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Nr. 253.

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Berliner Volksblaff.

29. Jahrg.

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Telegramm- Adresse: ,, Sozialdemokrat Berlin".

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69.

Fernsprecher: Amt Morikplatz, Nr. 1983.

Hände weg!

Dienstag, den 29. Oktober 1912.

Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt Moritplah, Mr. 1984.

Der Kampf um das Erbe der Türkei !

Regierung die Bewahrung strittester Neutralität und absoluter Nichteinmischung verlangen. Die Die bulgarischen und serbischen Kanonen verrichten ihr Abenteuerlust der österreichischen Regierung muß durch die Werk. Blutströme fließen und fließen. Zerstückelte Menschen- bestimmte Erklärung gedämpft werden, daß Deutschland nicht Teiber, zerfetzte Hände und Beine und Köpfe bedecken die weiten daran denkt, auch nur die Knochen eines einzigen Arbeiters Schlachtfelder. Der Massenmord rast und so entseßlich sind die zu opfern, um den österreichischen Balkanplänen Hilfe zu Opfer, daß weder Sieger noch Besiegte die furchtbare Zahl leihen. Das deutsche Volk geht der Balkan nichts an und es würde es als unerträglich es Brauchen wir noch zu sagen, daß, wenn ein Mittel in Verbrechen empfinden, wenn sein Gut und sein Blut für unferer Verfügung stünde, diefen entsetzlichen Greueln Einhalt zu fremde Zwecke eingesezt würde.

zu nennen wagen.

Neuen Entscheidungen entgegen.

Es ist ein stattliches Gebiet, das die Türken den Heeren der Balkanstaaten überlassen haben. Vom Sandschat, in dem Serben und Montenegriner sich vereinigt haben, an den Grenzen Serbiens und Bulgariens entlang bis zur Küste des Schwarzen Meeres , auf einem Landstreifen von 40 bis 50 Stilometer Breite haben Serben und Bulgaren nach zwei­wöchentlichem Vormarsch festen Fuß gefaßt. So wenig an sich gegen das Prinzip der Defensive einzuwenden wäre- am wenigsten von uns, deren Milizforderung auf diesem tun, wir alles täten, um es anzuwenden? Aber noch hat Der französische Ministerpräsident hat Sonntag in Nantes Prinzip zum Teil mit beruht so sehr zeigt sich, daß die das Proletariat, das den Krieg haßt und den Frieden will, eine Rede gehalten, aus der trotz aller Verklausulierungen der türkische Heeresleitung außerstande war, dieses Prinzip ihn überall und unter allen Umständen will, nicht die große Ernst der Situation hervorgeht. Herr Poincaré hat energisch durchzuführen. Ließ man den Feind schon über Macht. Die herrschenden Klassen Europas aber haben diesen von einem fortgesetzten Meinungsaustausch der Mächte ge- die Grenze kommen, so hätte die serbische Offensive doch in Höhe von Pristina zum Stehen gebracht werden, Krieg nicht zu verhindern vermocht, und wenn ihre Diplo- sprochen und von der Möglichkeit, daß eine Vermittelung bald die bulgarische aber auf der Linie Adrianopel- Kirttilissa matie jest wieder geschäftig am Wert ist, wir bringen den erfolgen könne. Aber selbst dieser Minister, dessen Kund- abgeschlagen werden müssen. Das wäre nicht nur aus mili­Geschäftsführern der kapitalistischen Interessen, die sich wie die gebungen von einem durch die Tatsachen immer wieder wider tärischen, sondern auch aus politischen Gründen unbedingt Raubtiere gegenseitig belauern, kein Vertrauen und feine Hoff- legten Optimismus Zeugnis ablegten, hat diesmal darauf notwendig gewesen. Was die türkische Armee jekt tut, iſt nung entgegen. verzichtet, von der Einigkeit Europas zu sprechen und zu sagen nicht das Resultat einer überlegenen Runttatorstrategie, Die Kanonen haben nicht nur Festungsmauern nieder- unterlassen, daß der Meinungsaustausch zu irgend einem sondern ein durch den Druck der Ereignisse aufgezwungener gelegt und blühende Menschenleiber in unkenntliche Fleisch. günstigen Resulat geführt hat. Dagegen hat er mit großem Rückzug auf allen Linien. Dieser Rückzug mag an ber­flumpen verwandelt, sie haben auch die berühmte Formel für Nachdruck die französische Bündnistreue Rußland und England schiedenen Punkten wieder zum Stehen kommen, es mag noch die Einigkeit Europas " vernichtet. Der Status quo gegenüber betont. Weder Rußland noch England sind aber berzweifelte Stämpfe geben, aber auf türkischer Seite müßten. Wunder der Tapferkeit und der Feldherrnkunst geschehen, wenn existiert nicht mehr, und die Wiederherstellung des dem Balkan gegenüber uninteressiert und die Betonung der das in der ersten Striegsepoche infolge Direktionslosigkeit und früheren Zustandes, den die Diplomaten zwar nicht wollten, aber Bündnistreue in einem solchen Momente kann nur bedeuten. Desorganisation Versäumte wieder gut gemacht werden sollte. zu wollen borgaben, ist zur völligen Unmöglichkeit daß der alte Gegensatz zwischen Dreibund und Tripelentente Große Stämpfe werden heute nicht gemeldet. Das ist er­geworden. Die Balkanstaaten haben große Teile türkischen Ge- auch in der Drientfrage der Herrschende geblieben ist. So flärlich. Ein Teil der bulgarischen Armee ist jetzt mit der bietes bereits im Besik, und sie beginnen damit, es unter ihre tut sich schon am Beginn der erneuten Interventionsversuche Einschließung und Beschießung Adrianopels eigene Verwaltung zu stellen und dort ihre staatliche Macht der alte Abgrund von neuem auf, der zwischen den kapitalisti- beschäftigt. Die Hauptmacht aber wird jekt in Gewalt­märschen in Front und Flanke der zurückgehenden Türken auszuüben. Von allen Seiten sind sie im unaufhaltsamen schen Mächten flafft. Bordringen begriffen, und die Widerstandskraft der Türkei ist Deswegen hat das europäische Proletariat mit den Inter- borgehen und sie zu einer Entscheidung zwingen. Der bul­bernichtet. Das türkische Heer scheint demoralisiert, die Truppen ventionsversuchen der Diplomatic, die imperialistischen Motiven garische Vormarsch wird durch die vom Herbstregen grundlos gewordenen Wege erschwert; den bulgarischen Bataillonen schwierig und zum Teil unzuverlässig. Das Heer war die entspringen und imperialistischen Zwecken dienen, nichts zu werden ungeheure Marschleistungen zugemutet, vor allen denen einzige Stütze des innerlich längst morschen Reiches und die tun. Wir wollen feine Intervention und die die die türkischen Flügel bei Lule- Bourgas und Dimotika um­Gewalt das einzige Mittel, eine innerlich längst zermürbte Großmächte haben nicht den geringsten Anspruch auf Kompen- zingeln sollen. Fremdenherrschaft aufrechtzuerhalten. Jetzt ist diese Gewalt zerstört fationen. Und wenn Herr Bassermann die alberne und unter Die Serben, die durch die Besetzung von Uesfüb einen und der Verfall der Türkei erscheint nicht mehr aufzuhalten. Weiß den jezigen Umständen gewissenlose Phrase wagt, daß Deutsch - wichtigen strategischen Punkt beherrschen, werden ebenfalls man doch nicht einmal, ob nicht schon der nächste Tag zu land hinter dem befreundeten Desterreich stehen müsse, so er einige Tage brauchen, um ihre auseinander gezogenen Heeres­neuen Niederlagen nicht auch innere Empörungen und Meu- flären wir mit allem Nachdruck: Das deutsche Voir teile zu einem weiteren Vorstoß im Vardartale in Richtung will von österreichischen Räubereien auf dem auf Saloniki zu konzentrieren. Auf diesem Kriegsschauplatz Und da kommen nun die Diplomaten und wollen inter - Baltan ebenso wenig etwas wiffen, wie bon wie gar nichts bekannt. Ausschlaggebend wird hier auch das ist über Stellung und Absicht der türkischen Truppen so gut venteren! Diese Intervention bebeutet, aber in Wirklichkeit irgendwelchen anderen. Der Balkan gehört Verhalten der Albanesen sein, auf die die Türken jetzt kaum die Heraufbeschwörung der ernstesten Ge­ernstesten Geden Baltanvöltern!

tereien fünden wird.

fahren. Es ist eine Lüge, wenn die europäischen Staats- Und das internationale Proletariat wird all seine Macht männer immer wieder versichern, daß sie nur den Frieden aufbieten, um seinen Friedenswillen zur Geltung zu bringen. wollen und darin einig sind. In Wirklichkeit entfesselt der Das beweist uns der Beschluß des Internatio­Was seine Zusammenbruch der Türkei alle imperialistischen Raub- nalen Sozialistischen Bureaus. instinkte. Stüde von der Türkei möchten die Großmächte alle Wortführer in Brüssel beschloffen, den Kampf gegen die haben. Die diplomatischen Verhandlungen sind nichts anderes Kriegsgefahr mit aller Energie, aller unermüdlichkeit und als Verhandlungen über den Beute anteil, und allem Nachdruck zu führen, diesen Beschluß werden die Ar­darin besteht die Gefahr, daß diese Verhandlungen scheitern können und daß dann die Fortseßung der Diplomatie die Generäle übernehmen. Insbesondere ist es der Gegensatz, in den Desterreich zu den siegreichen Baltanstaaten und damit zu Rußland geraten ist, der jeden Augenblick zu den ernstesten Komplikationen führen kann. Denn ein aktives Vorgehen Desterreichs würde auch Rußland auf den Plan rufen.

beiter aller Länder auszuführen wissen. Und diese prole tarische Intervention ist die für die Erhaltung des Friedens allein wirksame und bedeutsame.

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Eine Kundgebung der Internationale. Brüssel , 28. Oktober. ( Privattelegramm des Deshalb kann man den europäischen Diplomaten nur zu- Vorwärts".) Das Internationale Sozialistische Bureau rufen: Hände weg! Der Balkan ist kein Objekt für Eure trat am Montag zu einer Zagung zusammen, an der alle Naubzüge und die internationale Sozialdemokratie, die in den Mitglieder außer Bebel, Guesde und den Delegierten der westeuropäischen Staaten die Wortführerin der überwältigen- Baltanstaaten teilnahmen. den Mehrheit der Bevölkerung ist, verwirft mit Abscheu jeden Die Diskussion über die internationale Lage ergab eine Gedanken einer friegerischen Beteiligung an der Lösung des völlige Uebereinstimmung namentlich darüber, daß eine inter­Balkanproblems. Die Arbeiter haben keine Luft, sich um nationale Attion gegen die Ausdehnung des kapitalistischer Interessen willen, um das Ausbeutungsfeld des Strieges dringend nötig ist. Zu diesem Zwecke wird ein Großkapitals zu erweitern und seine Macht zu stärken, auf den Schlachtfeldern hinmetzeln zu lassen. Der Baltan Manifest erlassen,

noch sicher rechnen können.

Oeftlicher Kriegsfchauplatz.

Die Operationen der bulgarischen Armee. Wien , 27. Oktober. Der Kriegsberichterstatter der Reichspost" meldet aus dem Hauptquartier der bulgarischen Ostarmee: Die im Zuge befindlichen Operationen der bul­garischen Oftarmee zielen auf Einschließung der an der Marika und auf dem Rückzug über den Ergenefluß befind­lichen türkischen Streitkräfte hin. Der Vormarsch der Armee des Generals Dimitriew gegen den Ergenefluß erfolgt in sehr breiter Form. Der rechte Flügel geht beider­seits der Linie Jenidze- Baba- Eski, eine westliche Kolonne auf Havsa vor. Das Gros hat hier bereits die Linie Jeniköj­Havja erreicht. Die mittlere Kolonne, die im Anmarsch gegen die Linie Baba- Eski- Lüleh- Burgas begriffen ist, war durch den Widerstand von Kirkkilisse aufgehalten, hat aber nunmehr die Gegend von Kavaklü und die Waldzone südlich von Kirk­filisse erreicht. Die Kolonnen des linken Flügels führen nach vollständiger Zersprengung der von Kirkkilisse zurückflutenden türkischen Besatzungstruppen in Gewaltmärschen eine große Schwenkung über Bunar Hisar, Visa und Marasch gegen die Linie Lüleh Burgas- Corlu durch und sollen morgen schon in der Flanke der türkischen Hauptkraft stehen. Von dem das eine aus Kautsky , Jaurès , Gros der türkischen Armee, das nach der Schlacht von Kirk­gehört den Balkanvölkern und so sehr wir die Vaillant, Haase, Rosa Luxemburg und Viktor Adler bestehende tiliffe den Rückzug in südlicher Richtung auf Baba- Eski und friegerische Lösung verabscheuen, in die die Dynastien diese Vökler Kommission redigieren wird. Einstimmig beschloß das Inter - Lüleh Burgas antrat, befinden sich noch bedeutende Streit­getrieben haben, so wenig sind wir gewillt, für die Storrekturen, nationale Bureau, möglichst bald und spätestens bis 1. Januar fräfte nördlich der Bahnlinie. Bei Corlu- Kartiköj und die die Großmächte vornehmen wollen, gar unser eigenes Blut 1913 einen außerordentlichen Internationalen strandza sollen stärkere türkische Besatzungen stehen. Dort­au bergießen. Kongreß einzuberufen, mit dem einzigen Punkt als Tages - hin und nach Midia wurden bulgarische Kolonnen entsendet. Die Balkanstaaten scheinen entschlossen zu sein, im Fall ordnung: Die internationale Lage. Der Kongreß Ueber die Lage vor Adrianopel heißt es, am er­ihres Sieges ihren Bund aufrechtzuerhalten und durch ein wird voraussichtlich um Weihnachten in der Schweiz folgreichsten seien die Bulgaren auf der Südwest- und Nord­gemeinsames Zollgebiet aus dem Balkan ein lebensfähiges stattfinden; seine Arbeiten und die Resolutionen dazu werden oftfront. Im Nordosten ist der Fall der Gruppe Arnautköj Wirtschaftsgebilde zu schaffen. Das europäische Proletariat unmittelbar bevorstehend, womit die Nordfront durchbrochen von einer Stor: mission vorberaten, in der Deutschland , Eng- und die ganze Linie aufgerollt ist, so daß die starke Ca­hat nicht die geringste Ursache, diese Entwickelung stören zu Lassen, um die Großmachtsgelüfte Desterreichs oder Expansions- land, Rußland und Frankreich durch je einen Delegierten ver- taldzapofition im Rücken genommen werden kann. Zur bestrebungen des Zarismus oder die Erringung neuer Stüß- treten sind. Mit allen Stimmen gegen die Stimmen der Eng- Deckung des Angriffs auf Adrianopel gegen Südwest ist eine punkte für die englische Weltherrschaft zu fördern. Ins- länder wurde beschlossen, den ordentlichen Internationalen starke Kolonne aus dem Ardatale gegen die Bahnlinie vor­besondere das deutsche Proletariat muß von seiner Kongreß bis 1914 zu verschieben. gegangen und hat Salpistatar und Emirlar besett.