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Tic Kundgebungen im Reich. In Frankfurt a. M. protestierten die Parteigenossen in » i c r stark bcsuchten�Vcrsammlungen gegen den Riistnngswctteifcr lind gegen die neue Steucrbclastung. Tie Referenten sprachen im Sinn unserer Forderungen für Errichtung der Miliz zur Landes Verteidigung und für Verständigung der Staaten zur Beschränkung der Rüstungen. Tie Sozialdemokratie werde ihre ganze Kraft auf wenden, um die Vorlagen zu Fall zu bringen. In neun stark besuchten Volksversammlungen protestierte di Dresdener Arbeiterschaft gegen die ungeheuerlichen Heeres. forderungen. In der angenommenen Resolution wird auch gesagt. dag die Greuel des Balkan krieges jeden vernünftigen Menschen veranlassen müßten, zu fordern, daß den Rüstungen mit aller Energie entgegengetreten wird. Neue Rüstungen vcr schärfen die Kriegsgefahr. Die Leipziger Arbeiterschaft nahm in sieben glänzend besuchten Versammlungen Stellung gegen die neue» Rüstungsvor» lagen und protestierte u. a. auch gegen den schwindelhaften Versuch, eine wirkliche Lösung der Deckungsfrage zu umgehen durch allerlei unzureichende und bedenkliche AusfluchtSmittel. durch die zum Teil wieder der Konsum der Massen, der Geschäftsverkehr und der Mittelstand belastet werden. Sie fordert für den Fall der BeWilli- gung der Heeresvorlagen die Deckung der Kosten durch pro gressive Besteuerung des Vermögens und des Erbes von Reichs wegen. ver Blafyiaufnif der Partei Drehscheibe. Nach dementschiedenen" ist nun auch noch der pflaumen weichere Liberalismus mit einem Wahlaufruf an die Oeffenb lichkeit getreten. Verrät er auch nichts Neues, Unerwartetes, fo enthüllt er doch von neuem die unsägliche politische Jämmer- lichkeit der unter der Schwindclfirmaliberal" ihre politi- scheu Geschäfte treibenden Partei der Schlotbarone. Unver­besserliche Optimisten haben uns noch vor Monaten erzählen wollen, daß die Nationalliberalen nicht allein die Vertretung des Großkapitals seien, sondern auch die Wortführer zahl- reicher Intellektueller. Träfe das zu, so bewiese das nichts als den totalen Bankerott unseresgebildeten" Bürgertums. Denn was fordert der in Magdeburg beschlossene Wahlaufruf? Eine wirkliche Reform? Auch nur eine Milderung des schnöden Geldsackwahlrechts? Ganz und gar nicht, er fordert lediglich das direkte und geheime Wahlrecht. Daneben aber auch die Aufhebung der Drittelung nach Urwahl-, d. h. kleinen Bezirken! Der National- liberalismus ist also noch reaktionärer als das Zentrum. Und da setzte sich Herr Friedberg noch aufs hohe Pferd, um die Regierung abzurüfseln, daß sie nicht schon längst den Nationalliberalen das i h n e n auf den Leib geschnittene Wahl- recht beschert habe. Köstlich war das Geständnis des Landtagsabgeordneten L o h mann. Hatte schon Herr Fxiedberg es als die schlimmst«Schlacke" des Dreiklassensystems bezeichnet, daß die Urwahldrittelung wenigstens hier und da einmal das Prinzip der Verweisung der nichtbesitzenden Schichten in die dritte Klasse der absolut rechtlosen Wahlrechts- Heloten durchbreche, so gab Herr Lohmann seinen Schmerzen noch drastischeren Ausdruck.Fordern wir", so sagte er,nur das direkte und geheime Wahlrecht ohne Beseitigung der Drittelung in den Urwahlbezirken, dann liefern wir sämt- liche Groß- und Mittelstädte der Sozialdemokratie ans und sind als Partei für alle Zeiten erledigt! Deshalb also lieber strengste, lückenloseste Geltendmachung des Geldsackivahlrechts totale Entrechtung der 2% Millionen preußischer Sozial­demokraten, Hinauswurf auch des letzten sozialdemokrati- schen Abgeordneten! Und diese Partei schimpft sich liberal! Offenbar, um weitere rednerische Blamagen zu verhüten, wurde dann schleunigst die Debatte geschlossen und die ur- reaktionäre Forderung des Wahlaufrufs gegen nur 5 Stim­men angenommen! Auch sonst brach der wütende Haß gegen die Vwksrechte jäh durch den Phrasendunst der Reden. Herr Friedberg namentlich konnte sich nicht genug darin tun, die Sozial- demokraten als wahren Auswurf der Menschheit zu schildern, deren wüstes Auftreten den junkerlichen Gegendruck nur zu erklärlich mache. Unter brünstigem Liebeswerben uin die Gunst der ach so spröden Junker und eifersüchtigem Schmälen auf daS begünstigte Zentrum proklamierte'-er wieder einmal die Notwendigkeit des Znsammeirschlusses allerstaats- erhaltenden" Parteien. Um den Wahlausruf vollends zu einer Kriegserklärung an die Volksmassen zu stempeln, wurde ihm auch die Forde- rung eines stärkeren Schutzes der Arbeits- willigen einverleibt. Sein klarer Sinn ist also: Voll- endung der politischen Entrechtung der Arbeiterklasse und Kndbelung ihrer gewerkschaftlichen Betätigung. Ob es auch jetzt noch Käuze geben wird, die mit offenen Augen träumen von einem Block von Liebknecht bis Fricdberg? Sie nationalliberale Partei und die Ißeeresvorlage. Der nationallibernlen Partei bietet die neue Heeresvorlage eine vorzügliche Gelegenheit, ihren weltpolitischen Patriotismus zu bekunden und sich in den Kreisen der Stahl-, Kanonen-, Panzer- platten- und Munitionsfabrikanten wie auch der nach vorteilhaften überseeischen Geldanlagemärkten verlangenden hohen Bankfinanz in empfehlende Erinnerung zu bringen. So wenig auch bisher die nationalliberalen Fraktionen� des Reichstage? und Abgeordneten- Hauses auf sozialpolitischem Gebiet geleistet haben, geht dieses Wenige doch den rheinisch-westfälischen Eisen- und Stahlbaronen viel zu weit. Immer wieder ist deshalb in den letzten Jahren der na- tionalliberalen Reichstagsfraktion von den Obermachern des Zen - trawerbandes Deutscher Industrieller vorgeworfen worden, daß sie nicht nur geholfen hätte, der Großindustrie ungebührliche sozial- politische Lasten aufzubürden, sondern daß sie auch nicht das min- doste Verständnis für die Aufrechterhaltung strenger Disziplin in den industriellen Betrieben besäße. Mehrfach drohten sogar die Herren Großindustriellen den nationalliberalen Führern, der natio- nalliberalen Parteikasse, falls diewiderliche Umschmeichelung der Massen" nicht aufhöre, die bisher gezahlten Subsidien zu ent- ziehen. Besonders wurde Herr Bassermann, der geniale Aller- weltsstratege des Nationalliberalismus, von den rechtsnational- liberalen Großindustriellen wegen seines politischen Dilettantismus verhöhnt. Wie oft hat ihn nicht noch in allerletzter Zeit die Rhein.-Westf. Ztg.", daZ Blatt der Zechen- und Hüttenmagnaten, cn canaille behandelt und seine staatsmännisch gespreizten Allüren bespöttelt. Diese halbverlorene Gunst der rheinisch-westfälischen Groß- industrie und der Bankfinanz zurückzuerobern, dazu bietet die neue Militärvorlage das beste Mittel. Wenn die nationalliberale Partei ür diese im Parlament mit aller Energie eintritt, dann werden ihr gerne von den Patrioten des mobilen Kapitals willig so manche Disziplinsünden verziehen. Daher haben die Leiter den nationalliberalen Parteitag, der gestern in Hannover abgehalten wurde, mit der Inszenierung einer Massenkundgebung eingeleitet, wobei Herr Bassermann selbst in höchst. eigener Person di« Hauptrolle übernommen hatte. Mit gut ge- meintet Wehmut gedachte er in seiner großen Rede der schönen Zeiten, als noch Bismarck regierte und derarditer rnundi, der Weltschiedsrichter und der leitend« Staatsmann für ganz Europa" war. Dann lobte er Fürst Bülow und Tirpitz. da siemit aller Macht in die Weltpolitik hineingesteuert" hätten, und sprach die Ueberzeugung aus, daß, wenn nicht das Deutsche Reich bereits eine so starke Flotte und nicht in Fürst Bülow und Tirpitz zielbewußte und vorsichlige, aber auch energische Staatsmänner gehabt hätte, England es sichdoch übrrlegthätte, ob es nicht an der Zeit wäre, rechtzeitsg die deutsche Flotte niederzuschlagen". Das ist nicht geschehen und nun sei der Angriff auf die deutsch « Flotte für England selbst vielleicht mit zu großen Gefahren verbunden. Deshalb sei unsere starke Flotte heute die stärkste Friedensgarantie."(Stürmischer Beifall.) Nach allerlei Ausführungen über die Marokkoaffäre und den Kampf auf der Balkanhalbinsel erkärte Bassermann, daß eine starke Verschiebung und Verschlechterung der internationalen Lage, und zwar besonders für Deutschland , stattgefunden habe. Deshalb sei eine starke Ver- mehrung der deutschen HeereSmacht nötig, und deshalb sei auch die nationalliberale Reichstagsfraktion bereit,auf den Boden der allgemeinen Wehrpflicht zu treten" und die ge. stellten Forderungen zu bewilligen.(Erneuter stürmischer Beifall.) Auch die Deckungsvorlagen werde die nationalliberale Fraktion betvilligen; nur mit denveredelten" Matrikularbeiträgen" sei sie nicht einverstanden. Mit erhobener Stimme versicherte Bassermann: Der Standpunkt der nationalliberalen Partei ist der. daß sie die Einführung einer allgemeinen Besitzsteuer, einer Reichsverinögens- oder Reichserb- s ch a f t s st e u e r nach wie vor als eine Notwendigkeit betrachtet."(Stürmischer Beifall.) Als eine Vorbedingung für die Zustimmung der national- liberalen Reichstagsfraktion zu den Teckungsvorschlägen stellte Bassermann diese Forderung freilich nicht hin, und nach den bis- herigen Erfahrungen ist keineswegs ausgeschlossen, daß man schließ- lich im nationalliberalen Lager auch auf diese letzte Einwendung ver- zichtet natürlich nur aus vaterländischen Gründen. Bereits sind Zentrum und konservative Partei dabei, an dieeinsichtsvollen" Führer des Nationalliberalismus mit patriotischen Gründen zu apcllieren. Wer weiß, ob nicht am Ende gar aus dem T e ck u ng s schach e r die höhere nationale klerikal- konservativ-nationalliberale Treiheit hervor- geht._ Die Stzutari- Gefahr. TieNordd. Allgem. Ztg." schreibt: Tie Zustimmung aller Großmächte zu der Blockade der montenegrinischen Küste und ihre solidarische Durchführung beweist, daß Europa darin einig bleibt, dem Beschluß Achtung zu verschaffen, wonach Skntari albanisch wird. In Petersburg ist aiu Freitag den Vertretern der russischen Reichsduma von bc- rufener Seite erklärt worden, Montenegro werde Skntari nicht erhalten. König Nikolaus wird sich der Einsicht nicht verschließen können, daß für eine dauernde Er- Werbung Skntaris gegen den Willen der Großmächte die U m st ä n d e n i ch t g ü n st i g sind. Vorläufig aber bleibt Montenegro bei seiner Weigerung, dem Verlangen der Mächte zu willfahren. Tie Aufforderung des Admirals. Belgrad , 6. April. Der englische Vizeadmiral Ceeil Burney, der Befehlshaber der internationalen Flotte ist, hat an den montenegrinischen Mini st erPräsidenten ein Tele- gramm gerichtet, in dem es heißt:Tie Flotte ist erschienen, um gegen die Weigerung Montenegros , die Wünsche der Großmächte zu erfüllen, zu protestieren. Ich möchte die Auf- merksamkcit Euerer Exzellenz auf die Anwesenheit der inter - nationalen Flotte lenken, welche nicht nur bezeugt, daß die Groß- mächte einig sind, sondern auch, daß sie den Wunsch haben, daß ihre Entscheidungen unverzüglich angenommen werden. Ich bitte Sie, mir sofort mitzuteilen, daß Ihre Regierung bereit ist, die Wünsche der Großmächte zu erfüllen. Dir Antwort Montenegros . Cetinje , 6. April. (Amtlich.) Ter Minister- Präsident antwortete, er bedauere tief, eine internationale Flotte in den Gewässern von Montenegro zu dem Zwecke versammelt zu sehen, eine Pression auf Montenegro auszuüben. Montenegro habe seinen Standpunkt bereits in der an die Vertreter der Mächte gerichteten Mitteilung zum Ausdruck gebracht. Infolgedessen wiederhole er diese dem Admiral gegenüber und füge hinzu, daß trotz der Pression, die die Anwesenheit der Flotte in sich schließe. Montenegro von seiner Haltung, die den Erfordernissen des zwischen den Ver- bündeten und der Türkei bestehenden Kriegszustandes, wie auch dem seitens der Mächte bei Ausbruch der Feindselig- leiten proklamierten Ncutralitätsprinzip entspreche, nicht abgehen könne. Dieses Prinzip fei durch die Anwesenheit der internationalen Flotte in den Gewässern von Montenegro zum Nachteil Montenegros verletzt. panslanviMicke I?unc!gebungen in Zletersvurg. Petersburg. 6. April. Auf Initiative der Vereinigung der slawischen Gesellschaften wurden heute grossartige Kund- gedungen zugunsten der slawischen Sache in der Hauptstadt ver- anstaltet. Vom frühen Morgen bis zum Abend wimmelten die Hauptverkehrsstraßen von Menschen. Gegen 2 Uhr nachmittag» begann in der Kasanschen Kathedrale eine Messe für die Seelen der im Balkankrieg Gefallene», der viele Militärpersonen, Stuben- ten, Mitglieder der Duma, de» Reichsrates und die Mitglieder der slawischen Gesellschaften beiwohnten. Nach der Messe wurde ein öffentliches Gebet für den Erfolg der Waffen der Verbündeten verlesen. Der Platz vor der Kathedrale war dicht gefüllt mit Men- schen. Um 3 Uhr nachmittags begab sich die Menge, die auf mehrere tausend Personen angeschivollen war, in die Auferstehungskirche am Katharinenkanal. Fahnen mit den National- färben und ungeheure Plakate mit Inschriften:. Skutari für Monte- negro" undDas Kreuz auf die Hagia Sophia " wurden in der Ricnge getragen. Mit entblößtem Haupte näherten sich die Mani- Aschenkilm. ... Dieweil des Menschen Fürrecht Lachen ist. Rabelais . Tie Nörgler sind verstummt! Tie Nörgler liegen zu Boden geschmettert auf der Erde und wagen ihr Haupt nicht mehr zu er- heben! Eben hatten sie ihre Stimmen wieder laut ertönen lassen und schrien in alle Welt hinaus, daß Heeresrüstung und Flotten- bau heller, purer Wahnwitz sei und daß man statt vierzig Millionen für einen Dreadnought auszugeben, lieber, wie der Professor Czerny vorgeschlagen, hundert Krebsinstitute mit dem Geld bauen solle, um die jährliche Zahl der tOOtXX) Krebserkrankungen in Deutschland auf die Hälfte herabzumindern. Törichte Schwätzer! Was hülfen jetzt den europäischen Großmächten alle Krebsinstitute, ivenn sie keine Panzerschiffe hätten, iini Montenegro zur Räson zu bringen.Bitter not tut uns eine starke deutsche Flotte!" hat einmal ein hoher Herr gesagt und die Flottenaktion von Anti- van zeigt, wie klar und richtig er in die Zukunft geschaut hat. Hoch Tirpitz! Hoch der Flottenverein! Hoch Krupp und die Ger- mania-Werttl Auch alle jene Hetzer mit den niedrigen Jnstinklen, die da maulten, daß die Flottenrüstungen das gegenseitige Miß- trauen unter den Großmächten steigerten und so die Kriegsgefahr erhöhten, sie sind glänzend a<I absurdum geführt. Nicht gegen Deutschland richten sich Englands Panzerkolosse, nicht gegen Eng- land legt man in Deutschland Schlachtschiff um Schlachtschiff auf den Kiel, nicht an Italien denkt man, wenn ein österreichischer Fürchtenichts vom Stapel läuft, sondern die vielen, vielen, vielen Milliarden für Flottenbauten wurden nur gegen Montenegro aus- gegeben und die Formel 16: 10 bedeutet lediglick. daß wenn sechzehn Panzer mit dem Union-Jack in den Toppen vor Autivari erscheinen, sich ihnen zehn deutsche brüderlich gesellt anschließen. Die Monte- negriner vermögen nämlich aus eigenen�Stücken nicht einzusehe», warum sie nicht mit demselben Recht Skutari einnehme» sollen, mit dem die Deutschen anno 71 Paris und mit dem in unseren Tagen die Engländer Pretoria, die Japaner Port-Arthur und die Italiener Tripolis eingenommen haben. Sie sind halt noch weit in der Kultur zurück, die Söhne der Schwarzen Berge, und darum muß Europa ihnen mit Kriegsschiffen begreiflich machen, daß dem anderen noch lange nicht billig ist, was dem einen recht ist und daß man auch i» der Welipolitik die kleinen Gauner hängt, wo man die großen laufen läßt.(Met was dann, wenn die Monte- negriner aus fröhlicher Ueberzeugung heraus unwiderlegbar an- warten, daß ihr Nikita eben ein großer, sogar ein ganz großer Gauner sei?) Da nun die Czernagora, Säuglinge, Analphabeten, königliche Prinzen und Halbidioten eingerechnet. 250 000 Einwohner zählt, so können die geeinten Großmächte England, Frankreich , Teutschland, Oesterreich und Italien mit geringer Mühe 2500 Panzer- und Linienschiffe, Kreuzer und Torpedoboote an der monte- negrinischen Küste versammeln und wenn so auf je 100 Monte- negriner ein europäisches Kriegsschiff kommt, dann müssen die f alSstarrigsten doch klein beigeben. Und den Nörglern gegen die lottenrüstungen ist ein für allemal der Mund gestopft. Hoch Tirpitz! Hoch der Flottenverein! Hoch Halt! ruft da jemand dazwischen. Die Flottenaktion ist näm- lich dock? nicht daS einzige Mittel, S. M. Nikita I. von Skutari wegzubringen. Es gebt auch ohne Panzerschiffe. Alle Diplomaten nämlich, die ehedem die Ehre und das Vergnügen hatten in Eet- tiirje eine europäische Großmacht zu vertreten, bekamen außer ihrem Tagelohn noch Spielgelder amtlich angewiesen. Ter Herr- scher der schwarzen Berge liebte es nämlich, mit den beglaubigten Gesandten die Nächte beiMeine Tante, Deine Tante!",Gottes Segen bei Cohn!" und ähnlichen Gesellschaftsspielen totzuschlagen und liebte es noch mehr, dabei so mogeln klingt zu hart! so das Glück zu korrigieren, daß er längst den Titel eines Königs der Falschspieler verdiente, ehe er unter die Könige von Gottes Gnaden aufrückte. Tie Diplomaten, die mit Nikita am grünen Tuch saßen, mußten natürlich beide Augen zudrücken, wenn der Souverän mit gezinkten Karten arbeitete ober mit liebenS- würdiger Gelassenheit ein aus dem Aermel hervorholte; wer lange als Diplomat in Cettinjc saß, glich von diesem ständigen Augenzudrücken einem Maulwurf. Wie wäre es nun, wenn man statt des kleinen KreuzersBreslau " die Herren S t a l l m a n n und N i e m e l a mit einigen Kreuzern in der Tasche nach Monte- negro schickte, damit sie Niki Skutari beim Poker oder Makao abgewinnen, denn sie verstehen es sicher noch besser als er. Tann würden sie eine noch nützlichere Aufgabe erfüllen als heute, wo sie im Gerichtssaal ein Kolleg darüber lesen, wer und was und wie ein echter Kavalier ist. Er ist gar nicht stolz, der Baron Korff-König alias Stallmann, er hat mit Hoheiten und Prinzen und sogar mit adligen Husarenleutnants wie mit seinesgleichen verkehrt und scheut sich jetzt nicht, einem simplen Landgericht». Präsidenten und einem einfachen Staatsanwalt Aufklärungen über die Welt der Kavaliere, der Eleganz und des Chics zu erteilen. Er zieht nur die Augenbrauen ein wenig in die Höhe, der Herr Baron Korff-König, wenn der Vertreter der Anklage eine gar zu wenig weltmännische Frage stellt und zu einem der Beisitzer sieht er am liebsten gar nicht hin: der Mann trägt ja Röllchen! Dieser Baron wird auch mit dem montenegrinischen König fertig werden, und wenn er ein noch so großer Gauner ist. Vielleicht greift Herr v. B e t h m a n n H o l l w e g unsere Anregung auf, damit er in seiner angekündigten großen Rede am Montag wenig- stenS einen guten Gedanken hat. Wir liesern ihm sogar gern einen zweiten: um das autonome" Albanien nicht zu einem Zankapfel zwischen Italien und Oesterreich-Ungarn werden zu lassen, wäre es vielleicht am ge- ratenjten, es dem Pächter S o h st mit allen Vorloerken zu ver- pachten, der jetzt frei geworden ist und als Inhaber des Kronen- ordens vierter Wagenklasse einen Vorspruna vor den weniger aus- gezeichneten Thronprätendenten vom Schlage des Herzogs von Montpensier hat. Eine eigentümliche Geschichte mit dem Pächter Sohst: erst galt er als rauSgeschmissen und dann wird ihm ein Ordennachgeschmissen". Freilich will eine ganze Anzahl kleiner Beamter wegen dieser Ordensverleihung ihre Königstreue kün- digen. Sin Bahnhofvorsteher, der dreißig Jahre lang die Abfahrt des Personenzuges Cloppenburg Friesoythe Ramsloh Ockiolt dirigiert, wird beim liebertritt in den Stand der Pensionisten mit demKronen vierter" beglückt und ein Pächter, der nichts weiter geleistet hat. als daß ihn der Kaiser ein wenig despektierlich be- handelte, erhält dieselbe Auszeichnung! Wo bleibt da die Gerech- tigkeit? Das Allgemeine Ehrenzeichen hätte eS hier auch getan! Tie Nörgler von Beruf haben eS Wilhelm II. übel genommen. daß er nickit eine eklatante Genugtuung gewährt hat. Lächerlich! Wo dieRotte Menschen, nicht wert. Deutsche zu heißen" und die vaterlandslosen Gesellen" noch nicht einmal den Kronenorden be- kommen haben! Nock unverbesserlichere Nörgler haben sogar ge- meint, der Kaiser hätte sich mit seinem Ausdruck mäßigen sollen. Gut gesagt, aber wer einen Herrn wie den Flügeladjutanten Frei- Herrn v. Senden tagtäglich um sich bat, kann sich schon hier und da ein kräftiges Wort angewöhnen. Wenn diesem glänzenden Osfi- zier nämlich ein Eisenbahnunfall trifft, insofern ein Bürgerlicher ohne Uniform, Rang und Titel zu ihm ins Abteil erster Klasse ge- schoben wird(Herr Breitenbach, führen Sie, wie Amerika besondere Abteile für Schwarze hat. eine Eisenbabnklafie I> nur für Adlige eini, so wallt sein blaues Blut und er heischt schneidig, dag du Schweinerei" entfernt wird. Das ist das feudale Gegenstück zu einem bürgerlichen Eisenbahngeschichtchcn, in dem allerdings auch ein Herr von hohem Adel eine Nolle spielt. Ter stand, des Zuges harrend, auf dem Gleis« einer kleinen Station, und zwar jusi aus dem, das der nabende Zug benutzte. Schon war die heranbrau, ende Maschine nur mehr ein paar Meter entfernt, da sprang ein Eisen­bahnarbeiter hinzu und riß Seine Hochgeboren mit kräftigem prole­tarischem Ruck zur Seite. Unsanft berührt drehte sich der Gerettete um und schnarrte seinen Lebensretter an:Was sällt Ihnen ein, mein Lieber? Ist äh! äh! meine eigene Sache, ob uberfahren werde oder nicht. Verbitte mir Einmischung!"schon recht, mgte der Treuherzige,schon recht, Herr Graf! Aber wer schafft nachher die Schweinerei fort?""..... Ueberhaupt das Junkertum und die Frage, wer d.e.Schive,- nerei" einmal fortschafft! Wir fürchten, das deutsche Voll mutz sich dieser keineswegs angenehmen Arbeit unterziehen. Karl Ludwig.