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Nr.M. 3i). Iahrgavg. 2. Keil«» des Jonuirts" Kerlim Sollislilüll Zovnabeltd, 21. Zum 1913. GewerfefcbaftUchca* Die Gelben und Schüler. Die gelben Gewerkvereinsgewachfe haben sich unter der milden Sonne der Unternehmersympathie auch im Wupper  - tale derartig entwickelt, daß sie es hier schon zu einer eigenen Wochenschrist,Der Wuppertaler Werkverein" betitelt, sowie einer eigenen Geschäftsstelle mit Telephon und Postscheckkonto gebracht haben. DieseGeschäftsstelle der nationalen, Wirt- schaftsstiedlichen Arbeiterbewegung des bergischen Landes" in Barmen hat eine 32 Seiten starke Flugschrift mit dem TitelFreie Arbeiter" drucken lassen, um über die sozialdemokratische Gewerkschaftspest" Aufklärung zu geben. In Nachfolgendem sei einiges daraus mitgeteilt: Der Gott  , der Eisen wachsen ließ, der wolle keine Knechte," sang Ernst Moritz Arndt  . Wer aber Mitglied der sogenanntenfreien Gewerkschaften" sei, der lebe in der Knechtschaft der von sauren Arbeitergroschen bezahlten berufs- mäßigen Hetzer. Frei seien nicht die sogenanntenfreien" Gewerkschaften, sondern wahre Freiheit gäbe es nur bei den Gelben. Diese seien die wahrhaftfreien Arbeiter". Dann werden dieGrundsätzlichen Anschauungen der Kampfgewerkschaften und der Wirts chafts- friedlichen" dargelegt. Nicht nur die sogenannten freien", sondernauch die ch r i st l i ch e n und Hirsch- Dunckerschen Gewerkschaften seien Kampforgani- f a t i o n e n". Durch diese drei Kategorien der Gcwerk- schastsbewegung werde ein ungeheuerlicher Terrorismus nicht nur auf die Unternehmer, sondern auch auf die andersdenken- den Arbeiter ausgeübt. Aber dieWirtschaftsfriedlichen" betrachten die Unternehmer nicht als Feinde, sondern als Vorgesetzte und kameradschaftliche Mitarbeiter. Arbeiter und Unternehmer zögen am gleichen Strange. Aber es seieine gemeine Verleumd u n g, wenn von anderer Seite behauptet würde, daß jme gelben Werkvereine völlig auf jedes Streikrecht Verzicht ge- l e i st e t" hätten. Im Gegenteil, es sollenur kein Streik- mißbrauch getrieben werden". Für die Gelben seide r StreiknurdasäußersteMittelderNotweh r". Und dann muß Schiller   herhalten, der geschrieben habe: Wenn der Gedrückte nirgends Recht kann finden, wenn unerträglich wird die Last, greift er getrosten MrrteS in den Himmel und holt herunter feine ewigen Rechte, die droben hangen unveräußerlich und unzerbrechlich wie die Sterne selbst!" Nachdem also Schiller zum Bannerträger der Gelben avanciert ist, heißt es dann:Zu diesem unveräußer- lichen Rechten gehört auch das Streikrecht der Arbeiterschaft, das wird ihr keine menschliche Macht rauben können." Aber wann werden die Gelben dieses letzte Mittel einmal anwenden? Darauf antwortet die �chrift, daß dieses bei der herrschenden Interessengemeinschaft von Unternehmer und Arbeiter wohlselten oder gar nicht eintreten" werde, dennder Streik ist sür den Werk- vereinler eine Waffe, die er zwar durchaus nicht ab- schafft, die er aber in die Rumpelkammer legt, w o h i n s i e g e h ö r t."(I) An einem Beispiele wird dann gezeigt, wie doch einmal ein Streik der Gelben aussehen könne: Würde auf einem Werke einmal ein unsozialer Meister eingestellt und die Aktionäre schmissen den nicht hinaus, dann suchten sich alle dort beschäftigten Gelben andere Arbeit. So müsse gestreikt werden! In Berlin   habe man es schon einmal so gemacht. Und wenn die Gegner sagten, die Gelben könnten ja gar nicht streiken, weil sie keine Gelder hätten, so sei darauf zu erwidern, daß sie j>war keine Streikfonds be- säßen, sondern jeder einzelne etwas bei der Sparkasse auf die hohe Kante legte, um für den Fall eines solchen Streiks gesichert zu sein. Die Sparkasse sei die beste Streikkasse, und in der Sparsamkeit beruhe das ganze Geheimnis der mensch- lichen Wohlfahrt. Auch brauchten die Gelben keine berufsmäßigen Führer zu füttern. Deshalb hätten sie auch darauf verzichtet, derartige bezahlte Führer anzustellen. Die bezahlten Gewerkschaftssekretäre sind der Krebsschaden der Arbeiterbewegung. Durch systematische Hetzarbeit verdienen diese sich ihr Brot. Bei dm Wirtschaftsfriedlichen wird der gesamte Verwattungsapparat, soweit wie eben möglich(I) ehrenamtlich betätigt. Die Unternehmerschaft steht ihr dabei mit Rat und Tat zur Seite." Das heißt, die Unternehmer bezahlen den ganzen gelben Schwindel, weil er gute Früchte sür den Profit trägt, wenn sich die Arbeiter von den bezahlten Subjekten der Kapitalisten einfangen lassen. Aber diese Kreaturen sind nicht nur von gemeinster Verlogenheit, sondern obendrein auch noch so dumm wie nur irgend möglich. Das hier kritisierte gelbe Machwerk ist ein Beispiel dafür. veuttcbes licick». Die Tariferneuerung in der Stettiner Konfektions- industrie dürfte voraussichtlich ohne energischen Kampf nicht zu erreichen sein. Die Verhandlungen der örtlichen Vertreter sind am 15. d. M. vorläufg abgebrochen worden, und wenn nicht die Zentralvorstände des Arbeitgeber- und Schneiderverbandes bis zum 1. Juli ein an- nehmbares Resultat vereinbart haben, dürfte es wohl zu einem Ausstand kommen, der bei der Unvereinbarkeit der Forderungen und Zugeständnisse mehrere Wochen dauern dürfte. Vor dem 1. Juli dürfen, nach einer Abmachung zwischen den Parteien, keinerlei Kampfmatzregeln von der einen oder anderen Seite an- gewandt werden. Während die außerhalb des Arbeitgeberverbandes stehenden Firmen sich bereits zu einer zehnprozentigen Lohnauf- besferung verpflichtet haben, erklärt sich der Arbeitgeberverband nur zu einer 3t-prozentigen Erhöhung der bisherigen Tariflöhne bereit, was jedoch für die Arbeiter unannehmbar ist, da zu einem guten Teil schon viel höhere Löhne gezahlt werden. Die Arbeitgeber sträuben sich gegen die tarifliche Festlegung dieser höheren Löhne, die nach ihrer Meinung reine Phantasielöhne sind, welche nur aus Mangel an Arbeitskräften gezählt worden seien und bei ein- tretender Depression nicht weiter gezahlt werden könnten. Uebcr eine tarifliche Festlegung der Löhne für Bügler, Näherinnen usw. wollten die Herren vom Arbeitgeberverband nicht einmal sprechen. Auch bezüglich der Bezahlung der mannigfaltigen Extraarbeiten, an deren Regulierung den Arbeitern besonders viel liegt, wurde von Arbeitgeberseite kein Entgegenkommen gezeigt. Nach alledem ist nicht zu hoffen, daß es den Bemühungen der Zentralvorftände gelingen wird, die Lohnbewegung friedlich zu beenden. i Zu den Differenzen im Malergewerbe. Der am 22. Mai durch Annahme der Schiedssprüche von den beiden Zentralorganisationen erledigte Kampf im Malergewerbe ist immer noch nicht ganz beendet. Die Unternehmer des gesamten Rheinland  -Westfalens frontieren nach wie vor gegen den neuen Tarifvertrag und verhöhnen ganz offen die Unternehmer der anderen Gaue wegen der von ihnen bewahrten Disziplin. Auch in Hamburg   bestehen die Differenzen weiter. Zwar sind Verhandlungen eingeleitet, doch ist noch nicht abzusehen, ob sie zu einem Abschluß führen. Jedenfalls ist für beide noch strittigen Gebiete Zuzug von Malcrgehilfen zu vermeiden. Die Unparteiischen, die bekanntlich sofort nach Annahme der Schiedssprüche dem Unternehmerverband auf eine Anfrage eine Erklärung des letzten Schiedsspruches übermittelten, womit dieser dann versucht hat, die örtlichen Verhandlungen für sich günstig zu beeinflussen, haben es jetzt für höchst bedenklich bezeichnet, wenn sie, sei es einzeln oder gemeinschaftlich, ihre Meinung über die AuS- lcgung des neuen Tarifvertrages oder des Schiedsspruches äußern. Es soll dielmehr das Haupttarifamt konstituiert werden, das als allein zuständig betrachtet wird, die aufgeworfenen Streitfragen zu erledigen. Diese Stellungnahme bedeutet eine Rechtfertigung des Standpunktes der Gehilfenorganisation. Der Malerverband hatte gegen die Verwendung des bekannten Schreibens der Unpar- teiischen durch den Unternehmerverband zu dessen besonderen Zwecken Verwahrung eingelegt, und schon allein von diesem Ge- sichtspunkt aus die nach einseitiger Information zustande gekom- mene inoffizielle Jntcrpretierung des letzten Schiedsspruches moniert. Die örtlichen Verhandlungen gehen im allgemeinen nur lang- sam weiter. Es sind manche Schwierigkeiten zu überwinden, die vielfach in Mißverständnissen über die neuen Abmachungen wur- zeln oder aus kleinlichen Rachcgefühlen der von dem Ausgang ihrer Machtprobe natürlich nicht erbauten Unternehmer herrühren. Für viele Orte werden erst die Zentralinstanzen eingreifen müssen, bis die örtlichen Verhandlungen zum Abschluß kommen. Achtung, Schuhmacher! In der Schuhfabrik von Rollmann u, Mayer in Köln-Nippes ist an der Rapiddurchnähmaschine ein Lohn-- abzug von LS Proz. vorgenommen worden. Da ferner die der- langte Rekordleistung bisher von keinem Arbeiter erreicht werden konnte, ersuchen wir, bei Arbeitsangeboten erst Erkundigung bei. der unterzeichneten Lrtsverwaltung einzuziehen. Zentralverband der Schuhmacher Deutschlands  . Ortsverwaltung Köln  . Verkleisterte christliche Streikbruchschande. Der schwarze Textilarbeiterverband hat gegenwärtig recht schwere Tage. Landauf und landab sind seine Agitatoren mit viel Eifer und wenig Geschick bemüht, die Streikbruchtaten ihrer Organisation in Krefeld   und Bayreuth   zu beschönigen. Besonders unangenehm ist den christlichen Gewerkschastssekretären die von frei- gewerkschaftlicher Seite eifrig betriebene Aufklärungsarbeit über die jüngsten christlichen Arbeiterverrätereien. Mit allen Mitteln wird versucht, diese Aufklärung hintenan zu halten, wie folgender für das schlechte Gewissen der Gewerkschastschristen äußerst bezeichnende Vorfall beweist. In Bamberg  , der nordbayerischen Bischofsstadt, war seitens unserer Freunde in einem Plakat an den Litfaßsäulen in kurzen Worten die neueste Streikbruchschande der Christen in Bayreuth   bei dem Streik der Spinnereiarbeiter bei der Firma Bayerlein besprochen und die Arbeiter aufgefordert worden, einer Organisation, die sich zur Aufgabe nicht die Vertretung, sondern die Zertretung der Arbeiterinteressen gemacht habe, den Rücken zu kehren. Das patzte den schwarzen Streikbruchsührern nicht in den jlram, und da mit Gründen gegen das in dem Plakat Gesagte nicht anzukämpfen war, nahmen die Herren die Hilfe der Polizei in Anspruch. Der christliche Bczirksleiter Peter Geier aus Augsburg  , der jetzt ini Bezirk Bamberg-Fulda die Mitglieder- flucht innerhalb des christlichen Verbandes fördern hilft, sowie sein Bamberger Kollege W i t t e k i n d, liefen jammernd zur Behörde und erreichten durch ihr Klagen denn auch, daß die Plakate ve» kleistert und mit weißem Papier überklebt wurden. Ob die Herren glauben, damit die Aufklärung über ihre Hand- lungsweise hintenanhalten zu können? Wir meinen, so unrecht werden diejenigen nicht haben, die glauben, daß das unbeschriebene Blatt Papier   an hen Litfaßsäulen eine viel eindringlichere Sprache redet, als das größte und auffälligste Plakat. Der Vorfall in Bamberg   ist ein neuer Beweis dafür, wie unangenehm für den christlichen Textilarbeiterverband die Situation zu werden beginnt und wie die Führer selbst eine Riesenblamage nicht scheuen, um die Aufklärung von ihren Schäflein fernzuhalten. KeinTerrorismus". Vor einigen Wochen ging durch die ganze bürgerliche Presse eine grausige Terrorismusgcschichte, die in Nürnberg   vorgekommen sein sollte; namentlich die Zentrumsblätter zeichneten sich durch unglaubliche Hetzereien aus. Den Anlaß bot ein Zirkular, das der Zweigverein Nürnberg   des Verbandes der Friseurgehilfen an die dortigen Unternehmer der Branche verschickt hatte. Durch die schlimmste Erpressung" habe man, so hieß es. die Unternehmer zwingen wollen, dem Verband der Gehilfen Zutreiberdienste zu leisten. Das Zirkular lautete wie folgt: Werter Herr! Durch die Vereinigten Gewerkschaften wurden wir beauftragt, die Geschäfte, in welchen unorganisierte Gehilfen beschäftigt sind, bekanntzugeben. Da bei dieser Veröffentlichung auch Ihr Geschäft in Betracht kommt, so erlauben wir uns. einen Aufnahmeschein für Ihren Gehilfen beizulegen und ersuchen Sie, selbigen ausfüllen zu lassen, damit Ihnen durch Ihre werte Kund- schaft keine Nachteile entstehen. Der Aufuahmeschein wird durch unseren Einkassierer abgeholt." Der Schrei nach dem Staatsanwalt tat seine Wirkung, gegen Die �ahrbundcrtrchmach. In der BreSlauer Stadtverordnetenversammlung ist durch eine Interpellation der Magistrat gezwungen worden, wegen der Absetzung des Festspiels Rede zu stehen. Der Aus- gang der Affäre war so kläglich wie möglich. Ter Oberbürger- meister redete sich darauf hinaus, die Einstellung der Aufführung habe mrt dem Inhalt de» Stückes nichts zu tun(so wenig wie etwa das Köpfen mit den Anschauungen des Geköpften). Als man daran ging-" 10 sagte das Haupt der Bürgerschaft, den Kronprinzen als Protektor in den Streit der Meinungen hineinzuziehen, und da- durch nicht nur das Festspiel, sondern auch die Ausstellung in Gekahr zu bringen, glaubte der Magistrat ein Opfer bringen zu müssen, das ihm sicher nicht leicht geworden ist. Er bat geglaubt, in einer Zeit der patriotischen Erhebung und der Erneuerung des Zu- sammenschlusses zwischen Thron und Volk jedes Hindernis beseitigen zu sollen. Nach dieser Erklärung knickte die liberale Mehrbeit der Ver- sammlung vorschriftsmäßig zusammen, schnitt einer radikale» Minder« heit der eigenen Fraktion das Wort ab und überließ den Muckern und Junkerlnechten das Feld. Nur dein sozialdemokratischen Redner, Stadlv. L ö b e. blieb es vorbehalten, dem Magistrat zu erklären, daß er durch seine Unterwürfigkeit und Kriecherei die Stadt dem Gespött der Welt preisgegeben habe und daß die Magistrats- Mitglieder sich lchämen sollten, ihre Plätze noch einzunehmen, noch- dem sie>n solcher Weiie die Verachtung aller fteigesinnten Künstler, Schriftsteller und Politiker auf ihre Schultern geladen haben. Der stellvertretende konservative Vorsteher verhängte wegen des AuS- drucksKriecherei" einen Ordnungsruf. .Die Erneuerung de» Zusammenschlusses zwischen Tbron und Volk" das ist in der Tat die Signatur dieses ganzen Skandals. Der Oberbürgermeister hat das wahrhaft erleuchtende Wort ge- sprachen. Kein sozialdemokratischer Hetzer hätte ihm etwas Beißenderes und zugleich Richtigeres soufflieren können. Hauptmann mag daran» entnehmen, was man ihm eigentlich zugetraut oder auch zugemutet bat. al« man ihm die» Festspiel übertrug. Man kaufte seinen Namen alS deSgrößten deutschen   Dichter« der Gegen- wart", in der stillen Hoffnung, daß er wenigstens die Geschäfte nicht stören. Die Ironie der Geschichte will eS. daß die Sozialdemokratie. die dem Hauptmannschen Fest, viele innerlich sehr kühl gegenübersteht. jetzt die energische Verfechtung der Freiheit der Kunst übernehmen mußte DaS Bürgertum ist mcht mehr in der Lage, seine eigenen Angelegenheiten zuführen, dies bürgerliche Festspiel vor der Schmach der Absetzung zu bewahren. Wie. Genosse Löbe im Breslauer Kolleg allein die Ding« beim richtigen Namen nannte, so hat auch die Breslauer Sozialdemokratie sich de« Dichters in der wirksamst«» Weise angenommen und da« Attentat auf die Freibeit der Bürger und der Kunst aufs entschiedenste gebrandmarkt. Aber wt- soll man einem Bürgertum auf die Beine helfen. daS sich selbst »«stümmelt Z Eine europäische Blamage hat unser Breslauer Bruderblatt dieieS Trauerspiel genaunt. Und die ausländische Presse variiert in diesem Sinne das Tbema von der freien Kunst im freien Lande. Wir haben wieder den Siedepunkt auf der Skala der Lächerlichkeit erreicht. Der Rekord des Hauptmanns von Köpenick ist bedroht. Einige Verie aus dem Hauptmannschen Festspiele find jetzt von prachtvoller Aktualität. Zum Beispiel diese: Wir wollen ihn sehen auf festen Füßen Den Bürger, den Bauer, den Arbeitsmann, Statt sie zu drücken und zu knicken, Wolle» wir ihm vielmehr das Rückgrat grade rücken! Statt sie zu beugen und zu knechten, Wollen wir sie machen zu Aufrechten. Dann bin ich gewiß, daß eS uns gelingt, Ihnen einzuhämmern den deutschen   Instinkt. Wir haben dann ein Volk von Helden, Nicht von alten Weibern  , mit Respekt zu melden. Und wie gut paßt Hauptmanns Spott im Festspiele auf seine eigenen Auftraggeber: Haha I Schon ist der Kerl erledigt Mit seiner Jakobinerpredigt. Daß Dich: Ihr Unruhstifter und Aufrührer, Ideologen und Vollsverführer! Man kennt da« Lied, man kennt eS schon, Es richtet sich gegen Altar und Thron I Armer Oberbürgermeister: hier ist da» Stichwort, dem sie alle nicht widerstehen konnten, als an ihre Sklavenseele appelliert wurde. der eS von jeher eingeprügelt worden ist. Traurige Freiheits- Verehrer, die Feste feiern zu Ehren ihrer eigenen Knechlsetigkeit. * Für die Vorgeschichte des Festspiels ist von Interesse, was der.Breslauer Generalanzeiger" mitteilt: Haupimann hat nicht iveniger als fünfmal die Mitteilungen nach Breslau   gelangen lassen, daß er das Festspiel lieber nicht schreiben möchte. Immer wieder aber wurde er umgestimmt und die Sache kam dann endlich zum Abschluß. Hauptmann hatte vor ungefähr einem halben Jahre das Gerüst zu dem Festspiel fertig- gestellt und wollte es nun Reinhardt vorlesen. Damals trug der Dichter in einem engeren Kreise zum ersten Male das Stück vor. Er hatte zwei Teile fertig, wies aber auf eine vorgebrachte An- regung darauf hin, daß irgendeine dynastische Glori- fizierung nicht in seiner Absicht liege. DaS Werk ist dann von den höchsten maßgebenden Persönlich- leiten gelesen worden, und auch der Chef de» Zivil- kabinetts deS Kaisers, v. Valentini(der eS lesen mußte, weil Friedrich der Große   darin vorkam), nabm daran keinen Anstoß. Der Um- schwung hat stch erst m den letzten Wochen bemerkbar gemacht." Mancherlei Kundgebungen von Vereinen und Einzel« Personen beweisen, daß der Geist des Protestes gegen diesen Fall der Zensur wach geworden ist. Allen voran hat dieFreie Volksbühne" am IS. folgende Resolution gefaßt: Mit Bedauern, aber ohne Ueberraschung nimmt die General- Versammlung derFreien Volksbühne  " von dem Aufführungsverbot Kenntnis, von dem Gerhart Hauptmanns Festspiel   in Breslau   be- troffen worden ist. Dieses Verbot ist kennzeichnend für den Geist der Unduldsamkeit, der das ganze künstlerisch schaffende Leben der Gegenwart in seinem Bann zu halten sucht und auch dem kulturfördernden Streben unserer Vereinigung alle erdenklichen Hindernisse in den Weg legt. Ebensowenig ober wie die Arbeit der Freien Volksbühne  ' durch polizeiliche Eingriffe ernstlich behindert werden kann, wird der Einspruch schlesischer Magnaten und Krieger- vereine dem Urteil der Kulturwelt über den Dichter derWeber" Eintrag tun. Die Versammlung spricht die Hoffnung aus, daß sich alle geistig Freien des deutschen   Volkes mit ihr im Protest gegen die unwürdige und beschämende Dichtermaßregelung von Breslau  vereinigen werden. Professoren und Dozenten der Universität Breslau, denen sich zahlreiche K ü n st l e r angeschlossen haben, erklären(mit Vorsicht):Wir vermögen in Hauptmanns Festspiel weder eine Verherrlichung Napoleons   noch einen Hohn auf unsere patriotischen Gefühle zu empfinden.... Trotz dieser Auffassung und Empfindung erheben wir den Anspruch, gute Patrioten zu sein." Die Schulfeste der Bildungsanstalt Jacqurs-Dalcroze in Hellerau   brachten in ihrer diesjährigen zweiten Wiederkehr, wie unS aus Dresden   geschrieben wird, außer der wenig Neues bietenden Darlegung des Dalcrozeschen LehrsvstemS der rhythmischen Gym- nastik die Aufführung der Mufitlragödie OrpheuS   und Euri- d i k e von Gluck, die feit einem Menschenaller in Dresden   nicht mehr gehört wurde. Der Gesamteindruck war ein tiefgehender und zeugte von den starken künstlerischen Kräften, die in Hellerau   am Werk sind. Eigenartig und sehr überzeugend hatte der Maler S a l z m a n n das Bühnenbild aus blau-grün verkleidete» Stufen- Unordnungen und Vorhängen gestaltet, denen sich als ftimmung- gebender Faktor ein diffuses Licht gesellte, dos sich zu starker Leucht- kraft und zu gedämpftester Wirkung mit der Handlung veränderte. Die Solisten fügten sich dem strengen Stil der Aufführung gut ein. Besonders gespannt war man auf die Anordnung der Chöre, die bei Gluck bekanntlich eine wichtige in die Handlung eingreifende Rolle spielen und mit deren Gruppierung es an unseren Opern- bühnen so unbefriedigend bestellt ist. Von einigen unruhigen Ucber- treibungen im zweiten Akt abgesehen, hat sich da« Dalcrozefche Prinziv glänzend bewährt, und die zahlreich anwesenden auswärtigen Fachmänner werden sicherlich die Anregungen weiter verpflanzen. Besoiider« sei der in graue Schleier gehüllte Chor der Trauernden erwähnt, der sich wie ein HodlerfcheS Gemälde ausnahm; die Furien- und Schattenizenen in der Unterwelt sind vom letzten Jahr her bekannt, hatten aber gegenüber dem letzten Jahre an Monumentalität durch Unruhe eingebüßt. Ueberraichend war die Szene in demSeligen Gefilde" vor der opalisierenden Lichtwand mit den sieben Frauen-