Gcwerftfcbaftlicbea. Deutrehes Reich. Zum Streik beztv. Aussperrung in den Brennabor - werken wird uns von der Streikleitung in Brandenburg mitgeteilt, daß im Laufe des heutigen Vormittags Verhandlungen mit der Firma stattfinden. Es ist anzunehmen, daß durch die Verhandlungen die vorhandenen Differenzen durch beiderseitiges Entgegenkommen be- seitigt werden und dami/ der für Brandenburg immerhin große Kampf eine für beide Teile zufriedenstellende Erledigung findet. Behördliche Parteinahme gegen Streikende. Wie bei fast allen seinen Kämpfen, so hat der Verband der Steinsetzer auch bei dem soeben beendeten Steinsetzerstreik in Hannover die Erfahrung machen müssen, daß sich die maß-' gebenden Behörden rückhaltlos auf die Seite der Unternehmer stellen. Seit drei Jahren hatten die Unternehmer in Hannover den Abschluß eines Tarifs abgelehnt Als nun endlich die Arbeiter die günstige Gelegenheit wahrnahmen, um einen Tarifvertrag zu erzwingen, da Haste das städtische Tiefbauamt nichts Eiligeres zu tun, als den bedrängten Unternehmern sofort seine Regie- steinsetzer zur Verfügung zu stellen. Es wurde das aller- dings damit beschönigt, daß das Verkehrsinteresse eine solche Handlung gebiete. Die Unternehmer aber machten in ihrer Herzens- einfalt in ihrem Organ kein Hehl daraus, daß es sich um eine Uuterstützungsaktion zu ihren Gunsten handelte. Aber weiter. Ein Nichtorganisierter Unternehmer hatte den Tarif sofort bewilligt und stellte bei seiner Arbeit auch Streikende ein. Er wurde vom Tief- bauamt aufgefordert, die Streikenden zu ent- lassen— fremde Arbeitskräste könne er einstellen.... Als die Entlassenen, unier denen sich auch einige Leute befanden, die schon vor dem Streik bei dem betreffenden Unternehmer gearbeitet hatten, persönlich das Tiefbauamt aufsuchten, um darauf hinzuweisen, daß der Unternehmer eine größere Arbeit doch schon lange vor dem Streik übernommen habe und daß man sie doch dabei arbeiten lassen könne, wurde ihnen rund heraus erklärt, daß. so lange der Streik dauert, keine Arbeiten in Angriff ge- nommen werden! Diese einseitige Stellungnahme des Magistrats hat allerdings nicht zu verhindern vermocht, daß die Unternehmer nun doch einen Tarif abgeschlossen haben, in dem den Arbeitern ö Pf. Lohnzulage— auf drei Jahre verteilt— zugestanden wurden. Aber d i e Folge dürfte das Verhalten deS Magistrats gehabt haben, daß den Ar- beitern wieder einmal an einem krassen Beispiel gezeigt worden ist. wie es bei fast allen Lohnkämpfen herzugehen pflegt: die Interessen der Unternehmer werden durch die Behörden nach Kräften gefördert den Arbeitern aber wird die Erringung einiger Pfennige Lohn- erhöhung zu vereiteln gesucht, was ja in diesem Falle erfreulicher- weise nicht gelungen ist. Die Lehre, die der Magistrat von Hannover den Arbeitern gegeben hat, ist auch etwas wert. Unternehmerterrorismus. Nach gesetzlichen Maßnahmen zur Einschränkung des Koalitions- rechts schreien die Unternehmer. Dabei tun sie zur Unterdrückung dieses Arbeiterrechts schon unter dem heutigen Gesetz so viel, daß einem reaktionären Gesetzgeber zu tun fast nichts mehr übrig bleibt. — Wie der„Proletarier", das Organ des Fabrikarbeiterverbandes mitteilt, hat eine Arbeitgebervereinigung wieder einmal einen Akt der brutalsten Willkürherrschaft verübt, wie nachstehendes Schreiben beweist: Schönebeck a. d. Elbe , den 23. Juli 1S12. Vertraulich. P.?■ Die Sächsisch- Thüringische Portlandzementfabrik Schöne- beck a. d. E. teilt uns mit, daß nachstehend aufgeführte Arbeiter plötzlich die Arbeit niedergelegt haben und bittet uns, diese Leute vierzehn Tage im Verbandsbezirk auszusperren.(Folgen die Namen von zehn Arbeitern.) Wir bitten Sie. dem Wunsche genannter Firma nachzukommen und zeichnen hochachtungsvoll Arbeitgebervereinigung von Schönebeck und Umgegend. I. V.: Dr. Max Pllckert. Es handelt sich hier nicht um Streikende, sondern um mehrere Arbeiter, die nur deshalb aufhörten, um sich bessere Arbeits- stellen zu suchen. Das ist aber für den Arbeitgeberverband ein Verbrechen, welches mit einer vierzehntägigen Hungerkur bestraft werden muß. Und solche Leute schreien über TerrorismuS der Arbeiter. Gewerkschaftshaus in Stolp . Die neu gegründete Erwerbs- genossenschast„Volkshaus" in Stolp in Pommern erwarb für 60 000 Mark eine in Konkurs geratene Wollgarnspinnerei zwecks Errichtung eines Gewerkschaftshauses. Jetzt sind in Pommern vier� Gewerkschaftshäuser vorhanden und zwar in Stralsund , Stettin , KöSlin und Stolp . Husland. Eine Folge des Züricher Generalstreiks. Eine Folge hat der Züricher Generalstreik vom 12. Juli bereits gehabt, nämlich die endliche Fertigstellung des von der Kantons- regierung schon im Jahre 1906 für die.mächste Zeit' in Aussicht gestellten Gesetzentwurfes füo die Schaffung eines kantonalen Einigungsamtes. Auch damals waren große wirtschaftliche Kämpfe in der Umgebung der Stadt Zürich der regierungsrätlichen„Ver- heißung" vorausgegangen, deren Erfüllung nun volle sechs Jahre gedauert hat. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht insofern obligatorische Einigungsämter vor, als er den Erscheinungs- und Verhandlungs- zwang statuiert, aber auch den Amtszwang zur Annahme der Wahl in das Einigungsamt. Als zu schlichtende Kolleklivstreitigkeit wird jeder Konflikt angesehen, an dem ein Betriebsinhaber und mindestens 10 in einem solchen Betriebe beschäftigte Arbeiter beteiligt sind. Im „öffentlichen Interesse" kann die Regierung die Durchführung des Einigungsverfahrens auch dann anordne», wenn an dem Konflikt weniger als 10 Arbeiter beteiligt sind. In Konsequenz der Fiktion, daß die Arbeiter der öffentlichen. Betriebe kein Streikrecht haben, werden die Betriebe des Bundes, der Kantone und der Gemeinden von der Anwendbarkeit des Gesetzes ausdrücklich ausgenommen. Der Züricher Kantonsregierung ist es also mit ihrem Einigung?- amt zur möglichsten Berbütung von offenen wirtschaftlichen Kämpfen Ernst. Man sieht, wie stark ihr der Geileralstreit auf die Nerven gefallen ist. Aber noch hat sie ihren Gesetzentwurf nicht unter Dach. Er kann von den bürgerlichen Parteien schon im Kantonsrat ab- gelehnt oder aber in der folgenden Volksabstimmung verworfen werden. Was die llnternehmer wollen, das ist das absolute und glatte Streikpostenverbot und daneben volle Bewegungsfreiheit für sich, die ihnen auch gestattet, jede Unterhandlung mit den Arbeitern direkt oder vor einem Einigungsamt� abzulehnen und die Arbeits- bedingungen im Betriebe einfach selbstherrlich zu diktieren. Die Arbeiterschaft Hot zu dem Entwurf noch nicht Stellung ge- nommen._ Aus der französischen Gewerkschaftsbewegnng. Im Jahre 1908 beschloß das Pariser Gewerkschaftskartell die Erhebung eines regelmäßigen Extrabcitrages zur Errichtung eines Gewcrkschaftshauses,'»n, von der städtischen Arbeilerborie unab- hängig zu werden. Statt der erwarteten halben Million und aber infolge der Saumseligkeit vieler Gewerkschaften erst 120 000 Frank zusamm ngekommen. Doch hofft man, bald mit dem Bau,_ der ans Berantw Redakteur Biber« Wachs. Berlin . Inseratenteil verantw.t dem Gelände des alten„HauseS der Verbände' errichtet werden soll, beginnen zu können. Alle französischen Gewerkschaften betreiben seit geraumer Zeit eine energische Agitation gegen den Alkohol- und übermäßigen Weingenuß. Die schriftliche Agitation in der Arbeiterpresse wird durch recht wirkungsvolle Illustrationen ergänzt. Nachdem schon vor einigen Jahren die Unternehmer der Bau- und Metallindustrie starke Organisationen, nach dem Muster der deutschen Scharfmacher, zur Bekämpfung der Gewerkschaften schufen — wodurch die letzteren zur Beschleunigung ihres vorher recht lang- samen Konzentrationsprozesses gezwungen worden waren—, ist jetzt durch den großen Jndustriellenverband eine Streikentschädigungs- gesellschast gegründet worden, der schon zahlreiche Unternehmer- organisalionen beitraten. Das wird nicht wenig zur Verbesserung der Organisationsform unserer französischen Arbeitsbrüder beitragen. Hus der Frauenbewegung. Freibabe des Sonnabend-Nachmittag. Die Arbeiter schutzgesetzgebung hat sich in Deutsch - land bekanntlich sehr langsam entwickelt. Das wenige, was erreicht worden ist, haben wir nur der unermüdlichen Tätigkeit der sozial- demokratischen Reichstagsfraktion zu verdanken. Gleich in der ersten Session des Norddeutschen Reichstages, im Herbste 1867, be- mühte sich der Sozialdemokrat Schweitzer, ein von ihm ausgear- beitetes Gesetz zum Schutze der Arbeit gegen das Kapital zur An- erkennung zu bringen. Diese Bemühungen scheiterten daran, daß Schweitzer nicht einmal die zur Einbringung des Entwurfs erfor- derlichen 15 Unterschriften bei den bürgerlichen Abgeordneten er- hielt. An der Beratung der Gewerbeordnung 1869 beteiligten sich unsere Abgeordneten durch Einbringung von Verbesserungsanträgen. Einige, so die von Bebel begründete Beseitigung der Arbeits- bücher für erwachsene Arbeiter, ging durch. Ihre Anträge auf B e- schränkung der Frauen und Abschaffung der K in- derarbeit gelangten nicht zur Annahme. Das fortgesetzte Drän- gen der Sozialdemokratie führte im Jahre 1873 zu der Forderung des Reichstags auf Vornahme einer Enquete. Im Jahre 1877 wurde eine Enquete über Frauen- und Kinderarbeit in den Fabriken vor- gelegt. Am 11. April 1877 legte die sozialdemokra- tische Fraktion einen umfassenden Arbeiter- schutzgesetzentwurf vor, der u. a. für Arbeiterinnen und Jugendliche unter 18 Jahren den Achtstundentag, eine R e- gelung der Pausen, Verbot der Nachtarbeit für Arbeiterinnen und der Beschäftigung von Arbeiterin- nen auf Hochbauten und bei Arbeiten unter der Erde, Verbot der SonntagSarbeit und Wöchne- rinnen schütz verlangten. Durch eine Gewerbeordnungsnovelle wurde im Jahre 1873 aber neben der obligatorischen Einführung der Fabrikinspektion im wesentlichen nur erreicht, daß der Bundes- rat ermächtigt wurde, bestimmte Arten von Beschäftigungen Frauen und jugendlichen Arbeitern aus Rücksichten der Gesundheit und Sittlichkeit zu verbieten. In der Session 1884/85 wurde abermals von der sozialdemokratischen Fraktion ein auch die Frauen- und Kinderarbeit betreffender Arbeiterschutzgesetzentwurf vorgelegt und in den folgenden Sessionen wiederholt. Am 3. Dezember 1886 be- antragte die sozialdemokratische Fraktion unter anderem neben dem Achtstundentag für Frauen Schluß der Arbeitszeit in Fabriken an Sonnabenden und Vorabenden von Festen fiir verheiratete Frauen und Witwen um 12 Uhr mittags. Der Reichstag entschloß sich im Jahre 1887 nur zur Forderung des Verbots einer Beschäfti- gung von Arbeiterinnen in Fabriken nach 6 Uhr abends. Und auch diese Forderung lehnte der Bundesrat ab. Im Mai 1890 brachte die sozialdemokratische Fraktion aber- mal? einen, auch die alten Forderungen für Arbeiterinnen enthal- tenden Arbeiterschutzgesetzentwurf ein. Einiges aus demselben ge- langte in der Gewerbeordnungsnovelle von 1890/91 zur Annahme. Diese Abschlagszahlungen bestanden, soweit Arbeiterinnen in Frage kommen, im wesentlichen in einem vielfach durchlöcherten Verbot der Nachtarbeit, in elf stündige rMaximalarbeits- zeit für Arbeiterinnen. Schluß der Fabriken am Sonnabend und den Vorabenden von Festtagen um 5�4 Uhr. Freigabe des Sonnabend-Nachmittag erfolgte noch nicht. Diese wurde neben dem Ächtstundentag und anderen Forderungen zugun- ten der Arbeiterinnen auf dem sozialdemokratischen Parteitag zu Hannover im Jahre 1899, auf der Mainzer Frauenkonferenz und im Reichstag von der sozialdemokratischen Fraktion verlangt. In der Gewerbeordnungsnovelle vom Dezember 1908 wurde Ausdehnung des Verbots der Nachtarbeit auf die Zeit von 8 Uhr abends bis 6 Uhr morgens, Gebot einer ununter- brochenen Ruhezeit von mindestens 11 St u n d e n, Herabsetzung der Höchstarbeitszeit der Arbeiterinnen von 11 auf 10 Stunden und für den Sonnabend auf 8 Stunden, Arbeitsschluß am Sonnabend um 5 Uhr, Ausdehnung des Wöchnerinnenschutzes auf 8 Wochen, Verbot der B e s ch ä f- tigung von Arbeiterinnen in Kokereien, bei dem Transport von Materialien bei Bauten uird im Bergbau über Tage(mit Ausnahmen) erreicht. Ein allgemeiner Achtstundentag war ebensowenig wie die Frei- gäbe des' SonnabendnachmittagS für Frauen zu erreichen.� Ein Eeisinniger Volksparteiler, der Abgeordnete Mantz, begründete einen ablehnenden Standpunkt wie folgt:„Ich habe mich in der Kommission auch in dem Sinne ausgesprochen, daß ich es für wün- 'chenswert halte, wenn wir nach und nach zu einem freien Sonn- abend-Nachmittag kommen.... Ich muß aber behaupten: Ein großer Teil unserer Arbeiter weiß mit dem Sonnabend-Nachmittag nichts Rechtes anzufangen, wir müssen erst mit der Zeit dazu kom- men, und zwar schrittweise. Sonst werden die Frauen unserer Arbeiter Ihnen Vorwürfe machen, wenn die Männer am Sonn- abend-Nachmittag beschäftigungslos sind."(!) Wo selbst ein frei- änniger Volksparteiler einen so bemitleidenswerten Standpunkt vertrat, da brauchten die Blauen und Schwarzen sich zur Ablehnung solcher Anträge nicht groß anzustrengen.| Hiernach bleibt also die Forderung: Freigabe des Sonnabend- Nachmittag bestehen und hoffentlich gelingt es mit Hilfe der Ge- werkschaftcn, dem gesteckten Ziele näher zu kommen. DaS Errun- qene dann gesetzlich zur Anerkennung zu bringen, dafür mühte die sozialdemokratische Fraktion im Reichstage Sorge tragen. Der Freigabe des Sonnabend-Nachmittag Iburde besondere Auf- merksamkeit auf dem Verbandstage der Textilarbeiter ge- chenkt. In einem längeren Referat wurde die Notwendigkeit dieser Forderung begründet und dieselbe dann als ein Kampfziel des Ver- bandcs aufgestellt. Auch die Verbandstage der Holzarbeiter und der Schuhmacher nahmen eine Resolution an, in der die Freigabe des Sonnabend-Nachmittag gefordert wird, ohne daß jedoch deshalb an den anderen Wochentagen die Arbeitszeit verlängert werden darf. Von den Unternehinern können sich viele immer nock nicht daran gewöhnen, selbst die heutigen minimalen gesetzlichen Bestim- mungen zu beobachten. Sehen wir uns die Berichte der Gewerbe- inspektionen für 1911 an, so finden wir das bestätigt. Auch wegen Uebcrtretung der die Arbeitszeit an den Sonnabenden regelnden Bestiminungen für die Arbeiterinnen mutzten nach den Gewerbe- inspektionsberichten eine ganze Anzahl Bestrafungen erfolgen. Würden alle Betrieb? revidiert worden sein und würden mehr Frauen zur Gcwerbcinspcktion herangezogen, dann würde eine genauere Kontrolle bezüglich Einhaltung der Arbcitersckntzbestim- mungen erfolgen können. Daß vielfach nur der gute Wille der Unternehmer fehlt, die Arbeitszeit an den Sonnabenden weiter zu verkürzen, e«gibt sich indirekt ebenfalls aus den Berichten der Ge- werbeinipektionen. Nach dem Casseler Bericht wird schon mehrfach mit ver- kürzten Pausen von 6 Uhr früh bis mittags 2 Uhr gearbeitet. Diese Regelung konstatiert auch der B r e s l a u e r Bericht, und dann wird in demselben noch hinzugefügt, daß sie sich bewährt habe. Nehmen wir diese Regelungen als Abschlagszahlungen an auf die im Interesse der Arbeiterinnen, namentlich aber der ver- h eirateten Frauen, weiter zu erhebende Forderung: Frei- Ib Glocke. Beri-n. �ruck u Verlaa Vorwärts Buckdr.u Verlagsanitolt gäbe des Sonnabend-Nachmittag? für alle Ar- beiterinnen!_ Reaktion in Preußen. Fräulein Dr. Engel-ReimerS, einer tüchtigen Nasionalökonomin (sie wurde weiteren Kreisen durch ihre Arbeit über die„Berliner Pantinenarbeiter" und durch ihr Buch über die„Zustände im Schau- spielerinnenstande" bekannt), ist es abgesagt worden, sich in Berlin an der Universität als Dozentin niederzulassen. Die deutschen bürgerlichen Frauenrechtlerinnen werden mal wieder mit Recht Ach und Weh über die preußischen Univcrsitätsverhältnisse schreien. Bemerkt doch sogar der„Lokal-Anzeiger", und das will etwas heißen,„dann müssen diese deutschen Frauenkräfte ins Ausland gehen oder die Hände in den Schoß legen". Uns Sozial- demokraten, die wir die sogenannte E n t s e tz u n g sozialistischer Privatdozenten miterlebt haben, wundert diese Reaktion nicht. Nicht viel gefährlicher erscheint es uns, wenn der Präsident des „Bundes zur' Bekämpfung der Frauenemanzipation', Professor Dr. Sigisinund-Weimar, ganze Volksschichten gegen die an der Post,' an der Eisenbahn und in anderen staatlichen Berufen tätigen tüchtigen deutschen Beamtinnen aufzuwiegeln versucht. Sein Artikel: „Frauenbewegung und Beamtentum" in der„Monatsschrift für deutsche Beamte" läßt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.„Nur mit Trauer und Entrüstung", schreibt er dort,„kann der Volksfreund lesen, daß die Reichspost beschlossen hat. bei den Postämtern dritter Klasse über 8000 männliche Beamte durch Frauen zu er- setzen, um acht Millionen im Jahre zu ersparen. Um eines kümmerlichen Augenblicksnutzens willen werden 8000 Ehe- möglichkeilen ertötet, und das in einer Zeit, wo die Zahl der Heiraten in besorgniserregender Weise abnimmt und die Geburten- ziffern stark fallen I Wie stellt sich deshalb das Beamtentum zu unserem Bund?" fragt er weiter und packt die allerältesten Kamellen aus:„Das Beamtentum kann nur auf dem Boden der Männlichkeit gedeihen l".„Frau und Beamter sind innere Widersprüche!',„Der Beamte muß objektiv sein, die Frau ist subjektiv!'„Er denkt mit dem Kopfe, sie mit dem Herzen I' Und dann die Hauptsache: „Wenn der Staat Frauen anstellt, muß er sie auch befördern, sie könnten dann Borgesetzte von Männern werden!"„Der Mann ist der Stärkere, die Frau die Schwächere, ergo muß der Mann herrschen und die Schwache führen und leiten!" Warum herrschen die Athleten denn nicht über die Professoren? Wir sind gewiß die schärfften Gegner jeder Lohndrückerei durch Frauen. Aber bei Prof. Sigismund liegt doch der Frauenhaß so dick zutage, daß man ihn mit einem Holzschuh fühlen kann. Fragt sich nur: Ist das ganze deutsche Beamtentum noch so rückständig, daß es solche Artikel geduldig verschluckt? Oder haben die deutschen Beamtenfrauen und deutschen Beamtentöchter ihre Männer und Väter schon gegen Sigismundsche Saat gefeit? Ein weiblicher Professor in Baden— so wirb die bürgerliche Frauenpresse jubelnd melden. Bekanntlich erhalten Oberlehrer höherer Lehranstalten nach einer bestimmten Anzahl von Dienstjahren den Titel Professor. Dieses Heil ist jetzt einer Frau in Mannheim widerfahren._ Hetzte Nachrichten* Die Balkanwirren. Wien , 14. August. (W. T. B.) Die„Neue Freie Presse" meldet: Der Minister des Aeutzern, Graf Berchtold , habe die Initiative ergriffen, um einen Meinungsaustausch darüber herbeizuführen, daß einerseits das gegenwärtige türkische Regime die Interessen der anderen Balkanvölker entsprechend berücksichtigen soll, und daß andererseits die Balkanvölker ihre Postulate an die Pforte mit den tatsächlichen'Verhältnissen in Uebereinstimmun« hringen mögen. Zum bulgarisch -türkischen Zwist. Sofia , 14. August. (Meldung des Wiener K. K. Tel.-Korr.- Bureau.) Nach Informationen an zuständiger Stelle hat die bul» garische Regierung an die Großmächte das Ersuchen gerichtet, ihren Schritt in Konstantinopel auf Untersuchung der Greueltaten in Kotschana und Bestrafung der Schuldigen zu unterstützen. Bisher ist von den Mächten der Tripeleutente eine zustimmende Antwort eingelaufen. Demonstrationsstreik in Ungarn . Budapest , 14. August. (P.-T.) Die Sozialdemokraten von Nagyenhed haben für morgen einen 24stündigen Streik prokla- miert und lassen in scharfem Ton abgefaßte Flugblätter verteilen. In der Stadt selbst herrscht große Unruhe. Von der Polizei wird jeder verdächtige Fremde beobachtet. Ursache de? Streiks ist das morgige Eintreffen des Ministerpräsidenten K h u e n, der seinen Rechenschaftsbericht erstatten will. 100 Mann Gendarmerie» sowie starke Militärabteilungen sind herangezogen, um jede Ruhe- störung sofort zu unterdrücken. Eine Versammlung, die für morgen von der Unabhängigkeitspartei einberufen worden war, wurde behördlich verboten. Noch ein Veto Tafts. Washington , 14. August. (W.T.B.) Präsident Taft legte sein Veto gegen die Bill über den Stahlzoll ein unter der Begrün- dung, daß sie dem Schutze der amerikanischen Industrie nicht Rech nung trage._ Greueltaten der mexikanische« Rebellem Mexiko, 14. August. (P.-C.) Die Stadt I x t a p a n ist in die Hände der Rebellen gefallen. Eine Schar von 1000 Mann überfiel die Stadt, plünderte sie und steckte, sie in Brand, nachdem sie unter der Bevölkerung ein furchtbares Blutbad angerichtet hatte. Es spielten sich wahre Schreckensszenen ab. Männer wurden unter furchtbaren Folterqualen zur Herausgabe ihres Geldes gezwungen. Frauen wurden geschändet und Kinder vor den Augen ihrer Mütter in die brennenden Häuser geworfen. Ueber 300 Personen beiderlei Geschlechts wurden bei dem Massaker getStet. Die zur Hilfe herbeieilenden Regierungstruppen wurden in die Flucht geschlagen. Auch die Städte Coatepec und HarinaS sollen in die Hände der Rebellcw gefallen sein. Bei der Lehrsahrt verunglückt. Hirschberg (Schlesien), 14. August. (P--C.) Ein mit sieben Personen besetztes Automobil ist auf einer Lehrfahrt bei Landeshut verunglückt. Zwei Chauffeurlehrlinge und eine Dame wurden ge- tötet. Die übrigen vier Personen wurden erheblich verletzt. Vier Arbeiter ertrunken. Kremsier , 14. August.(P.-C.) Bei den March- Regulie- r u n g s a r b e i t e n in der Nähe von Kremsier ereignete sich ein schweres Unglück. Ein mit 11 Arbeitern besetztes und mit Sand beladenes Boot stieß an einen Brückenpfeiler und kenterte, so daß die Insassen ins Wasser fielen. Sieben von ihnen konnten sich retten, vier ertranken.__ Aus dem New Aorker Korruptionssumpf. New Aork, 14. August. (H. B.) Unter den höheren Polizei- beamten herrscht jetzt eine wahre Panik, weil die Banken dem Staatsanwalt Auskunft über ihre Depositen geben. Becker hat bei der Bank in acht Monaten 58 845 Dollar deponiert. Er hatte außerdem Depositen bei fünf �anderen Banken in Höhe von 200 000 Dollar sowie zwei Stahlfächer, in denen Staatspapierc auf- bewahrt wurden. Die Inspektoren sind durch die neuesten Ent- hüllungen blohgestellt.__ PaulStngecft 60., Berlin SW. Hierzu 2 Beilagen n. UnterhaltungSbl.
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