Einzelbild herunterladen
 

Nr. 163.

5 Pfennig

Abonnements- Bedingungen: Abonnements Preis pranumerando: Bierteljährl. 3,36 m., monatl. 1,10 M., wöchentlich 28 Pfg. frei ins Haus. Einzelne Nummer 5 Bfg. Sonntags. nummer mit illustrierter Sonntags. Beilage Die Neue Welt" 10 Pfg. Post­Abonnement: 1,10 Mark pro Monat. Eingetragen in die Post- Zeitungs­Preisliste. Unter Kreuzband für Deutschland und Desterreich- Ungarn 2,50 Mart, für das übrige Ausland 4 Mart pro Monat. Postabonnements nehmen ant: Belgien , Dänemart, Holland , Italien , Luxemburg , Portugal , Rumänien , Schweden und die Schweiz .

worden

Ericheint täglich.

Montagsausgabe

5 Pfennig

Vorwärts

30. Jahrg.

Die Infertions- Gebühr beträgt für die sechsgespaltene Solonel­geile oder deren Raum 60 Pfg., für politische und gewerkschaftliche Vereins und Versamminungs- Anzeigen 30 Pfg. Kleine Anzeigen", das fettgedruckte Wort 20 Bfg.( zulässig 2 fettgedruckte Worte), jedes whitere Wort 10 Pfg. Stellengesuche und Schlafstellenan zeigen das erste Wort 10 Pfg.. jedes weitere Wort 5 Bfg. Worte über 15 Buch­staben zählen für zwei Worte. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 5 Uhr nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist bis 7 Uhr abends geöffnet.

Telegramm- Adreffe: ,, Sozialdemokrat Berlin".

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: S. 68, Lindenstraße 69. Fernsprecher: Amt Morikplak, Nr. 1983.

-

-

Die Sitte.

Montag, den 30. Juni 1913.

gestellt.

Expedition: S. 68, Lindenstraße 69. Fernsprecher: Amt Moritplat, Mr. 1984.

-

wie der gemeinsten," schrieb vor mehr als fünfzig Jahren mus in seiner ganzen furchtbaren und abschreckenden Häßlichkeit der Demokrat Ludwig Wales rode in einem prächtigen zeigten. Fünf frische Grabhügel in einer traurigen fleinen Garnison Aufsatz über die allmächtige Polizei, ia selbst dem ehrlosen Nicht von jener Sitte, von jenem Was sich ziemt" soll Gewerbe drückt sie den Stempel ihrer Autorisation auf. Sie Ostpreußens sind eine stumme und doch so vernichtende Anklage hier die Rede sein, worüber nach Goethes Rat edle Frauen fonzeffioniert Schaubühnen und Hundekomödien, höhere gegen die militaristische Rücksichtslosigkeit, die Menschenleben wie Auskunft geben können, sondern über die andere Sitte, die Töchterschulen und Bordelle, vagierende Harfenistinnen und Fliegen einschäßt. Jener To desmarsch von Avys , dem die mit edlen Frauen nun ganz und gar nichts zu tun hat, über Gouvernanten, Spielbanken und Fröbelsche Kindergärten, fünf Soldatengräber zu danken sind, war nicht der erste seiner Art. die Sitte" in Gänsefüßchen , über die Sittenpolizei mit Schnapskneipen und Lesekabinette und was nicht?" Bei der Und er wird nicht der letzte sein, wenn nicht das Volk in bes einem Wort soll hier ein fräftiges Wörtchen gesagt werden. Konzessionierung ehrloser Gewerbe aber gerät die Polizei mit rechtigtem Groll dem militaristischen System derb an die Gurgel Vor einer Berliner Straffammer stand in letzter Woche ihrem eigentlichen Beruf in Konflikt. Wer Prostituierten fährt, falls die Macht und der Wille des Reichstages nicht zu­dieses Institut in mehreren seiner Vertreter am Pranger, und gegen Entgelt Betriebsräume zur Verfügung stellt, verfällt reichen. In Süddeutschland wird ein Ulan in der Kaserne zu Tode die Verhandlung endete mit der Verurteilung des Hauptange- bon Recht und Gesezes wegen dem Kuppeleiparagraphen, aber flagten, des Sittenschuhmanns Thiede, zu drei Monaten die Polizei hält an vielen Orten ihre schüßende Hand über die gefchunden. In Berlin wurden vor wenigen Tagen zwei Offiziere Gefängnis wegen Zuhälterei. Nach den Aussagen der Haupt- Bordellbefizer, und warum auch nicht, ist er doch in Preußen ach so milde bestraft, weil infolge ihrer Nachlässigkeit ein Mann in zeugin Ortmeyer, einer jener Damen", die auf der meist Landtagswähler der ersten Klasse und ein Herr von sehr der Militärschwimmanstalt ertrant. Ein gleicher Fall hat sich erst vor einigen Monaten in Süddeutschland ereignet. Die die Auf­Friedrichstraße ihrem nicht immer leichten Erwerb nachgehen staatserhaltender Gesinnung. und deren Verdienstkurve am höchsten steigt, wenn in der Wo es, wie in Berlin , feine fasernierte Prostitution gibt, ficht führenden Offiziere kehrten sich nicht an die auf dem Papier großen Landwirtschaftswoche die Agrarier von nah und fern stellt die Polizei den Vestalinnen, die das unheilige Feuer stehenden Vorschriften, ach wieviel steht im Militärleben nicht auf den sündigen Asphalt der Großstadt treten. Nach den Aus- der fäuflichen Liebe zu hüten haben, einen Gewerbeschein aus, dem Papier! Sie wußten nur zu genau, daß man ihnen nicht sehr fagen dieser Zengin hat der aller Ehren werte Herr Thiede indem sie sie unter Kontrolle nimmt. Wie sie angibt, um webe tun werde. Als vor Jahren in Neiße bei einem solchen Todes­nicht nur ihre Gunft gratis und franko genossen, sondern ist der Volksgesundheit zu dienen, doch einmal ist, wie die Er- schwimmen sieben Soldaten ihren Tod fanden, wurde der dafür auch von ihr bis auf die Taschentücher tipp topp eingekleidet fahrung hundertfach gezeigt hat, die Kontrolle ein sehr un- verantwortliche Major zu einem Jahr Festung verurteilt, nicht umsonst hieß er in den Kreisen der Straßen- ficherer Schuß gegen Verbreitung venerischer Krankheiten, aber bald begnadigt und mit voller Pension zur Disposition dirnen der schmeidige Mar"- und hat manches Zwanzig- und zum zweiten eristiert neben der kontrollierten eine un­Demgegenüber halte man das Verbrechen" der sieben Refer­markstück, mit dem ein Provinzonkel bei der Ortmeyer fontrollierte und unkontrollierbare Prostitution, die ein ein Schäferſtündchen tarifmäßig bezahlt, stillschweigend in wandelnder Seuchenherd ist. Aber so unsicher der Nutzen, bisten und Landwehrkeute, die das furchtbare Urteil des fein Portemonnaie verschwinden lassen. so sicher ist der Schaden der Kontrolle. Die lastet als ein Erfurter Kriegsgerichtes niederschmetterte. Wahrlich, Ja, noch mehr! In der Person der Ortmeyer ver- furchtbares Joch auf all den Mädchen, die das Schicksal es gehört die unsägliche Schafsgeduld des deutschen Volkes dazu, band die Prostitution Geldwirtschaft und Naturalwirtschaft, irgendwie auf den Markt gedrängt hat, auf dem die Liebe daß die Bestimmungen über die Kontrollversammlungen mit ihrer denn sie empfing ihre Douceurs nicht nur in bar, sondern ein zur Ware entwertet wird. Die Drohung:" Ich bringe Dich Entwürdigung und Bedrohung reifer Männer, die die Kaserne Rittergutsbesitzer fiehe landwirtschaftliche Woche- ver- unter Kontrolle!" heißt im zwanzigsten Jahrhundert: längst hinter sich haben, bis in unsere Tage stumpf ertragen forgte sie auch mit Naturalprodukten, als da sind Speck, ch mache Dich ehr- und rechtlos, ich lasse Dich ächten, ich werden. Man läßt sich ruhig gefallen, daß noch am Abend des Würste, Butter, Eier, Wein, und all das wanderte in bringe Dich heraus aus der bürgerlichen Gemeinschaft, ich Kontrolltages, wenn Bezirksoffiziere und Bezirksfeldwebel längst Thiedes Wohnung, wo auch die Frau des Sittenbeamten mache Dich wehrloser als ein Straßenhund ist, dem doch an ihren Stammtischen siken, die barbarischen Paragraphen des fich an diesen Schmadhaftigkeiten ergögte. Naturalia non wenigstens der Tierschutzverein zur Seite steht!" Die Ron- noch aus den Zeiten der Söldnerhorden stammenden Militärstraf­sunt turpia! 3u deutsch : Naturalien von einer Dirne an- trolle, die Reglementierung der Prostitution gibt der Sitten- gefeßes wie ein Damoklesschwert über den Kontrollpflichtigen zunehmen, ist für einen Kriminalschutzmann feine Schande! polizei und selbst ihren subalternsten Organen eine schier hängt. Ein unliebsames Wort, eine törichte Tat gegen irgend­Aber der Krug Thiedes ging so lange zur Ort- unheimliche Macht über die Unglücklichen, die doch auch einen Treffenträger und das Henterschwert sauft auf den Unglück­meyer, bis er brach. Es kam zu Standalszenen auf der Opfer unseres ganzen Gesellsaftssystems sind. Was Wunder, lichen herab, der schon längst vergessen hatte, daß ihn für diesen Straße und der Polizeiwache, bei denen die Spenderin daß schwache, haltlose und moralisch angefaulte Naturen, die Tag der Militarismus in den Klauen hat. Wieviel Reservisten dem Beschenkten unter die Nase rieb: Kriminalbeamter bist es unter den. Sittenpolizisten so gut gibt wie in jeder anderen und Landwehrleute haben deshalb schon auf Jahre hinter die Du? Lude bist Du! Was Du an Deinem Leibe trägst, ist Berufsschicht, der Versuchung unterliegen und mit ihrer Mauern des Zuchthauses und der Festungsgefängnisses wandern ja von mir!" Aber auch danach wurde die Sache noch einmal Macht Mißbrauch treibend, die Mädchen terroristisch aus- müssen, wieviel Lebens- und Familienglück ist dadurch zerstört eingerentt, bis dann endlich doch die behördliche Untersuchung beuten, denen sie als Aufseher und Aufpasser bestellt sind. Im Erfurter Falle wird vielleicht das Allerschlimmste verhütet und das Gerichtsverfahren unvermeidlich waren. Um so leichter wird diese Korruption um sich fressen, In den Sturz Thiedes wurden zwei andere Sitten- wenn, wie im Fall Thiede, Polizei und Prostitution ge- werden. Dank der hervorragend positiven Arbeit der Sozialdemo schusleute hineingezogen, aber an ihnen wie auch an Frau wissermaßen follegial miteinander verkehren, indem die kratie, Herr Generalleutnant von Bethmann Hollweg ! Der allerschlimmste Giftzahn wird dem Militärstrafgesez ge= Thie de fanden die Richter kein Arg, und ein Freispruch fiel Dirne der Polizei Spizeldienste leistet. Wenn der Sitten­für sie ab. Auch hielt es der Staatsanwalt für nötig, zu be- polizei ihre Macht nicht beschnitten wird, werden sich ähnliche brochen werden. Auch wieder dank der fruchtbringenden Arbeit der tonen, daß die ersten Beschuldigungen gegen die Beamten Fälle immer wiederholen, und früher oder später, je nach Sozialdemokratie, Herr Generalleutnant von Bethmann außerordentlich übertrieben gewesen seien; gegen eine ganze dem der Zufall einen Standal ans Tageslicht bringt, wird oil weg! Reihe von Sittenſchutleuten sei eine Untersuchung eingeleitet wieder ein Thiede und eine Ortmeyer ein Gastspiel wesens seit jener Zeit, in der der Auditeur in verschwiegener Wie ja alle Fortschritte auf dem Gebiete des Militärstraf­worden, aber abgesehen von den angeklagten Beamten habe vor den Schranken des Gerichts geben. fie ein negatives Resultat gehabt. Aber gewiß, Herr Staats- Die Allmacht der Sittenpolizei nehmen, heißt aber die Gerichtsstube Ankläger, Richter und Verteidiger zu gleicher Zeit, anwaltschaftsrat! Aber ja doch! Aber bemühen Sie sich doch Reglementierung der Prostitution aufheben, und besser noch: dem Treiben, Drängen und Aufpeitschen der sozialdemokratischen nicht weiter! Wir glauben schon an das negative Resultat- die Prostitution überhaupt beseitigen, die allerdings mit der Kritik zu danken ist, Herr Generalleutnant von Bethmann wir haben ja auch, als in Moabit der Arbeiter Hermann bürgerlichen Gesellschaft untrennbar verbunden ist. Sier Sollweg! Aber es bleibt noch unendlich viel zu beseitigen, zu bessern und von zwei Bestien im Polizeirock niedergemacht wurde, die müßte also ein eiterndes Geschwür nicht mit Pflästerchen Untersuchung erlebt und das negative Resultat auch! Aber überklebt, sondern mit glühendem Eisen ausgebrannt werden. zu ändern. Es gilt das ganze militärische System zu Neue Heeresvorlagen werden kommen, neue es gibt auch respektlose Individuen, die sich das Wort der Aber was gedenkt Herr v. Jagom wenigstens an kleinen beseitigen. Zeugin Walter, es wäre überall bekannt, daß Sitten- Mitteln anzuwenden, um der Unfitte der Sitte" bei- Leichen werden auf dem Wege des Militarismus liegen, neue beamte nähmen, wenn fie etwas befämen, mehr durch den zukommen? Herr v. Jagom hebt abwehrend die Hände: Schreckensurteile werden gefällt werden. Rüste dich, deutsches Wolf, Kopf gehen lassen werden als die Beschwichtigungsversuche" Ich warne Neugierige!"

Weber Leichen.

worden!

den zähen, unermüdlichen und ach so dornenreichen Kampf der Sozialdemokratie in Reichstage durch einen energischen, von Zorn und Empörung getragenen Massensturm außerhalb der Parlaments­mauern zu unterstützen.

Rüste dich, aller Kasernenbarbarei, aller militaristischen Volks. verachtung ein Ende zu machen; erst ein wahres, auf demokratischer und sozialer Grundlage aufgebautes Voltsheer wird aller Ver­gewaltigung von Menschenwürde und Menschenleben, allem durch den Militarismus ausgepreßten Blut und allen Tränen ein Ende

des Staatsanwalts, und wenn die Ortmeyer bei ihrer Ver­nehmung dem Polizeirat Penzig auf seine Zweifelsfrage, ob seine" Beamten so etwas" machten, die resolute Antwort gab: Herr Polizeirat, Ihre Beamten machen noch ganz was anderes!", so wird es nicht wenigen vorkommen, als sei diese Die Riesenheeresvorlage ist so gut wie unter Dach und Fach. Gefallene jedenfalls nicht auf den Kopf gefallen. Noch ein letzter Ruck und der hochbeladene Erntewagen kann in die Daß ein Sittenpolizist ausgerechnet als Buhälter ber- militaristischen Scheuern abgeladen werden. Zur Unterbringung urteilt wird, ist an sich eine so groteste Tatsache wie die des reichen Segens ist ja schon alles vorbereitet worden. Kriegs- machen. andere, daß der Oberst Red I, seit Jahren Sachverständiger ministerium und Generalstab haben schon alles zur Errichtung der in allen Spionageprozessen, plöglich als Spion entlardt wird. neuen Truppenteile, zur Verstärkung der Kompagnien, Schwadro­Und doch ist die Oeffentlichkeit geneigt, über den Fall nen und Batterien, zu Kasernenbauten usw. vorbereitet; das Thiede mit einem kühlen Achselzucken zur Tagesordnung Militärkabinett hat schon lange die Beförderungen und Versetzun­überzugehen. Man weiß, es wird nicht das letzte Mal sein, gen zu den Stäben vorgenommen- alles lange bevor die Annahme daß die Sittenpolizei notgedrungen eine gerichtliche Brand- der Heeresvorlage im Reichstage entschieden war. Die Herren markung erhält, so wenig wie es das erste Mal war. Und wußten nur zu genau, daß die Reichstagsmehrheit ihnen wie gut in anderen Städten und anderen Ländern ist es schließlich dressierte Stöter alles apportieren würde. noch schlimmer. Der famosen Polizeikasse in Lübeck , in die Und doch hätten die Herren Voltsvertreter in den leßten die Freudenhäuser steuerten, erinnert man sich noch mit Ver- Wochen und Monaten in ihrer brünstigen Liebe zum Militarismus gnügen und von New York ist es bekannt, daß dort die ganze etwas irre merden sollen. Denn dieser gepangerte Vielfraß Sittenpolizei von den Bordellbesißern sehr anständig durch- trampelte in letzter Zeit mit seiner ganzen flokig- prozigen Bruta­gefüttert wird, und daß ihre Chefs aus ebenderfelben Quelle lität über Menschenleben und Menschenglück dahin, so daß gerade mit ansehnlichen Renten gespeist werden. Wien gar hat im die gegebene politische Situation die beste Gelegenheit bot, dem Salon Riehl ein f. f. fonzessioniertes Bordell gehabt, in dem bösartigen Untier mit der Peitsche zu Leibe gehen. unter Mitwissen der Polizei, also sozusagen unter hoher obrig- Aber nichts von alledem geschah. Wir werden vom 1. Oftober feitlicher Genehmigung, Mädchen vergewaltigt und andere ab neue Regimenter und Bataillone haben, bir werden Zehn wider ihren Willen ihrer Freiheit beraubt und zurückgehalten taufende von Rekruten mehr einstellen, aber Geist und Wesen der wurden. Wenn derart allerorts die Sittenpolizei faule Flede Stafernenbarbarei bleiben dieselben. Die unheilbare militaristische aufweist, so muß es wohl mehr am System als an den Per- Verseuchung der bürgerlichen Parteien hat alle Besserungs- und fonen liegen. Heilungsversuche der Sozialdemokratie zunichte gemacht.

In der Tat liegt es am System. In ihren Beziehungen Mag sich, da die bügerlichen Erwählten des Volkes versagten, zur Prostitution steht die Polizei von vornherein in einer das Volk selbst recht eindringlich die Fälle vor Augen halten, die zweideutigen Situation da. Der edelsten Berufstätigkeit gerade während der Beratung der Heeresvorlage den Militaris­

"

Gegen die Barbarei.

Der Reichstag steht heute vor der Entscheidung zwischen Humanität und Bestialität. Nur dies und nichts anderes ist der Gegensat, der die Gegner und die Befürworter der so­fortigen Milderung des Militärstrafgesetzbuches trennt. Denn daß solche Urteile wie in Erfurt auch in Zukunft möglich sein sollen, das widerspricht allen Geboten der Menschlichkeit und jeder einzelne Abgeordnete, der es wagen würde, für die Auf­rechterhaltung des bestehenden Rechtszustandes einzutreten, der stellt sich damit selbst außerhalb der Gemeinschaft mensch­lich fühlender Wesen.

Es ist deshalb zu erwarten, daß der Reichstag heute zu einem einmütigen Beschluß im Sinne des sozialdemokratischen Antrags. gelangt. Vorbereitet wird die Stellungnahme des Hauses durch Verhandlungen zwischen den Parteiführern und der Regierung, über die folgendes verlautet:

An der Konferenz nahmen Vertreter des Kriegs­ministeriums und des Reichskanzlers, ferner folgende Abgeord­nete teil: Dr. Müller- Meiningen und Waldstein von der Fortschrittlichen Volkspartei, van Calker und Pring Schönaich- Carolath von den Nationalliberalen, Graf