der Mg eordnete Fuchs vor, ich hätte mich vor dem Leipziger Acrzteverband geduckt. Die Acrzleschaft hat eine Erhöhung ihrer Honorare verlangt, die ihr zugebilligt wurde, von einem Aerztestreik ist keine Rede gelvesen.(Bravo ! rechts.) Abg. Röser(Vp.) befürwortet die Resolution der Budgetkommission auf die Schaffung von neuen Assistenteilstellen sowie einer angemessenen Besörderungsmöglichkeit der Stationsdiätarc. Auch den Eisenbahn- arbeitern sollten die Mindestlöhne erhöht werden, ferner sollte die Ruhezeit verstärkt und die Nachtarbeit besser bezahlt werden. Abg. Windcck(Lothringer): Auch die Beamten müssen besser ge stellt werden, sowohl hinsichtlich der Gehalts- als auch hinsichtlich der Anstellungsverhältnisse. Abg. Dr. Wcrner-Gieszen(Wirtsch. Vg.): Die Anstellungs- Verhältnisse der Militäranwärter bei der Eisenbahnverwaltung be- dürfen einer baldigen und durchgreifenden Besserung. Auch die Be soldung ist nicht mehr ausreichend. Das Fahrpersonal ist heute voll kommen überlastet. Das beste wäre, die Ruhezeiten für alle Eisen- bahnbeamten reichsgesetzlich zu regeln. Abg. Delsor(Elsässer) fpricht sich für die Verbesserung der Eisen bahnverkehcsverhältnisie in den Reichslanden aus. Eisenbahnminister v. Brcitenbach weist auf die finanziellen Folgen der Erfüllung der Wünsche der Vorredner hin. Abg. Werner- Hersfeld(Antis.) bringt erneut Wünsche der Assistenten, Diätare und Werkmeister vor. � � Hierauf vertagt das HauS die Weiterberatung auf F r e i t a g, Schluß>/27 Uhr. Hbgcordmtenbaiiö. Ii2, Sitzung. Donnerstag, den 27. Februar 1913, nachmittag» 2 Uhr. Am Ministertisch: Dr. S h d o w. Die zweite Beratung des Etats der Bergverwaltung lvird fortgesetzt. Abg. Dr. Marco(natl., auf der Tribüne fast unverständlich) erörtert in längeren Ausführungen den Zusammenhang der günstigen Lage des Etats mit den außergewöhnlich günstigen Konjunkturver- hältnissen des Jahres 1912 und scheint einige kritische Bedenken zu äußern. Oberberghauptmann v. Belsen geht im einzelnen auf die AuS- sührungen des Vorredners ein, bleib! aber im Zusammenhang auf der Tribüne ebenfalls völlig unverständlich. Abg. Dr. Pachnicke(Vp.s: Die übersichtlichere Aufstellung des Etats, die der Landtag 1911 von der Bergverwaltung gefordert hat, ist inzwischen erfolgt. Ein zweiter damals geäußerter Wunsch auf Berechnung des im staatlichen Bergbau angelegten Kapitals und auf Wertfeststellung der aufgeschlossenen Felder ist unerfüllt geblieben. Daher läßt sich ein wirklich zuverlässiges Bild von der Rentabilität des preußischen Bergbaus nicht gewinnen.(Sehr richtig I links.)— Das Kaligesetz hat die Hoffnungen nicht erfüllt, die man darauf setzte. Es hat inzwischen eine für die Kaliindustrie ver- hängniövolle Vermehrung der Kalischächte stattgefunden. Das Kalisyndikat weist die Hauptschuld der Ausführung des Gesetzes zu, in der Tat aber sind die jetzigen Zustände durch eimge Bestimmungen des Gesetzes selbst herbeigeführt worden. Die Propaganda könnte mit viel mehr Erfolg im Auslande betrieben werden. Politische Organisationen müssen von den Propagandageldern ausgeschlossen sein.(Sehr richtig! links.) In bezug auf das Kohlensyndikat haben die Anschauungen in den Reihen der Konservativen sich geändert; man begünstigt heute dort das Syndikat in jeder Weise. Wir nehmen die Syndikate als etwas Gegebenes hin; fie können Nutzen stiften, aber auch Schaden anrichten. lvenn sie bloße Bereich erungszwecke verfolgen. Für uns kommr es darauf an. ob das Syndikatswesen eine wei)e Mäßigung bewahrt habe oder ob es amerikanische Proportionen annimmt.(Sehr richtig! links.) Diesen Standpunkt hat auch der Regierungsrat aus dem Reicks- schatzamt Dr. Fritz Kestner in seinem Buche über die Syndikate ein- genommen. Er legt auch die ganzen Zwangsmittel der Syndikate bloß, den Boykott usw. und beweist damit, daß Rücksichtslosigkeiten im wirtschaftlichen Kampf nicht nur auf feiten der Arbeiter vor- kommen. Wenn die Syndikate die notwendige Zurückhaltung nicht üben, wenn sie vorgehen als wen» sie Herren im Staate wären, so ist es sittliche Pflicht des Staates, ihnen Zügel anzulegen. Deshalb billigen wir den Austritt des Staates aus dem Kohlensyndikat als Protest gegen die Preispolitik des Syndikats, vor allem gegen die Ver- teuerung der Hausbrandkohle, die der Minister in der Zeit der allgemeine Teuerung in der Tat nicht verantworten konnte.(Sehr richtig! links.) Kohle ist das tägliche Brot der Industrie und durch diese gewaltige Verteuerung der Kohlenpreise, wie sie das Syndikat nach 1910 vorgenommen hat, ist auch die Industrie schwer geschädigt worden.(Sehr wahr! links.) Minister Sydow: Der Vorredner hat das Kaligesetz als Fehl- schlag bezeichnet. Aber der Zweck, die Verschleuderung des KaliS nach dem Auslande zu verhüten, ist erreicht worden. Die Bildung neuer Schächte wollte Preußen damals verboten haben, dem hat leider der Bundesrat nicht zugestimmt. Wie der übermäßigen Bildung von Schächten jetzt entgegengewirkt werden kann, darüber schweben noch Erhebungen.— Die Schätzung des Wertes der aufgeschlossenen Felder hat immer etwas Willkürliches und ist deshalb wenig ge- eignet als Grundlage zu einer Rentabilitätsberechnung. Auch bei der Bilanz der Eisenbahnen kommen keine geschätzten, sondern nur wirklich gezahlte Werte in Anrechnung.— Auf die allgemeine Syndikatsfrage will ich mit Rücksicht auf die Geschäftslage nicht ein- gehen. In Summa bin ich syudikatsfreundlich und hoffe, eS wird mir bei erneuten Verhandlungen mit dem Kohlensyndikat gelingen, dem Staate eine etwas kräftigere Stellung zu gewinnen als bisher. (Bravo !) Abg. Spinzig(fk.): Es ist eine bedauerliche Tatsache, daß wir einen sehr großen Teil unseres Roheisenbedarfs aus dem Auslande beziehen. Auch ist erst in letzter Zeit eine vermehrte Beteiligung dccitschen Kapitals an der Eisenerzgewinuung im Ausland festzustellen. Mit dem Minister sind wir der Meinung, daß er sich im Interesse der Allgemeinheit einen Einfluß auf das Kohlensyndikat wahren soll. Im allgemeinen muß aber festgestellt werden, daß das Syndikat in der Preispolitik einen mäßigenden Einfluß ausgeübt und die Pro- duktion in Grenzen gehalten hat, so daß sie mir der Aufnahmefähig- keit des Konsums im Einklang stand. Die Preissteigerungen des Syndikats sind gegenüber den Preissteigerungen im Ausland durch- aus bescheiden gewesen. Die Preissteigerung steht im Zusammen- hang m»t den erheblichen Lohnerhöhungen, die inzwischen erfolgt find. Wir hoffen daher, daß der Staar wieder Anschluß an das Kohlensyndikat finden möge. Abg. Leinrrt(Soz.): ES ist unbestreitbar, daß sich der Bergbau jetzt in glän- zender Konjunktur befindet. Um so despotischer macht sich die Organisation der B e r g h e r r e n bemerkbar.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Auch die Konzentration des großen Grubenkapitals macht dabei unaufhaltsame Fortschritte. 11 große Konzerne beherrschen den Ruhrbergbau, die von Schächten 402 umfassen und von 363 000 Arbeitern 290 000 im Jahre 1911 beschäftigt hatten, d. h. 80 Proz. der Arbeiter im Ruhrberg- bau. Die anderen 20 Proz. werden von 33 Unternehmungen be- schäftigt. Von diesen 11 Unternehmungen sind eS 5, die 167000 Arbeiter, d. h. allein die Hälfte aller Arbeiter im Ruhrgebiet beschäftigen. Dem gegenüber ist der Anteil des FiSkus am Ruhrbergbau außerordent- lich bescheiden, er umsaßt nur 14 Schächte mit 12L00 Arbeitern. Diese Zustände bedeuten die Anhäufung einer ungeheuren Macht in wenige» Hände» und daS wird um so bedenklicher, wenn man berücksichtigt, daß die Kohle daS Urprodukt unserer ganzen Existenz bildet. Aehnliche Ver- bältnisse entwickeln sich in Oberschlesien . Im Saarrevier war bisher der Fiskus vorherrschend, aber wenn erst die privat- kapitalistischen Unternehmungen in der Nähe des Saargebiets mehr ausgestaltet sind, kommt dort der Fiskus sicher in diefelbe Lage, in die er im Ruhrgebiet gekommen ist. Der wirtschaftliche Einfluß der Grubenherren im Ruhrgebiet ist ungemein groß und damit natürlich auch ihr politischer Einfluß. Durch ihren Zechenverband beherrsche» die Grubcnherren die Arbeiter. Der Arbeitsnachweis im Zechenverband ist eine Organisation, die an sich unparteiifch zu ftlnktionieren scheint. Aber es kommt nicht darauf an, ob dieser Arbeitsnachweis einen Arbeiter vermittelt, sondern ob der Betrieb den Arbeiter auch nehmen will, und da kann der Arbeiter hundertmal vermittelt werden, wenn er auf der schwarzen Liste steht, kommt er nicht in den Betrieb nach den Bedingungen, die der Zechenverband aufgestellt hat. Der Bergbauliche V e r e i n bat einerseits große Verdienste in bezug auf die Erforschung wissenschaftlicher Fragen und hat andererseits die Stellung der Bergherren im Wirtschaftsleben und in der Gesetzgebung zu orien- tieren. Dazu kommt dann noch das K o h l e n f y n d i k a t, das den Absatz der Werksprodukle regelt, ihren Verkauf herbeiführt und damit zugleich einen großen Teil der Handels-, Sckiffahrts- und ver- schiedener anderer Betriebe vollständig beherrscht. Hier ist ein Staat im Staate errichtet, mit großer Gewalt, mit hohen politischen Interessen.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Wenn das Problem erörtert wird, wie eS denkbar sei, dem über- ragenden Einfluß des privaten Bergbaues in der Volkswirtschaft, Sozialpolitik und Politik entgegenzutreten, stößt man auf den Ein- wand, daß vor dem Privateigentum unter allen Umständen Halt gemacht werden müsse. Und doch ist diese Organisation außer- ordentlich verhängnisvoll auch für den Staat. Es kann dahin kommen, daß der Fiskus sich mit Beamten in seinem Betriebe bescheiden muß, die der private Bergbau nicht haben will oder die o viel Idealismus besitzen, trotz der verlockenden Angebote deö privaten Bergbaues im staatlichen Bergbau zu bleiben. Diesem großen Einfluß der Bergherren wird nur entgegenwirken können die Enteignung des Privatbesitzes. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Der Eintritt des Fiskus in das Kohlensyndikat sollte ausgleichend wirken, sagte man. Ich habe von vornherein dazu kein Vertrauen gehabt. Ich habe gleich gesagt, wenn erst einmal die Beamten den gerissenen Geschäftsleuten des Kohlensyndikats in die Hände fallen, so wird der Fiskus der- jenige sein, der die ganze Verantwortung nach außen zu übernehmen bat und die Leute machen das Geschäft. So ist die Sache auch wirklich gekommen. Für das Kohlensyndikat ist es von höchster Wichtigkeit, ob der FiSkuS in das Syndikat eintritt, nicht etwa aus dem Grunde, damit der Fiskus ihm keine Konkurrenz macht— die ist nicht so groß— sondern für das Syndikat kommt es darauf an, daß es sagen kann: alles, ivas wir machen geschieht unter Billigung, Duldung und Mitwirkung des preußischen Staates. -(Sehr wahr! bei den Sozial- demokraten.) Es wird dadurch nach außen der Eindruck erweckt, nls wenn das Syndikat vom preußischen Staat geführt werde. In der Tat werden io die Herren im Syndikat die Beherrscher auch des staatlichen Bergbaus. Als der Staat in das Syndikat ein- trat, war es in bedrängter Lage, lveil eine Preiserhöhung bevor- stand. Es hatte ein Interesse daran, den Staat in diese Preiser- höhung hereinzuziehen. Im Dezeniber 1911 wurde davon gesprochen, daß die Kohlenpreise um 25 Pfennig erhöht werden sollten und als der Fiskus im Syndikat ivar, wurden vom April 1912 bis 1. April 1913 die Kohlenpreise gleich um 1 M. erhöht. Nach dem 31. März 1913 hat man wieder eine Erhöhung um 60 Pf. beschlossen, und das war die Ursache, daß der Minister dem Syndikat den Rücken gedreht hat. Man konnte ihm allerdings nicht zumuten, angesichts der ungeheuren Berteuenmg der Lebensmittel auch noch seine Hand zu bieten zu einer Bertcucrung der HauSbrandkohlc. Der Austritt des Ministers ist dem Syndikat deshalb so unangenehm, well es nun in der Oeffentlickkeit keine genügende Begründung für die Erhöhung der Kohlenpreise geben kann. Man sagt allerdings, die Löhne steigen, die Arbeiter verlangen erhöhte Löhne. Das ist richtig und ganz selbstverständlich, aber den Beweis, daß die Kohlenpreiserhöhung in höhere Löhne umgesetzt wird, kann man uns natürlich nicht erbringen.(Sehr wahr! bei den Sozial- demokraten.) Nun ist es interessant, was die Bergherren dem FiskuS vorwerfen. In einem Artikel aus der„Post" vom 25. Oktober 1912 heißt eS:„Es wurde bisher dem Bergfiskus nachgesagt, daß cr ähn- lichen Preistendenzen huldige, wie der private Bergbau. Der preußische Landtag hat auf Antrag von Pappenheim am 1. März 1910 beschlossen, eine Unterkommission einzusetzen mit dem Auftrag, zu prüfen, in welcher Weise die staatliche Bergwerksverwaltuvg unbeschadet ihrer volkswirtschaftlichen und sozialpolitischen Aufgaben einträg- licher als bisher gemacht werden könnte. Diese Unterkommission hätte sich ihre Arbeit sparen können, ivenn man schon vor zwei Jahren gewußt hätte, daß der Bergfiskus, wie eS sich jetzt herausstellt, eine Preispolitik verfolgt, die derjenigen der Privat- industrie entgegengesetzt ist." Also die Herren vom Privatbergbau rnd der Meinung gewesen, die Unterkommission sei dazu gewesen, zeit fiskalischen Bergbau d e in Privatbergbau in der Preispolitik zu unterstellen. Das ist aller- dings das Ziel der Untersuchung nicht gewesen, sondern es sollte untersucht werden, ob nicht in der gairzen Struktur des staatlichen Betriebes Fehler vorliege», die eine bessere Rentabilität verhindern. Der Artikel der„Post" behauptet, der FiSkus schüre dadurch, daß er einigen Betrieben billigere Kohle liefere, die Uneinigkeit auf Kosten der Gesamtheit der Steuerzahler. Mit solchen ethischen Gründen kommt man, wenn der Fiskus die Räuberpolitik des Kohlenfyndikats nicht mitmachen will! Man beschuldigt auch den Fiskus der Doppel- züngigkeit und behauptet, er selbst habe die Preise für Haus- brandkohle erhöht. Nun sagt Abg. v. Hasfell, auch die Konservativen eien gegen Auswüchse. Nun das Kohlensyndikat an sich mir seiner übergroßen wirtschaftlichen Macht ist ein einziger großer Auswuchs. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wer Syndikate will, muß auch ihre Auswüchse in Kalif nehme». Bekanntlich wurde auf Anregung des Reichstages kürzlich eine Kartellenquete vorgenommen. Aber bezeichnenderiveise wurde der R e i ch s b c a m t e, der diese Enquete zu bearbeiten hat, vom StnhlwertSvrrband für 100 000 M. wcgcngagirrt. (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Man wollte seine Kenntnifie den Syndikaten nutzbar machen. Nach einiger Zeit wurde er ent- lassen, abir gegen die Bedingung, niemals wieder als Beamter gegen das Syndikat zu arbeiten. (Hört! hört! bei den Sozial- demokraten.) Vielleicht wird auch Dr. Kestner mit seinen großen Kenntnissen von diesen Herren einmal engagiert und !za»iit für sie unschädlich gemacht. Es ist richtig. daß die Kohlenproduktion rakch ansteigt. Aber das liegt durchaus nicht im Interesse der deutschen Arbeiter. 11 Prozent aller Berg- arbeiter in Rheinland-Westfalen sind Ausländer. Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Nur im Interesse der Grubenkapitalisten liegt diese starke Steigerung unserer Kohlen- Produktion. Für die Absatzmöglichkeit dieser Kohlenmengen sind billige Ausfuhrtarife vorgesehen. Besser wäre es, für billige Tarife im I n l a n d e zu sorgen, damit ,. B. die nieder- schtesische Kohle leichter verwertet werden kann. Aber davon will das Syndikat nichts wissen, denn das würde ja den deutschen Konsumenten z u g u t e k o m m e n! Dr. Kestner schildert sehr zutreffend, wie das� Kohlensyndikat je nach Belieben ausländische Industrien durch Ausluhrverglllungen begünstigt ohne Rückficht auf die Bedürfnisse der deutsche» Industrie. (Hört! hört! b. d. Soz.) Herr Brust hat Arm in Arm mit dem Scharsmacher Hirsch-Essen(Hört l hört! bei den Sozialdemokraten) die Verteuerung der Hausbrand- kohle als ganz unerheblich bezeichnet. Nur 2.50 M. im Jahr! Nach beiden Herren sollen die Arbeiter bereit sein, diese kleine Verteuerung zu tragen, denn die käme ja ihren Kameraden als Lohnerhöhungen zu gute.(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Dabei könnten angesichts der sieigendcn Riescngcwinne schon bei den heutigen Kohlenpreiscn viel höhere Löhne gezahlt werden.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten. Abg. Dr. Röchling: Welches Kapital ist auch hineingesteckt�) DaS weiß ich doch nicht, ich bin kein Kapitalist.(Große Heiterkeit.) Wenn für den Arbeiter eine Verteuerung um 2,50 M. nichts ausmachen soll, dann macht es erst recht nichts aus, wenn die Riesengewimie� der Gruben- kapitalisten etwas beschnitten werden.(Sehr wahr! bei den Soz. Abg. K n u p e: Die Gewerkschaftsbeiträge sind viel höher!) DieGewerkschafls- beitrüge stehen in gar keinem Verhältnis zu den Aufwendungen der Kapital! sie u für die Bekämpfung der Arbeiter.(Sehe wahr! bei den Sozialdemokraten.) Und Arm in Arm mit diesen Kapitalisten geht Herr Brust! Das wird ihm unvergessen bleiben. Das Kohlensyndikat ist eine außerordentlich gefährliche Organisation. (Hu!- Hu!- Rufe bei den Nationalliberalen.> Das beweist Regie- rungsrat Dr. Kestner durchaus überzeugend.(Lachen bei den National- liberalen.) Uns ist das in keiner Weise lächerlich. Das Kohlen- syndikat ist mindestens ebenso reif für die Verstaatlichung wie der Absatz des Petroleums.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Die terroristischen Mittel, die das Kohlensyndikat anwendet, um sich den Absatz zu monopolisieren, können von keiner anderen Organisation überlroffen werden. Jetzt strebt das Kohlen- syndikat dahin, sich die Staatsbetriebe dienstbar zu machen, die Kohlen verbrauchen.(Abg. K n u p e: Schrecklich!) Gewiß toäre eS schrecklich, wenn es dem Kohlensyndikat gelänge, seinen stärksten Gegner, den preußischen Fiskus, kleinzukriegen. Auch wir wehren uns au sich nicht gegen die Entwickelung zum Großbetrieb. Aber in unserem Staate würde der Nutzen dieser Großbetriebe nicht einzelne» Privattapitalisten zugute kommen, sondern der Gesamtheit. Soll die Macht des Kohlensyndikats gebrochen werden, dann bleibt nichts übrig als die Beseitigung des Privatkapitalismus aus dem gesamten Kohlenbergbau. (Beifall bei den Sozialdemokraten.) DaS Haus vertagt sich. Abg. Brust(Z.) bestreitet, sich mit dem Abg. Hirsch-Essen für eine Verteuerung der Hausbrandkohle ausgesprochen zu haben. Abg. Leinert: Es stand im Bericht der„Germania ". Nächste Sitzung: Freitag 10 Uhr. Fortsetzung. Schluß 6 Uhr._ parlamentarisches. Aus deutsche« Kolonien. Die Budgetkominission de» Reichstages setzte in der Donners- tagssitzung die Beratung des Etats für Ostafrika fort. Der Kommission liegt ein schriftlich abgefaßtes Urteil des neuen Gouverneur» Dr. Schnee vor, das gründlich mit dem Schwindel aufräumt, alö ob am Kilimandscharo und am Maruberge Weiße in nennenswerter Anzahl sich ansiedeln lönnen. Der Gouverneur warnt die deutsche Presse, noch länger von einer Besiedelunasmöglichkeit durch Kleinsiedler zu sprechen. Der Baumwollbau darf gleichfalls am Kilimandscharo als gescheitert gelten, die Viehzucht wird durch Küstenfieber und Rinderpest enonn gehemmt, nur der Kaffeebau weist Fortschritte auf. Der Konservative v. Böhlendorfs trat für die Planiagen- kultur im Gegensatz zu den Sozialdemokraten ein.— Der Volks- parteiler B r a b a n d trat für den Zwang zur Arbeit bei den Negern ein: die Steuerzahlung sei eine» der Mittel dazu.— Abg. Erz- berger: Die Angabe, daß in 26 Jahren 150 000 Ein- geborene bei Strafexpeditionen niedergen, acht worden sind, halte er aufrecht. Allein in den Jahren 1905/06 seien anläßlich der Niederwerfung der Aufstände 50- bis 6 0 000 Menschenleben Vernichret worden. Ganze Dörfer wurden niedergebrannt und ganze Stämme ausgerottet. Sogar Kinder im Alter von zwölf Jahren wurden zur Hüttensteuer herangezogen. Genosse Ledebour: Früher habe man sogar davon gesprochen, 2,5 Millionen Deutsche in Ollaftika anzusiedeln. Diese Phantasie ist nun gründlich zerstört. Daß die Freisinnigen noch kolonial- schwärmerischer sich gebärden als die Regierung, sei doch bemerkenswert. Energische Förderung verdiene jedoch die Eingeborenenkulrur. Redner begründete einen sozialdemokratischen Antrag, der Reichs» kanzler solle dafür sorgen, daß in dem Entwurf des Reichshaus- Haltsetats sür das Rechnungsjahr 1914 größere Mittel zum Bau und zur Unterhaltung von Hospitälern für Eingeborene eingestellt werden. Sraatsselrelär Dr. Solf erklärte folgendes: von 1389— 1902 sind 242 Weiße gefallen, außerdem 1068 schwarze Angehörige der Schutztruppe und 600 Hilfskräfte. Von 1903/12 sind 10 800 Reg er im Kampfe gefallen, von 1889/02 nach ungenauen Angaben 15 400. Einem Gesamtverlust von 26 200 Eingeborenen stehen so- mit 242 getötete Weiße und 1648 farbige Schutztruppen gegenüber. Die Syphilis sei durch den Berkehr auf allen Wegen eingeführt worden. Die P r o stitu t i on werde durch behördliche Kontrolle und durch Kasernierung in Schranken zu halten gesucht.— Der Rationalliberale v. R i ch t h o f e n versuchte, das Urteil des Gou- Verneurs Schnee zu entkräften.— Staatssekretär Solf widersprach lebhast den Ausführungen Richthosenö. Das Urteil des Gouverneurs stütze sich auf solche Tat- fachen und Dokumente, daß es nicht erschüttert werden könne. Genosse N o s k e betonte, daß auch die Zahlen der Regierung über die Menschenverluste in Ostafrika »och grauenhaft genug seien, auch wenn die Angaben Erzbergcrs nicht stimmen sollten. Das Nieder- knallen schlecht bewaffneter Menschenmassen sei eine entsetzliche Barbarei.— Abg. Erzberger : Es sei nicht richtig, von Kämpfen zu sprechen. In Wahrheit werden die Eingeborenen zusammengetrieben und dann massenhaft niedergeknallt. Erzberger schilderte diese grauenhaften Menschenjagden, wie die armen Schwarzen meistens auf der Flucht wie Hasen zusammengeschossen werden. Im Interesse des Ansehens Deuichlands und auch im Namen des Christentums müßte der schärfste Protest erhoben werden gegen solche Menschenschlächtereien; die Macht der militärttchen Befehlshaber sei zu brechen. Ein alter Schutztruppenofslzler habe erst kürzlich ihm gesagt: Ostafrika ist die Schwerter-Orden-Plantagen- Kolonie. Dort„verdienen" sich die Offiziere die Orden mit ge- kreuzten Schwertern verziert.— Staatssekretär Dr. S o I f protestlerte dagegen, die Schutztruppe als„schwarzen Mann hlnzustellen.— Genosse NoSke freute sich, daß die Sozialdemokratie bei der Be- lämpfung der Menschenjagden in den Kolonien nun auch vom Zentrum lebhast unterstützt werde. Major Dommtl und seine Ossi- ziere schieden nach solchen M-nschenjagden mit dem Jägergruß „Weidmanns Heil!"— Die Beratung wird am Freitag fort- gesetzt._. Das Petrolcummonopol. In der Reichstagskommission wurde am Donnerstag zunächst über einen Antrag des Zentrums verhandelt, nach dem Jahres- bericht und Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnu»? durch vom Rechnungshof des Reiches zu ernennende Bücherrevisoren geprüft werden sollen. Außerdem soll der Reichstag das Recht haben, den Geschäftsbetrieb der Gesellschaft durch den Rechnungshof oder elne besondere Kommiftion einer Prüfung unterziehen zu lassen. Für den Antrag erklärten Irch die>soz,aldemokraten und Konservativen, weil dadurch dem Reichstage ein erweiterte« Kontrollrecht gewährt würde; dagegen stimmten die Liberalen, weil der Antrag die Ge- schaftssührung erschwere.— Auf Antrag der Liberalen wurde be- schlössen, daß der Geschäftsbericht der Gesellschaft dem Reichstage jedes Jahr vorgelegt werden muß. Sodann wurde abgestimmt über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats. Zunächst wurde mit den Stimmen des Zentrums und der Sozialdemokratie beschlossen, daß der Aufilchts- rat aus 21 Mitgliedern bestehen soll. Sodann wurde der Antrag der Sozialdemokraten gegen die Stimmen der Liberalen ange- nommen. nach welchem dem AussichtSrar fünf Mitglieder des Reichstag angehören müssen.(Die Liberalen wollten die Reichs- tagsmitglieder nur als b e r a t e n d e Mitglieder des AuftrchtsrateS zulassen.) Angenommen wurde weiter der Antrag der Sozial-
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