Nr. 116.
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Der Preis der Wahlarbeit!
Mittwoch, den 14. Mai 1913.
Fortschrittler und Wahlrecht.
Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt Morikplak, Nr. 1984.
tämpfer" nicht einmal, im Verein mit den Nationalliberalen einen Kompromißantrag zu stellen, der von der Forderung der Einführung der geheimen Stimmabgabe völlig absah und sich mit In dem zu den Landtagswahlen herausgegebenen" Fort- freiseinteilung dem Verlangen nach einer anderen Wahlund nach Erleichterungen zur Abschrittlichen Merkbüchlein" wird der Sozialdemokratie u. a. wickelung des Wahlgeschäfts begnügte, außerdem aber die der Vorwurf gemacht, daß sie erst seit 1908 ernsthaft den Drittelung in den Urwahlbezirken durch die Zwölftelung für Stampf gegen das Dreiklassenwahlsystem in Preußen aufge- ganze Gemeinden ersetzen wollte. An dem Dreiklassenwahlnommen habe, während im Gegensatz dazu der Freifinn von system also sollte nach diesem übrigens nicht zur Beratung Das preußische Proletariat rückt in die Wahlrechtsschlacht ieher für die Einführung des Reichstagswahlrechts eingetreten sei. gelangten Antrage in seinem Wesen nichts geändert, ja es vom 16. Mai mit der ernsten Absicht, den Sieg zu erringen, schrittler für die Uebertragung des Reichstagswahlrechts auf Barth in seiner bekannten scharfen, aber gerechten Kritik Wie steht es in Wirklichkeit mit dem Eintreten der Fort- sollte sogar noch verschlechtert werden. Das hat selbst Theodor obwohl es weiß, daß sein Mandatsgewinn nur ein bescheidener Preußen. Wie und wann haben sie versucht, diese ihre pro- dieser saft- und kraftlosen liberalen" Aktion unumwunden jein kann. grammatische Forderung in die Tat umzusetzen? zugegeben.
ganzen Wahlsystem
das Genick brechen,
wachsende Empörung der breifen Volksmaffen kundgibt!
mit der
Das elendeste aller Wahlsysteme wehrt ja den Erkorenen Die heutige Fortschrittliche Volfspartei besteht ja erst Auch noch im Jahre 1908 war die Haltung des Freider breiten Wählermassen den Zutritt zu dem Parlament von ſeit wenigen Jahren, sie ist hervorgegangen aus einer finns zur Wahlrechtsfrage eine geradezu jämmerliche. Fürst Gnaden des Geldsads und der agrarischen Wahlkreis- Verschmelzung der Freisinnigen Volkspartei Bülow hatte namens der Regierung die Uebertragung des geometrie. Die sozialdemokratischen Wähler wissen, daß es Freiſinnigen Vereinigung, dieser beiden Gruppen, die bis zum Reichstagswahlrechts auf Preußen als dem Staatswohl nicht unter den obwaltenden Umständen total unmöglich ist, den Jahre 1893 gemeinsam die Freiſinnige Partei bildeten. Die entsprechend bezeichnet. Und was tat der tapfere Freisinn? Freisinnige Partei wiederum war entstanden 1884 durch den Junkern, Mudern und Scharfmachern an den Kragen zu Zusammenschluß der Deutschen Fortschrittspartei mit der Libe- Herr Fischbeck gab nach einer Polemit gegen die damals im fommen. Aber sie werden dennoch antreten. Zu vielen ralen Vereinigung. Von diesen beiden Gruppen war die Ausdruck, die Regierung werde den Wünschen der Liberalen Landtage noch nicht vertretene Sozialdemokratie der Hoffnung Hunderttausenden. Trotz der öffentlichen 2lbstimmung. Denn Deutsche Fortschrittspartei im Jahre 1861 ins Leben gerufen, doch noch entgegen kommen, und er nannte es erfreulich, daß fie wiffen, daß sie dem während die Liberale Vereinigung sich 1880 von der National die Regierung sich wenigstens zu einer Antwort herbeigelassen liberalen Partei abgezweigt hatte. habe. So sehr wir geneigt sind, Herrn Fischbeck, der zu jener Die Anfänge der Fortschrittlichen Volkspartei sind also zu Zeit von der Wahnidee des Bülow- Blocks befallen war, suchen im Jahre 1861. Und da ist es interessant, aus der aus mildernde Umstände zuzubilligen, so müssen wir ein solches der Feder des ehemaligen Abg. Parisius stammenden Bio- Verhalten, eine solche Antwort auf die dreiste Provokation graphie des Freiherrn von Hoverbeck zu entnehmen, wie schon da der Regierung doch als standalös und als an wenn fich in der Wahlbeteiligung der Wahlrechtsheloten die mals unter den Fortschrittlern die Ansichten über das preußische Bolts verrat grenzend bezeichnen! Wahlrecht weit auseinandergingen. Das am 11. Juni 1849 Wenn die Fortschrittler seitdem etwas mehr Mut an den als Antwort auf den Staatsstreich von oben eingesetzte Tag gelegt haben, so weit sie von der Sozialdemokratie anDie Wahlreform muß kommen und wird kommen. provisorische Zentralkomitee zur Wahrung des allgemeinen gefeuert und mit fortgerissen wurden. Angesichts dieser attenSie wird um fo rascher kommen, je nachdrücklicher die ent- Wahlrechts" mit dem Sig in Magdeburg , dem u. a. mäßigen Darstellung hat der Fortschritt nicht die geringste rechteten Wähler der dritten Klasse ihr Botum abgeben. Je Schulze- Delisch angehörte, war sanft entschlafen Ursache, sich seines Wahlrechtskampfes zu rühmen. Das Bolk schreiender der Unsinn und Unfug des Dreiklassensystems in oder richtiger gesagt, es war niemals in Tätigkeit aber, das an der Erringung eines freien Wahlrechts für dem Mißverhältnis zwischen der Zahl der getreten. Mit Recht betonten nun bei der Gründung der Preußen ein Interesse hat, sollte einsehen, daß dies Ziel, nur für jede Partei abgegebenen Stimmen und Deutschen Fortschrittspartei außer den Berliner Demokraten unter Führung der Sozialdemokratie zu erder Zahl der von jeder Partei eroberten auch Männer wie over bed und Krieger die Notwendig reichen ist, es sollte sich um die Fahnen der sozialdemokraMandate offenbart, desto einschneidender wird die Wahl- aber ein anderes einflußreiches Mitglied der Pattei es war der wahlrechtsfeindlichen Regierung und den wahlrechtsfeindkeit eines Eintretens für das allgemeine, gleiche Wahlrecht, tischen Wahlrechtskämpfer scharen und am 16. Mai sowohl reform sein müffen. das kein geringerer als Theodor Mommsen widerlichen Parteien, als auch dem in der WahlrechtsKommt dann der Stein ins Rollen, liegt der neue Wahl- sprach dieser Forderung entschieden, und man einigte frage völlig unzuverlässigen Fortschritt die gerechtsentwurf erst vor, so wird es Sache der Volksmaffen sich schließlich, wie Parisius mitteilt, dafür, nichts davon in bührende Antwort erteilen. fein, der Welt zu beweisen, daß das preußische Prole- das Programm aufzunehmen, aber in dem Begleitschreiben tariat für seine Rechte ebenso opferfreudig und auszusprechen, daß man diese wie manche andere hochwichtige tampfes mutig einzustehen gewillt ist, wie die Arbeiter- Frage, über die innerhalb einer solchen Partei nach Meinungsverschiedenheiten entstehen konnten, als offene betrachte, zumal tlaffe irgend eines anderen Landes! eine Lösung durch die nächste Legislaturperiode nicht zu erwarten sei".
Für den Augenblid gilt es, alle Kraft der Agitation auf die bevorstehende Wahl zu konzentrieren, eine überwältigende
Maffen- Wahlbeteiligung
zustande zu bringen!
Stimmen ein
" 1
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Das mecklenburgische Verfassungspoffenspiel.
"
Die von der Ritterschaft", das heißt den Rittergutsbesizern, Mit dieser Halbheit fing es an, und bei dieser Halbheit ist und der Landschaft"( den größtenteils matt- nationalliberalen es Jahre hindurch geblieben. 1861 bis 1866 war das Bürgermeistern der 49 mecklenburgischen Städte) eingesetzte Abgeordnetenhaus liberal zusammengesetzt, die Fortschrittler Pfingst- Verhandlungskommission des mecklenburgiallein zählten nach den Wahlen von 1863 nicht weniger als schen Landtages kuhhandelt zwar mit den großherzoglichen 143 Mitglieder. Und was war das Ergebnis? In dieser Kommissaren hinter verschlossenen Türen über die ganzen Zeit nicht ein einziger Antrag auf Aenderung des fcit Mai 1908 von der Schweriner Regierung betriebene Auch die bürgerlichen Parteien strengen ihre Kräfte aufs Wahlrechts! So mußten die Fortschrittler ihre parlamenta- jogenannte Verfassungsreform"; aber, wie so oft, dringen auch diesmal aus dem Verhandlungszimmer allerlei äußerste an. Namentlich das Zentrum ruft zur intensiv- rische Macht aus! Mitteilungen in die Oeffentlichkeit, die deutlich zeigen, daß die libe. ften Wahlbeteiligung in allen Wahlkreisen auf, auch in Der erste Antrag auf Einführung des allgemeinen, ralen Bürgermeister sich mit obotritischer Gemächlichkeit auf den total aussichtslosen. Es verweist auf die Wichtigkeit, die gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts in Preußen ging um fall präparieren. Stimmen zu zählen. Die ultramontanen Helfershelfer der schrittspartei zählte nur noch 48 Mitglieder, während Non- Nationalliberalismus wie des Fortschrittlertums, tennt, kann über 1869 von dem Abg. Berger( Witten ) aus, aber die Fort- Wer die Natur des mecklenburgischen Liberalismus, des Junker wollen also mit einer möglichst großen Stimmen- fervative und Freikonservative auf zusammen 188 angewachsen diesen Verlauf des Schacherhandels nicht erstaunt sein. Rückgrat zahl paradieren, um den sozialdemokratischen waren, und der Antrag, der übrigens kaum ernst gemeint sein hat der mecklenburgische Liberalismus nie besessen. Er gehörte fann, da der Antragsteller sich später ausdrücklich als Gegner allezeit zu den verkümmertsten Kleinstädtisch- ideologischen Spielarten der deutschen politischen Gattung Medusae, der ganz gedes Reichstagswahlrechts bekannte, wurde abgelehnt! Wieder verging eine lange Reihe von Jahren, bis die Fort- standsfähigkeit besessen, selbst nicht unter den günstigsten politischen meinen liberalen Quallenviecher, und hat nie irgend welche Widerschrittler die Wahlrechtsfrage anschnitten. 1883 beantragte der Umständen. Demotrat Stern den Ersatz der öffentlichen durch die ge- Bekanntlich ist schon mehrfach versucht worden, die heutigen Darum, proletarische Wähler, Wahlrechts- heime Stimmabgabe, aber bei Leibe nicht etwa die Auf- mecklenburgischen Verfassungszustände, die auf dem 1755 zwischen heloten, zeigt, daß Ihr wert seid, daß Eure ketten hebung des Dreiklassenwahlsystems, und 1886 wurde der gleiche dem Schweriner Herzog Christian Ludwig, der Ritterschaft und den fallen! Antrag von dem Abg. Uhlendorff wiederholt. Stadtmagistraten abgeschlossenen ,, LandesgrundgesezEs kam die Miquelsche Steuerreform der Jahre 1891/93 lichen Erbvergleich" beruhen, im liberalen Sinne umzuund die damit verbundene Wahlreform. Die Deutsch gestalten; aber der quallige mecklenburgische Liberalismus hat nie freisinnige Partei glaubte ihre Pflicht erfüllt zu haben, Jahre 1849 der damalige Schweriner Großherzog Friedrich Franz I. , verstanden, die Gelegenheiten auszunüßen. So unternahm im indem sie einen Gefeßentwurf auf Einführung des Reichstags- teils getrieben von seinem eigenen politisch- finanziellen Interesse, wahlrechts einbrachte, aber im Interesse der Abkürzung teils beeinflußt von der damaligen liberal- revolutionären Strömung unserer Verhandlungen" ihn als bloßes Amendement zu§ 1 im Lande, den Uebermut der hyperreaktionären medlenburgischen zu behandeln und durch Erheben von den Sigen abzulehnen Landjunter einzuschränken. Er erließ am 10. Oktober 1849 cin gestattete. Man sieht, der Freisinn schläft nicht, wenn es gilt, dem Volke das Wahlrecht zu erkämpfen!
reaktionäres Gegengewicht
entgegenstellen zu können!
Der Preis der Wahlarbeit ist der denkbar höchfte: das
Wahlrecht selbst!
Das Wahlrecht, von deffen zukünftiger Gestaltung es abhängt, ob die arbeitende klasse auch fürderhin der Januschauer Garde als Prügeljunge dienen oder endlich in seine primitivften Bürgerrechte eingesetzt werden wird.
Wähler,
tut Eure Pflicht!
Staatsgrundgesetz nebst Wahlgesek, durch das die meisten altständischen Rechte beseitigt und an die Stelle des ständischen Landtages Nach Teilung der Deutschfreisinnigen Partei in die ein gewählter, aus sechzig Mitgliedern bestehender Landtag gesetzt Freisinnige Volkspartei und die Freisinge Vereinigung er- wurde. 3wanzig von diesen Abgeordneten sollten durch die Wahlschienen von Zeit zu Zeit Anträge auf Beseitigung der öffent Staufleute und der Handwerker gewählt werden, die anderen vierzig förperschaften der ländlichen Grundbesizer, der Industriellen, der lichen Stimmabgabe und auf Neueinteilung der Wahlkreise, aus allgemeinen Wahlen hervorgehen. Aber anstatt diese aber die Uebertragung des Reichstagswahlrechts auf Preußen Verfassungsreform" zu unterstüßen, gegen den medlenburgischen wurde von freisinniger Seite zunächst noch nicht beantragt. Adel energisch Front zu machen und zu versuchen, die VerfassungsJa im Jahre 1904 scheuten sich die freisinnigen Wahlrechts- änderung voranzutreiben, verlegte fich das liberale Pfahlbürgertum
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