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Rudolf selbst mied gugstlich die Gesellschaft seiner Kameraden und beging auch sonst mancherlei Handlungen, die darauf schlichen ließen, daß er geistig nicht normal sei. Der Unteroffizier, der diesen.auffallenden� Menschen durch Ohrfeigen erziehen wollte, er- hielt fünf Tage gelinden Arrest. Dann wurden die Rollen vertauscht. Der geschlagene Soldat Rudolf nahm auf der Anklagebank Platz. Er hatte infolge deö oben geschilderten Vorfalles den Entschluh gefaßt, zu desertieren. Um sich Reisegeld zu verschaffen, stahl er in der Kantine einen Betrag von etwa IS M., teilte diesen mir einem Kameraden, beide desertierten, wurden aber bald wieder ergriffen. Nun standen fle wegen Fahnenflucht vor Gericht, das aber die Verhandlung aussetzte, um den Angeklagten Rudolf erst auf seinen Geisteszustand zu beobachten. Wir meinen, das von Anfang an auffällige Verhalten des Soldaten Rudolf hätte Anlaß zu einer möglichst präzisen Unter- fuchung seines geistigen ZustandeS geben müssen. Billiges Fleisch fürs Militär. In der bayerischen Rheinpfalz haben die Fleischer dem Militär- fiSkuS Fleischangebote zu einem Preise gemacht, der mit den Laden- Verkaufspreisen pro Kilo um ca. 70 Pf. differiert. In Germers« heim wurde dem 1. Bataillon des 17. Infanterieregiments das Kilogramm Ochsenfleisch zum Preise von 1,581,65 M. von den dortigen Fleischermeistern offeriert. Für Schweinefleisch betrugen die Preise 1,48-1,58 M.. Kubfleisch 1,80 M. In Landau wurde Ochsenfleisch zu 1,351,88 M., Kalbfleisch zu 1,501,52 M.. Schweinefleisch zu 1,331,85 M. und Schweine« braten zu 1,401,42 M. dem Militärfiskus angeboten. Sehnlich liegen die Preisverhältnisse in Zweibrücken . Es ist selbstverständlich, daß die Fleischer bei diesen regelmäßigen und großen Lieferungen daS einzelne Kilo wesentlich billiger abgeben können als im Kleinverkauf. Aber, wenn man daS auch gelten läßt, fo ist die Differenz in den Ladenpreisen doch entschieden zu hoch. Den Gemeindeverwaltungen der genannten Orte müßte e» ein Leichtes sein, durch Errichtung städtischer Schlächtereien die Massen mit billigem Fleisch zu versorgen. Betrübte Kreuzritter. Genosse Ad elu ng-Mainz schreibt uns: Die.Kreuz- z e i t u n g" schreibt in ihrer Sonntagsnummcr, daß der ehemalige Mainzer Beigeordnete und jetzige Berliner Stadtrat B e r n d t mein Kind aus der Taufe gehoben habe. DieseFratcrnisierung mit der Umsturzpartei" habe zur Folge gehabt, daß bei der letzten Reichstagöwahl derSozialist Dr. David zum erstenmal im ersten Wahlgang das Mandat davontrug". Bei genauerer Betrachtung stellt sich die Sache eigentlich noch weit schlimmer dar. Man denke nur: Mein Söhnchen, da? sich übrigens bereit? im fünften Lebens- jähr befindet und prächtig gedeiht ist überhaupt nicht g e- tauft. Trotzdem also der Junge nicht getauft ist, mithin Herr Berndt dabei nicht mitwirken konnte, hat Dr. David im ersten Wahlgang gesiegt. Da erscheint es begreiflich, wenn sich der »Kreuzzcitung" die Sinne verwirren. l>»e neue Lalkankrife. Ter Zar als Vermittler. Petersburg, 12. Juni. (Meldung der Petersburger Tele- graphen-Agentur.) Der Kaiser hat an den König von Bul - g a r i e n und an den König von Serbien am 8. Juni au? Moskau folgendes Telegramm gesandt:Der Plan einer Zu- sammenkunft der Ministerpräsidenten der vier verbündeten Staaten in Saloniki, der sich sodann eine Zusammenkunst in Petersburg anschließen könnte, erfüllte mich mit der größten Freude, da diese Absicht den Wunsch der Balkanstaaten anzuzeigen schien, daß sie sich verständigen und das Bündnis befestigen wollten, das bis jetzt die glänzendsten Erfolge gezeitigt hat. Mit peinlichen Empftn- düngen erfahre ich, daß dieser�Beschluß noch nicht zur Ausführung gelangt ist, und daß die Balkanstaaten sich anscheinend auf einen Bruderkrieg vorbereiten, der geeignet ist, den Ruhm, den sie gemein- sam erworben haben, zu trüben. In einem so ernsten Augenblick wende ich mich direkt an Eure Majestät, wozu mich mein Recht und meine Pflicht in gleichem Maße nötigen; denn daS bulgarische und das serbische Volk haben durch ihren Bündnisvertrag die Entschei- dung jeder Meinungsverschiedenheit über die Ausführung der Be- stimmungen des Vertrages und der Verabredungen, die sich darauf beziehen, Rußland übertragen. Ich bitte deshalb Eure Majestät, den übernommenen Verpflichtungen treu zu bleiben und die Bei- legung der gegenwärtigen Meinungsverschiedenheit zwischen Bul - garien und Serbien der Entscheidung Rußlands zu überlasten. Da ich das Amt des Schiedsrichters nicht als ein Vorrecht, sondern als meine ernste Pflicht betrachte, der ich mich nicht entziehen könnte, so glaube ich Eurer Majestät mitteilen zu müssen, daß ein Krieg zwischen den Verbündeten mich nicht teilnahmslos lassen könnte. Ich stelle ausdrücklich fest, daß der Staat, der diesen Krieg beginnen würde, dafür der flawischen Sache gegenüber verantwortlich wäre, und ich behalte mir jede Freiheit für die Haltung vor, die Rußland gegenüber dem Ausgang eines so verbrecherischen Kampfes ein- nehmen wird." Serbien und Bulgarien fügen sich. London , 12. Juni. Wie daS Reutcrschc Bureau auS Peters- bürg erfährt, haben Bulgarien und Serbien daö russische SchiedS- gericht angenommen. Eine ernste Mahnung GreyS. London , 12. Juni. In der heutigen Sitzung des Unter- Hauses teilte Staatssekretär Grey in Beantwortung einer Frage betreffend die B a l k a n l a g e die vom Kaiser von Ruhland an die Könige von Bulgarien und Serbien gerichtete Warnung und Aufforderung mit und erklärte: Es ist aufs ernstlichste zu hoffen. daß der so gegebene Rat angenommen wird. ES ist unmöglich, die Gefühle der Enttäuschung und Mißbilligung scharf genug auszu- drücken, mit welchen der Ausbruch eines Krieges zwischen den ver- bündeten Ländern von der öffentlichen Meinung betrachtet werden würde. Er würde alle Sympathien in Europa ihnen entfremden. welche bisher einen Faktor darstellten, der zur Sicherung der Neu- tralität beitrug. Die Balkanstaaten müsten sich selbst dessen be- wüßt sein, daß, wenn sie miteinander um die Früchte ihres Sieges kämpften, sie Gefahr laufen würden, das zu verlieren, was sie bisher im Kriege mit der Türkei gewonnen hatten. Temobilisierungsvorfchlag Serbiens . Belgrad , 12. Juni. Die serbische Regierung hat heute an die bulgarische Regierung eine Rote gerichtet, in der sie den Vorschlag macht, um die Streitigkeiten an der zu- künftigen Grenze und auf dem strittigen Gebiete zu mildern, die gegenwärtigen Effektivbestände auf ein Viertel zu verringern. Diese Demobilisierung würde eine freundliche und friedliche.Lösung der Streit- fragen herbeiführen. Die Botschafterkonferenz. London , 11. Juni. Die Botschaftervercini- g u n g beriet heute über dre Sudgrenze Albaniens und über das Schicksal der Ae�gäischen Inseln. Die Botschafter legten jeder den Standpunkt seiner Re- gierung dar Eine Entscheidung wurde nicht getroffen. Vertagung der Balkankommission. Paris , 12. Juni. Da mehrere Delegierte noch keine Instruktionen erhalten haben, ist die Zusammenkunft der Balkankommission, die morgen stattfinden sollte, auf den 16. Juni verschoben worden. (Ingaini. Das Programm des Gewaltmenschen. Budapest , 12. Juni. Im Abgeordnetenhause hielt Mi- nisterpräsident Graf Tisza heute seine Programmrede, in der er zugleich das Arbeitsprogramm des Abgeordneten- Hauses entwarf. Er äußerte sich über alle möglichen Fragen der inneren und äußeren Politik, nur über die Wahl- rechtsfrage schwieg er sich aus. Die Oppositionellen waren der Sitzung ferngeblieben. frankreick. Opposition der Beamten. Paris , 12. Juni. Der Ausschuß des Nationalen Ver- bandes der Beamtenschaft faßte einen Beschlußantrag, der gegen die Disziplinarverfolgung der Beamtengruppen pro- testiert, die öffentlich ihre Ansicht über die dreijährige Dienst- zeit geäußert haben._ Eine politische Maßregelung. Paris , 12. Juni. Ein Arzt in Sens, Dr. Serfaty, der sich in einem Briefe an Herv6 zu dessen antimilitaristischen(?) Ideen bekannt hat, wurde von dem Präfekten seiner Stellung als Arzt der Findelanstalt enthoben und außerdem, da er Stabsarzt der Reserve ist, vor das militärisch« Disziplinar- gericht gestellt, das seine Entscheidung dem Kriegsministerium übermittelt hat._ Bestrafte Demonstranten. Bourges , 12. Juni. Das Kriegsgericht verhan- delte heute gegen die M i l i t ä r p e r s o n e n des 134. In- fanterieregiments in Macon , die am 20. Mai an den Kund- gedungen gegen das Gesetz über die dreijährige Dienstzeit teilgenommen hatten. Ein Soldat wurde wegen Gehorsams- Verweigerung zu einem Jahr Gefängnis und ein Unteroffizier wegen des Versuches, Mannschaften ihren Pflichten abspenstig zu machen, zu achtzehn Monaten Gefängnis und hundert Frank Geldstrafe verurteilt. Spanien . Die Ministerkrise. Madrid , 12. Juni. König Alfons, der hier eingetroffen ist, hat den Grafen RomanoneS von neuem mit der Kabinetts- bildung betraut. Das Kabinett wird heute nachmittag dem König vorgestellt werden. Rolland. Provinzialwahlen. Amsterdam , 11. Juni. (Eig. Ber.) Mitten in der Wahl- kampagne für das Parlament fallen die Wahlen für die Provinzial- Vertretungen. Am Dienstag fand die erste dieser Wahlen in der Provinz Overhssel statt. Sie brachte unserer Partei einen großen Stimmenzuwachs, der zu den schönsten Hoffnungen für die Parla- mentSwahlen berechtigt. So stiegen unsere Stimmen im Wahl- kreise Enschede seit drei Jahren von 3072 auf 4722, im Wahlkreise Almelo von 626 auf 1343, im Wahlkreise Zwolle von 421 auf 1192; in den Kreisen Deventer und Oldenzaal , wo wir 1910 noch zu schwach waren, um Kandidaten aufzustellen, erhielt die Partei jetzt 753 und 589 Stimmen. Am Donnerstag finden die Provinzial- Wahlen in Jrieiland statt, am Freitag in den Provinzen Nord- und Süd-Holland, Gelberland, Groningen , Utrecht usw. Dänemark . Demission des Kabinetts. Kopenhagen , 12. Juni. Der Ministerpräsident wurde heute vom König in Audienz empfangen, in deren Verlauf er die Demission des Kabinetts überreichte, die vom König angenommen wurde. Der König bat das Ministerium, die Geschäfte vorläufig weiter zu führen. Wie RitzauS Bureau erfährt, wird der König schon heute mit den Parteiführern des Folkething» konferieren. Norwegen . Annahme des Frauenwahlrcchts. Kristiania » 11. Juni. DaS S t o r t h i n g hat heute abend ein- stimmig die Erweiterung des politischen Wahlrechts beschlossen, wonach den Frauen das Wahlrecht in gleichem Umfange verliehen wird wie den Männern. Die Zahl der Wahlberechtigten erhöht sich dadurch um rund 225 00(X_ Huö der Partei. Besteuerung eines sozialdemokratischen WahlvereinS. Am 22. Oktober 1911 ist in Ahlen i, W. ein fozialdemokra- tischer Verein für den münsterländischen Wahlkreis Beckum-Lüding- Hausen-Warendorf gegründet worden. DaS Kgl. Stempelsteueramt entdeckte nun, daß der Verein keine Stempelsteuer bezahlt hat und machte daher dem Bürgermeisteramt in Ahlen durch Protokoll- auSzua von der stattgehabten Revision Mitteilung mit der Auf- gäbe, daß der Vorsitzende deS Vereins, Genosse Jordan in Ahlen , aufzufordern ist, denNachweis für richtige Versteuerung der Satzungen" zu erbringen oder, falls dies nicht möglich ist, nach- träglich die Steuer in Höhe von 5 M. zu zahlen. DaS Bürger- meistcramt forderte daraufhin den Genossen Jordan auf, die 5 M. zu zahlen, damitdiesseits" der Stempel entwertet werden könne. Natürlich wird der Genosse Jordan die 5 M. zurrichtigen Ver­steuerung der Satzungen" nicht zahlen. Parteiliteratur. Kommunale Kunstpflege von Hugo Hill ig. Ms 14. Heft der von Paul Hirsch herausgegebenen kommunalpolitischen Ab- HandlungenSozialdemokratische Gemeindepolitik" behandelt diese Arbeit Fragen von nicht zu unterschätzendem Kulturwerte in klarer, ausführlicher und vorurteilsfreier Weise. Die Reichhaltigkeit deS Stoffes geht schon aus dem Jnhaltsver- zeichniS hervor, das folgende Kapitel aufweift: I. Die Stadt und die Kunst. II, Das Bild der Stadt, III. DaS Kunstleben der Stadt. IV.. Die Kunstschätze der Stadt. V. Die Kunsterziehung der Stadt. VI. DaS Kunstgewerbe der Stadt. VIl. Stadt und Land. Anhang: Ausgaben der Städte für Kulturstätten. Lite­ratur über künstlerischen Städtebau. Das Heft erscheint wie alle Hefte derSozialdemokratischen Gemeindepolittk im Verlage der Buchhandlung Vorwärts, Berlin SW. 68. Preis 1 M. Vereinsausgabe 50 Pf. polizeiliches, Gerichtliches ufw. Sankt Militarismus. Etwa im November 1910 ließ Genosse A. W i n n i g- Hainburg im Vorwärtsverlage seine bekannten Soldatengeschichten» P r e u- ßischer Kommiß' erscheinen. Im März dieses JahreS druckte die Danziger«Volks- wacht" den Abschnitt»Zwei Beschwerden" ab und veröffentlichte in Fortsetzungen das ganze Buch. Daraufhin stellte der Krieg?« minister gegen den Redakteur Genossen H. Lorenz und den Genossen W innig Strafautrag wegen Beleidigung sämtlicher Unteroffiziere und Offiziere des preußischen Heeres. Der Straf- antrag war in Vertretung von dem Generalleutnant v. Wachs unter- zeichnet und trug in besonderer Weise derGefährlichkeit" des Tat- ortes Rechnung. Gegen Winnig wurde das Verfahren wegen Verjährung ein- gestellt. Der Redakteur Lorenz mußte sich am 10. Juni vor der Danziger Strafkammer verantworten. Das Gericht lehnte die Ladung Winnigs als Zeugen ab. Der Staatsanwalt Schneider forderte mit ausdrücklicher Be- rufung auf den Bestrafungsbefehl des Kriegsministers 3 Monate Gefängnis. Er nannte die Darstellung gemein und gemein- gefährlichl Schon die Tatsache, daß das Buch von anderen sozialdemokratischen Zeitungen nachgedruckt wurde, hätte den An- geklagten ans seine beleidigende Tendenz aufmerksam machen müssen. Rechtsanwalt Rosenbaum wies die Forderung des KriegSministers nach strenger Ahndung als schweren Eingriff in die Unabhängigkeit der Richter zurück. Er bemängelte die formelle und materielle Gültigkeit des Strafantrages. Der Angeklagte mußte gerade aus der bis- herigen Straflosigkeit des Buches die Ueberzeugung schöpfen, �aß auch er es anstandslos nachdrucken könne. DaS Gerickt verurteilte Lorenz zu 300 Mark Geldstrafe oder 30 Tage Gefängnis. In der Begründung heißt eS, die Dar- stellung v er all g e m ei n e r e so sehr, daß es gar nicht darauf ankomme, ob der Verfasser ähnliches erlebt habe. Die Tendenz deS Artikels sei durchaus verwerflich. Es sollte dadurch den Soldaten und Rekruten, die in das Heer einträten, Widerwille gegen die Vor- gesetzten eingeflößt werden. Eine solche Tendenz erforderte eine energische Ahndung. Nur mit Rücksicht darauf, daß das Buch bisher straffrei geblieben, sei auf eine Geldstrafe erkannt. IvCtzU ffachrichtcn. Die Botschafterkonferenz und die Lage auf dem Balkan . London , 12. Juni. (W. T. B.) Wie da? Reulersche Bureau er� fährt, hält man allgemein dafür, daß die Botschaftervereinigung über die in Beratung stehenden Punkte erst dann endgültige Eni- scheidungen werde treffen können, wenn sich die Lage hinsichtlich der Beziehungen unter den Verbündeten und der Haltung Griechen- landS klarer gestaltet hat. Die Botschafter halten es nicht für an- gängig, in diesem Augenblick die Fassung von Entschlüssen zu forcieren, bei denen nach Aenderung der Umstände der gewünschte Erfolg ausbleiben könnte. Was Epirus , Albanien und die Aegäischen Inseln angeht, so haben die drei letzten Botschafterver- einigungen mehr in einem Austausch der Meinungen, als im Suchen nach einer Lösung bestanden. Eine Aenderung in der Lage ist nicht eingetreten; indessen zeigte sich auch keine grundsätzliche Meinungsverschiedenheit, bestimmte Tatsachen lassen vielmehr dar- auf schließen, daß ein Ausgleich zustande kommen wird. Die französische Wahlreform. Paris , 12. Juni. (W. T. B.) Der radikale Deputierte Besuard kündigte an, er werde, entsprechend der Geschäftsord- nung der Kammer, die Einsetzung des interparlamen» tarischen Ausschusses beantragen, damit in der Wahl- reformfrage eine möglichst rasche Verständigung zwischen Kammer und Senat erzielt werde. Der Mörder Schewket Paschas. Konstantinopel , 12. Juni. (W. T. 23.) Der Mörder Mahmuds, T o p a I T e w f i k, soll 28 Jahre alt. lahm und von häßlicher, hagerer Gestalt sein und das Aussehen eines Apachen haben. Es wird erzählt. Topal Tewfik habe aus der Flucht nach der Mordtat auf die ihn verfolgenden Wachleute geschossen und sich dann in einem in der Nähe befindlichen Hotel versteckt. Hier wurde er in einem Klosett enweckt, wo er gleiche Patronen weggeworfen hatte, wie die waren, von denen der Großwesir getroffen wurde. In der Hotelküche und unter der Treppe wurden zwei Revolver und ein Messer gefunden. Topal Tewfik stellte jede Täterschaft in Abrede, wurde aber von einer türkischen Frau als einer derjenigen er- kannt, die auf den Großwesir Schüsse abgegeben haben. Auf dem Transport nach den: Gefängnisse des Kriegsgerichts wäre er von der erbitterten Menge beinahe gelyncht worden. Gendarmen und Wachleute nahmen ihn in Schutz. Der in dem wiederaufgefundenen Automobil verhaftete Chaufseurgehilfe hatte eine frische Brand- wunde. Er behauptet, daß er sie auf der rasend schnellen Flucht vom Orte des Verbrechens beim Manövrieren mit dem Automobil erlitten habe, als er außerhalb der Mauern StambulS durch daS Tal und die Hügel der süßen Wässer Europas nach Pera hmauf- lenkte. Die vier Personen, die sich in dem Automobil befunden hatten, sind bisher nicht eruiert worden. Man glaubt, daß die Urheber des Anschlages nur die Werkzeuge unbekannter Anstifter sind. Man will in dem davonfahrenden Automobil einen ehe- maligen Füsilier des früheren SultanS, namenS Zia, gesehen haben. Eigentümer des Automobils soll ein gewisser Nazim sein. Es scheint sicher, daß der verhaftete Attentäter Topal Tewfik und seine Genossen einer gedungenen Mördcrbande angehörten. Tclvfik habe in einem Kafseehause am Tatort die Ankunft des Großwesirs den Mördern durch Zeichen avisiert. Die erste Kugel habe ein Bein des Grotzwesirs, die zweite das Gehirn durchbohrt. Es verlautet, daß weitere vier Urheber des Attentates auf den Grahwesir verhaftet worden seien, einer von ihnen heißt Tscherkcst Abdurrahmann. ES sollen noch weitere Personen verhaftet worden sein, die Untersuchung wird streng geheim geführt. Der Nachfolger Mahmud Schewket PaschaS. Konstantinopel , 12. Juni. (W. T. B.) P r i n z S a i d H a I i m ist endgültig zum Großwesir ernannt worden. Harte Strafen gegen demonstrierende Soldaten. Bourges , 12. Juni. Bei der heutigen 5iriegsgerichtsverhand- lung wurde weiterhin ein Soldat, der in Macon an den Kund- gebungen gegen die dreijährige Dienstzeit teilgenommen und einen Zivilisten, der sich für das Gesetz erklärte, mißhandelt hatte, zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Eine Niederlage der Spanier in Marokko . Tetuan, 12. Juni. (W. T. B.) Die militärischen Opera- tionen wurden gestern früh wieder aufgenommen. Oberst Garcia Moreno besetzte die Brücke bei BuSfeja, die zehn Kilometer westlich der Stadt über den Fluß Khmis führt. Die Beduinendörfer Menkas und Amsal wurden mit Geschützen beschossen, Jnfanterieabteilungen entwickelten sich auf den spanischen Befestigungen bei Dersa. Der Kampf um den Besitz der Brücke war sehr heftig und wurde sehr verlustreich; er dauerte von 1 Uhr mittags bis �HIO Uhr abends. Tie Spanier verloren insgesamt sechs Tote und fünfzehn Verwundete, die Rifschützen hatten sechs Tote und zwanzig Ber- wundete. Das Gros der Truppen, die ermüdet waren, zog sich unter dem Schutz der Kavallerie in ihr Lager zurück. Ein Ba- taillon ist mit der Befestigung der Brücke beschäftigt. Riffpiraten überfallen ein Kanonenboot. Paris , 12. Juni. (W. T. B.) Nach einer Blättermeldung aus Madrid wurde das bei Ahucemas gestrandete Kanonenboot General Concha" von einer großen Anzahl von Riffleuten ange- fallen. Der Kapitän de? Schiffe? und sieben Matrosen wurden getötet, zwei Offiziere und 20 Mann verwundet. Das Kanonen- boot«Laurea" nahm die Verwundeten auf.