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Ribot 16 Stimme«; Zersplittert waren 11. Jul zweiten Wahl. izaug betrug die Zahl der überhaupt abgegebene« Stimmen davon ungültig 11, also gültig 853; die absolute Mehr- heit betrug 130 Stimmen. Es erhielten Poincare 183, Pams 286 und Baillant 69 Stimmen. Zersplittert waren 11 Stimmen. Vor der CQahl. Paris  , 17. Januar. Nach Schluß der gestrigen Vollversammlung begab sich eine große Anzahl von republikanischen Parlamentariern nach dem Ackerbauministerium, um dem Minister Pams mit- zuteilen, daß er' der einzige Kandidat der Gruppe der Linken sei. Pams dankte und erklärte, daß er die ihm angebotene Kandidatur annehme. Pams Demission. Paris  , 17. Januar. Ackerbauminister Pams hat an den Mi- nisterpräsidentcn Poincare   ein Schreiben gerichtet, in dem er ihm mitteilt, daß er zurücktrete, da er die Kandidatur für die Präsi- dentschaft der Republik   augenommen habe. Die Demission ist angenommen worden- HandclSminister Fernand David   ist mit der interimistischen Leitung des Ministeriums beauftragt worden. Poincan� und Clsmenceau. Paris  , 17. Januar. Nach der gestrigen Zusammenkunft im Senat richtete Clvmenceau an den Ministerpräsidenten Poiuearä einen Brief, dessen Inhalt Poincars für be- le id igen d hielt. Poincarb schickte Clsmenceau seine Minister- kollegen Briand   und Klotz als Sekundanten. Die in der Nationalversammlung herrschende Erregung wurde.durch diesen Zwischenfall sichtlich noch vermehrt. Der Zwischenfall Clömenceau-Poincarb wurde, da Clsmenceau den beiden Sekundanten loyale Erklärungen gegeben hat, beigelegt. Den Brief hatte Ctömenceau in dem Glauben an eine grundlose Behauptung eines Abgeordneten geschrieben. Dieser Ab- geordnete wird nun an Poincars schreiben, um die Angelegenheit richtig zu stellen. Tic Ausnahme der Wahl. Paris  , 17. Januar. Im Publikum wird daS Ergebnis der Präsidentenwahl mit lebhafter Befriedigung aufgenommen. Vor dem St. Lazare-BaHnHof, wo Poincars eintreffen soll, ist eine große Menschenmenge versammelt, die schon jetzt auf den neugewählten Präsidenten stürmische Hochrufe ausbringt und ihm bei seiner An- iunft zweifellos eine begeisterte Kundgebung bereiten wird. In parlamentarischen Kreisen herrscht wohl vielfach große Genugtuung über den Ausfall der Wahl, aber auch die Besorgnis, daß der heftige Wahlkamps eine tiefgehende und nachhaltige Spaltung unter den Republikanern hervorrufen werde. Versallles, 17. Januar. Als das Ergebnis des zweiten Wahl- ganges verkündet wurde, wurde der Name Poincarzs mit lang- anhaltendem Beifall im Zentrum, auf der Rechten und auf zahl- reichen Bänken der Linken begrüßt. Von der Rechten ertönten meh- rere Ruf«:..Er ist gewählt!" Die Zahl der auf Pams gefallenen Stimmen wurde auf verschiedenen Bänken der Linken mit leb- hastem Beifall, im Zentrum und auf der Rechten mit Lachen be- grüßt. Die äußerste Linke applaudierte frenetisch die auf Vaillant gefallenen Stimmen. Ein Sozialist rief:.Nieder mit dem Diktator!" Tie Rechte klatschte ironisch Beifall. Poin- care wurde unter lebhaftem Beifall zahlreicher Bänke für sieben Jahre zum Präsidenten der Republik   proklamiert. Die Session der Nationalversammlung wurde sodann geschlossen. 'schleppten sie nach Hause. In den verlassenen Straßen lagen vcr- stümmelte Leichname. Dann hielten die bulgarischen Truppen unter Kommando des Generals Genow ihren Einzug. Wieder begannen Sze- nen furchtbarster Wildheit. Die Soldaten plünderten unter an- derem die Magazine des deutschen   Vizekonsuls, eines Großhändlers. Der General zeigt« sich seiner Helfer würdig. Er ließ die griechischen Schulen, die der Bischof den Frauen als Zw flucht überlassen hatte, räumen. Die verjagten Frauen wurden von den Soldaten vergewaltigt. Italienischen   Missionaren war von den Kulturträgern die Kasse gestohlen worden. Als sie sich beschwerten, erklärte der General:Das wird uns dazu dienen, den Kriegern ein Denkmal zu errichten." Ja, der Krieg weckt die edelsten Triebe des Menschenherzens. Die europäischen   Mächte aber, die zivilisierten und christlichen, denken nicht daran, solchen Scheußlichkeiten ernstlich entgegenzutreten. Gegen die Jnugtürke». Konstantinopcl, 17. Januar. Zwei jungtürkische Blätter, die an Stelle des jungtürkischen Organs Tas-il-i-Eldiar erschienen waren, find nacheinander suspendiert worden. Außer dem wurden die Redaktionsräume und die Druckereien durchsucht und die Wohnungen des Chefredakteurs und des Direktors der Zeitung militärisch bewacht. Gegen beide ist ein Haftbefehl erlassen worden. Die Regierung hat angeordnet, daß kein anderes Blatt an Stelle der suspendierten erscheinen darf. Damit hat sich das Kabinett der jungtürkischen publizistischen Opposition entledigt. Politische deberlicdt. Berlin  , den 17. Januar 1913. Abgeordnetenhaus. Ausnahmsweise einmal war ein Tag der Beratungen des Drei- klassenhauseS Kulturaufgaben gewidmet: der Beratung über die Ausnutzung der Wasserkräfte im Quellgebie der Weser, die namentlich durch die Edertalsperre aufgespeicher werden, und dem Moorschutzgesetz. Während sich in beiden Fällen industrielle und agrarische Interessenten bei diesen Gesetzen zugunsten des Handwerks in die Haare gerieten, vertrat der Redner der Sozialdemokratie, Genosse L e i n e r t, den Standpunkt und die Interessen der Gesamtheit. Es lag dabei in derNalur der Sache, daß ei dabei einmal die bürgerliche Linke, das andere Mal die Rechte und die Regierung unterstützen mußte. Auch die Beratung dieser Gesetze, die angeblich einzig und allein dem Gemeinwohl dienen und nichts als Kulturaufgaben lösen sollen, bewies wiederum, daß es, von dem jeweiligen Standpunkt der verschiedenen kapitalistischen   Klassen und Klasseninteressen aus betrachtet, gar kein Gemeinwohl gibt! Erst die sozialistische Aufhebung der kapitalistischen   Ausbeutungs- und Sonderinteressenwirtschaft vermag dem Gemeinwohl klaren In- halt und deutliche Ziele zu geben! vis ßalKanKrIK. Die Note überreicht. Konstautinopel, 17. Januar. Die Botschafter haben heute in corpore dem Minister des Aeutzern die Kollektiv- note überreicht. Bulgarien   und Rumänien  . London  , 16. Januqr. Wie das Reutersche Bureau er- fährt, legte Dr. Danew in der Zusammenkunft, die er heute mit I o u e s c u und M i s ch u hatte, die Antwort der bulgarischen Regierung auf die rumänischen A n- spräche betreffend die D o b r n d s ch a- G r e n z e und die künftige Stellung der K u tz o w a l l a cd e n in dem von der Türkei   infolge des Krieges an Bulgarien   abzutretenden Ge- biete vor. Ueber die Art der Zugeständnisse, die Bnl- garten zu machen bereit ist, verlautet nichts. Von beiden Seiten wird große Zurückhaltung beobachtet. Tie Mitteilungen Bulgariens   werden, sobald Jonescu in Bukarest   eintrifft, dem rumänischen Kabinett vorgelegt werden. Bis zur Ankunft Jonescus in Bukarest  am nächsten Sonntag wird eine weitere EntWickelung der Dinge in dieser"Angelegenheit nicht erwartet. Tie serbischen Verluste. Belgrad  , 17. Januar. Die Zahl der seit Ausbruch des Krieges verwun beten serbischenSoldaten beträgt 11000, die Zahl der erkrankten Soldaten 10(XX); hierbei ist die Zahl der in den Spitälern der eroberten Gebiete untergebrachten Verwundeten und Kranken nicht mit ein- gerechnet. Die Anzahl der Kranken war bis zum Waffen- stillstand äußerst genug, erhöhte sich aber seither infolge von Erkältungen und Infektion. Die Listen der gefallenen und der infolge Krankheiten gestorbenen Soldaten sind noch nicht fertiggestellt. Italien   benutzt die Gelegenheit. Kiiiistaiitiitopel, 17. Januar. Die italienische Botschaft ist in den letzten Tagen wiederholt bei der Pforte vorstellig geworden wegen Entfernung der in T r i p o l i t a n i e n, ins- besondere in Benghasi, zurückgebliebenen türkischen Truppen und Offiziere, sowie wegen Wegschaffung des Arlilleriematerials, das sich in den Händen der einheimischen Araber befindet. Bulgarische Kriegsgreuel. Vor kurzem rühmte ein früherer bulgarischer Unterrichts- -minister in der..Frankfurter Zeitung  " die hohe Kultur seiner Landsleute, die es ihnen möglich gemacht habe, die Türken zu be- siegen. Wie es mit dieser Kultur in Wahrheit aussieht, zeigt ein Bericht derselben Zeitung über die Einnahme der Stadt Kawalla durch dieses Kulturvolk. Der Generalinspektor E o m o n von der türkischen Polizei, ein Franzose, erzählt da:Um 8 Uhr abends brachen 550 bulgarische Freischärler, mit Lumpen bekleidet, in die Stadt ein. Mit wilden Mienen begannen sie die Niedermetzelung der Türken. Sie drangen in die Häuser, plünderten und töteten die Bewohner: auch Frauen, Greise und Kinder. Gegen die Zraucn, die mit ihren Kindern in eine Moschee geflüchtet waren. 'ckleude'rtcn sie Bomben. Am anderen Tage fand man dort -'5 Zeichen Tie griechischen Bewohner, die zurbesseren Ge- fellschaft" gehöre», nahmen teil an der Plünderung der türkischen Häuser und öffentlichen Gebäude. Möbel, Wäsche, Teppiche, Geld Ei» natioualliberaler Schleppenträger der Scharfmacher. Der nationalliberale Reichstagsabgeordnete Dr. Nötiger ver- tritt im Reichstage den großindustriellen Wahlkreis Duisburg   Mülheim  , den er mit Hilfe der Zentrumsarbeiter be» der Stich­wahl gewann. Diese Arbeiler werden sich heute nicht mehr der Ueberzeugung verschließen können, daß sie mit ihrer Wahlhilfe den Bock zum Gärtner gemacht haben. Herr Dr. Böttger, dessen scharfmacherische Allüren längst kein Geheimnis waren, ist einer der rücksichtslosesten Sachwalter der Schwerindustrie. In zwei Artikeln imTag" befaßt sich Herr Dr. Böttger mit dem Schutz der Arbeitswilligen. Im ersten Artikel trägt er wähl, und unter- schiedslos so ziemlich alles zusammen, waS aus Polizeiquellen bis­her über die Arbeiterbewegung verbreitet worden ist. Für ihn scheinen diese Dinge samt und sonders feststehende Tatsachen zu sein, obwohl er, wenn er sich die Mühe geben wollte, einmal die Gewerkschaftspresse einer Durchsicht zu unterziehen, doch wohl oder übel zu einer kritischen Betrachtung seines Material kommen müßte. Der Agrarierhäuptling Dr. Oertel hat denn auch schon am Donnerstag, als der erste Artikel Böttgers erschienen war, An. laß genommen, diesemliberalen" Volksvertreter seinen Dank und seine Hochachtung auszusprechen. In dem zweiten Artikel wird Herr Dr. Böttger deutlicher. Er macht der Regierung Vorwürfe, daß sie die Zügel allzusehr schleifen lasse. Es werde nicht mehr vorgebeugt, sondern bis zur Entwickelung der RevolutionSzustände abgewartet. Die Justiz greife hinterher mit schweren Strafen ein, wo sie einmal der Täter habhaft wird, und sie erwecke dann den Eindruck, als wolle sie sich entschädigen für die vielen Straftaten, die nicht zur Ab- urteilung kommen. Selbst bis in das Parlament sei der Terro- rismuS schon eingedrungen, denn wer für einen besseren Arbeits- Willigenschutz plädiere oder stimme, werde sofort in der sozialdemo- kratischen Presse als Scharfmacher und als Feind deS Koalitions­rechts bezeichnet. Herr Dr. Böttger macht dann allerlei Vorschläge, die bei ihrer Bösartigkeit doch einer gewissen Originalität nicht entbehren. Die Streikposten will er ersetzen durch Plakate. Er stellt sich da» so vor, daß die Streikenden große Plakate anschlagen dürfen, auf denen die Arbeitswilligen auf die Tatsache des Streiks aufmerksam gemacht werden können und ferner darauf, daß ihnen die Streik- leitung das Geld zur Rückreise bezahlen wolle. Als Anhänger un- bedingter Parität wünscht Herr Dr. Böttger aber außerdem, daß daneben auch die Unternehmer ihre Plakate anschlagen dürfen, auf denen die Angaben der Streikenden bestritten werden können. Um die Plakate zu schützen, wünscht er, daß Polizei davor aufgestellt wird. Außerdem verlangt er eine schärfere Fassung des§ 240 des Strafgesetzbuches: Eine strafbare Nötigung und Bedrohung soll schon dann angenommen werden können, wenn Arbeitsgerät. Arbeitsmaterial, Arbeitserzeugnisse oder Kleidungsstücke beschädigt oder vorenthalten werden. Herr Dr. Böttger will damit der Justiz eine ganze Reihe überaus dehnbarer Begriffe in die Hand geben, die es ermöglichen, Streikende auch aus ganz harmlosen Anlässen heraus schwerer Strafe zu überliefern. Daß manche Arbeits. willigen noch soviel Ehrgefühl in sich haben, daß sie nicht wegen jeder Kleinigkeit nach Polizei und Staatsantoalt rufen, ist diesem Volksvertreter" ein ganz besonderer Dorn im Auge. Diesem Mißstand" will er damit entgegentreten, daß künftig zur Per- folgung solcherStraftaten" ein Antrag nicht mehr nötig sein soll, oder, daß einem Verein Aktivlegitimation zur Klagestellung gegeben wird. Dieser Borschlag kann nur so gemeint sein, daß den Unternehmerorganisationen daS Recht eingeräumt werden soll, gegen Streikende Strafantrag zu stellen, auch wenn der Ar- beitswillige, der sich beleidigt oder bedroht fühlte, die Absicht der Klagestellung gar nicht hat. Tie Vorschläge, die der nationallibcrale Reichstagsabgcordnete Böttger hier macht, sind entschieden schlimmer, als das, was seiner- zeit die Zuchthausgesetzvorlage anstrebte. Herr Böttger weiß aber. WaS er den Leuten schuldig ist. die ihm wieder zu einem Reichs- tagSmandat verholfen haben, und eS ficht ihn durchaus nicht an, daß das Zenirum im Reichstage erklärt hat, die Vorschläge, die auf ein Verbot des Streikpostenstehens usw. hicauslaufen, ablehnen zu müssen. Daß die gelben Gewerkschaften das Ideal des Herrn Dr. Böttger sind, kann nach alledem nicht verwundern. So legt er der Regierung nahe, daß sie die nationalen gelben oder christlichen Ver- einigungen unterstützen müsse. Diese nationalen Vereine müßten" der Rückhalt der Arbeitswilligen bei unmotiviertem Streik sein. Tie christlichen Arbeiter werden sich allerdings bedanken, hier mit den gelben Streikbrechervereinen tn einen Topf geworfen zu werden. Man muß ihnen jedoch selbst überlassen, sich mit dem Herrn Dr. Böttger ob dieser Wertschätzung auseinanderzusetzen. Bedenklich ist nur, daß in der nationalliberalen Reichstagsfraktion der Abg. Dr. Böttger mit seiner Ansicht nicht allein steht, haben doch im vorigen Jahre 11 Nationalliberale für den Zuchthaus- gesetzentwurf der Konservativen gestimmt, und Herr Böttger hat es sicher an reger Tätigkeit nicht fehlen lassen, um im abgelaufenen Jahre einen weiteren Teil seiner politischen Freunde zu bekehren. DieNationalliberale Korrespondenz" versichert in ihrer Aus- gäbe vom Freitag, den 17. Januar, allerdings, daß die National- liberalen für solche Maßnahmen nicht zu haben wären, sondern eine Regelung aller dieser Fragen bei der Revision de» Strafgesetz- buches anstreben werde: Selbstverständlich wünschen auch die Nationalliberalen einen wirksamen Schutz der Arbeitswilligen, sie halten aber den neuerdings von konservativer Seite vorgeschlagenen Weg der Einführung des Verbote? des Streipoften- stehens für ungangbar, sind vielmehr in Ueberein- stimmung mit der Reichsregierung der Ueberzeugung. daß die Frage des Koalitionszwangs und zwar für Arbeitnehmer wie für Arbeitgeber, nur im Zusammenhang mit der allgemeinen Reform de» Reicksstrafrechts geregelt werden kann. Bis dahin erscheinen die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen zur Abwehr terro» ristischer Uebergrifse als ausreichend, sofern diese nur mit der nötigen Eenergie zur Anwendung gebrachi werden. Daß das Verbot des Streikpostenstehens allein ein untaugliches Mittel zur Abstellung der leider vorhandenen Mißstände ist, das ist unsere» Erachtens von dem Vertreter der Reichsregierung im Reichstag unter Zustimmung der Mehrheit des Reichstags erschöpfend dargelegt worden. Eine stichhaltige Erwiderung bezw. Widerlegung seitens der Antragsteller haben wir bis jetzt weder zu hören noch zu lesen bekommen, so daß der Ge> danke eines Verbote» des Streikpostenstehens vorläufig wohl als erledigt gelten kann." Möglich, daß dieNationalliberale Korrespondenz" im Namen de» größten Teils der Nationalliberalen spricht; aber sicher steht nicht die ganze nationalliberale Partei auf diesen Standpunkt, wie Herr Böttger und die schon erwähnte Abstimmung beweisen. Tie kommenden Landtagswahleu. Unter dem TitelDie Schicksalsfrage" veröffentlicht der frühere Reichstagsabgeordnete Heinz P o t t h o f f zum be- vorstehenden Parteitag der preußischen Fortschrittspartei einen Artikel über die Taktik der Fortschrittspartei bei den bevorstehenden Landtagswahlen. Herr Potthof bespricht zu- nächst kurz die Vereinbarungen mit den Nationalliberalen, denen er etwas skeptisch gegenüberzustehen scheint, Um zu kon- statieren, daß auch derGesamtliberälismus" ohne die Hilfe der Sozialdemokratie keinen Erfolg in der Wahlrechtsfrage erzielen kann: Wer das gute Wahlrecht ernsthaft will, nicht alsIdeal", sondern als ein« Forderung des Tages, die möglichst morgen zu verwirklichen ist, der muß auch diesen Weg wollen. Denn eS gibt keinen anderen. Nur Narren oder Unehrliche können uns glauben machen wollen, daß im nächsten Jahrzehnt das libe- rale Bürgertum ohne die sozialdemokratische Arbeiterschaft ein gutes Wahlrecht erringen kann." P o t t h o f f meint sehr richtig, daß die Sozialdemo- kratie von dem liberalen Kontrahenten Bürgschaften in der Wahlrechtsfrage und Gegenseitigkeit der Wahlhilfe ver- langen muß. Aber dann ist es uns unverständlich, warum auch er die Resolution unseres Preußentages eine bureau- kratische Verordnung schilt. Bedeutet sie doch nichts anderes als die genauere Formulierung dieser von� ihm selbst als richtig anerkannten Bedingungen. Immerhin läßt sich Herr Potthoff dadurch nicht abhalten, das gegenseitige Eintreten der Fortschrittspartei und der Sozialdemokratie bei den Stichwahlen zu fordern, selbst auf die Gefahr hin, daß die Vereinbarungen der Fortschrittler mit den Nationalliberalen dadurch gefährdet würden. Er schreibt:. Das wird das Zusammengehen mit den Nationalliberalen erschlveren? Vielleicht, obgleich ich glauben möchte, daß es nur dort einen bequemen Vorwand zum Abmarsch nach rechts geben wird, wo man sonst ei n e n anderen Vorwand benutzen würde. Aber wenn schon das kann die Aussichten nicht wesent- lich verschlechtern, weil sie so schon ganz schlecht sind. Es braucht auch gar kein feierliches Wahlbündnis geschlossen zu wer- den. Es genügt, wenn in denjenigen Wahlkreisen, in denen die Aussicht besteht, daß durch ein Zusammengehen der Linken dem Zentrum oder den Konservativen ein Mandat entrissen werden kann, die fortschrittlichen Wähler unbedingt in den Stichwahlen der Wahl männer den Roten gegen den Schwarzen oder Blauen wählen. Und daß dort, wo mehrere Mandate in Frage kommen, die Wahl- männer unbedingt für einen Liberalen und einen sozialoe mokraten stimmen, ehe sie die Sitze an die Re. aktion fallenlassen. Wenn die Nationalliberalen sich nicht zu gleichen. Vorgehen oder wenigstens zur Stimment- Haltung entschließen können, um so schlimmer für s� Aber soweit darf die Rücksicht auf die Nachbarn beim Fort,chritt nicht gehen, daß darüber das Allernotwendigste ungetan bleibt. Dabei zweifle ich durchaus nicht, daß auch ein solches Vor- gehen keine andere Mehrheit im Landtage bringen wird. ES kann sich nur um zwei Dutzend Mandate handeln Aber der Eindruck bedeutet viel mehr als die Mandatsverichiebung. Auj der sozialdemokratischen Tagung ist mehrfach aufgesprochen tpor- den, daß die Wahlrechtsreform durch andere als parla- mentalis che Mittel errungen wurde. TaS ist n r ch t u zutreffend nur muß man nicht aus,chl>eylich an Straßen- demonftrationen und Massenstreiks denken. Der einmal ernst- Haft durchgeführte Entschluß der Liberalen, auch öffentlich lieber rot als schwarz zu wählen, bedeutet mehr als ein paar durch Ver- ständiauna mit der Rechten behauptete Wahlkreise und ist mehr als irgend etumS anderes geeignet, die königlich preußischeEnt- Wickelung" aus ihrem�stillstände' zu bringen. Deswegen muß die Antwort des Preußentages, die für das politische Schicksal des führenden Bundesstaates von größter Bedeutung sein kann. lauten: Die preußische Fortschrittspartei ist entschlossen, alles zu tun was zur Erzwingung eines guten Wahlrechtes dienen kann- Sie' fordert alle Liberale» im Lande auf,, so zu handeln und auch ein Paktieren mit der äußersten Linken nicht zu scheue». S«! beauftragt die Parteiinstanzen, alle nötigen Schritte rechtzeitig und mit rücksichtsloser Energie zu tun." Man wird ja sehen, inwieweit der am 20. Januar tagende Parteitag der preußischen Fortschrittspartei dreseiu Verlangen entsprechen wird oder ob auch auf ihm jene Halben und Lauen dominieren werden, die über unsere Wohlbemn- gungen deshalb so viel greinen, weil sie einem energischen und konsequenten Kampf ausweichen möchten.