Nr. 145. 30. Iahrgaug.3, KcilM des Jorniärts" Kerlim öollistilntt.Doullerstag. 12. IMMZ.9er ti!ärcf)enbrunnen im yriedricbsljain.Endlich ist der Märchenbrunnen im Friedrichshain fertiggestellt.Im Somitag soll er der Oeffentlichkeit übergeben werden. DieZtadtderordneten fragten so ziemlich alle Jahre ein oder zweimalen Stadtbaurat Hoffmann in öffentlicher Sitzung, wann denn eigentich der Märchenbrunnen fertig werde und sie waren dabei so bos-!aft zu sagen, ob der Bau des Brunnens ein wirkliches Märchenlleiben oder ob man seine Fertigstellung noch erleben werde. Nunst das Werk fertiggestellt. Es ist anders gestaltet, als es anfänglich>on den städtischen Behörden beabsichtigt war. Eine ganze ReiheKünstler haben zusammen wirken müssen, um das Kunstwerk zulallenden. 40 einzelne bildhauerische Gruppen und andereSkulpturen sind im Friedrichshain zu einer unvergleichlich schönen'Inlage, die in zwei Teile sich gliedert, vereinigt. Jedes einzelneKunstwerk gibt die Eigenart der einzelnen Künstler wieder.vie lange Zeit der Ausführung ist begründet in der Größeund Vielseitigkeit der Anlage. Schon die Aufstellung der vielenModelle erforderte Zeit und Muße. Es ist auch kein Brunnen mitl i n e m Märchen, svndern mehrere Brunnen mit 40 einzelnenNärchengruppen, Aschenbrödel, Rotkäppchen, das Mägdelein mit denieben Raben und das Schwesterchen mit dem Reh, Hans im Glück, derknabe mit dem gestiefelten Kater, Rübezahl, Hänsel und Grete! vonZgnaz Taschners Meisterhand. Auf der Balustrade des Hauptgesimseswfreuen die von Jos. Rauch modellierten Tiergruppen: Bär, Löwe,�uh, Eber. Esel und Hund zunächst das Auge. Sechs verschiedeneEingänge rufen ebensoviel verschiedene Eindrücke hervor.80m Haupteingang am Königstor hat man einen Ueber-ilick über den von Hecken eingefaßten, gesonderten Hainnit den drei Brunnen, die drei flache Terrassen bilden,« denen über ein Dutzend Quellen emporsprudeln zwischenFröschen und Kröten. Die Kalksteinstguren, allen Kinderniekannt, heben sich von dem Hintergrund ohne aufdringlich zuwirken, recht in die Augen stechend ab. Dies trifft besonders füryrau Holle und den Menschenfresser zu. Von Georg Wrba-Dresden:ührt eine reizende Gruppe mit Putten her. Die Gesamtkosten sindoon der Kunstdeputation aus eigenen Fonds bestritten und dürftensich mit den Ausgaben für die gärtnerischen Anlagen auf rund750 000 M. belaufen. Sie verteilen sich auf eine Reihe von Jahrenind find gut angewandt. Der Nordosten von Berlin ist um ein Werk.oas zu den schönsten der Reichshauptstadt zählt, reicher.Partei-?Zngelegenkeiten.Nowawes. Die weiblichen Mitglieder des Wahlversins unter-nehmen am nächsten Sonntag, den 15. Juni, einen gemeinsamenSpaziergang nach dem am Drewitzer Bahnhof gelegenen Parteilokal.Zur freien Aussicht". Treffpunkt nachmittags 2I/ä Uhr im Lokalvon Hiemke, Wallstraße; der Abmarsch erfolgt von dort pünktlich umZ Uhr. Genossen, die mit ihren Familien daran teilzunehmenwünschen, find freundlichst eingeladen.»l.tmßcrllner Nachrichten.I» der städtischen Kinderlesehalle.Vor einigen Wochen ist im äußersten Berliner Osten, aufdem Gemeindeschulgrundstiick, Ehrenbergstr. 24. über derTurnhalle und neben der dortigen Volksbibliothek die erstestädtische Kinderlefehalle eröffnet worden. Neu ist dieendliche Verwirklichung dieses Bildungsinstituts seitens derTtadt nur für Berlin. In anderen deutschen Städten kenntman längst Kinderlesehallen, und namentlich in Englandsind sie zu hoher Blüte gelangt. Die Berliner Stadtver-waltung muß auf das Beste, das für unsere nach den der-schiedensten Richtungen hin notleidende Volksschuljugendgerade gut genug ist, immer erst jahrelang hingestoßenwerden, nicht zuletzt von unseren Genossen im Stadtparla-ment, che kleinliche und ängstliche Bedenken beseitigt sind.Eine private Vereinigung ging vor mehreren Iahren mitder Einrichtung von primitiven Berliner Kinderlesehallenam Arminiusplatz und in der Schönhauser Allee voran. Dasrüttelte auch die Stadtverwaltung auf. Es fragt sich nur,wieviel Zeit verstreichen wird, bis dieser ersten städtischenKinderlesehalle die weiteren folgen werden. Denn daß wirin der Millionenstadt mit mehr als 250 000 Volksschulkindernnoch mehr als ein Dutzend solcher Kinderlesehallen gebrau-chen können, ist selbstverständlich. Was in der Ehrenberg-straße geschaffen wurde, ist nur der bekannte Tropfen aufden heißen Stein.Die innere Einrichtung der Kinderlesehalle darf manals angemessen bezeichnen. Ter einzige, sehr helle Lesesaalgewährt Sitzraum für 70 Kinder, was nach den bisherigenErfahrungen in einem begrenzten Stadtteil genügt. DieKleinen sitzen äußerst bequem auf Stühlen an blitzblankenTischen von verschiedener Höhe. An den Wänden hängenhübsche belehrende Bilder, auf den Fensterbrettern sproßtund blüht es. Ueber dem Katheder für die Bibliothekarinist eine Uhr angebracht. Die Gasbeleuchtung soll späterdurch elektrisches Licht ersetzt werden. Alles ist schon jetzt:raulich und gemütlich, ohne den gewohnten kalten Klassen-ton. Tie Kinder wollen und sollen ja auch nicht das Emp-tinden haben, daß sie, wie in der Schulstube unter Zwangstehen. Vor dem Eintritt in den Leseraum muß jedesKind die treulich behütete Garderobe ablegen und sich dieHände waschen, was sehr nötig ist, da viele unmittelbarvom Spielen in) Freien kommen. Die Lesehalle ist jedenWochentag von 4— 7 Uhr geöffnet, selbstredend unentgelt-lich. Als wir am Montag gegen 5 Uhr Umschau hielten.war jedes Plätzchen besetzt. Kleidung und Betragen derKinder war tadellos. Die meisten halten nur eine Stundeous, wenigstens im Sommer, Es kommt aber immer frischerZuzug, selbst noch in der letzten Stunde. Dann stellen sichnamentlich ältere Knaben und Mädchen ein. die wohl vor-her zu Erwerbszwecken irgendwo beschäftigt waren undschnell noch ihren Wissensdurst befriedigen wollen. Geradedaran sieht man so recht, wie stark das Bedürfnis nachderartigen volkstümlichen Einrichtungen ist. Die kleinenBesucher kommen ja auch fast ausschließlich aus unbcmittel-ten Familien, die kein Geld für Bücher übrig haben undzurrieden sind, für die hungrigen Mäulchen Brot kaufen zukönnen.Zie Auswahl der vorläufig etwa 700 durchweg neuen,Ä" flebundenen Bücher mag nicht ganz leicht gewesen sein.n v-EZ Zeigt, daß im großen und ganzen gute undpassende Literatur, zur Verdrängung von Schund gefunden! worden ist. Man hat das Verzeichnis nach Altersstufen ein-geteilt, doch wird das in der Praxis nicht so genau genom-men, da ja die Bibliothekarin bald mit der individuellenLeistungsfähigkeit der Kinder vertraut wird. Ein Zwängbei der Auswahl durch die Kinder besteht in keiner Weise,nur wird liebevoll nachgeholfen. Patriotische Bücher fehlennatürlich nicht, sind sogar etwas reichlich vorhanden, dasist bei der Eigenart unseres Kommunalfreisinns kein Wun-der. Die Werbeschriften für Pfadfinderei und Iungdeutsch-landbund könnten besser fortbleiben, auch der Hcrerofeldzugmit seinen Grausamkeiten erscheint hier wenig am rechtenPlatz. Mehr als zwei Bücher sollen an einem Abend nichtverlangt werden. � Wer mit einem Buche am selben Tagenicht fertig wird, kann es sich für einen der nächsten Nach-mittags zurückstellen lassen. Viele Kinder üben sich, wassehr anregend ist, im Nachzeichnen der Bilder. Wir sahenvielversprechende Proben.Für den Anfang kann man zufrieden sein. Das Ge-schichtenbuch ist dem Kinde eine neue, unbekannte Welt, sollihm die Schönheiten des Lebens erschließen. Mag auchdie rauhe Wirklichkeit sich später ganz anders gestalten— esbleibt immer etwas hängen zu bleibendem inneren Werte.So mögen denn die bedürftigeren Eltern des Berliner Ostensdarauf hinwirken, daß ihre Kinder von der neuen Ein-richtung reichlich Gebrauch machen.Profitpatriotismus.Nicht alle Tage ist es den Prozenrbhzantinern so reicklich der-gönnt, unter der Maske des begeisterten Biedermeiers Geschäftchenzu machen. Natürlich laufen die Großen den Kleineren den Rang ab.Einige Warenhäuser, zu deren Aktionären neben zahlreichen„Fremdkörpern" auch diverse fürstliche und gräfliche Profithuber gehören,haben förmliche Zentenar» und Viertelzentenar-Ausstellungen arran-giert, meist in Parterreräumen, damit die naiven Provinzler an-gezogen werden und— kaufen. Ja, w a S denn in Sankt AegirSNamen?Wer die Wahl hat, hat auch die Qual. Soll er für 30 ieinen Fingerreifen(oder Nasenring??) aus ordinärem Metall mitder Devise„Gold gab ich für Eisen" nehmen? Mit ein bißchen„Grütze" im Kopf wird ihm doch zu Bewußtsein kommen, daß dieschlauen Händler mit diesem Satze recht eigentlich jeden Käufer obseiner pyramidalen Dämlichkeit verhöhnen.Soll er Broschen, Armbänder, Hosenschnallen, Zigarettenbehälter,Bonbonnieren usw. mit dem Prägebildnis S. Ms.— alles for'nSechser bis zur Dreiviertelmark aus purstem Silber erwählen?Zu Hause angekommen, wird er das Zeug schwarz angelaufen ausdem Hosensack ziehen. Warum schwarz? Weil es nicht mal anSilber gelegen hat! Wie nun, wenn ihn— aus reinstem Patrio-tiSmus natürlich— die Lust anwandelt, den Bilderschmuck blank zuscheuern? Die schönste Anklage könnt' er sich holen— weil sich keinUntertan an seinem Landesvater reiben darf.Wenn nicht— nicht, sagt er und greift nach anderem Kram,als da sind: Kinderschürzen mit der Jahrhundertzahl 1813—1913auf jedem Achselstück, Schlabberlätzchen und Wickelbänder für Säuglinge, Taschentücher, Hemden, Trinkbecher, Aschenschalen, Spuck- undandere Näpfe, Wand- und Fourageteller— mit den PhotographiendeS angestammten Herrfcherhauses im Gewebe oder eingebrannt aufdem Grunde. Aber wie wird ihm da plötzlich schwarz-weiß-rot,meist grün oder blau vor den Augen! Darf er denn so einDingringS zum— Schneuzen oder Hineinmachen verwenden,ohne einer Beleidigung schuldig zu werden? Bewahr'ihn der Himmel! Denn für einen musterhasten Patriotengeziemt es sich nicht, auf Himmelsinstrumente zu— husten. Dasdürfen ungerochen bloß die preußischen Junker tun!Wenn aber die Sachen so stehen, dann ists wohl am rätlichsten,ein Gruppenbild der Jubiläumsfamilie in„echtem Goldrahmen" fürEine Reichsmark minus zehn Kupferpfennigen zu kaufen? Wärenur nicht der verflixte ,,Dolus-eventualis"-ißaragrapIj! ES könntedoch ein artiges Patriotengemüte dabei seine Gedanken haben, zumBeispiel den: wie lustig es wäre, wenn sich alle Potentaten für einpaar Nickel aufkaufen ließen, daß man sie auf einmal in einerSchürze forttrüge, wie solches jene Riesenjungfrau mit den leibeigenen Bauern machte, wovon die Sage berichtet. Wer sollte aberauf solche Gedanken kommen.Wenn schließlich noch jemand auf den lukrativen Einfall käme,Zentenar- und Viertelzentenar-Klosetstollen zu fabrizieren mit Weis-heitSsprüchlein aus dem Munde gesalbter Häupter, wie daSbereits unfern größten Dichter-Denkern widerfahren ist, dann gut'Nacht Schnepf!___Der Bertauf des russischen Fleisches wird mit dem 18. d. Mis.auch in Charlottenburg eingestellt werden, nachdem die Ber-liner Deputation zur Beratung von Maßnahmen gegen die Lebens-mittelteuerung nach einer Beratung mit den Vertretern der noch amBerliner Fleischbezug beteiligten Borortgemeinden dessen Aufgabe be-schloffen hat.Laubenkolonien und Sonntagsruhe.Die Bestrebungen der kirchlichen Orthodoxie lassen nicht mal denLaubenkolonisten ihre Ruhe. Die Kirche pocht auf ihr Recht deräußeren SonntagSheiligung und hat die Polizeibehörden scharfgemacht, daß sie auch in den Laubenkolonien auf Wahrung der Be-stimmungen über die Sonntagsruhe halten. Wiederholt sind Lauben-kolonisten bestraft worden, weil sie ohne behördliche Erlaubniswährend der Hauptkirchstunden auf ihren Pachtgrundstücken Erd- undandere Arbeiten vornahmen, die„von außen sichtbar" waren. Nacherhobenem Widerspruch sind die polizeilichen Strafverfiigungen höchst-instanzlich bestätigt worden. Damit sind die Laubenkolonistc�. wennsie nicht Bestrafung riskieren wollen, in ihrer landwirtschastlichenund sonstigen Tätigkeit während der KirSzeit auf Laubengelände soziemlich lahmgelegt, denn es ist klar, daß die behördliche Erlaubnisnicht erst in jedem Fall eingeholt werden kann und wohl auch nurhöchst selten erteilt wird.Derartige Gerichtsurteile sind schwer verständlich. Die BerlinerLaubenkolonien liegen von bebauten, bewohnten Grundstücken undvon Kirchen fast durchweg so weit entfernt, daß eine Störunganderer Sonntagsgefühle nicht zu befürchten ist. Noch weniger istzu verstehen, wie der Sonntag dadurch enthefligt werden soll, daßjemand auf seinem eigenen oder gepachteten Grundstück daS Landumgräbt oder an der Laube ein paar Nägel einschlägt. Eine solcheBetätigung kann doch nicht mehr Lärm verursachen, als wenn ander Laubenkolonie ein Eisenbahnzug vorbeiratterl. Mit ungleichmehr Berechtigung könnte man die stets sehr geräuschvollen höfischenund militärischen Festivitäten, die in die Kirchzeit fallen, verbieten.Oder wird da auch erst die behördliche Erlaubnis eingeholt? Mitsolchen Nadelstichen wird die Kirche keinen Zoll breit Boden ge-loinnen, am wenigsten unter den Laubenkolonisten, die in der freienNatur mehr Erbauung finden» als inmitten muffiger Kirchen-mauern.Beseitigung des weiblichen Arztes iu der Geschlechtskrankcnstatioudes städtischen Obdachs? Diese Frage führte zu lebhaften, teilweisestürmischen Debatten in der letzten Kuratoriumssitzung. Bekanntlichist es erst vor garnicht langer Zeit endlich gelungen, eine dort sodringend notwendige Aerztin anzustellen. Diese hat nun, wie derdirigierende Arzt mitteilte,„ganz unerwartet" plötzlich ge-kündigt und tritt am 1. Juli aus. Da nun noch ein Kollege plötzlicherkrankt ist, sollte die Stelle der Aerztin sofort mit einem mann-lichen Arzt besetzt werden. Unsere Vertreter verlangten Ausschreibungder Stelle und wenn geeignete Bewerberinnen sich fänden, Wieder-besetzuug derselben durch einen weiblichen Arzt und eventuell bis zurErledigung Annahme eines Vertreters für den erkrankten Arzt. Durchdie mehr denn eigentümliche Situation ergaben sich ziemlich heftigeDebatten, die schließlich damit endeten, daß einstimmig beschloffenwurde, die Stelle mit ganz kurzer Meldefrist(innerhalb 19 Tagenvom nächsten Sonnabend ab) auszuschreiben uud erst in der nächstenSitzung, welche am 39. Junr stattfinden soll, nach den eingegangenenMeldungen zu entscheiden, ob wieder eine Aerztin angestelltwerden soll._Kaiserhuldigu.ug in der Kirche.Die königlichen Konsistorium erlassen anläßlich deS Re-gierungsjubiläums des Kaisers jetzt auf Weisung des evange-lischen Oberkirchenrates eine Verfilmung, in der es u. a. heißt:„Es entspricht dem Sinne unseres Kaisers am meisten, ivennam Sonntag, den 15. Juni, sein Vo.lk sich mit ihm vor GottesAngesicht in den Gotteshäusern versammelt. Es wird deshalbhiermit angeordnet, daß dem Hauptgottesdienst am 15. Juniein möglichst festliches Gepräge gegeben, in den Predigten derSegnungen der 25jährigen Regierungszeit unseres Kaisers ingebührender Weise gedacht und diese in das Licht des gött-lichen Wortes gestellt, auch in dem Kirchengebet Dank undFürbitte in entsprechender Weise zum Ausdruck gebrachtwerde." Der evangelische Oberkirchenrat hat allen Geistlicheneine entsprechende Einlage in das allgemeine Kirchengebet zu-gehen lassen.Wo alles huldigt, darf doch auch die Krche nicht fehlen!Wenn Lehrer prügeln»stören sie nur zu leicht den Frieden zwischen Schule undHaus. Wir haben das oft gesagt, weil uns sehr daran liegt, daßzwischen Schule und Haus freundliche Beziehungen erhalten bleiben.Immer wieder haben wir Fälle geschildert, die wir als warnendeBeispiele zur Beachtung empfahlen.Einen neuen Fall erfahren wir aus Anlaß einer Prügelexekutton,die in der 288. Knaben-Gemeindeschule(SenefelderStraße) sich abgespielt hat. Rektor Gillert, der diese Schuleleitet, sieht streng darauf, daß in den großen Pausen möglichstsämtliche Schüler sich auf den Hof begeben. Daß nicht einzelneKinder in ihren Klassen bleiben, ist an sich aus gesundheitlichen undmanchen anderen Gründen durchaus zu wünschen, und es entsprichtdas auch nur den Bestimmungen, die von der Schulbehörde gegebensind. In der vorigen Woche hielt nun Rektor Gillert es für nötig.mehrere Jungen mit dem Rohr stock abzustrafen, an-scheinend deshalb, weil sie gegen jene Vorschrift verstoßenhaben sollten. Die Eltern des einen der geprügeltenSchüler sind auf Grund seiner Angaben der Meinung, daßer zu Unrecht bestraft worden sei. Der Junge erzählt, inder als Zeichensaal dienenden Aula habe er nach Schluß derZeichenstunde zunächst den Schrank in Ordnung bringen«tüffen,wozu er vom Lehrer ein- für allemal beauftragt sei. und er habedann seine Mappe noch während der Pause nach dem Klassenzimmergetragen, in dem die Klasse in der nächsten Smnde ihren gewöhn-lichen Unterricht hatte. Dem Rektor hat er zu seiner Entschuldigungangegeben, warum er noch im Zeichensaal geblieben war, der aberhabe befohlen:„Bücke dich!" und habe dann zugehauen. Als dieMutter zufällig auf dem Körper des Jungen die Spurender Stockhiebe entdeckte, ging sie nach der Schule, umsich bei Herrn Gillert zu beschweren. Er antwortete ihr.den Schrank zu ordnen, könne so lange nicht gedauerthaben. Dem Jungen habe er hierüber nichts gesagt, undauch die Mutter ließ er nicht wissen, wie er das festgestellthabe.'Der Herr Rektor wird über die Schuldfcage anders denken alsder- Schüler und seine Eltern. Es ist sogar möglich, daß sein»Meinung über den Sachverhalt die richtige ist, aber von der ihmselber als zweifelsfrei geltenden Notwendigkeit jenerPrügelexekution hat er die Eltern nicht überzeugt.Er hat durch die Geschwindigkett, mit der er gegen denJungen aus solchem Anlaß zum Stock griff, sowie durch dieArt, in der er die sich beschwerende Mutter abferttgte, sie undden Vater des Jungen arg verstimmt. Der Junge gehört zu denbesten Schüler» der Klasse, auch bestanden bisher zwischen denEltern und der Schule durchaus freundliche Beziehungen. DieEltern sind jetzt erregt über diesenAkt derSchuljystiz.der ihnen übereilt scheint. Mit der unzulänglichen Erklärung, durchdie Herr Rektor Gillert sein Verhalten zu rechtfertigen v»rsucht hat,wollen sie sich nicht zufrieden gehen.Wir veröffentlichen das Vorkommnis zur Beachtung nichtfür Eltern, sondern für Lehrer. Der Wunsch, die Lehrer auf dieerziehlichen und gesundheitlichen Gefahren des Prügeln? und auchauf die den Frieden zwischen Schule und HauS gefährdende Neben-Wirkung immer wieder aufmerksam zu machen, leitet unS bei allenderartigen Veröffentlichungen. Möge, wer sich betroffen fühlt, über„Hetze gegen die Schule" schreien— uns soll daS nicht kümmern.Wir glauben, daß wir hiermit der Schule den besten Die.« sterweisen._Gemeinsam in den Tod.Gemeinsam in den Tod gegangen sind am Dienstagabend der64 Jahre alte Zigarrengroßhändler Robert Kuntze und feine 46 Jahrealte Ehefrau Ernestine, geb. Ouitsch, die in der Kirchbachstr. 6wohnten. Kuntze war schon seit längerer Zeit zuckerkrank, außerdemhatte er an der linken Wange eine Entzündung, die vor 14 Tagen ineiner Privatklinik operiert worden war. Auch dieses Leiden wolltenicht heilen. Am Dienstag sollte sich der Kranke einem neuenärztlichen Eingriff unterziehen, sein Zustand erschien aber sohoffnungslos, daß die Eheleute beschlossen, gemeinsam iu den Todzu gehen, weil die Frau nicht allein zurückbleiben wollte. Nachdemsie einen Brief geschrieben hatten, in dem sie den Wunsch aussprechen,daß ihre Leichen verbrannt werden, scheinen die Leute zunächst denGashahn aufgedreht zu haben, denn in dem Briefe sprechen siedavon, daß sie sich mit Leuchtgas vergiften wollen. Diese TodeSartscheint ihnen aber zu langsam gewesen zu sein, sie nahmen dannGift. Nachmittags 5 llhr sah der Verwalter, der mit dem Ehepaarverkehrt hatte, und dessen Frau am Tage vorher noch beiihnen in der Wohnung gewesen war, zu seinem Erstaunen, daßdie Zeitung noch vor der Tür lag, der Frühstücksbeutel noch an derKlinke hing und der Briefkasten nicht geleert war. Er benachrichtigt«die Polizei pnd diese ließ die Wohnung mit Gewalt öffnen, Di«