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Hus 6roß-ßerlui, Tensationsprozeffe und Feuilletonroma«. Wenn ein junger, unerfahrener Schriftsteller einer bürgerlichen Zeitung einen Roman einreicht, kann er sein blaues Wunder erleben. Schildert er beispielsweise eine ländliche Tragödie, in der eine Magd ein uneheliches Kind geboren hat und nun aus Furcht vor der Rache der sogenanntenanständigen" Leute zur Kindes Mörderin wird, schallt es ihm sofort ent- gegen:Aber, was denken Sie. inein Bester! Derartige peinliche Stoffe können wir in unserer Zeitung unmöglich behandeln! Was sollte unser Publikum wohl denken. wen» wir mit solchen Sachen käinen. Bedenken Sie doch freundlichst, daß der Roman auch von den Müttern und Töchtern gelesen wird" usw.. usw. In vielen Zeitungen braucht von einem Kindesmord noch gar nicht einmal die Rede zu sein. Es genügt schon, wenn überhaupt ein uneheliches Kind vorhanden ist. In der rosenroten Welt der gut bürgerlichen Zeitungen gibt es so etwas wie uneheliche Kinder gar nicht. Auch kommt es in dieser vortrefflichen West niemals vor. daß eine Gouvernante oder eine Klavierlehrerin vom Sohn des Hauses verführt wird. Ja, es braucht jemand nur eine herzhafte, unbefangene, sei es auch noch so gesunde und sympathische Liebesszene zu schreiben, um sofort von dem moralischen Blitzstrahl der Verdammnis getroffen zu werden. Nicht nur das erotische L a st e r, sondern auch die g e s u n d e sinnliche Erotik ist strengstens untersagt. In der gleichen Weise gibt es in der Welt dieser Romane selbstverständlich keine Prostituierte. Wie sollte es wohl? Diehöheren Töchter", die den Roman lesen, begegnen diesen Damen zwar täglich in der Friedrichstraße , aber in dem Roman einer gut bürgerlichen Zeitung dürfen sie ihnen nie begegnen. Wer des Beifalls der Redaktion ganz sicher sein will, vermeide uni Gottes willen, auch häßliche Verbrechen dar- zustellen. Häßliche Verbrechen sind eine höchst peinliche Sache und müssen totgeschwiegen werden. Aber die schreckliche Armut, die es in der Welt gibt. die wird man doch wohl darstellen dürfen? Beileibe nicht! Wenn die Armut nicht sauber gewaschen und mit einem sogenanntenbescheidenen Glück" auftritt, soll man sie am liebsten aus dem Spiel lassen. Und wenn man den Redakteur fragt, warum geschieht das alles, antwortet er unfehlbar:Ich, mein Bester, stehe s e l b st v e r st ä n d l i ch auf einem ganz anderen Stand- Punkt, aber unsere Abonnenten, unsere Abon- u e n t e n l" Wohlan! In derselben gut bürgerlichen Presse, die in ihrem Roman nicht einmal ein herzhaftes Liebesverhältnis verträgt. wird jetzt der Sensationsprozeß gegen die Witwe Köckeritz breitgetreten, in dem bekanntlich die scheußlichsten Extreme des Sadismus ver- handelt werden. Und dieselben Abonnenten, denen man die Existenz von unehelichen Kindern nicht verraten darf, stürzen sich gerade auf diese unheimlichen Sensationen mit einer wilden Gier. Wie soll man sich diesen teils lächerlichen, teils traurigen Zwiespalt erklären? Warum wird im Roman auch der a n st ä n d i g st e Künstler gefesselt, wenn im G e r i ch t s t e i l die schauer- lichsten Abgründe der Wollust bloßgelegt werden können? Es bleibt nur die eine Erklärung übrig: Im Roman wird dasideale Weltbild" der Redaktion geboten, und in dieser vortrefflichen Welt der Redaktion muß sich alles in der schönsten Harmonie vollziehen. In der Gerichtszeitung aber wird die reale Welt geboten und hier kann man(schon um hinter der Kon- kurrenz nicht zurückzubleiben) besser ein Erkleckliches ris- kieren. Mit anderen Worten: Mag es in der Welt drüber oder drunter gehen, wenn in deridealen Literatur" nur alles schön in Ordnung bleibt. Der Standpunkt ist zwar schwachsinnig, aber in der gut bürgerlichen Presse leider sehr verbreitet. dritten Male habe ich seine Rede gelesen und bin immer wieder starr wegen seiner tölpelhaften Taktlosigkeit. Sich und uni so zu kompromittieren. DaS kann ja nett werden beim nächsten Sommerfeft des Vaterländischen FrauenvereinS..." Und die Freude am Tennisturnier ist mir grimdlich versalzen," warf Gertrud ein. Di« Tür hatte sich leise geöffnet. Herr ordentlicher Professor Psläumerich war mit sorgenvoller Miene eingetreten. Sie wurde unter den feindlichen Blicken der weiblichen Partner des professo- ralen Familienlebens noch sorgenvoller. In seiner Borlesung über: .Goethe und der deutsche Nationalgedanke" hatte er das Fehlen aller Hörer, die den farbentragenden Verbindungen angehörten, konstatieren müssen. Dann hatte ihn der Rektor in sein Amts- zimmer gerufen und ihm gesagt: nach einer dem Rektorat zuge- gangencn Mitteilung trage der Garnisonälteste sich mit dem Ge- danken, den gesellschaftlichen Berkehr fceS OfsizierkorpS mit der Universität abzubrechen. Und das alles wegen Pfläumerichs Rode in der Protestversammlung des Goethebundes. Deine unglückselige Red« macht unS immer mehr Freude," faucht Frau Pfläümerich den teueren Gatten an..Frage nur Gertrud, wie eS ihr ergangen ist. Was hattest Du Dich als könig- licher ordentlicher Professor und Ritter des roten Adlerordens 4. Klasse in die ganze Geschichte zu mischen!" Aber liebes Kind," stöhnte der ordentliche Professor,ich habe ja nur von der dichterischen Freiheit gesprochen, habe mich mit peinlichster Sorgfalt jeder politischen Anspielung und aller aggres- swen Tendenzen enthalten. Ich bin doch schließlich ein Mann der freien Wissenschaft...' .Papperlapap. Freie Wissenschaft," höhnte Frau Professor. .Dein Konkurrent, der Privatdozent Biegner hat die Aufgaben der Wissenschast besser begriffen als Du. Der gab noch schnell vor dem Jubiläum sein BuchDie deutsche Dichtung unter der Regierungs- sonne Wilhelms II." heraus. Aber Du.. Mit einem ver- ächtlichen Blick brach die Philippika ab. Ter ordentliche Professor war geknickt auf seinem Stuhl zu- samniengosunken. Trübselig starrte er vor sich hin. Nach einiger Zeit kam eS leise über seine Lippen:Ich werde für das nächst« Semester eine Borlesung über:..Di« deutsche Dichtkunst d«S 19. Jahrhunderts und die Hohenzollern " ankündigen. Und morgen bitte ich Herrn Generalmajor v. Krachwitz um eine Unterredung." Enwt. Vom Leichenfund bei Bette«. Noch immer beschäftigt der Leichcnfund die Kriminalpolizei, ohne daß es bisher gelungen ist, ein greifbares Ergebnis zu er- zielen. Auch im Laufe des gesttigen Tages erschienen wieder eine Reihe von Leuten, die sich im Schcmhause den Kopf des Toten und im Polizeipräsidium die im Falkenhagener Forst aufgefundenen Kleider ansahen. Mehrere glauben auch, an dem Kopf einen ver- mißten Angehörigen zu erkennen. Der Kopf ist auf der rechten Seite mit den Resten der Haut wieder soweit hergestellt worden, daß eine Rekognoszierung jetzt als nicht ganz ausgeschlossen gilt. Die Ermittelungen konnten in den einzelnen Fällen aber noch nicht abgeschlossen werden. Wichtig ist die Bekundung eines jungen Mannes, der das Jackett als das eines verschwundenen Verwandten bestimmt wiedererkennen will. Aber auch nach dieser Richtung sind die eingeleiteten Nachforschungen noch nicht zu einem Abschluß gelangt. Aus den Teigrcsten, die man an der Mütze und den Schuhen fand, sowie dem Mehl, das noch in der fast neuen schürze war, schloß man, daß die Kleidungsstücke einem Bäcker- oder Konditorlehrling, bzw. einem jüngeren-Gesellen gehört haben müssen. Dies ist jetzt durch eine weitere Feststellung fast zur Ge- wißheit geworden. In der inneren Brusttasche des Jacketts fand man drei Marken des Verbandes der Bäcker und Konditoren. Diese sind mit einem blauen Stempel versehen, der als Ort der AuS- gäbe Berlin , eine laufende Nummer und das Datum 2(5. 6. 1911 trägt. Leider läßt sich im Gewerkschaftshaus aber nicht feststellen, an wen diese Marken zur Ausgabe gelangt sind. Die Kriminal- Polizei rechnet damit, daß es sich um einen Berliner Bäcker oder Konditor handelt, der später tn einem Ort der Mark Stellung genommen hat. Die Amts- und Gemeindevorsteher der in Frage kommenden Ortschaften sind deshalb ersucht worden, Nachforschungen anzustellen, welche Lehrlinge oder Gesellen dort in Arbeit gestanden haben, aber seit einiger Zeit nicht mehr am Orte weilen. Raubüberfall im Friedrichsham. Mit unerhörter Dreistigkeit ging ein Räuber vor, der am Sonnabend abend im Friedrichshain einen älteren Herrn überfiel. Der 61 Jahre alte Landwirt Karl Wolfs war aus seinem Heimatsort in Thüringen bei seinem hier in der Neuen Königstraße wohnenden Sohn, einem Kauftnann. zu Besuch. Vor- gestern gegen 6Vh Uhr ging er allein nach dem Friedrichshain , um sich hier den neuen Märchenbrunnen anzusehen. Als er sich wenige Schritte von dem Brunnen entfernt befand, versuchte plötzlich ein ungefähr 26 Jahre alter Bursche, der einen schwarzen steifen Hut und einen dunklen Jackettanzug trug, ihm die Uhrkette zu ent- reißen. Der alte Mann merkte dessen Vorhaben und wollte sich zur Wehr setzen. Er erhielt aber einen Messerstich in den Rücken, der ihn zu Boden streckte. Der Schwerverletzte verlor so- fort die Besinnung. Dem Räuber gelang es zu entkommen, da sich die Leute mit dem Verwundeten zu schaffen machten und nicht gleich an die Verfolgung des Flüchtenden dachten. Der Ueber- fallene wurde von Samaritern nach dem Krankenhaus am Friedrichshain gebracht, wo er schwer daniederliegt. DasMutterglück" der Unverehelichten. Wieder scheint eine unverehelichte Mutter, die durch die Ge- burt ihres Kindes sich von Arbeitslosigkeit bedroht gesehen hatte, eine Verzweiflungstat ausgeführt zu haben. Wegen Kindes- mordes wurde das 22 Jahre alte Dienstmädchen Klara Walter, das bei seiner Herrschaft in der Holzmarktstraße in Stellung war, verhaftet. Das Mädchen schenkte vor mehreren Tagen einem Kinde das Leben, ohne das jemand etwas davon merkte. Durch einen Zufall entdeckte die Dienstherrin am Sonn- abend im Bett des Mädchens die Leiche des Kindes. Nach dem Ergebnis der ärztlichen Untersuchung wird angenommen, daß das kleine Wesen nach der Geburt gelebt hat und von der Mutter er- stickt worden ist. Die Leiche wurde von der Polizei beschlagnahmt und qur Obduktion dem Schauhause überwiesen, die Mutter wurde als Polizeigefangene nach der Charit« gebracht. ZweiRäuberbanden" festgenommen. EineRäuberhöhle" wurde, wie wir berichteten, am bergan- gcncn Sonnabend im Hosiagdrevier hinter HermSdorf , unweit der nach Frohnau führenden'Chaussee durch einen Zufall entdeckt. Ge- leerte Flaschen, Speisereste, Zigarren- und Zigarettenstummel so- wie Stücke von angebrannten Talglichten ließen erkennen, daß die Bewohner sich hier ganz häuslich eingerichtet hatten. Nunmehr ist es der Polizei geglückt, dieMieter" der Erdhöhle, und zwar zwei Parteien", bestehend aus fünf Männern und zwei Frauen, fest. zunehmen. Außerdem wurde noch ein Hehler der beiden Banden hinter Schloß und Riegel gesetzt. Zuerst gelang eS, in Hermsdorf zweiHöhlenbewohner" in den Personen zweier alter Berliner Einbrecher, namens Kräter und Schramm, zu ermitteln. In deren Begleitung befand sich eine Frau Puls. Die benachrichtigte Berliner Kriminalpolizei stellte fest, daß ihr Mann sich bei einer Frau in der Kolberger Straße aufhielt. Als die Beamten hier eindringen wollten, um Puls festzunehmen und die Wohnung einer Durch- suchung zu unterziehen, wurde ihnen auf ihr Klopfen nicht geöffnet. Eine Frau rief ihnen zu, daß sie einen Augenblick warten möchten, weil sie noch Toilette machen müsse. Während die Beamten Ein- laß begehrten, wurde auS der im dritten Stock belegenen Wohnung eine Waschleine nach dem Hofe heruntergelassen. An dieser ver- suchte sich Puls hinabzulassen, um der Verhaftung zu entgehen. Ein Junten postierter Beamter nahm ihn jedoch in Empfang. Auch die Frau wurde festgenommen, und die Wohnung wurde jetzt ein- gehend durchsucht. Dabei fand man eine ganze Reihe weiterer Sachen, die aus Einbrüchen in der Genend von Hermsdorf her­rührten. Auf dem Berliner Polizeipräsidium, wohin die ganze Gcsellsibaft gebracht wurde, versuchten die Verhafteten, die ihnen zur Last gelegten Einbrüche möglichst von sich auf eine andere Bande abzuschieben. Bald kam man nun auch diesen Einbrechern auf die Spur. Es Ivaren drei Männer namens Balsam, Kalisch und Klatt, die dieHöhle" der zuerst festgenommenen Gesellschaft entdeckt" und als Lagerplatz benutzt hatten. Sie wurden eben- falls festgenommen. Entkommen zu sein scheint jedoch noch ein viertes Mitglied dieser Bande, denn von der Höhle aus führte eine Blutspur in den Wald. Keiner der Verhafteten hat jedoch eine Verletzung, von der diese herrühren könnte, aufzuweisen. Bis- her gelang es noch nicht, den Verletzten ausfindig zu machen. Da- gegen wurde noch ein Händler Meseritzer ans der Lothringer Straße verhaftet, der den Einbrechern eine ganze Menge von Diebesbeutc, Wäsche sowie Silbersachcn, abgekauft hatte. Meseritzer behauptete zwar, die Gegenstände auf der Pfandkammer gekauft und schon längere Zeit in seinem Besitz zu haben, doch konnte bald estgestellt werden, daß sie gerade aus den jüngsten Einbrüchen der TiebcSgesellschaften herrühren. Diesen konnte bis jetzt bereits eine ganze Reihe von Einbrüchen nachgewiesen werden, bei denen sie zusammen für über 40 000 Mk. Sachen aller Art erbeuteten. Die Diphtheritisgefahr. Erkrankungen an DiphteritiS haben wieder di« Schließung einer Gemeindeschulklasse nötig gemacht. Am Sonnabend mußte in der 2. Mädchen-Gemein beschule(Schmidtstraße) die Klasse Vlo geschlossen werden. In den letzten drei Tagen sollen vier Kinder dieser Klasse an Diphteritis erkrankt sein. Automobilunfälle. Ein tätlicher Kraftwagenunfall ereignete sich am Sonnabend abend vor dem Hause Goltzstraße 46. Dort wollte der Arbeiter Karl Balke, Barbarossastraße 68 wohnhaft, den Fahrdamm überschreiten, ohne auf die Warnungssignale eines herannahenden Automobils zu achten. Der Cljauffeur konnte seinen Wagen nicht zum Halten bringen und so geriet der Arbeiter unter den Wagen. Mit schweren innerlichen Verletzungen wurde B. in die nächste Unfallstation gebracht, wo er nach einiger Zeit unter den Händen des Arztes verstarb. Gleichfalls in der Goltzstraße geriet die acht- jährige Lucia M i g l i a r i n i, die Tochter eines italienischen Arbeiters, unter ein Droschjenautomobil und trüg eine Gehirn- erschütterung sowie einen Bruch des rechten Unterschenkels davon. so daß sie nach dem Schöneberger Krankenhaus überführt werden mußte. Ein dritter Automobilunsall ereignete sich am Sonnabend abend in der Wilmersdorfer Straße . Im Eiser des Spiels lief der achtjährige Schüler Rudolf Hölfeld, dessen Eltern in der Wilmersdorfer Straße 9 wohnen, über den Damm, als ein Droschkenautomobil hsrannahtc. Der Knabe geriet unter den Kraftwagen, dessen Räder ihm über die Brust hinweggingen. Mit schweren inneren Verletzungen wurde der Schüler in das Kranken- Haus Westend gebracht._ Hus aller Melt. Byzantiners Glückseligkeit. Mit bewunderungswürdigem Eifer, der manchmal int den sprichwörtlichen Fleiß der Bienen erinnert, mühen sich unsere Patrioten, stets neue Gelegenheiten zum Feiern dynastischer Feste zu entdecken. Das Glück. Hundertjahrfeiern und Regierungs- jubiläen durch Bekundung tieffter Devotion festlich begehen zu können, blüht ihnen leider nur selten. Da müssen die Byzantiner sinnen und spähen, daß ihnen nicht etwa gar eine Gelegenheit ent- geht. Ihre Oberspäher schnüffeln mit einer Sicherheit, die den Spürsinn jeden Polizeihundes weit übertrifft, in prinzliche Bett, geheimnisse hinein; welche Freude, wennunsere Prinzessin"-- man verzeihe das profane Wort in anderen Umstände« ist! Jede Regung des keimenden Lebens wird behorcht und be- krittelt. Typs werden gemacht, ob der zu erwartende kleine Kerl je nach dem Geschlecht Seine oder.Ihre Kömgliche Hoheit genannt werden mutz. Schon während der kleine Weltbürger auf dem Wege zum Leben ist, setzt deS braven Patrioten mühsame Arbeit ein. Komi- tees müssen gebildet werden, Seine Königliche Hoheit bei der Geburt alleruntertänigst zu begrüßen. Im Schweiße ihres An-. gesichts mühen sich die Mitglieder, eine würdige Feier des Welt- bewegenden Momentes zu arrangieren. Hatunser Prinz' odey unsere Prinzessin" allergnädigst gstzuht, das Licht der Welt zu er- blicken, dann hebt ein Aufsehen an. als ob die Vater- und Mutter- schaft bei allen Byzantinern liegt. In den Kirchen erschallen Dank- gebete für die glückliche Entbindung, kurz: alles ist in einer Auf- regung, als ob der erhabenste Geist geboren wurde, der je der Welt Licht erblickte. DaS sind mit die glückseligsten Tage unserer Patrioten, wenn sie leider nur bildlich die Windeln lecken dürfen, in die die gefeierte Hoheit zu machen geruht. Daß wir nicht übertreiben, belegt die amtlicheGothalsche Zeitung". In ihrer Nummer 141 schreibt sie:Geflaggt hatten gestern die öffentlichen Gebäude anläßlich der Geburtstagsfeier der Prinzessin Karoline Mathilde, jüngster Tochter unseres Herzogspaares, die ihr erstes Lebensjahr vollendet. Auf Schloß Friedenstein liegt im Furier- zimmer eine Adresse ans zur Einzeichnung für den GeburtStagSglückwunfch an die Prinzessin Karoline Mathilde." Glückselige Byzantiner!_ Bei Löscharbeiten verunglückt. Ein Waldbrand, der bald eine große Ausdehnung an- nahm, wütete am Sonnabend in der Umgebung von Nizza . Um das Feuer wirksam zu bekämpfen, wurde ein Detachement deS 213. Infanterieregimentes auf die Brandstelle gesandt. Bei den Löscharbeiten ereignete sich ein bedauerlicher Unfall. Gin Baum stürzte um und setzte das sich in seiner Nähe befindliche Buschwerk in Brand. Sechs Soldaten, die dort postiert waren, er- litten erhebliche Brandwunden. Einer von ihnen starb unter furchtbaren Oualen eine halbe Stunde später. Eisenbahnkatastrophe i« Indien . Wie ein Telegramm aus Kalkutta melde!, ist in der Nähe der Station O n d a l im Bezirk Burdvau ein Per- sonenzug in den Salkiflutz gefallen. Man fürchtet, daß die Zahl der Opfer s e h r g r o ß ist. Bis jetzt konnten mehrere Leichen geborgen werden.. Diy Ursache des Unglücks liegt in dem mangelhaften Zu- stände der Brücke._ I*ctzU ftadwiehtem Knndgebnngen in London . London ', 29, Juni. (W. T. B.) Die Anhängerin des Frauen- stimmrechtS Sylvia Pank hur st veranstaltete heute nachmittag gm Trafalgarsquare eine Kundgebung. Darauf zog sie begleitet von einer Menge von 2000 Menschen, unter der sich zayteeiche Dockarbeiter befanden, in der Richtung der Downingstreet zum Wohnhause AZquiths. Die Menge versuchte den Gürtel der Polizeimannschaften zu durchbrechen, wobei es'mehrfach zu Tumulten kam. Der Polizei gelaug e» schließlich, die Maut- festanten zurückzutreiben, wobei fünf Personen verhaftet wurden._ Brindijonc fliegt weiter. Stockholm , 29. Juni. (W. T. B.) Der Flieger Brindejont stieg hier heute nachmittag um 2 llhr 30 M nuten zum Fluge nach Kopenhagen auf. Um 4 Uhr 3 Minuten fand eine Zwischenlandung in M a l m s l ä t t statt, von wo der Weiterflug nach Kopenhagen um 4 Uhr 47 Minuten angetreten wurde. Nach einem prachtvollem Gleitfluge landete Brmdejonc um 7 llhr. 30 Min. auf dem Kopenhagener Flugplatze, vom Publikum mit endlosem Jubel begrüßt._ Schwerer Betriebsunsall. Paris , 29. Juni. (W. T. B.) In einer Eisengießerei z» R o d a g n e bei Longwy stürzten vier Arbeiter von einem Gerüst, Zwei von ihnen wurden getötet, die beiden, andere« schwer verwundet._ Rätselhafter Mord an einer Prostitmerten. LKicn, 29. Juni. (P. C.) Heute ftüh wurde die Prostituierte Marie Schmidt in einem Hotel der Annagasse erdrosselt auf- gefunden. Von dem Mörder fehlt bisher noch jede Spur. Die Schmidt war am Abend zuvor mit einem Manne iuS Hotel ge­kommen, der dieses nach der Aussage des Stubenmädchens am nächsten Morgen allein verließ und zu dem Mädchen sagte, daß die Dame nicht geweckt werden solle, da sie noch schlafe und er in einer Stunde zurückkomme. Die Untersuchung hat ergeben, daß ein Raubmord vorliegt, denn es fehlten ein goldenes Armband sowohl wie auch eine Brillantnadel, die man bei der Prostituierten am Abend noch gesehen hatte. Außerdem ist der Toten die gesamte Barschaft geraubt worden. Absturz eines Fliegers. Lüttich , 29. Juni. (W. T. B.) Der Flieger P a r i s o t ist mit einem Passagier abgestürzt. Parisot wurde schwer verletzt, der Passagier war aufderStellctot.