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Nr. 117. 30. Iahrgavg. 1 SeilM Ks.Amirts" Krlim WksblÄ Dountrstag, 13. Mai 1913. Zum KandtagsnmhlKampf. Schule und Qniverlität. ?n welchem Maße nicht nur die Volksschule, sondern sogar die Universität zur Volksverdummung mißbraucht wird, dafür lieferten die Verhandlungen des verflossenen Landtags den drastischsten Beweis. Bei der Kultusdebatte gab ein sozial- demokratischer Redner eine Anzahl Stichproben aus einem Geschichtsbuch, das sichGeschichtsbilder für evangelische Volks- schulen" nennt und von Wischmeyer und Stork, Lehrer in Dort- wund, bearbeitet ist. In diesem Buche befindet sich auch ein Artikel über die Sozialdemokratie. Tarin wird ausgeführt, daß die Lebens- weise, Wohnung und Kleidung der Massen besser getvorden sei. Dann heißt es: Trotzdem kommen die meisten Arbeiter nicht zuni Wohl- stand, weil es ihnen an Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit fehlt." Tie Genußsucht ist ins Grenzenlose gewachsen.... Bei dem Jagen nach Vergnügen und Genutz wurde es gewissenlosen Leuten leicht, die Arbeiter zur Unzufriedenheit und Begehrlichkeit auf- guhetzen, und es bildete sich vor einigen Jahrzehnten eine gottlose und vaterlandslose Partei,Sozialdemokratie" genannt." In diesem Stil geht es weiter. Ein besonders hübscher Satz lautet noch:Wenn die Arbeiter jetzt nach mühevoller Arbeit den Rest ihres Lebens ohne Rahrungssorgen verleben können, so ver- danken sie das unserm Kaiser Wilhelm  , dem Freunde der Arbeiter." So wird das Unterrichtswesen mißbraucht im politischen Kampfe! Wie es aber auch auf den Universitäten aussehen würde, wenn es nach dem Herzen des Zentrums ginge, und ivas schon heute auf Universitäten im blau-schwarzen Preußen möglich ist, das beweist folgende Stelle aus einemgelehrten" Werke: Haben Hölle und Fegefeuer dasselbe Feuer, so ist ihre Grenze wohl nur durch Gottes Willen gezogen, so daß ein Ueberschrciten derselben nicht gestattet ist, eine Rücksicht, welche den armen Seelen wegen ihrer Würde gebührt. Tie beiden anderen Orte aber sind wohl durch zwischenliegende Massen von der eigentlichen Hölle abgesoiHcrt. Für alle Fälle bemerken wir, daß die Hölle und ihr Feuer zurzeit nur geringe Dimensionen erheischen, da sie lediglich von Geistern bewohnt sind.* Sollten diese Dimensionen noch der Auferstehung der Leiber unzulänglich sein, so wird der Schöpfer der neuen Erde   Sorge tragen." Der Verfasser des Buches ist nicht irgendein Geistes- kranker, s ndern Professor Josef Bautz  , außerordentlicher Pro- fcssor der Theologie an der königlichen Nnivcrsität zu Münster  ! Kelch und firm. Im verflossenen Landtag nahm die Sozialdemokratie wiederholt die Gelegenheit wahr, den Etat der Verwaltung der direkten Steuern zur Darlegung der traurigen Lage der übergroßen Mehrheit des preußischen Volkes zu benutzen. Nicht weniger als 51,1 Proz. der Geiamtbevölkerung, so führte unser Redner aus, hatten 1010 ein Einkommen von weniger als SM M. Die 9 Proz. darunter, die wegen ihrer zahlreichen Familie steuerfrei sind, befinde» sich keineswegs in besserer Lage, als die übrigen, sind also gleichfalls direktem Mangel ausgesetzt. Rechnet man die Zensiten ohne Angehörige, so haben 85 Proz. ein Einkommen bis zu 1500 M. Rechnet man nach Calwer. dem beliebten Kronzeugen der bürgerlichen Parteien, 23,50 m! Kamilienverbrauck an Lebensmitteln, so bleiben selbst bei 1500 M. Einkonimen pro Woche nur 5,50 M. für Wohnung, Kleidung, Heizung, Beleuchtung und Kulturbedürfnisse aller Art übrig. Wie jammervoll die Lage dieser 85 Proz. ist, ergibt sich schon aus einer amtlichen Erhebung über die Wirtschaftsausgaben Besser situierter. Da wurde festgestellt, daß eine Familie mit 9300 M. Einkommen allein für Essen und Trinken 3645 M. ausgab, das Dreifache von dem, was eine Familie mit 2300 M. Einkommen ausgeben konnte. Für Kultur- bedürfnisse gab die Familie mit 9300 M. Einkommen 825 M. aus, eine andere mit 7400 M. Einkommen sogar 1420 M. Das ist mehr, als die übergroße Mehrheit des Volkes überhaupt an Jahres- einkommcn besitzt. Nur 1,5 Proz. hatten ein Einkommen von mehr als 6500 M. Da wird uns Sozialdemokraten immer vorgeworfen, wir wollten den Umsturz, wollten die ganze Staats- und Gesellschafts- ordnung ändern. Natürlich wollen wir das, selb st- verständlich! Denn ich sage noch einmal: wer hat denn ein Interesse daran, daß es nicht geändert wird? Doch bloß die 1,5 Proz., denen es gut geht, doch bloß die sehr wenigen; denen es sehr gut geht! Die große Masse, die 50,1 Proz., die erbärmlich leben, und die 44 Proz., die ziemlich schlecht leben, haben nicht das geringste Interesse daran, daß diese Zustände erhalten bleiben. Und die machen doch die Nation aus! Da wird immer mit den Wortennational",vaterländisch", patriotisch" usw. Unfug getrieben;im Interesse der Nation, deS Vaterlandes müsse die Sozialdemokratie bekämpft werden". Ja, meine Herren, wer ist denn die Nation? Ich denke doch, die 94 Proz. derjenigen, denen es schleckt geht, das ist die Masse der Nation und nicht die Handvoll derjenigen, denen es gut geht. Also im Interesse der Nation liegt die Aenderung, im Interesse der Nation liegt der Umsturz, und folglich ist die Sozialdemokratie die nationale Partei, die für die Interessen der Nation eintritt; und die das ver- hindern wollen, die wollen dies zugunsten der privaten Borteile einer Handvoll reicher Leute!" Sie Staatsproletarier und Ihre freunde. In einer Versammlung tat sich vor einiger Zeit einer derArbeitervertreter" der preußischen Zentrumsfraktion etwas darauf zugute, daß jetzt im Landtag doch mehrere Tage über den Eisenbahnetat debattiert werde und daß dabei auch die Beamten- und Arbeiterfragen eingehend erörtert würden, während früher fast nur die technischen und finanziellen Fragen besprochen worden seien. Ein eigenartiges Kom- pliment für das Zentrum, das doch seit jeher in gc- waltiger Zahl inr Dreiklassenparlament vertreten war! Die gründlichere Behandlung der Beamten- und Ar- beiterangelegenheiten dafiert eben erst seit dem Ein- tritt der Sozialdemokratie in das Abgeordneten- Haus! Und daß nicht nur die Staatsarbeiter, sondern auch die Beamten sehr gut wissen, wo ihre wahren Freunde sitzen, das bestätigte in der Landtagssession 1912 der Zentrumsredner Abgeordneter S a v i g n y. Begann er doch sofort mit der Aufputschung des einer solchen Äufstachelung doch wahrhaftig nicht erst bedürftigen Eisenbahnministers gegen Beamte, die sich einer sozialdemokratischen Gesinnung verdächtig machten. Die Denunziation lautete wörtlich: Jede Hinneigung zur Sozialdemokratie, die nach außen erkennbar wird, ist mit den Pflichten eines Beamten unvereinbar..... ES ist aber durchaus zeit- gemäß, an diese Pflicht auf das ernsteste zu erinnern.....* Die Beamten könnten versichert sein, daß alle bürger- l i ch e n Parteien ihren Wünschen gerecht zu werden suchten. Daraus dürften diese bürgerlichen Parteien aber das Recht folgern, den Beamten zuzurufen, daß sie verpflichtet sind, mehr noch als jeder andere Staatsbürger kraft der Wohltaten, die sie als Beamte genießen, mit ihrer Persönlichkeit sich dafür einzusetzen, daß alle und jede U mstürz b e str eb un g, möge sie Namen haben, welche sie wolle, vom Staate ferngehalten und überall, wo sie hervortritt, bekämpft lvird. Die Beamten sollen also dafür, daß sie vom Staat für ihre pflichtgetreue Arbeit bezahlt werden, auf jede unabhängige Gesinnung verzichten und die Schutztruppc der Privilegierten Klassen bilden! Eine nnverschämtere Zumutung ist mit dürreren Worten kaum jemals ausgesprochen worden. Und Herrn Savigny folgte der zweite Zentrumsrcdncr Beyer, der für die Staats a r b e i t c r das gleiche Los der Staats- sklaverei und gesetzwidrigen Entrechtung forderte. Er empfahl nichts Geringeres, als daß den Staatsarbeitern durcheine Umgestaltung des Koalitionsrechts" das Koalitionsrecht g c- raubt werde. Sagte er doch wörtlich: Für die Staatsarbeiter besteht ja und ich sage aus- drücklich: mit Recht das ergibt sich aus der Eigenart der Staatsbetriebe eine Reihe von Einschränkungen ihrer staatsbürgerlichen 3t echte. Sie besitzen nur das Vereins- recht, und auch hier müssen sie sich noch vielen Normen der dienstlichen Disziplin anpassen was ebenfalls durchaus richtig ist. Nicht richtig ist es nur, daß die Eisen- bahner in allen diesen Dingen in der Luft schweben. Richtig wäre es, wenn die Regierung in Gemeinschaft mit den übrigen gesetzgebenden Faktoren durch Gesetz die staatsbürger- lichen Rechte der Staatsarbeiter mit-all den für sie not- wendigen Einschränkungen neu regeln wollte. Welche selbstlosenFreunde" der Beamten und Arbeiter! Der sozialdemokratische Redner zeigte demgegen- über, wie traurig die Lage der Staatssklaven ist, deren Ketten das Zentrum noch fester schmieden will. Wie groß die Not- läge der Eisenbahnarbeitcr und Unterbeamten, beiveise eine Denkschrift des sogenannten Trierischen Verbandes, also einer von den Behörden allergnädigst konzessionierten Organisation. Danach stand einem Durchschnitts einkomme n für eine Bahnarbeiterfamilie von 1183 M. eine Durchschnitts- ausgabe von 1517 M. gegenüber, also ein Defizit von 334 M. Dabei waren auf den Kopf der Familie täglich nur 83 Gramm Brot berechnet und gar die ungeheure tägliche Fleischmenge von 36 Gramm! Für Bekleidung waren pro Kopf täglich 11 deutsche Reichs- Pfennige übrig. Für Spirituosen war fast gar nichts an- gesetzt und trotzdem diese Unterbilanz von 334 M. 1 Was be­deute demgegenüber die vorgesehene kärgliche Lohnerhöhung! Wollen die Beamten und Staatsarbeiter ihr Los ernst- lich bessern, so bedürfen sie dazu der uneingeschränkten ftaats- bürgerlichen Rechte, des freien Wahlrechts und des freien Koalitionsrechtes! Dafür tritt aber einzig die Sozialdemokratie ein! ver fchwarzUaue Paßt. Im Lande auf und ab wandelt die Z e n t r u m S f r e u n d- lichkeit, überall ridet sie von der Notwendigkeit einer preußischen Wahlreform. Vergessen wir nicht: Wie hat das Zentrum ge- handelt? Am 20. Mai 1912 beschäftigte sich das preußische Abgeordneten- Haus mit der Wahlreform. Zur Beratung und entscheidenden Be- schlußfassung stand der Eventualantrag, die Forderung der Regierung zu unterbreiten, noch in dieser Session einen Gesetzentwurf vorzu- legen, in dem das allgemeine und direkte Wahlrecht mit geheimer kleines feuilleron. Ter Bühnenvcrein auf dem kricgspfade. Der Deutsche   Bühnen- verein nahm auf der gestern in Eilenach abgehaltenen General- Versammlung die scbon neulich angekündigte Resolution an, die sich gegen den Reichstheatergesetz-Entwurf richtet: er »enthalte eine ganze Reihe von Bestimmungen, die die Lebens- bedingungen einer großen Anzahl von Theaterunternehmungen untergraben und damit eine unabsehbar große Anzahl von Mit- gliedern brotlos machen" würden. Uni die Städte als Sukkurs für die Absichten des Bühnenvereins auf die Beine zu bringen, wurde die Resolution mit dem Zusatz bepanzert, die Erhaltung einer Reihe von Stadttheatern werde nicht möglich sein, wenn die Städte nicht wesentliche Beiträge dazu leisten, oder wie Posiart ausführte, wenn die Siädte nicht auf die Pachtleistungen der Direktoren verzichten wollten. Vermutlich wird es nichi allzu schwer halten, allerlei Hilfsbereilschaft in stadlobrigkeitlichen Kreisen, die von den Gefühlen sozialer Verantwortlichkeit'wenig beschwert sind, locker zu machen. Das Präsidium des Bühnenvereins" soll sich alsbald rühren. Es wurde beauftragt,mit gewohnter Umsicht und Energie" für die nötigen Verbesserungen' des Entwurfes zu wirken. W-ß Geistes Kind die'e Verbesserungen sind, weiß man zur Genüge. Die alten Ausbeulungsprivilegien sollen möglichst geschont werden. Wozu das Gesetz? seht her unsere blühenden Woblfahrts- mittel! sagt der Direktorenverband und läßt von Lautenburg   be- richten, die Woblfahrtskasse habe mehrfach ganze Personale an Theatern, die zu Grunde gegangen waren, unterstützt, und die Baronin Königswariersche Stiftniig zur Kostümversorgung armer Schauspielerinnen sei bereits in Wirksamkeit getreten. Solche Wohl- fahrlsbegeisterung der Oberherren ergänzt sich immer durch einen ungebändigten Haß gegen die Organisation der Untergebenen, und dieser Haß wußte auf der Direktorentagung auch die Löcher und Ritzen zum Ausbrechen zu finden. Demonstrativ gegen die Angriffe der Bühnengcnossenichaft wurde mit dem Schriftführer des Bühnen- Vereins, dem Rechtsanwalt Artur Wolff, ein neuer zehnjähriger Kontrakt abgeschioven. Die Vorgänge cnlsprechen den sozialen Gegen- sätzen: der Kamps bat die Schärfe, die er nach Lage der Dinge iin Schau- spielerberuf haben muß. Wie notwendig der Kampf ist. dafür zeugte auck die Talsache derKundgebung", die der Bühnenvcrein für Herrn v. Hülsen losließ gegen die Angriffe, die im Abgeordnetenhause aus seinen Sündenscheitel niederhagelten. Der Versuch des Büvnenvereins, der K i n o k o n k u r r e n z mit Knebelmaßnadmen Abbruch zu tun, führte gegen alles Erwarten zu errealen Auseinandericeungen. Ten Mitgliedern des Bühnen- Vereins und der Knnstlerschaft ihrer Bühnen soll jede Arbeit für daS Kino verboten werden. Eins von den Mitgliedern deS Bübnenverems hat aber solche Arbeit bereits geleistet und' leistet sie immer nodK P a u l Lindau. Der-also zog das Oppositionsichwert und erklarte mit tragischer Träne im Auge, er werde konsequent sein und auS dem Bühnenverein austreten. Dazu kam es aber nicht. Em Kompromikbeschluß rettete seine Mitglied- schaft. Die bestehenden Verträge von Bühnenvereinlern mit Kinos dürfen weiter ausgemolken werden, bloß, der Abschluß neuer Ver- trüge soll untersagt sein. Lindaus Kinoseele braucht sich also dem großen Schmerze, aus dem Bühnenverein ausscheiden zu müssen, «'cht zu öffnen. Die Jubiläumsausstellung in Ungnade. Der Kunstkritiker des Berliner Tageblatts" ist tief erschüttert durch die schreckliche Tat- fache, daß der Kaiser dem Festmahl der Jubiläumsausstellung fernblieb, und daß nicht einmal die Herren des Kultusministeriums sich von den Malern und Bildhauern ein Freibier einschenken ließen. Bei den guten Beziehungen, die der ästhetische Fritz zu den hoben Kreisen unterhält(die Tage einer neuen Tafelrunde scheinen nahe), war es ihm ein leichtes, eine tiefe Verstimmung des Kaisers festzustellen. S. M. hat die Jubiläumsausstellung gründlich mißfallen, er hat die Anstrengungen der Veranstalter mitärgerlichem Achsel- zucken" quittiert. Der ästhetische Fritz meint, daß dieser kaiser  - liche Zorn gut begründet sei, und daß er, der Oberstunstaugur, ihn vorausgesehen und darum dringend gewarnt habe, durch allzu eifrige Künstler einen Mißton in dieses festliche Jahr bringen zu lassen. Der ästhetische Fritz befürwortet für den Kaiser dasselbe Matz von Rücksicht, das einfach jeder, der bescheidenste Bürger, erwarten kann, wenn man ihn feiern will. Er bedauert ausrichtig, daß dieses Jahr(das hochgelobte) nicht frei von Unstimmigkeiten ge- blieben ist.Denn niemand wird dem Kaiser mißgönnen, was jeder sich selbst wünscht: daß die gehobene Stimmung von Er innerungstagen nicht gestört werde." Nach solchem Wehgcschrei bleibt nur zu fragen: Wann man dasBerliner Tageblatt" dazu wird beglückwünschen können, daß in seinem Redaktionsstab ein Oberzeremonienmeister und Geburts- tagsbittcr der kaiserlichen Majestät Sitz und Tintenfaß hat. R. Br. Neue Weitflngrekorde. Tie kürzlich ausgefochtene Konkurrenz um dieCoupe Pommery", die u. a. sechs von den französischen  Fliegern nach Deutschland   führte, entpuppt sich bei näherem Zu- sehen als einer der erfolgreichsten Rekordversuche der Luftschiffahrt. Im Zeitraum von knapp 14 Tagen wurden nicht weniger als vier neue Wcitflugdiftanzcn ausgestellt. Guillaux, dem der Sieg zufiel, legte die Strecke Biarritz Kollum, d. h. 1253 Kilo- meter, an einem einzigen Tage zurück; er schlug damit den bisherigen Rekord(852 Kilometer) um fast die Hälfte, genau 401 Kilometer. Der Aviatiker Gilbert flog 800 Kilometer ohne anzuhalten und verdoppelte damit die bisher auf 400 Kilo- meter gehaltene Rekorddisianz.>S 6 g u i n bewältigte die 850 Kilo- meter bctrapende Strecke Marseille Namur an einem einzigen Tag mit Passagier(Verbesserung des Rekords: 250 Kilo- meter). Er stellte bei dieser Gelegenheit eine vierte Höchstleistung auf, indem er die weiteste Entfernung mit Passagier und ohne anzuhalten: 450 Kilometer zurücklegte. Bei dieser Konkurrenz wurde auch die 900 Kilometer betragende Strecke Paris   Berlin   erstmalig an einem Tage und zwar von dem Flieger Daucourt bewältigt. Die sechzehn Flieger der Kon- kurrenz führten zusamiyen mehr als 9000 Kilometer Luftreise(ein Viertel vom Erdumfang!) aus. Mr. Meschngge. Das Theater stirbt das Kino blüht. DaS Volkslied ist totPuppchcn", der Gassenhauer, lebt. Ein Zeichen der Zeit! Das Seichteste gefällt. In einem Cafe im Norde» der Stadt konzertiert Mr. Meschngge. Der Clown auf dem Podium, dirigierend. Ein Simson an Haar. 40 Zentimeter lang. singt und springt wie ein Toller. Je wilder, je wahnsinniger, desto lär- mender schwelgt dasPublikum". SolcheKanonen" sind mode. .Pojatz",Affentheater" schwirrt es durch die Lust. Das Publi- kum kennt keine Scham, es hat eine sadistische Lust, Menschenwürde mit Füßen zu treten. Dann kommt der Zinnsoldatcnmarsch, mit Helm und Kindersäbel. Patriotische Weisen schließen sich an, wobei ein Musiker extra ein besonderes Instrument bedient: er schwenkt beständig eine schwarz-weiß-rote Fahne. Das Publikum tobt. Und der diesen Wahnsinn dirigiert, ist ein guter Musiker, ehemaliger Philharmoniker und Operndirigent, dem es im Leben nicht klecktc. Mit Cafehausmusikern spielt er uns dieTannhäuser  '-Ouvcrtürc, wie man sie nicht oft spielen hörte. Er ist wie umgewandelt. Jeder Nerv in ihm gehörte der Musik. Das istMr. Meschngge". Wahr- lich, das heißt eine Gesellschaftsordnung, die nicht nur in diesem Falle und nicht nur in diesem Berufe die Menschen erst leben läßt, wenn sie sich prostituieren. Die bester aller Welten! Naldo. Notizen. B ü h n e n ch r o n i k. Die Herren Monti und SliwinSki, die in Sachen der Direktion des Theaters des Westens feit längerer Zeit über ihr Sozietätsverhältnis in Untzwhandlungen standen, haben sich endlich gütlich verglichen. DirektorMonti tritt Ende August von der Direktion des Theaters zurück. Er wird sich nachdem ausschließlich der Leitung von Montis Operetten- Theater (früher Neues Theater) widmen. Die Sommeroper bei Kroll wird heute mit der Aufführung von Wagners.Meistersinger von Nürnberg" eröffnet. Von derB e tri eb s ge felis ch a st Kurfsirsten- oper", die vom 5, Febnmr bis zum 15. April dieses Jahres, nach- dein Palfi die Direktion, der Kurfürstenoper niedergelegt hatte, aus Mitgliedern des Theaters gebildet war, spricht Max Epstein   im nächsten Heft derSchaubühne  " auf Grund des geschäftlichen Er- gebnisses. Die Einnahmen sind danach im allgemeinen nicht schlecht. Aber sie reichten für die Unkosten eines Opern Unternehmens nicht aus, obwohl die Betriebsgesellschaft von allen Seiten Unter- stützungen erhielt. Epstein meint, die reingenosienschaitliche Führung eines Theaters, die er für möglich erachtet hatte, sei nicht durch- zuführe», da es immer einige Mitglieder geben wird, mit denen man künstlerisch oder geschäftlich oder persönlich nicht auskommt und die die feste Hand eines Direktors brauchen. DaS Gesamt- ergebnis erweise die Unrentabilität einer privaten, durch keine öffent- lichen oder genossenschaftlichen Mittel unterstützten Oper: der Etat ist zu hoch, die Einnahmemöglichkeit zu gering, und leid» herrscht auch für moderne Opern nicht genügend Interesse. Die erste st ä d t i s ch e Kinderlesehalle in Verl   in wird heute in der Ehrenbergstraße 24 eröffnet. Aus privaten Mitteln sind solche Lesehallen seit drei Jahren in mehreren Bezirken Berlins   als Ergebnis des Kampfes gegen die Schundliteratur entstanden. Der blaue Knabe unter dem Hammer? Der Herzog von Sutherland läßt im Juni einen Teil seiner berühmten Gemäldesammlung, dieStasford-Honse-Collection" versteigern. Sie ist reich an alten Italienern, Niederländer», Spaniern und Werken der großen englischen Bildnismaler des acht- zehnten Jahrhunderts. Wenn die Absicht bestände, denblauen Knaben" von GainSborough, der zu der Sammlung gehört, mit- zuversteigern, würde es im Auktionssaal ein Wettrennen gebe«.