschäftsbericht. Derselbe erstreckte sich nur auf den Zeitraum weniger Monate, indem die ersten Monate des Halbjahres 1912 durch die Wahl- arbeiten ausgefüllt worden seien. Auch nach den Wahlen habe es nicht an Arbeiten gefehlt, denn es sollte das Eisen geschmiedet werden, so lange es heiß war. Unmittelbar nach den Wahlen mußten die Genossen zu Flugblattverbreitungen für den„Vorwärts", für die Parteiorganisation, Genossenschaftsbcwegung, Arbeiterjugend, Maifeier und für den allgemeinen Frauentag in Anspruch ge- nommen werden. Dem neuen Vorstände falle die Aufgabe zu, für eine bessere Ausgestaltung der Zahlabende bestrebt zu sein. Ob das aber gelingen werde, sei zweifelhaft, denn alles, was man ü« dieser Hinsicht empfehle, habe man bereits versucht. Wie es um das angebliche Bedürfnis nach Vorträgen stehe, zeige der schwache Besuch der öffentlich gehaltenen Vorträge. Aus dem Bericht für das ganze zurückliegende Geschäftsjahr hebt Redner folgendes her- vor: Es fanden in der Zeit vom 1. Juli 1911 bis.30. Juni 1912 im ganzen 43 Versammlungen, darunter 9 Komm» nalwähler-, 21 Reichstagswähler-, 3 General-, 7 Volks-, 2 Sonntags- und eine Frauenversammlung im Kreise statt. Flugblätter gelangten im ganzen 15 zur Verbreitung und zwar in einer Gesamtauflage von 587 000. Abonnenten für den„Vorwärts haben wir zurzeit, soweit die Parteispedition in Frage kommt, 3150. Der M i t g l i e- d e r b e sta n d betrug am 1. Juli 1911 2681, und zwar 2389 männ- liche und 312 weibliche. Am 30. Juni 1912 3121 Mitglieder, darunter 2739 männliche und 384 weibliche. Der Verein hat ein« Zunahme von 72 weiblichen und 350 männlichen Mitgliedern. Im Vergleich zu den bei den Reichstagswahlen abgegebenen Stim- men sei die Mitgliederzahl und die Mitgliederzunahme allerdings nicht bedeutend, das komm« aber daher, daß im dritten Kreise die in Großbetrieben beschäftigten Arbeiter nur schwach vorhanden sind. Neu ist die Einrichtung von drei Leseabende für die Frauen- Den Kassenbericht erstattete Genosse H a r n d t. Danach betrugen die Einnahmen seit der letzten Generalversammlung 13 843,57 M., die Ausgaben 11 064,64 M., so daß ein Bestand von 2778,93 M. verbleibt; der Kassenbestand am Beginn des Geschäftsjahres betrug 3984,74 M. Auf Antrag der Revisoren wird dem Kassierer einstimmig die Eni-- lastung erteilt. Die hierauf folgenden kleines feuitteton» Echrift steiler mit Gänsefüßchen. Vor einigen Tagen erst flog wieder so ein Exemplärchen auf, das eine regelrechte Zuchthauswanze gewesen Ivar. Widerhäkchen-Schriftsteller kommen allemal von den besseren Kreisen her: verzogene Muttersöhnchen mit einem Rest schön- geistiger Allüren, die nirgends guttun, zu keiner positiven Arbeit taugen. Man kann verschiedene Sorten unterscheiden. In reichen Fabrikanten- und Börsianerfamilien giebt'S heute fast immer ein Jiingelchen, das fich„Schriftsteller" schimpft und den Ehrgeiz verspürt, sich gedruckt zu sehen. Dies Gigerltum ist noch das unschuldigste. Wenn aber ein verbumnielter Student, ein durchs letzte Examen gefallener „Referendar" oder gar ein weggejagter Offizier auf seine Visiten- karte den Titel„Schriftsteller" drucken läßt, dann ist an die Stelle geckenhafter Eitelkeit, die geineinhin aus eigener Tasche die Kosten zu bestreiten pflegt, das Hochstaplertum getreten, das stets anderen Mit- menschen gefährlich wird. Diese Sorte„Schriftsteller" hat im weiteren Entwickelungsprozeß den Wechsel aufs Strafhaus in der Tasche. Ihr ganzes„schriftstellerisches Talent" besteht gewöhnlich darin, daß sie erpresserische Briefe schreiben, falsche Wechselreiterei betreiben, alle möglichen„Transaktionen" und„Schiebungen" begehen, fortwährend mit dem Aermel das Gefängnis streifen— bis sie der Staatsanwalt und der Kriminalrichter endlich beim Schlafittchen nimmt. ES fiele sehr leicht, hier mit einer hübschen Liste solcher Subjekle aufzuwarten: zumeist Söhne von Ministern, Grafen , Baronen, Industriellen usw., die sich„Schriftsteller" nennen, Gott und alle Welt brandschatzen und, wenn ihr Operationsfeld abgegrast oder ihnen der Boden zu heiß geworden ist, spurlos verduften. Zuweilen bleibe» sie aller- dings in den Maschen des Strafgesetzes hängen. Dann wandern sie eben für einige Zeit hinter die schwedischen Gardinen. Der jetzt aus dem Taubenschlag prozentpatriotischer Gründungen aufgeflogene Rudolf Lencer krönt die Zunft gewerbsmäßiger Gauner. Im Jahrgang 1900 deö Kürschnerscben Lileraturkalenders zeichnet er noch als„Leiter" eines Verlags„Odin " in München ; dito als„Herausgeber " einer„Festschrift zum deutschen Weihnachts - fest". Hernach hat Lencer acht Jahre Zuchthaus wegen Wechsel- fälschungen usw. bekommen. Diese Studienzeit hat ihm genutzt. Als„ S ch r i f t st e I l e r K. Rolf" kam er wieder, um nunmehr leitende Stellungen in acht Unternehmungen eines aus„All- deutschen",„Liberalen ", in- und ausländischen Kolonialspekulanten, „deutschen Orden " und verwandten Geschäftemachern zusammen- gesetzten Konsortium? zu bekleiden, das hinwiederum unter dem Dreispitz diverser„Exzellenzen" nach außen hin ein gesellschaftliches Dekorum wahrt. Und„K. Rolf" hat das Beutemachen gut ver- standen: innerhalb Jahresfrist„annektierte" er 20 000 Enimchen. Zweifellos hätte er diesen seinen Eifer verzehnfacht, wenn ihm Zeit gelassen worden wäre. ES ist nur verwunderlich, daß der Präside des Grobgeschäfts: Freiherr Ferdinand von Ledebur— in„Wer ist's?" steht eine Generalleutnants-Exzellenz dieses Namens verzeichnet— den famosen„K. Rolf" nicht nach seinem wahren Namen und zuchthäuslichen Herkommen gefragt zu haben scheint. Und nocki seltsamer ist. daß die Polizeibehörde, in deren Akten jedenfalls daS„Nationale" des Zuchthäuslers Mudolf Lencer verwahrt lag, den»K. Rolf" als Namenssälscher unbehelligt lassen konnte. Einerlei: Lencer-Rols gewann reichlich Zeit, sicb dünne zu machen und wird jetzt nicht wenig lachen über alle die hohen und höchsten Herrschaften, die ihn, kardial die schmutzige Pfote gedrückt und Schuller an Schulter mit ihm, dem Zuchthaus-Absolventen für Thron und Vaterland gekämpft haben. O ja. ihm wird es Spaß bereiten I Nur die Exzellenzen— die werden nicht lachen. Soll sich mal einer herausnehmen, sich Offizier oder Regierungsrat oder was sonst zu nenne»— ivie haarig würde man dem aufs Dach steigen I Aber als„Schriftsteller" darf jeder schiffbrüchig gewordene Leichtfuß, jeder Strolch und Hochstapler varadieren, ohne daß ihm ein Härchen gekrüinmt wird. An diesem Punkt müßte fortan die Arbeit des„Schutzverbandes deutscher Schriftsteller" ansetze». Er sollte dafür sorgen, daß derlei zweifel- hafteS Gesindel— bloß, weil eS bei patriotischen Geschäfts- Verbrüderungen aller Art am ehesten Unterschlupf und Deckung findet, nicht immer wieder die Reputation eines wahrlich schwer ge- nug um sein Ansehen und seine Existenz ringenden Standes un- gestrast untergraben darf. e. k. Schmuggel. Ueberau an der Grenze zweier Reiche, wo ein hoher Zoll erhoben wird, findet man gewerbsmäßige Pascher, die auf jede erdenkliche Art versuchen, geiperrte Ware» über die Grenze zu bringen oder wenigstens für die nächsten Angehörigen eine» Aus- gleich der Preise zu schaffen. Je höher der Zoll, desto größer auch die Schmuggelei. Der Staat wehrt sich mit aller Kraft gegen sie; doch, obwohl die Strafen hoch sind, finden sich ganze Scharen von Schmugglern in den Grenzorten. Den größten Teil von ihnen stellt der beschniuggelte Staat selbst. Nächtlich komnien die oben- teuerlichen Gestalten mit Sack und Pack über die Grenze und bringen allmählich große Werte steuerfrei ins Land. Vielfach geht ein Täuscher mit heugefülltcm Sack voraus, um die Grenzbeamten vom eigentlichen Trupp abzulenken. Nicht selten aber durchschauen die Beamten den Plan, oder ein Zufall führt sie den Schmuggler» ent- gegen. Wenn diese dann zu weit von der Grenze entfernt sind, oder der Weg ihnen abgeschnitten ist, hilft nur schleunige Flucht. am beste» unter Zurücklassen der Bürde, da die Grenzpolizei ge- wohnlich nur nach denen schießt, die Ware mitzunehmen versuchen. Oft auch gibt'S einen Kamps auf Tod und Leben. In der Stadt wird die Ware zum Durchschnittspreise ver- handelt, wobei immer noch größte Vorsicht geboten ist. Vielen ist ein Ueberschreitcn der Grenze bei Nacht und Nebel, besonders in alpinen Gegenden, zu gefährlich; sie gebrauchen deshalb List. Selten passiert es heute noch, daß ein Kutscher Kohle» über die schwcizerisch-italienische Grenze führt und in der Stadt dann nach etwas Kohle den weiße», billigen Zucker zritage fördert. Lange ist es aber nicht her, da nahn, man einem Krüppel die Krücken weg, da sie aus- gehöhlt und mit Taschenuhren gefüllt waren. Man kann sich wohl auch eine Schiffahrt denken, bei der sämtliche Fahrzengkiele auf wasserdichte Sacharinkästen untersucht werden, weil man einmal an einem leck gewordenen Boot einen solchen fand. Sie ist praktisch unmöglich. Alle Tricks zu durchschauen, vermag schließlich die ge- wiegteste Polizei nicht.— In einer Neujahrsnacht, so erzählte nian mir, luden die Dorsmädchen alle Grenzgendarmen zum Tanz, und während diese sich vergnügten, trugen die Liebsten der listigen Schönen große Mengen Ware über die Grenze.... Hieraus geht hervor, daß neben aller Tragik auch der Humor zum Rechte komnit. r. sp. Notizen. — Direktor Halm vom Neuen Schauspielhaus am Nollendorfplatz ist in Konkurs geraten. Daß es so kommen mußte, war vorauszusehen. Zu den Leidtragenden gehören zahlreiche unter dieser Direktion tätig gewesene Schauspieler, die her- gegebene Beträge von 10 000— 50 000 M. verlieren werden.— Es sollte straffällig sein, wenn ein Arbeitgeber von seinen Arbeit- nehmern Betriebsgelder heischt, ohne feste Garantien für deren Rückerstattung zu leisten. — Parsifal-Schutz-Reden will Hermann Bahr im Laufe des kommenden Winters in viel deutschen Städten halten. So wünscht es der„Parsifal-Schutzbund", hinter dem sich Wagner« Erben in Bayreuth verschanzen. Alle Stimmungsmachereieu für einen Ausnahmeschutzparagraphen werden jedoch nichts helfen. Dia „Villa Wahnsried"- Bewohner nebst ihren paar Dutzend„Getreuer" sind glücklicherweise weder das deutsche Volk noch der deutsch « Reichstag . Also wird es ihnen wohl ähnlich ergehen wie den be- trübten Lohgerbern:— das Vlies Parsifal wird ihren Händen ein- weichen. — Franz Adam Bayerlein, der Autor deS„Zapfenstreich" hat ein vieraktiges Schauspiel„Die Frauen" geschrieben. — Gehorsame Wissenschaft. Auf dem Anthropologen- kongreß in Weimar wollte Professor N e u h a u ß über Schillers Schädel reden. Einer„sehr hochgestellten Persönlichkeit" in Berlin paßte das Thema nicht, offenbar um des freiheitlichen Dichters willen; und auf den„Wunsch" rsots Befehl dieser Persönlichkeit ist der Vortrag unterblieben. — Schillers Gebeine, mit Ausnahme seines Schädels. sollen endlich wieder an der ursprünglichen Begräbnisstätte in Weimar zur Ruhe gebracht Iverden. Nach einem Entwürfe des Stadt- baumeisters Lehrmann wird sich das sogenannte alte Kaffengewölbe über dem ersten Grabe Schillers in einer historischen Form gleich einem kleinen Mausoleum wieder erheben. Hierdurch wird der historisch interessante noch vorhandene Rest deS JakobSkirchhofeS, der u. a. noch die Gräber von Lukas Cranach und Christiane v. Goethe enthält, eine neue Sehenswürdigkeit erhalten. — Eine Sammlung schlesischer Volkslieder, deren Herausgabe geplant wird, hat bis jetzt bereits zahlreiche Lieder ergeben, die etwa insgesamt aus 26 000 Versen bestehen. Dem Musilschriftsteller W. Schremmer ist eS unter anderem gelungen, allein in der Gegend des Eulengebirges auf kleinem Striche 211 Lieder zu sammeln. — Alexander Kiellands, des berühmten Romanschrift» stellerS Sohn, hatte jüngst in zwei Kopenhagener Zeitungen mit der Veröffentlichung der väterlicherseits hinterlasienen„Tagebuchblättcr" begonnen. Infolge Protestes der übrigen Kinder KiellandS wurde die Fortsetzung dieser Publikation eingestellt. — Caruso hat sich zu einem zwölfmaligen Auftreten an der Nationaloper in Buenos Aires (Südamerika ) verpflichtet. Für jeden Abend erhält er 28 000 M. Honorar— wenn'S wahr ist. — Käuferwahnsinn. Pierpont Morgan , der viel- genannte amerikanische Milliardär soll für drei plastische Meister- werke Donatello» angeblich 200 000 Psund(41/« Million Marl) bezahlt haben.
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