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Nr. 81. 30. Jahrgang.

Beilage des Vorwärts" Berliner Volksblatt.

Montag, 7. April 1913.

Der Batriot, bevor die Bermögensabgabe befannt war und nachher.

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Mit Gott für König und Vaterland,

So flang's vor hundert Jahren, Als unsre Väter zornentbrannt

Den Flamberg schwangen in der Hand,

Das Preußenland zu wahren

Vor welscher Tück und Tyranei.

Ja, alle strömten sie herbei

Auf ihres Königs Rufen.

Man legte auf die Stufen

Des Altars seine Gaben hin,

Gab Silber und nahm Blei und 3inn;

Man schnitt sich ab das blonde Haar

Und brachte es als Opfer dar.

Das waren große Zeiten!

Der Väter Mut und Opferlust

Lebt auch in uns, der Enkel Brust.

In diesem Sinne, bitte ja,

Ein dreimal Hoch! Hurra, Hurra!"

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Gottesgnadentum.

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voluntas"( des Königs Wille ist das höchste Gesez) und der Bezeichnung Bismards als simplen handlanger Wilhelms I. fand oder, wie sein Entel ihn zu nennen beliebt, Wilhelms des " Großen".

Jawohl wir brauchen Militär, Viel mehr als wir schon hatten, Kanonen, Säbel und Gewehr; Biertausend Offiziere mehr,

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Das kommt uns sehr zu statten. Was?' ne Milliarde kost't der Spaß, Na ja, man zu, was macht denn das? Das Volk kann's ja berappen! Was? Meine braunen Lappen Wollt ihr besteuern ohne Scheu!? Nee, Kinder, nee, das wär' ja neu! Nu macht mir keene Wize

Mit Steuern vom Besize! Die Kurse sinken jeden Tag,

Ein Bankfrach folgt dem andern nach.

Es sind gar schlechte Zeiten!

Ich bin ein nationaler Mann, Doch an die Tasche kommt nicht ran. Nehmt, wenn ihr braucht Moneten, Sie nur von den Proleten!"

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wenn sich die Klerikalen Herren

Einer in die Lage kommen, daß er sich gezwungen sieht, Eines von Beiden zu wählen, nämlich entweder Gottes oder des Fürsten Ges welcher gebietet, dem Staiser zu geben, was des Kaisers ist, Gott bote zu verlegen, dann hat er Christo zu gehorchen, aber, was Gottes ist und nach dem Beispiele des Apostels Unter den altersgrauen Ueberlieferungen, die gleich Fossilien Uralt ist diese Gottesgnadentumsidee. Sie ist keineswegs, mutig zu antworten: Man muß Gott mehr gehorchen aus der Zeit der Saurier in die heutige neudeutsche Reichsherrlichkeit wie christliche" Staatsrechtstheoretiker behauptet haben, als den Menschen." haben, ein hineinragen, gehört die wundersame Lehre vom Gottesgnadentum: Erzeugnis christlichen oder judäischen Geistes. Sie hängt mit Deshalb findet die Gottesgnadenlehre, wie sie heute von den die albernste Parodie auf den gesunden Menschenverstand und doch dem Ahnenkult zusammen. Als direkte Nachkommen und irdische Konservativen aus politischen Gründen hergestammelt wird, denn auch gerade deshalb von den Konservativen als kostbarste Rarität ihrer Vertreter der uralten Stammesgötter genossen einst manche Könige selbst bei den katholischen Feudalen keine volle Billigung und christlichen" Staatslehre gehätschelt. In der Zeit des beginnenden eine Art göttlicher Verehrung, die sich manchmal bis zu direkter kann diese nicht finden, wenn Staatsabfolutismus nach und nach fast von allen Fürsten zur Anbetung steigerte. So galt der Inkaherrscher den Altperuanern nicht in direkten Widerspruch zur katholischen Kirchenlehre Glorifizierung ihrer Machtansprüche übernommen, hat diese schöne als Sohn der in männlicher Gestalt gedachten Sonne, und der ſezer wollen. Und noch weniger vermögen die Liberalen gemäßigter Lehre heute in den modernen Kulturstaaten, wenn sie auch teilweise mitado Japans leitet noch heute seinen Ursprung von Dschimmu- Tenno , und entschiedener Couleur sich zum offiziellen Gottesgnadentum zu pro forma noch fortbesteht, jegliche Bedeutung verloren; nur in dem gottgeborenen" mythischen Reichsgründer her. Der Mikado ist bekennen. Sie sind allzumal Vernunftmonarchiſien und ermangeln Rußland , einigen deutschen Kleinstaaten und vor allem in Preußen also göttlicher Abkunft. Das hat nicht verhindert, daß, wie auch des richtigen Glaubens. Eine um so liebevollere Pflegeſtätte hat in dem Fundlande so mancher politischen leberrefte, wird sie noch noch in neuerer Zeit so manche der Gottbegnadeten von ihren Wölfern neuerer Zeit zur Zeit der Quizows dachte auch der preußische immer mit geziemender Sorgfalt konserviert. Alle preußischen Dynasten gelöpft oder wegen unheilbarer Verstandesschwäche eingesperrt worden Adel ganz anders die wundersame Gottesgnadentumslehre bei der letzten Jahrhunderte waren Verehrer der Gottesgnadentums- Lehre, find, auch früher schon den japanischen Göttersöhnen übel mitgespielt den Konservativen gefunden. Sie haben sogar, um ihre Unter wie wenig sie sich auch zum Teil in geistiger Beziehung be- worden ist. So bemächtigten sich im 16. und 17. Jahrhundert in tänigkeit" nach oben zu bekunden, sich nicht zu verkneifen vermocht, sonderer göttlicher Begnadung zu rühmen vermochten. Von Friedrich I. Japan die Kronfeldherren aller politischen Gewalt und machten die in ihr heute noch gültiges Parteiprogramm vom 8. Dezember 1892, an, dem Begründer des preußischen Königtums, der in deutsch - Nachkommen des göttlichen Reichsgründers zu bloßen Puppen. in das sogenannte Tivoli- Programm, den schönen Satz aufzunehmen: patriotischer Gesinnung die Hof- und Mätressenwirtschaft von Ver­Die christlichen Fürsten wußten zunächst nichts vom Gottes- Wir wollen die Monarchie von Gottes Gnaden failles bis auf das Zipfelchen über dem i zu kopieren suchte, selbst qnadentum, bis im fünften Jahrhundert die Bischöfe anfingen, sich unangetastet erhalten wiffen." als er schon aus gewissen Gründen sich auf die platonische Liebe unter Berufung auf eine Stelle im 15. Kapitel des ersten Korinther Lehre unserer Junker nicht gelten; denn sie wie die ganze heutige Freilich als ganz stubenrein kann auch die Gottesgnadentums beschränken mußte, bis auf Friedrich Wilhelm IV. , dem mystischen briefes als Bischöfe von Gottes Gnaden( Dei gratia) zu bezeichnen; Lehre unserer Junker nicht gelten; denn sie wie die ganze heutige * Romantiker auf dem Throne der Zäsaren", dessen Gottesgnaden - ein Titel, der später, nachdem die Lehre von der christlichen Statt- christlich- konservative Staatslehre ist nicht den erlauchten Köpfen tümlichkeit im Jahre 1848, nachdem er noch kurze Zeit vorher von halterschaft des Papstes entstanden war, durch die Worte und eines hohen preußischen Adels entsproffen, sondern eines ge­oben herab verkündet hatte, daß er kein Blatt Papier zwischen seinem des Heiligen Stuhles Gnaden" wirkungsvoll ergänzt tauften bayerischen Juden, des Herrn Friedrich Julius Herrgott und seinem Land dulde, recht gründlich in die Brüche wurde. Und diesem schönen Beispiel folgten dann nach und nach, Stahl. Unzweifelhaft einer der besten Wize der Weltgeschichte, daß je mehr die Fürstengewalt stieg, die weltlichen Gewalthaber, von eine Partei von ausgesprochenem antisemitischen Charakter, die in Nur bei Friedrich II. , den preußische Hofgeschichtsschreiber den den Karolingern bis zu den neugebackenen Potentaten der kleinsten dem eben erwähnten Tivoli- Programm den Kampf gegen den Großen oder auch den Einzigen" genannt haben, soll nach libe- Raubstaaten. Die Gottesgnadenfirma" mußte jede dunkle Herkunft vielfach sich vordrängenden und zersetzenden jüdischen Einfluß raler Behauptung von einer Befangenheit in gottesgnadentümlichen decken. auf unser Voltsleben" als ihr heiliges Prinzip verkündet, sich ge­Anschauungen nichts vorhanden gewesen sein und zwar deshalb nicht, weil der Einzige" sich in äußerlicher Anpassung an den Auf- katholische Kirche. Eine gewisse Gottesbegnadung gesteht sie zwar auch Herren Georg Dertel und Frizz Bley existierten damals noch nicht- Besonderen Anspruch auf Gottesgnadentum erhebt natürlich die nötigt sieht, ihre Staatstheorien von einem sich vordrängenden" Besonderen Anspruch auf Gottesgnadentum erhebt natürlich die getauften Juden zu beziehen, da sie in ihren eigenen Reihen- die fläricht seiner Zeit selbst als premier serviteur de l'état"( ersten den weltlichen Potentaten ohne Rücksicht auf ihre Verstandeskräfte zu, nicht die nötigen Gehirnqualitäten aufzubringen vermochte. Und Diener des Staates) zu bezeichnen beliebte. Doch schon Herr Pro- aber deren Gottesgnadentum ist doch ziemlich minderwertiger Art. fessor Friedrich Julius Stahl , der konservative Spezialdekorateur des Denn erstens ist die Kirche direkt durch Gott selbst eingesetzt, Ironie über Jronie: dieser jüdische Theoretiker des christlichen preußischen Gottesgnadentums, hat darauf hingewiesen, daß dieses während die Fürstengewalt, wenn auch vom Himmel gegeben, welt- Staates blieb trop der Taufe allezeit zu zwei Dritteln unverbindliche Bekenntnis zum Vernunftmonarchismus mit der Re- licher Natur ist. Zweitens aber steht, wie schon der heilige Thomas Jude, dessen Christentum sich als ein gar seltsames Gemisch gierungsweise Friedrichs II. in stärkstem Widerspruch steht und der von Aquino herausgefunden hat, je de menschliche Gewalt von mittelalterlicher Mystik, Jahwekult und alttestamentlichem Einzige selbst in seiner Person die glorreichste Widerlegung seiner unter der Gewalt Gottes" und keiner mensch Legendenglauben darstellt, wie er denn auch feine Definition" ist. Und genau so viel wie diese liberale Legende ist lichen Gewalt darf man gegen Gott gehorchen" Gottesgnadentumslehre im wesentlichen auf den biblischen Bericht die andere wert, daß auch der Kaiser Friedrich III. nicht das Be- woraus sich nach der Kirchenlehre ergibt, daß die weltlichen Fürsten von der Erwählung Sauls in Irael stüßt. Zwar eine etwas un­wußtsein seines Gottesgnadentums gehabt habe. trog ihres Gottesgnadentums nicht nur den Geboten der katholischen sichere Grundlage, zumal das betreffende Kapitel des Buches Samuel, Kirche Folge zu leisten, sondern auch, wenn Papst und Kaiser mit wie die Bibelkritik längst nachgewiesen hat, erst in der jüngeren einander in Zwist geraten, die Katholiken dem päpstlichen Gebot Königszeit niedergeschrieben und darauf in nacherilischer Zeit fäuber­größeren Gehorsam schulden, als dem kaiserlichen. Demnach ist nach lich überarbeitet worden ist; doch was tuts, diese sichere Fundierung katholischer Lehre das Gottesgnadentum der Kaiser und Könige doch hat die Tonservative Gottesgnadenlehre ja mit so manchen anderen im Grunde genommen eine bedenklich defekte Sache; wie denn auch konservativen Glaubenssätzen gemein. noch Leo XIII. in seiner Enzyklifa über den Ursprung der bürgerlichen Gewalt vom 29. Juni 1881 offen verkündete:

ging.

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In neuester Zeit hat das Gottesgnadentum- Dogma bekanntlich selbst im Lande der Türken und Mandschus abgewirtschaftet; das heißt, nur im öftlichen Teil des Mandschureiches, in der westlichen

Höchstenfalls läßt sich in dieser Beziehung von kleinen graduellen Unterschieden sprechen; und so weit tatsächlich bei Friedrich III. ein kleines Manko vorhanden gewesen sein sollte, wird dieses durch das Mehr bei dem jezigen Kaiser reichlich ausgeglichen, so daß, wenn man das Soll und Haben gegeneinander abwiegt, sich ein recht be­trächtlicher Ueberschuß auf der Habenseite ergibt. Durch die un zähligen Reden Sr. Majestät Wilhelms II., von der ersten Ansprache bis zur jüngsten im Berliner/ Landwehroffizierskasino, zieht sich wie ein roter oder richtiger blauer Faden die Idee einer besonderen Nur einen Grund haben die Menschen, nicht zu gehorchen, wenn Mandschurei , östlich der Elbe, ist man noch nicht so weit. Der Gottesbegnadung: eine Anschauung, die ihren eigenartigen Auslichen oder göttlichen Geseze offenbar widerspricht; denn 3opf, der in China fällt, wird im Kulturstaat Preußen, wie es bruck in dem bekannten vom Kaiser in das goldene Buch der Stadt Nichts von Allem, wodurch das Naturgesetz oder der Wille Gottes fich geziemt, als Symbol der höheren Mandſchukultur sorgfältig München eingeschriebenen Spruch Suprema lex regis verlegt wird, ist zu gebieten oder zu tun erlaubt. Sollte daher konserviert.

nämlich von ihnen etwas gefordert werden sollte, was dem natür­