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Einige Fragen an den Minister: Ist ihm bekannt, daß der Bund der Landwirte in das Vereinsregister eingetragen worden ist, obwohl nach dem B. G. B. Vereine mit wirtschaftlichen Zwecken in das Vereinsregister nicht eingetragen werden dürfen? Ist Ihnen weiter bekannt, daß im Gegensatz dazu ärztliche Vereinigungen nicht eingetragen worden sind, obwohl sie keine wirtschaftlichen Zwecke verfolgen? sHörtl hört! links.) Diese Eintragung ist abgelehnt worden nach einem Befehl des Polizei- Ministers» der dahin ging, die Polizeiorgane möchten gegen die Eintragung Widerspruch erheben mit der Begründung, daß diese Vereine wirtschaftliche Zwecke verfolgen.(Hört! hört! links.) Ist dem Justizminister schließlich bekannt, daß ganz in der Nähe von Berlin   ein» Verein reichsdeutsch er Männer, eine Filiale des Reichsverbandes gegen die Sozialdemokratie und ein aus- gesprochen politischer Verein in das Vereinsregister eingetragen worden ist? lHört! hört! links) In geradezu syste- niatischer Weise werden Organisationen, die sich gegen die So- zialdemokratie richten, als unpolitische Organisationen angesehen, obwohl sie einen ausgeprägt politischen Charakter haben. Wenn die Polizei sich nicht an das Gesetz hält, muß wenigstens die I u st i z ihre Schuldigkeit tun. Herr v. D a l l w i tz hat im Reichs- tage für sein Eingreifen von seinem Kollegen Lisco eine nette Zensur bekommen. Herr Lisco sagte:Die Auffassung des Mi nisters des Innern mag falsch sein, aber sie ist immerhin noch juristisch."(Hört! hört! und Heiterkeit links.) Die Zahl der Strafen in Deutschland   ist gewaltig. Die Forderungen nach Straf- ökonomie sollten von den Behörden beherzigt werden. Die Lan desVerräter   stellen nur einen verschwindend geringen Teil dazu. Nach der Rede des Abg. Meyer könnte es so scheinen, als wenn es in Deutschland   Massen von Landesverrätern gäbe. Das ist aber nicht richtig. Traurig ist es, daß jeder s e ch st e erwachsene Deutsche einmal�bestraft ist. Unsere Justizverwaltung sollte alles tun, um die Strafsucht einzudämmen. Sie sollte sich weniger mit der sozialdemokratischen Presse befassen und auch sonst gibt es viele Gelegenheiten, um die Zahl der Strafverfolgungen zu ver ringern. Die Justiz, wie sie heute ist, ist ihrem ganzen Wesen nach nichts Prophylaktisches, nichts Vorbeugendes, sie bedeutet ein Herumdoktern an sozialen Krankheitserscheinungen, ohne sie heilen zu können. Wenn die Justiz mehr tun will als ein solches Herumdottern, dann muß die Strafvollstreckung dazu benutzt werden, um Sünden des wirtschaftlichen und sozialen Lebens gut zu machen. Mit derartig kurzsichtigen Bemer langen, wie sie der Abg. Haarmann heute hier gemacht hat, siud die Bestrebungen nach einer Aenderung der'Strafvollstreckung nicht abzutun. Die Justizbehörden müssen sich auch darum küm mern, was aus den Familien der Gefangenen wird, und was aus den Gefangenen selbst wird, wenn sie aus dem Gefängnis herauskommen. Die Fürsorgevereine für entlassene Strasgefan geue sind nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Der klein- liche Gedanke der Rache beherrscht immer noch unsere Strafvollstreckung. Gewiß, Strafe soll sein. Aber wie man Kiw der nicht bestraft, um sich an ihnen zu rächen, so soll auch die Bestrafung Erwachsener nicht dem Gefühl der Rache entspringen. Die beste Justiz ist nicht die Gerichtsgerechtigkeit, die beste Justiz ist die soziale und politische Gerechtigkeit.(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Justizminister Besclcr: Wir sind es ja gewöhnt, daß der Abg. Liebknecht schwere Angriffe gegen die Justizverwaltung richtet. Auch heute hat er das wieder getan. Aber mit den Verurteilun- gen aus Anlaß des Ruhrstreiks ist die Mehrheit des Hau- ses durchaus einverstanden.(Sehr richtig! rechts.) Die Behaup- tung, daß ein Druck auf die Richter ausgeübt wird, die sozial- demokratischen Bestrebungen zu bekämpfen, ist unerhört. Der Richter tut unparteiisch nach bestem Wissen seine Pflicht.(Beifall.) Wenn der Abg. Liebknecht von Vorurteilen spricht, so möge er selbst mal in sich gehen, und sich sagen, ob er selbst frei von Vorurteilen ist. In dem von ihm erwähnten Fall, in dem eine Frau mit ihrem Säugling zusammen eingesperrt wurde, ist das Kind durch die mütterliche Pflege vielleicht besser gefahren, als wenn es daheim geblieben wäre. Ein Strafaufschub war nicht angängig. Es ist richtig, daß auf Veranlassung des Ministers des Innern ärztlichen Vereinen die Eintragung in das Pereinsregister versagt worden ist. Jeder Staatsbürger hat nach dem Gesetz das Recht, gegen eine Eintragung Einspruch zu er- heben. Es ist nicht einzusehen, weshalb der Minister des Innern schlechter gestellt seilt soll, als jeder andere Staatsbürger.(Beifall rechts. Lachen links.) Das Haus vertagt sich. Es folgen persönliche Bemerkungen. Abg. Boisly(natl.): Dr. Liebknecht hat gesagt, er müsse bedauern, daß auch ich füx seine Auffassung so gar kein Verständ- nis hätte. Ob Herr Liebknecht das bedauert oder nicht, ist mir ebenso gleichgültig wie Has, was er sagt. Abg. Haarmaim(natl.): Es ist mir nicht eingefallen, zu ver- langen, daß die Sozialdemokraten vor Gericht als Bürger minde- ren Rechts behandelt werden sollen. Das Gegenteil ist der Fall. Ich habe damals Dr. Liebknecht gegenüber ausgeführt, er möge sich freuen, unter dem schützenden Dach der preußischen Justiz sich aushalten zu können, denn sonst dürfte er einen solchen Hexen- fabbat nicht aufführen.(Heiterkeit.) Abg. Dr. Liebknecht: Meine persönliche Wertschätzung für den Abg. Boisly wird nicht einmal durch die unfreundliche Bemer- kung gegen mich geändert.(Heiterkeit.) Herr Haarmann scheint selbst nicht verstanden zu haben, was er damals ausgeführt hat.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Abg. Haarmann: Ich bin nicht Advokat genug, um hierauf ge- schickt antworten zu können.(Heiterkeit.)(Abg. Ho ff mann: Aber Staatsanwalt und die sind doch sonst nicht so!) Nächste Sitzung: Montag 11 Uhr. Fortsetzung. geltend gemacht wurde, daß der Anspruch des Meisters g e g e n d i e guten Sitten verstoße und die Entlassung fünf Jage vor der Beendigung der Lehrzeit nur aus Schikane erfolgt fei, verurteilte das Amtsgericht den Vater zur Zahlung der Ver- tragsstrafe usw. Der Vater hätte darauf achten müsfen. daß sein Sohn sich die Genehmigung des Meisters zum Beitritt zu dem Verein einholte. Dieses merkwürdige Erkenntnis wurde durch den Justizrat Herold bei der Zivilkammer des Landgerichts angefochten, infolge- dessen Meister Kuckelt unter Zurlastlegung der g e- samten Kosten mit seiner 51 läge gänzlich abge- wiesen wurde. In den interessanten Entscheidungsgründen, die das schikanöse Tun des Meisters recht treffend kennzeichnen, hieß es u. a.: Gewiß habe der Meister den Lehrling wegen uner- laubten Beitritts zu dem Verein entlassen können. Das Be- rufungsgericht habe aber geglaubt, bei dem Fall ganz unbe- d e n k l i ch den§ 226 des BGB. zur Anwendung bringen zu müssen. wonach die Ausübung eines Rechtes unzulässig ist, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen. Der Lehr- ling sei fünf Tage vor Beendigung der Lehrzeit entlassen wor- den. weil er seinem Berufsverbande beigetreten ist. Er hat, ohne zu Klagen Anlaß zu geben, seine Lehrzeit gut abgedient und sein Gesellenstück gemacht. Ter Zweck der Lehrvertragsbestimmung wegen Beitritts zu einem Verein konnte nur�der sein, etwa zu ver- hüten, daß die Gesinnung oder das Sachinteresse des Lehr- lings durch seinen Verkehr in dem Verein ungünstig beein- f l u ß t werde. Daß sich diese Besorgnis in den letzten fünf Tagen der Lehrzeit hätte noch verwirklichen können, sei ausgeschlossen ge- Wesen. Es lag somit für die sofortige Entlassung des Lehrlings für den Meister kein greifbares Interesse vor. Die Entlassung, die den Lehrling auch um den Erfolg seiner Lehrjahre brachte der Gescllenschein wurde ihm von der Innung verweigert konnte nur den Zweck haben, den Lehrling zu schädigen, und das ist nach 8 226 des BGB. unzulässig. Werden sich die innungsherrlichenUmsturzbekämpfer" die ge- richtliche Backpfeife zur Warnung dienen lassen? Hiis Induftm und Kandel  . Koloniale Kapitalsanlagen. Seit dem Jahre 1967 bringt das von den Aeltesten der Kauf- Mannschaft zu Berlin   herausgegebeneBerliner Jahrbuch für Handel und Industrie" alljährlich eine interessante Uebersicht stber die Kapitalsanlage in den deutschen Kolonien, soweit dieselbe in Form von Gesellschaften erfolgt. Danach wurden im Jahre 1912 insgesamt 35 koloniale Gesellschaften mit einem Gesamtkapital von 14 265 666 M. gegründet. Bei den 35 Reugründungen im Jahre 1912 wurde in 24 Fällen die Form derG. m. b. H." gewählt, 16 Unternehmungen wurden als Aktiengesellschaften errichtet, wäh- rend die Form der Deutschen Kolonialgesellschaft D.K.G. nur in einem Falle zur Anwendung gelangte. Bedeutend stärker ist die Kapitalsinvestierung in Deutsch-Südwestafrika  . Hier wurden 16 Gesellschaften mit einem Gesamtkapital von 7,21 Millionen Mark gegründet. Dabei mutz bemerkt werden, daß die offiziell erst am 15. Juni 1912 mit einem Kapital von 1666 666 M. errichtete Süd- westafrikanische Bodenkreditgesellschaft infolge der langen Vor- bereitungen bereits unter den Neugründungen des Jahres 1911 aufgeführt ist. In Kamerun   fanden 6 Neugründungen statt mit einem Gesamtkapital von 2,65 Millionen Mark. In Togo   wurde im Jahre 1912 kein neues Unternehmen in Gesellschaftsform er- richtet. Verhältnismäßig bedeutende Auswendungen wurden hin- gegen für Deutsch-Neuguinea   nebst JnselgebieK gemacht. Es wurden vier Gesellschaften mit einem Gesamtkapital von 1.83 Millionen Mark errichtet. Auf Samoa   wurde die Magia-Pflanzungsgesell- schaft m. v. H. Sitz Hamburg  , mit einem Kapital von 546 666 M. gegründet. In den letzten sechs Jahren wurden durch Neugründung kolo- nialer Gesellschrftcn folgende Kapitalien aufgebracht: in Ostafrika  für 86 Gesellschaften 42,45 Millionen Mark, in Südwestafrika für 186 Gesellschaften 87,81 Millionen, in Kamerun   für 21 Gesell- schaften 12,97 Millionen, in Togo   für 5 Gesellschaften 2,45 Miionen, in den Südseekolonien für 18 Gesellschaften 15,75 Millionen, in ver- schiedenen Kolonien für 13 Gesellschaften 5,89 Millionen Mark. Südwestafrika ragt durch Zahl der Gesellschaften und Höhe der an- gelegten Kapitalien weit hinaus. Die gesamte Kapitnlsanlage in den deutschen Kolonien belief sich in der Zeit von 1967 bis 1912 auf 167 365 460 M. Jugendbewegung. Schikanöse Lehrverträge. Die staatlich konzessionierte Jugendbündelei zeitigt jetzt auf dein Gebiete der Verfolgung der modernen Arbeiterbewegung die giftigsten Blüten, wie ein sehr interessanter Zivilprozeß ergab, der nach langem Kampfe vor dem Landgericht Halle   a. S. jetzt zu Ende geführt wurde. Seit dem Aufblühen der modernen Jugend- bewegung verfolgen scharfmachende Unternehmer und Innungen das Bestreben, Lehrlingen durch Lehrverträge deck Beitritt zu Ver- einenirgendwelcher Art" zu untersagen. Natürlich haben die Herren Lehrmeister nichts dagegen, wenn die jungen Leute un- erlaubt einem Jünglingsverein oder Berein des Juugdeutschland- bundes beitreten; zum Beitritt zu anderen Vereinen verlangen sie aber dieG e n e h m i g u n g". So schloß auch der Böttchermeister Louis K u ck e l t von der Halleschen Innung mit dem Lehrling Otto Walter und dessen Vater einen schriftlichen Lehrvertrag, in dem es u. a. hieß:VereinenirgendwelcherArtdarf derLehrlingohneGenehmigungdesLehrmeisters nicht beitreten. Zuwiderhandlung berechtigt den Lehrmeister zursofortigenAufhebungdesLehrverhältnisses und zur Forderung einer Entschädigung von 26 M." Kurz vor Be- cndigung seiner Lehrzeit trat Walter, allerdings ohne Genehmi- gung des Meisters, dem Verbände deutscher Böttcher m n d W e i n k ü f e r b e i. Da passierte das Unglaubliche, daß der junge Mensch fünfTagevorBeendigungseinerLehr- zeit plötzlich entlassen wurde. Und das geschah, obwohl der Lehr- ling in seiner dreijährigen Lehrzeit niemals zu Klagen Anlaß gegeben und ein gutes G e s e l l e n st ü ck gemacht hatte. Tie Innung weigerte sich auch wegen des angeblichen Verstoßes gegen den Lehrvertrag Beitritt zu dem Verein den Walterzum Gesellen zu sprechen". Da nun Bescheidenheit keine Zier mehr ist. niutete Meister Kuckelt dem Lehrling �7 der inzwischen anderweitig als tüchtiger Geselle arbeitet zu, die Strafe zu zahlen, oder noch'A Jahr n achzulernen. Darauf ließ ssich der junge Mann selbstverständlich nicht ein. Nunmehr �klagte der Meister vor dem Amtsgericht gegen den Vater des Lehrlings, der den Lehrvertrag mit unterzeichnet hatte. wegen Zahlung der Entschädigung von zunächst 26 M, LdwoU Zentralstelle für die Textilindustrie. In der Textilindustrie gibt eS seit mehreren Jahren eine außerordentlich große Zahl von Kartellen. Zu großer Bedeutung sind aber die meisten von ihnen nicht gelangt, da sie in der Mehrzahl nur enge Kreise und kleine Unternehmungen umfassen. Auslösungen und Neugruppierungen wechseln daher bei den Textilkartellen sehr rasch. Größere Kartelle finden sich bisher nur in der Juteiiidustrie, Flachsspinnerei, in der Baumwoll- und Tuchfabrikation, auch in der Hanfindustrie. In beteiligten Kreisen erstrebt man jetzt als Ergänzung die Schaffung einer Zentralstelle für die Textilindustrie, die den sehlenden Zu- sammenhang zwischen den einzelnen Branchen ersetzen soll. Nach Meldungen der bürgerlichen Presse scheint dabei die gemeinsame Vertretung wirtschastspolitischer Interessen in erster Linie beab- sichtigt zu sein. Zusammenschluß im Berliner   Holzhandel. Die Berliner   Holz- Händler, die mit Tischlereien und Möbelfabriken im Geschäftsverkehr stehen, haben den Entschluß gefaßt, sich zu vereinigen. Die Ver- einigung will eine Verkürzung der zu langen Zahlungsfristen, die jetzt gewährt werden, anstreben. Ferner wollen sich die Platzhändler über Mindestpreise verständige. Schließlich soll durch gegenseitige Auskunftserteilung Kreditgewährung an schleppende Zahler und zahlungsunfähige Konsumenten vermieden werden. Die Folge auch dieser Vereinigung wird eine Erhöhung der Möbelpreise für die Konsumenten sein.__ Hub der frauenbewegung. Der erste russische   Frauentag. Als neuer Beweis für das Wiederaufleben des politischen Kampfes in Rußland   kann die Einberufung zum ersten russischen  Frauentag durch die St. Petersburger   Genossen gelten. Der Frauen- tag soll in der Zeit des internationalen Frauentages stattfinden. Man wird eine spezielle Frauennummer herausgeben, man plant Versammlungen und betreibt schon jetzt eine rege Agitationsarbeit für dieses sozialpolitische Ereignis. Wenngleich in Rußland   die Rechtlosigkeit der Arbeiterinnen nicht so scharf hervortritt wie in den konstitutionellen Ländern und Republiken, weil beide Geschlechter im russischen Volke gleich rechtlos, gleich geknechtet und ausgebeutet sind, hat doch auch der Frauentag für die Russen eine große Be- deutung. Gerade weil die russische Arbeiterklasse so sehr nieder- gedrückt ist unter der Faust der Reaktion, kann dieser Frauentag einen neuen Ansporn und eine Neubelebung für die frische kampfes­mutige Stimmung werden, die von Tag zu Tag mehr Boden in der russischen Arbeiterbevölkerung gewinnt. Und auch für die inter  - nationale Arbeiterinnenbewegung wird dieses Erwachen der Russinnen ein neuer Ansporn sein. Genossinnen l Rüstet auch Ihr wacker zu den Versammlungen, internationalen Frauentages am 2. und 3. März des die anläßlich stattfinden. Frauen als Schössen. Als Kundgebung für die Zulassung der Frauen als Schöffen bei Jugendgerichten veranstaltste der Bund Deutscher Frauen» vereine am Freitag eine öffentliche Versammlung in denPracht- jälen des Westens", Dr. Gertrud Bäumer  , die Vorsitzende des Bundes" eröffnete den Abend mit einer Ansprache, in der sie die Vertreter der Strafrechtsiommission, des Parlaments sowie, unter allgemeiner Heiterkeit, die Mitglieder des Bundes zur Be» kämpfung der Frauenemanzipation willkommen hieß. Als erste Rednerin begründete Dr. Frida Dünsing durch Beispiele für die Unentbehrlichkeit der Frau in der Jugcndgerichtshilfe die Forde» ruug, daß die Frau auch als Schöffin tätig sein muß. Im ganzen sind 2660 Frauen als Jugendgerichtshelferinnen tätig; doppelt so viel als die Frauen stellen müßten, wenn sie ihre Tätigkeit auf iveibliche Beschuldigte beschränken würden, da auf 4 männliche Delinquenten«in weiblicher tommt. Die Einsetzung weiblicher Schöffen ist keine Angelegenheit der Frauen- oder Herrenrechtelei. Es handelt sich um das Wohl der Kinder� nicht um eine Macht» erweiterung. Die Rednerin verwies weiter auf die Unzulänglich- keit des Regierungsentwurfs. Scharfen Tadel erfuhr auch die Art unserer Besscrungsarbeit. Es ist eine Unehrlchikeit, unter dem Namen der Fürsorgeerziehung Jugendliche in feste HäuserZalso Gefängnisse zu stecken, ohne daß von richterlicher Seite diese Strafart verhängt wird. Staatsanwalt Dr. Wulfsen untersuchte vom Standpunkt des Juristen, Biologen und Psychologen die Frage: Wird der Volkskörper durch Zuziehung von Frauen zu derartigen Pflichten und Rechten geschädigt? Kein Volk ist daran zugrunde gegangen, weil seine Frauen intellektuell zu hoch standen. Wenn man weiß, was der männliche Staat durch die Duldung von Alkohol und Prostitution, besonders aber durch die kapitalistische Frauen- und Kinderarbeit leistet, dann kann man die Zulassung von Frauen an verantwortungsvolle Stellen nur wünschen. An der heutigen Justiz arbeiten an weiblichen Kräften nur die Scheuerfrauen und das Tippfräulein. Da mau einzelnen Frauen sogar die Aus» Übung der Regentschaft anvertraut, weshalb sollte man diese be» scheidene Forderung nicht erfüllen? Bei der Berufung zu Schössen darf die Arbeiterin nicht fehlen, denn auch sie entfaltet oft eins fein« Beobachtungsgabe für die kindliche Seele. Noch nie ist die Unzulänglichkeit der Frau, die ihre Urteilskraft beeinträchtigen soll, als Strafmilderungsgrund bei weiblichen Angeklagten in Betracht gezogen worden. Die ergrübelte Art der heutigen Rechtsprechung spricht nicht zum Herzen des Volkes, der weibliche Einfluß ist sehr wünschenswert. Niemals wird der Mann allein große soziale Fragen lösen, die Zusammenarbeit von Männern und Frauen ist dazu nötig. Paula Müller-Hannover  , Vorsitzende des Deutsch  » evangelischen Frauenbundes, wurde von einer Gegnerin der juri- stischen Frauenarbeit zur unbedingten Anhängerin, als sie in Paris  vor dem Schwurgericht die Verteidigung einer 16jährigen Kindes- Mörderin durch einen weiblichen Anwalt hörte. Sie fordert die Zulassung der Frau zum Schöffen- und Geschworenenamt. Bei Vergehen heranwachsender Mädchen geschlechtlicher Art ist die Aus- schaltung der Frau im Gerichtshof eine Grausamkeit. Frau Anna Lindemann  -Stuttgart   sprach in überlegen humorvoller Weise von der Logik, als Domäne'des Mannes, die durch einige Aeuße» rungen der Herren Almenröder und Feisenberg gegen weibliche Schöffen etwas erschüttert scheint. Da die Frau als Erzieherin auch Richteri» sein mutz, wird sie ebenso gut als Richterin auch Erzieherin sein können Man fordert nicht mehr, als den rechten Menschen an den rechten Platz zu stellen, auch wenn der Mensch eine Frau ist. Nach einem Schlußwort von Dr. Gertrud Bäumer  wurde eine Resolution angenommen, die für die Zulassung von Frauen als Schössen bei den Jugendgerichten eintritt. Leseabende. FritdrichShagen. Montag, den 17. Februar. 8'/z Uhr. im Jugend« heim, Friedrichstr. 60, 2. Hof parterre links. Genosfin Lola H a a s e über:»Die Frauenkleidung in der Produktion und Kultur." Nieder-Schönhausen-Nordend. Dienstag, den 18. Februar. 8'/z Uhr, bei Reitig, Blankenburger Str. 4:Die Forderung des Frauen- Wahlrechts." Genossin M. Arendsee. Steglitz  . Montag, den 17. Februar. 8'/ Uhr, bei Heizmann. Flora- straße 4a: 1. Vortrag der Genossin Simon überMund- und Zahnpflege". 2. Oertliche Parleiangelegenheit. Soziales. Gegen dieBerliner   Allgemeine Zeitung  " klagte der Arbeiter K. auf Zahlung von 60 M. Gehalt für einen Monat vor dem Gewerbegericht. Wie der Kläger   in der gestrigen Verhandlung vor der Kammer 8 angab, war er durch Vertrag als Exprctzfahrer bei der Beklagten angestellt. Sein Gehalt betrug monatlich 69 M.; die Kündigungsfrist war eine vierzehntägige, doch durfte die Kündigung nur am 15. zum Ultimo eines jeden Monats ausgesprochen werden. Seine Beschäftigung bestand im Expedieren derAllgemeinen Zeitung  ". Er mußte täglich mit einem Frühzuge vom Gesundbrunnen   bis Pasewalk   fahren. Auf den einzelnen Sta- tioNen hatte er die mitgebrachten Zeitungen den am Bahnhofs- Perron wartenden Austrägerinnen zu verabfolgen. Er wurde nun plötzlich ohne Einhaltung der durch Vertrag getroffenen Bestim- mungen entlassen. Der Vertreter der Beklagten machte geltend, der Kläger   sei mit Recht sofort entlassen worden. Er hätte den Paketen Zeitungen ent- nommen, diese verkauft und den Erlös in seine Tasche gesteckt. Zwei Zeugen wollten gesehen haben, wie der Kläger   zweimal je eine Zei- tung verkauft habe. Sie konnten jedoch nicht angeben, ob Kläger  diese Zeitungen den Paketen entnommen habe. Einmal handelte es sich um' eine Nummer derMorgenpost", die Kläger   gar nicht zu expedieren hatte. Der Kläger   bestritt ganz entschieden. Zeitungen entnommen und verkauft zu haben. Die Firma habe ihn nur rausschieben wollen. Er hätte sich drei Jahre lang für lumpige 66 M. im Monat für die Firma herumgequält und keinerlei Unregelmäßig- keiten zuschulden kommen lassen. Das Gericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung der gefor- derten 66 M. Die sofortige Entlassung des Klägers sei zu Unrecht erfolgt. Eine Unterschlagung habe ihm nicht nachgewiesen werden können. Arbeitszeit für Handwerkerlehrlinge. In Ostpreußen   hat die Ausbeutung der Handwerkerlehrlinge einen derart großen Umfang angenommen, daß sogar die Hand- Werkskammer sich veranlaßt gesehen hat. hier einzugreifen und eine bestimmte Arbeitszeit für die Lehrlinge festzusetzen. Zahlreiche Klagen über mangelhafte Schlafräume und zu lange Dauer der Ar- beitszeit für Lehrlinge sind laut geworden, die der Vorstand der Handwerkskammer als berechtigt hat anerkennen müssen. Der Vollversammlung der Handwerkskammer   wurde deshalb folgender Antrag unterbreitet: Die Lehrherren dürfen, vorbehaltlich sonstiger gesetzlicher Be- stimmungen. ihre Lehrlinge nur in der Zeit von 6 Uhr morgens bis 7 Uhr abends unter Einhaltung einer einstündigen Mittags- pause und einer angemessenen Frühstücks- und Vesperpause be- schäftigeu." Dieser Antrag wurde scharf bekämpft. Es hieß, die Ueber- lastung der Lehrlinge sei gar nicht so schlimm und die Festsetzung einer bestimmten Arbeitszeit sei für manche Gewerbe unmöglich. Die Lehrlinge schädigten sich durch Alkoholgenuß, Zigarettenrauchen und andere Vergnügungen weit� mehr als durch Ueberarbeitung. Schließlich einigte man sich aus folgenden Antrag: Die Lehrherren dürfen, soweit nicht für einzelne Gewerbe und Betriebe besondere gesetzliche Bestimmungen vorgesehen sind. ihre Lehrlinge in der Regel nur in der Zeit von 6 Uhr Jorgen» bis 7 Uhr abends unter Einhaltung einer einstündigen Mittags. pause und einer angemessenen Frühstücks- und Vesperpause be- schäftigcn. Ausnahmen sind für Saisongewerbe und solche Be- triebe zulässig, wo die gewerblichen Erzeugnisse dem Verderben ausgesetzt sind oder der Geschäftsbetrieb nach 1 Uhr abends zulässig ist. Wird von der Ausnahme Gebrauch gemacht, so müssen die Pausen so reichlich bemessen sei, daß die tägliche Beschäftigungszeit nicht mehr als WA Stunden beträgt. Ueber die Ausnahme ent« scheidet der Vorswnd der Handwe'-''""'"«.