Mazedonien , und schreibt u. a.: Bulgarien bat den Krieg offenbar mit dem im voraus festgesetzten Programm be- gönnen, für sich den Löwenanteil zu behalten. Nachdem nun der Krieg beendet ist, sagen die Bulgaren zu den Serben: Was wir in Thrazien erobert haben, behalten wir auch, das, was ihr in Mazedonien mt dem Schwert in der Hand einge- nommen habt, behalten wir aber auch, denn auch das gehört uns. Ihr wäret verpflichtet für uns zu kämpfen, wir waren dagegen nicht verpflichtet, für euch zu kämpfen. Das ist bul- garische Gerechtigkeit. Die Bulgaren vergessen ganz� daß, wie der„Temps" richtig sagt, alles bezahlt werden muß, und daß auch Dienste der Verbündeten, die Gut und Blut opferten, belohnt werden müssen. Tie Bulgaren drohen mit den Waffen, vergessen aber, daß sie keine sicheren Aussichten haben, auf diesem Wege zum Ziele zu gelangen. Sie sollten sich die Sache überlegen, weil sie aus diese Weise alle ihre Errungen- schatten aufs Spiel setzen. Es ist noch Zeit zur Umkehr. Die Verbündeten werden sich herzlich freuen, sie als angesehenes und mächtiges Glied im Bunde zu wissen. Das Verhältnis zwischen Rumänien und Bulgarien . Bukarest , 10. Juni. Die Regierung, die mit möglichster Be- schleunigung die Vorarbeiten zur Durchführung des Petersburger Protokolls erledigt hat, vornehmlich weil der Zeitpunkt für die Festsetzung der neuen Grenze am 20. Juli alten Stils abläuft, hat bor einer Woche die bulgarische Regierung verständigt, daß man mit der Durchführung oes Protokolls beginnen könne. Die bulgarische Regierung hat bisher nicht mit der gleichen Mitteilung geantwortet. Man befürchtet in maßgebenden Kreisen aus dieser Verschleppung, aus welchem Grunde sie auch erfolge, Nachteile für die Beziehungen der beiden Königreiche zu einander, denn Ru mänien könne sich veranlaßt sehen, nach Ablauf des Termins für die Festsetzung der neuen Grenze das nach seiner Ansicht ihm zu- gesprochene Gebiet zu besetzen. Sofia , 10. Juni. (Meldung des Wiener Tel.-Korr.- Bureaus.) General P a p r i k o w, welcher der Kommission zur Ausführung dss Petersburger Protokolls angehört, wird nach Silistria abreisen. Tic Botschasterkonferenzl London , 9. Juni. Die heutige Sitzung der Botschafter- Vereinigung dauerte fast 2(4 Stunden. Tie Botschafter tauschten, wie das Reutersche Bureau erfährt, ihre Anschauungen über die Einzelheiten der Frage eines wirtschaftlichen Zu- ganges Serbiens zum Adriatischen Meere aus, lchne indessen zu einer Entscheidung zu kommen. Die Botschafter werden diese Anschauungen der Begutachtung ihrer Regierungen unter- breiten. Das neue bulgarische Kabinett. Sofia , 10. Juni. (Meldung des Wiener Tel.-Korr.-Bnr.) D r. D an ew wurde mit der Kabinettsbildung betraut, er hatte mit mehreren Parteiführern Besprechun- gen zwecks Bildung eines Kabinetts auf Grundlage einer breiteren Koalition. frankmcb. Weitere Erlasse zur politischen Kontrolle der Armee. Paris , 8. Juni. (Eig. Ber.) In seinem heutigen Lest- artikel in der„Humanitö" teilt Jaurss mit. daß der Kriegs- minister außer dem von der„Huinanite" schon veröffentlichten 'ticheimerlaß über das Verhalten der Offiziere gegenüber der Militärvorlage zwei weitere herausgegeben hat. Der erste fordert von den Korpskommandanten die Einteilung der Offizierein drei Kategorien: 1. solchen, die die Aufregung der Soldaten vorausgesehen und ge- meldet haben; 2. solchen, die sie nicht vorausgesehen haben; 3. solchen, die sie vorausgesehen, aber nicht gemeldet haben.— Jaurss bemerkt hierzu:„Eine prächtige Gelegenheit für Angeberei und jesuitische Ver- leumdunZ!" Der andere Erlaß legt den Offizieren die. Pflicht auf, die Gesinnungen der Soldaten zu erforschen und dem Chef zu berichten, was sie über die Meinungen ihrer Mannschaften, über ihre Beziehungen und über die politischen Anschauungen in ihrer Familie erfahren. Die Tendenz dieser Erlasse spiegelt sich in einem Tages- befehl des Kommandanten des 5. Korps, General B r o ch i n, wider. Er warnt alle Militärpersonen aufs strengste, in irgendeiner Weise mit einer Manifestation in Verbindung zu kommen.„Der bloße Umstand, sich in einer Ansammlung zu befinden oder selbst passiv einer Manifestation zu folgen, stellt unter den gegenwärtigen Verhältnissen ein sehr strenges Vergehen gegen die Disziplin dar. das mit der äußer st en Strenge geahndet werden würde." Weiter werden die Soldaten aufgefordert, auch ihre Kameraden vor dem Befolgen„schlechter Ratschläge" zu warnen. Im Schlußsatz aber heißt es:„Die Soldaten haben mit ihren Chefs zusammenzuarbeiten, indem sie ihre Vor- gesetzten über jede geplante Manifestation unterrichten, die zu ihren Ohren kommt, und sich spontan jedem Angriff auf die Disziplin durch Unterstützung ihrer Chefs bei seiner Unter- drückung ividersetzen." Ein sozialistischer Zusatzantrag. Paris , 10. Juni. Ter sozialistische Deputierte TumaS brachte zu dem Gesetzentwurf über die dreijährige Dienstzeit folgenden Zusatzantrag ein: 1. Tie Soldaten aller Waffengattungen erhalten eine Löhnung von 2 5 Centimes täglich. 2. Bei ihrer Entlassung erhalten die Soldaten eine Zivilistenbluse und Hose sowie Leibwäsche und überdies eine Summe von 30 Fr. Die Beratung des Gesetzes über die dreijährige Tienstzeit. Paris , 10. Juni. In der De p u t i e r t c n k a m m e r setzt- heute Augagneur seine Rede fort. Er behauptete von neuem, daß oer dreijährige Dienst die Arme« beim ersten Zusammenstoß auch nickt um eine Einheit vermehren werde. Der Berichterstatter Henri Pate unterbrach trotz deS Murrens der äußersten Linken den Redner und protestierte gegen seine Ausführungen. Augagneur fuhr fort, es bestehe ein tatsächlicher Unterschied zwischen Reser- visten des ersten und solchen d-S zweiten Aufgebotes, zwischen Leuten aktiven Dienstes, begeistert und bereit, moralisch und physisch alle Anstrengungen zu ertragen, und Leuten des Zivil- standes, die moralische Bedenken hätten und nicht wüßten, ob ihre Familie ihr Auskommen haben werde. Tie letzteren würden nicht d>e nötige Begeisterung besitzen, um vor Ablauf von drei Wochen ins Feuer gehen zu können. Anders zu bandeln, wäre Wahnsinn. tBeifall im Zentrum und bei einem Teile der Linken.) Augagneur widerlegte Anore Lefevre und versicherte, niemand habe vorgeschlagen, ein Zehntel des Landes preiszugeben und sich weiter rückwärts zu konzentrieren.(Zwischenrufe: Ja. JaureS!) Dieser jedoch sagte, cS müsse da ein Jrrwm obwalten. Augagneur warf der Regierung auch heute vor, daß sie die dreijährige Dienstzeit wegen Marokko wolle, wo die Leute ohne ihre Zustimmung an einer mehr kommerziellen Expedition teil- nehmen. Augagneur rühmte die Mobilmachung nach Land- strichen und erklärte sich bereit, die im Gesetz als Deckungstruppen geforderten 247 418 Mann zu bewilligen, hielt es aber dann für unnötig, die Effektivkräste im Innern des Landes zu erhöhen. Dort würde eine Kompagniestärke von IIS Mann ausreichen. Augagneur meinte, es wäre nur notwendig, dreihigtausend Mann zu stellen, und es wäre also unnütz, über 210 000 Mann anzu- fordern. Er sprach sich gegen die dreijährige Dienst. zeit aus und sagte, es genüge nicht, für ein Gesetz zu stimmen, das Land müsse es annehmen; das Land sei aber nicht für das Gesetz der dreijährigen Dienstzeit.(Lebhafter Beifall auf der äußersten Linken und bei einem Teil der Linken; Lärm im Zentrum.) Unter dem Beifall der äußersten Linken sprach Augag- neux von den im Lande zu erwartenden Kundgebungen, wenn das Gesetz durchginge. Sodann erklärte R a i b c r t i, man müsse den Effektivbestand im Frieden erhöhen, um Deutschland die Stirn bieten zu können. Wenn man nicht Angreifer ist, mutz man stärker sein als dieser. (Beifall im Zentrum und bei einem Teil der Linken.) Für ihn sei der dreijährige Dienst das Minimum, er kämpfte insbesondere gegen eine Dienstzeit von dreißig Monaten sowie gegen die vorzeitige Entlassung, der die Kommission zustimmte. Raiberti trat für eine numerische Ueberlegenheit ein, die nur durch eine Dienstzeit von fünf Jahren erreicht würde. (Zwischenrufe auf der äußersten Linken.) Redner schloß mit der Erklärung, daß die dreijährige Dienstzeit eine notwendige Maß- regel für die Sicherheit des Landes sei.(Beifall im Zentrum und auf verschiedenen Bänken.) Der radikale Abgeordnete General P e d c Y a behauptete, das Gesetz von 1905 habe eine stärkere Armee gegeben als das von 1839, welches wegen seiner Privilegien nur halbe Kontingente lieferte. Redner bedauerte, daß das Rekrutierungsgesetz sich noch nicht auf Mgier erstrecke. Portugal . Bombenattentat bei einer Dichtergedöchtnisfeier. Lissabon , 10. Juni. Die Gedächtnisfeier für den Dichter Camoens , die in der Hauptstadt unter großer Beteiligung ge- feiert wird, begann heute mit einem Festzuge, der sich aus meh- reren hundert Kindern und jungen Schülern zusammensetzte, die zum Denkmal des Dichters zogen, um dort Blumen niederzulegen. In dem Augenblick, als der Zug sich die Rue Carmo hinauf- bewegte, explizierte auf dem Dom-Pedroplatz eine Bombe, wobei mehrere Personen verletzt wurden; eine Person soll sogar getötet sein. Die Bevölkerung war über den Vorfall erbittert, zerstörte einen Kiosk auf dem Dom-Pedroplatz, in dem sich, wie man sagt, gewisse Anarchisten zu versammeln pflegten. Mehrere Verhaftungen wurden vorgenommen. Lissabon , 10. Juni. Durch die Bombenexplosion wurde der Urheber derselben selbst am Bein verletzt. Man fand ihn auf dem Platze; er erklärte, er habe Selbstmord begehen wollen. Unter den durch die Bombenexplosion Verwundeten befinden sich vierunddreißig Minderjährige und ein Kind. Sie wurden alle ins Krankenhaus gebracht. Der mutmaßliche Urheber der Explo- sion wurde, nachdem man seine Wunde verbunden hatte, verhaftet. Italien . Annahme des Tierschutzgesetzes. Rom , den 7. Juni. (Eig. Ber.) Kurz vor Toresschluß hat die Kammer endlich das Tierschutzgesetz angenommen, das schon feit fast einem Jahr im Senat durchgegangen war. DaS Gesetz, bei dessen Diskusston eS zu allen möglichen dummen Witzen kam, verbietet die Benutzung alter und kranker Tiere zur Arbeit, untersagt grausame Schaustellungen, sowie unnütze Quälereien bei der industriellen Ver- Wertung und bei dem Transport von Tieren. Weiter sieht es strafen für die Blendung von Vögeln zu Jagdzwecken vor und be- schränkt die Erlaubnis zum Experiment mit lebendigen Tieren auf die Dozenten und Assistenten der höheren Lehranstalten und auf jene Personen, die vom Ministerium des Innern und dem des Unter- richts die Autorisation einholen. Giolitti hat versichert, daß man bei der Gewährung dieser Autorisation streng vorgehen und die Gewähr verlangen werde, daß es sich wirklich um einen wissen- schoftlichen Zweck handelt. kUivlanck. Die Post als Spitzelanstalt. Aus Petersburg wird uns vom 5. Juni geschrieben: Daß die russische P o st nicht nur dem Verkehr, sondern der politischen Spitzelarbeit im weitesten Sinne des Wortes dient, ist allzu bekannt. Gleichwohl waren die Ausführungen des Sozialdemokraten M u r a n o w in der heutigen Dumasitzung, die von neuem das heikle Thema betrafen, von hohem Interesse. Denn er entwarf ein Bild aus der jüngsten Zeit.„Allen ist— sagte er— der blühende Zustand des sogenannten schwarzen Kabinetts bekannt, einer speziellen Posteinrichtung zur Oeffnung von Briefen und Depeschen zu Zwecken des politischen Geheimdienstes. Diese Arbeit wird laut Anordnung deS PolizeidepartementS, der Ochrana. der Gendarmen, der Gouverneure und verschiedener Spionagevertreter vollzogen. In kleinen Städten werden die Briese sogar auf Befehl des Landrats eröffnet. Sehr oft setzen die postalischen Zensoren die Gendarme in Kenntnis davon, wann der Postbote den(verdächtigen) Brief bringen werde, damit die Polizei den Adressaten mit dem oonpuo delicti fassen kann. In anderen Fällen werden von den Briefen nur Kopien hergestellt, worauf der Adressat unter Polizei- liche Aufsicht oder in« Gefängnis kommt". Laut den weiteren Mitteilungen Muranows pflegte T r e p o w sich so wenig um baS Briefgeheimnis zu kümmern, daß er auf den er- öffneten Briefen einfach seine Befehle erteilte, entweder den Autor zu internieren oder den Adressaten einzusperren und so lange seiner Freiheit zu berauben, bis er den Briefschreiber genannt habe. Die Kontroll« über die Korrespondenz begnügt sich nicht mit gowöhnlichen Sterblichen sie erstreckt sich auch ans die Vertreter auswärtiger Mächte, auf die Maitressen bekannter Staatsmänner, ja auf diese selbst und das sonstige Publikum in den höchsten Sphären. Als Plehwe er- mordet wurde, fand der damalige Polizeidepartementschef Lopuchin unter den Papieren deS Ministers auch Kopien seiner eigenen Briese. Plehwe hatte eben den Spionagedienst auf«ine bis dahin unerreichte Höhe erhoben und die Beschnüffelung seiner treuesten Diener durchgeführt. Alles in der Welt vervoll- kommnet sich. Wer weiß, ob auf dem Tisch MaklakowS nicht genaue Kopien der Briefe Kokozows zu finden sind?" Was Abgeordnelenbrief« anbetreffe, so geniere sich die Spitzelabieilung überhaupt nicht mehr; da werden die Briefe häufig genug nach der Durchsicht gar nicht mehr geschlossen und in solchem Zustand den Adressalen ausgehändigt. Kurzum, meinte der Ankläger zum Schluß, die Postverwaltung hat sich in eine Filialabteilung der Ochrana ver- wandelt. Alle diese Beschuldigungen hörte der Generalpostmeister Wider- spruchslos an und fand auch nicht ein Wort der Erwiderung. Marokko. Rotfult gegen die Spanier. Gibraltar , 10. Juni. (Meldung des Reuterschen Bureaus.) Wie berichtet wird, hat Raisuli die spanischen Außenwerke von Arzila genommen, es habe mehrere Tote und Verwundete gegeben, drei Kompagnien des Regiments Estremadura seien von AlgeciraS nach Larach abmarschiert, während die Regimenter in Ccuta Befehle ab- warteten.___ parlamentarisches. Das Kindersaugflaschengesetz abgelehnt. Die vom Reichslag eingesetzte Kommission zur Beratung deS Gesetzentwurfs über Kindersaugflaschen bat am Dienstag den Re- gierungsgesetzentwurf abgelehnt, da der Entwurf von keiner Seite Zustimmung fand. Nachdem bereits in der vorangegangenen Sitzung die Abgg. Rühle(Soz.) und Sir(Z.) in längeren sachlichen Aus- führungen die Unhaltbarkeit und Undurchfiihrbarkeir des Gesetzes überzeugend nachgewiesen hatten, war sich die Kommission klar geworden, daß vom Boden der Regierungsvorlage aus an ein Zustandekommen des Gesetzes nicht mehr zu denken war. Am Dienstag wurde daher der ß 1 der Vorlage abgelehnt und damit war das Saugflaschengesetz erledigt. Hus der Partei. Aus den Organisationen. Für den Reichstagswahlkreis Koburg fand die diesjährige Generalversammlung am 8. Juni in Koburg statt. Auf derselben waren 16 Orte des Kreises durch 54 Delegierte vertreten. Aus dem über neun Monate sich erstreckenden Geschäftsbericht ergab sich, daß die Einnahmen und Ausgaben der Organisatton mit 2471,74 M. bilanzierten. Der Stand des seit einem Jahre bc- stehenden, in eigener Druckerei hergestellten Parteiorgans ist ein befriedigender. Das Blatt ist auf über 50 Ortschaften des Kreise? verbreitet. Und wenn auch das erste Jahr eine außerordentliche Fülle von Anklagen gegen die verantwortlich zeichnenden Genossen brachte— es wurden bisher bereits 1200 M. an Kosten und Strafen gezahlt—, so wird das die weitere EntWickelung des Blattes nicht hindern können. Zum Jenaer Parteitag nahm die Generalversammlung folgende Entschließung:„Die Reichstagsfraktionsmitglieder sollen verpflichtet sein, bei wichtigen Abstimmungen im Reichstage vollzählig an- wesend zu sein, damit ähnlichen Vorkommnissen wie bei der Ab- stimmung über die Aenderung des Reichstagswahlrechts beim Etat des Reichskanzlers vorgebeugt wird."— Mit der Haltung der Reichstags» fraktton zu den Wehr- und Deckungsvorlagen erklärte sich die Ver- sammlung einverstanden. Der erste weimarische Wahlkreis(Weimar -Apolda - Ilmenau ) hielt am Sonntag seine Jahresversammlung in W e i m a r ab. Beschlossen wurde, vom 1. Oktober ab den Wochenbeitrag von 10 Pf. einzuführen. Als Kandidat für. die nächsten Reichstags- wählen wurde einstimmig der Abgeordnete Genosse B ändert wieder aufgestellt. Ferner wurden für eine Anzahl Landlagswahl- bezirke die Kandidaten für die im Jahre 1915 stattfindenden Land- tagswahlen nominiert. Als Delegierter zum Parteitag i« Jena wurde Genosse Beck- Weimar gewählt. ver Kampf um das preuliiiche Wahlrecht. Die Versammlung, die gestern abend im Viktoriagarten in Wilmersdorf stattfand und zu der sich die Massen drängten, ge» staltete sich zu einem Zusammenklang proletarischer Kampfesent- schlossenhett. Der Referent des Abends, Genosse Dr. Frank- Mannheim, ging von einer ins Herz treffenden Kritik der inner- preußischen Zustände aus, deren bloße Aufzählung in jedem an- ständigen Menschen das Blut zum Sieden bringt. Wie lange noch, so fragte er, will das Volk dies ertragen? Zeit ist es, an die Er- füllung des feierlich versprochenen KönigSworteS zu erinnern,— hier schloß die Versammlung würdig an den unerwarteten Zusam- menstoß zwischen dem Volkswillen und dem Regierungs -Nein an, das wenige Stunden vorher im Reichstag zu einem Gewitter ge- führt hatte. Daß der Massenstreik nötig sein wird, um den Junker- trotz zu brechen, darüber waren alle einig. Und das er möglich ist, dafür ließ der Redner die Geschichte Zeugnis ablegen, von dem opferreichen Kampf der Chartisten bis zu der gewalttgen Revolu- Hon in Rußland , die die Oesterreicher zur Erringung deS gleichen Wahlrechts anfeuerte, und bis zu dem mit so imposanter Disziplin geführten letzten Massenstreik in Belgien . Wenn die Arbeiter Wochen- und monatelang um ein paar Pfennige Lohnerhöhung kämpfen, wie sollten sie nicht für die politische Befreiung, für die Erzwingung des politischen Existenzminimums, der staatSbürger- lichen Gleichberechtigung das gleiche wagen?! Mit brausendem Jubel bekundeten die Versammelten, wie ihnen Frank ans dem Herzen gesprochen, und unausgesetzt toste der Beifall um feine Worte. Die Diskussion eröffnete Genossin Rosa Luxemburg . Sie sprach von einem Widerspruch Mischen der Politik der badischen Partei und der Massenstreikrede Frank». Sowohl Reichstags- abgeordneter Dr. Weil! als Genosse Dr. Breitscheid und manche andere Redner, auch nichtsozialdemokratische, lehnten dieses Beginnen ab. und die Versammlung pflichtete ihn« bei. Im Schlußwort fiihrte Frank aus, daß ein solcher Widerspruch ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden könnte, der vom Beginn seiner politischen Tätigkeit an den Massenstreik zur Erringung des preußischen freien Wahlrechts für unerläßlich gehakt« hat. Sonst kam in der Diskussion nichts Bemerkenswerte« zutage, und einiges wäre besser nicht gesprochen Word«— aber den mächtigen Eindruck der Volkskundgebung für die Entschlossenheit, wenn es sein muß, zum letzten und stärksten Mittel zu greif«, konnte das alles nicht beeinträchtigen. Die Wilmersdorfcr Versammlung war ein eindrucksvolles Menetekel für die Nutznießer des Schandwahlrechts; sie war eine recht würdige Eröffnung der neuen Legislaturperiode des preu- tzischen Landtags, für den man nach jüngstem Berlin « Richterspruch Bezeichnungen nicht mehr gebrauch« darf, die einst die „Kreuzzeitung " auf ihn gemünzt hat. Ilnter brausenden Hochrufen auf das demokrattsch« Wahlrecht in Preußen ging die Massenversammlung auseinander. Es lebe der Wahlrechtskampf, es lebe der WahlrechtSstreikl Letzte JSachrichten. Bulgarien trotzt den serbischen Ansprüchen. Sofia , 10. Juni. (W. T. B.) Das Regierungsorgan „Mir" sagt in einer Besprechung der Haltung Serbiens : Die Serben suchen den Krieg. Unter diesen Umständen bleibt für Bulgarien ein Mittelweg nicht mehr übrig. �Die bulgarische Regierung muß unverzüglich die Räumung der Gebiete der n ichtb est r ittene�n Zo ne Verlan- gen und muß bis zur Fällung eines Schiedsspruches in alle Ortschaften der bestrittenen Zone Truppen entsenden« die den serbischen an Zahl entsprechen.
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