Kr. 165. BO. Ilthrgavg. 2. Ktilm des JütBiärts" f etlinct pIMIatt Mmch. 2. Inli 1913. Die Seheimniile einer Lmehungsanitait. In Rickling in Schleswig-Holstein liegt eine große Erziehungs- «mstalt, in welcher in Fürsorge gemacht wird. Diese Anstalt gehört der Gesellschaft für innere Mission für die Provinz Schleswig- Holstein . 400 bis 500 Zöglinge sind in den verschiedenen Häusern untergebracht. Wenn man die mit Bildern ausgestatteten Jahres- berichte der Anstalt liest, möchte man glauben, die Zöglinge hätten es in Rickling wie im Himmel. Jede Seite des Berichts trieft von frommen Redensarten: immer ist vom lieben Gott zu lesen, wie er seine Hand über das Anstaltslcben und die Anstaltsarbeit breitet. Aber die Praxis ist sehr, sehr viel anders als in den Be- richten geschrieben steht. Das Burschenheim und die Falkenburg sind die Aufenthaltsorte, in denen sich die sogenannte Erziehung abspielt. Die Falkenburg, die von den Zöglingen kurz»Die Burg" genannt wird, ist ein von den Jungen geradezu gefürchteter Auf- enthalt. Tie Räumlichkeiten, in denen die Zöglinge sich aufzuhalten genötigt sind, sind von Zuchthauszellen in keiner Weise ver- schieden. Die Fenster sind, wie im Zuchthaus, an der Decke an- gebracht. Wer ins Freie sehen will, muß erst auf einen Stuhl steigen, was aber verboten ist. Die Arrestzellen sind elende Löcher, in denen nur ein Quadratmeter Bcwcgungsflächc vorhanden ist. Hier werden junge Leute tagelang eingesperrt und ohne jede Arbeit gelassen. Diese Tatsache allein zeigt die Unfähigkeit der Erzieher in Ricklng. Die Sauberkeit läßt außerordentlich zu wünschen übrig. Der Wäschebestand für die gesamte Anstalt, der außer dem einmaligen Bettbezug vorhanden ist, ist nicht der Rede wert. Die Behandlung der Zöglinge läßt alles zu wünschen übrig, besonders in der Falkenburg. Die 17, 18, 19 und 20 Jahre alten Zöglinge werden an Unternehmer zu Chausseebautcn undWcgcarbcitcnvcr mietet, wie das die Gefängriisvcr- waltungen mit den Gefängnisinsassen tun. Die Fußbekleidung der jungen Leute besteht aus groben, harten Holzschuhen, die beim Laufen die Füße wund reiben. Bei einer kürzlich von der Berliner Waisendcputation vorgenommenen Revision wurde festgestellt, daß sämtliche Zöglinge mehr oder minder große Rar- ben und offene Wunden an den Füßen hatten. Eine Värztlichc Behandlung der in dieser unerhörten Weise geguälten Minder hat nicht stattgefunden. Diese Behandlung der Zöglinge ist schlimmer wie im Arbeitshaus und im Gefängnis. Von einer E�ziehertätigkeit keine Spur. Von Unterhaltung der jungen Leute in der Freizeit ist nichts zu spüren, vielmehr besteht hier das kaum glaubliche Sprechverbot. In letzter Zeit ist es dahin eingeschränkt, daß bei den Essenspausen gesprochen werden darf. Und dann, das sogenannte Erzieherpcrsonal! Wohl bestehen hier- über bestimmte ministerielle Vorschriften, nach denen unter den Erzichcrgehilfen auch Pädagogen sein sollen, aber in der Praxis sieht es damit schlimm aus. Anstatt Erzieher sind Arbeitsauf- scher vorhanden, die ihre vornehmste Aufgabe in den Antreiben der Jungen zur Arbeit erblicken und die ihnen anvertrauten Zög- linge knuffen und puffen, daß es so eine Art ist. Gewiß sollen sie das nicht, aber sie tun es, weil sie meinen, das sei erzieherisch. Ein Wunder sei es nicht, wenn die Anstalt kein besseres Erzieher- Material hat. Diese Anstalten müssen rechnen, wie jeder Kapitalist rechnen muß, da scheiden alle frommen Redensarten aus. Und da ergibt sich, daß die sogenannten Erzieher in der miserabelsten Weise bezahlt werden. Fürsorgezöglinge, die in jener Gegend an Bauern vermietet werden, bekommen teilweise mehr Lohn als so ein Erzichergchilse in der Erziehungsanstalt Rickling . Die Stadt Berlin hat nach Rickling 40 bis 50 Zög- linge hingegeben. In der letzten Sitzung der Waisendeputation, in der zum Teil die vorstehenden Angaben durch die erstatteten Revisionsberichtc bestätigt wurden, wurde die sofortige Fortnahme der Kinder verlangt. Es mußte festgestellt werden, daß bei einer Fortnahme keine Möglichkeit bestände, die schwer erziehbarcn Ele- mcntc anderweitig unterzubringen. Man sei bemüht, in Struves- Hof eine Anstalt zu bmten, in der die schwer Erziehbaren Unter- kommen finden sollen, bis dahin muß versucht werden, die gröbsten Mißstände in Rickling abzuhelfen. Das sei auch versprochen. Unserer Ansicht nach ist Rickling keine Erziehungsanstalt. In ihr herrscht der Geist Breithaupts, der durch niederträchtige Be- Handlung und Beschäftigung den Willen brechen wollte. Die sal- bungsvollen Redensarten der frommen Brüder passen nicht zu der tatsächlichen Behandlung der Fürsorgezöglinge. Tie Zöglinge, welche die frommen Reden vom lieben Gott hören und die ge- schilderte Behandlung erdulden müssen, müssen zur gröbsten Heuchelei erzogen iverden. Man fragt sich, wie es möglich ist, daß solche Zustände der Regierung, die doch auch die Anstalt revidiert, verborgen bleiben konnten. Tic heutige Art der Revision ist auch nicht geeignet, immer die Wahrheit über die Zustände in den Anstalten zu ermitteln; aber das, wqs wir schon mitgeteilt haben, bew eist, daß in den Fürsorgeanstalten nicht erzogen wird, sondern daß die Zöglinge nur aufbewahrt und körperlich und geistig ge- treten und gedrillt werden. Sie ÄiesjZhngen Sts<lt»ersr«>neten- wählen in Berlin werden, wie schon gemeldet wurde, am 9. November stattfinden. Mit den Arbeilen zu ihrer Vorbereitung, vor allein mit der Auf- stellung der Wählerlisten, ist oas Wahlbureau des Magistrats be- fchäftigt. Die Wählerlisten werden von Mitte Juli bis gegen Ende Juli ausliegen, damit sie von den Wahlberechtigten geprüft werden können. An den Ttadtverordnetenwahlen nimmt alle zwei Jahre ein Drittel aller Wahlbezirke teil, 16 Bezirke in jeder Wählerklasse. In Berlin hat, weil hier die Zugehörigkeit zu den Gemeindewählern der 2. Klasse schon einen sehr ansehnlichen Steuerbetrag voraussetzt, die minderbemittelte Bevölkerung ein Interesse nur an der 3. K l a s s e. Von allen 48 Bezirken der 3. Klasse sind bereits 43 im Besitz der Sozialdemokratie, und nur 5 hat der Freisinn bisher noch be- balten. An den 16 Bezirken der 3. Klasse, die diesmal mitwählen, find beteiligt die Freisinnigen mit S Bezirken, die Sozialdemokratie mit 13 Bezirken. Wir geben hier den Umfang dieser 16 Wahlbezirke an, wie er durch die vor zwei Jahren in Kraft getretene Neu- einteilung festgesetzt worden ist. Von den bereits der Sozialdemokratie gehörenden Wahlbezirken haben diesmal die folgenden 13 zu wählen: Wahlbezirk 7 lStadtbezirke 66.A, B, 70— 75B), Wahlbeztrk 8(Stadtbezirke 76A— 780), Wahlbezirk 9(Stadtbezirke 79—81, 84—92), Wahlbezirk 16(Stadtbezirke 164—166, 168— 176A.), Wahlbezirk 22(Stadtbezirke 153, 155— 161, 189A, B, B), Wahlbezirk 27(Stadtbezirke 223, 224, 227—236), Wahlbezirk 29(Stadtbezirke 242A, C, 247 A—B), Wahlbezirk 31(Stadtbezirke 248A—?), Wahlbezirk 32(Stadtbezirke 246 0, 250 A— E), Wahlbezirk 33(Stadtbezirke 254 A, C, D, E, 321 A, B), Wahlbezirk 37(Stadtbezirke 273, 275, 300—304), Wahlbezirk 41(Stadtbezirke 293 B, D, 295—299), Wahlbezirk 44(Stadtbezirke 320 B, 322, 323 A-824). Von den noch im Besitz des Freisinns verbliebenen Wahlbezirken wählen diesmas die folgenden 3 mit: Wahlbezirk 26(Stadtbezirke 202—209, 218-222, 225, 226), Wahlbezirk 30(Stadtbezirke 246 A. B, D, 248 A, B, 0, D), Wahlbezirk 38(Stadtbezirke 279—287 C). Die 16 beteiligten Wahlbezirke gehören zu den folgenden Reichstagswahlkreisen: Wahlbezirke 7 und 8 zu dem Kreis II, Wahlbezirk 9 zu den Kreisen HI und IV, Wahlbezirke 16 und 22 zu dem Kreis IV, Wahlbezirk 26 zu den Kreisen V und VI, Wahlbezirke 27. 29. 30. 31. 32, 33. 37 zu dein Kreis VI, Wahl- bezirk 38 zu den Kreisen I, V, VI, Wahlbezirke 41 und 44 zu dem Kreis VI.(Außerdem gehören einige Grundstücke der Wahlbezirke 30 und 44 zu dem ReichstagSwahlkreis.Niederbarnim", einige des Wahlbezirks 38 zu dem ReichstagSwahlkreis„Teltow ".) Die bisherigen Vertreter der 16 Wahlbezirke sind(die Nummer des Wahlbezirks in Klammern): unsere Genossen Bern « stein(7). Schulz(8), Böhm(9). Basner(16), Wenzels(22), Wehl(27). Fischer(29). Zubeil(31). Pfannkuch(32). Leid(33). Liebknecht(37). Glocke(41), Wurm(44), die Freisinnigen Alt(26), Kollokowskq(30), Bitlerhof(38). Bitterhof ist verstorben. Bei den bevorstehenden Stadtverordnetenwahlen gilt es, nicht nur unseren Besitzstand zu behaupten. Der Preis des Kampfe? ist der, auch noch aus jenen drei Bezirken den Freisinn hinaus- werfen.._ Partei- Ungelegenkeiten. Sechster Wahlkreis. Die Genossinnen der 14. Abteilung machen heute, Mittwoch- nachmittag einen Ausflug nach Wiesengrund am Spandauer Schiff- fahrtskanäl, Jnh. Karl Weise . Gäste sind willkommen. Weiter teilen wir mit, daß das Gerücht, der Genosse Gastwirt I. Sachs, Zinnowitzer Straße, habe bei der LandtagSwahl nicht ge- wählt, nicht den Tatsachen entspricht. Es ist festgestellt, daß der- selbe seine Stimme für unsere Wahlmänner abgegeben hat. _ Der Vorstand. ßerliner Nachrichten. Die juristische Sprechstunde endigt heute abend bereits um 7 Uhr. Der Rückgang der Bevölkerungszahl Berlins war in diesem Jahre sogar im April sehr beträchtlich gewesen. Die Berechnungen des Berliner Statistischen Amis liegen jetzt auch aus dem M a i vor und ergeben für diesen Monat eine Fortdauer des Rückganges. Nachdem die Bevölkerungszahl bis 1. Mai auf 2 078 842 gesunken war, sank sie bis zum 1. Juni weiter auf 2 076 602. Der Mai hat eine Minderung um 2240 gebracht, im vorigen Jahre dagegen hatte derselbe Monat noch mit einem kleinen Zuwachs von 358 abgeschlossen. Die Bevölkerungszahl stand Anfang Juni 1913 um 2826 unter derjenigen von Anfang Juni 1912, die noch 2 079 428 war. Für den zwölfmonatigen Zeitraum vom 1. Juni 1912 bis zum 1. Juni 1913 ergeben sich folgende Schwankungen der Bevölkerungszahl: vom 1. Juni 1912 mit 2 079 428 ein Rückgang bis zum 1. August mit 2 076 370, dann eine Aufwärtsbewegung bis zum 1. März 1913 mit 2 099 282, darauf wieder ein Rückgang bis zum 1. Juni mit 2 076 602. In dem Früh�ahrsquartal März, April Mai verringerte sich in 1913 die Bevölkerungszahl um 22 680, während sie 1912 in demselben Zeitraum sich nur um 11 544 verringert hatte. Das Frühjahr 1913 brachte weniger Zuzüge und anderer- seits mehr Wegzüge als da§ Frühjahr 1912, da§ erklärt die auffällige Höhe des Bevölkerungsrückganges für 1913. Nach den eingegangenen Meldungen der Zu- und Wegzüge(nebst üblichem Zu- schlag für unterbliebene WegzugSmeldungen) sind in Rechnung zu stellen für das Quartal März, April, Mai in diesem Jahr 88 188 Zugezogene und 113 776 Weggezogene, also ein Wegzugs- Überschuß von 25 588, dagegen im vorigen Jahre noch 93 721 Zu- gezogene und 107 853 Weggezogene, ein WegzugSüberschuß von nur 14 132. Der Geburtenüberschuß war in 1913 günstiger als in 1912, weil diesmal, wenn auch die Geburten keine Mehrung hatten, die Sterbefälle sich minderten. Für das Frühjahrsquartal März, April Mai stellte sich der Ueberschuß der Geburten über die Sterbefälle in 1913 auf 2908, in 1912 nur auf 2588. Gegenüber den be- deutenden Wegzugsüberschüssen konnten freilich diese mäßigen Geburtenüberschüsse nicht ins Gewicht fallen. Die Höhe der Grabhügel. Auf den kirchlichen wie den städtischen Friedhöfen befinden sich über den Gräbern Hügel von einer recht stattlichen Höhe. Das Berliner Publikum hat sich an diese hohen Hügel gewöhnt als etwas Selbstverständliches: aber irgendwelchen Schönheitssinn verraten die Vi Meter hohen Erdhaufen wirklich nicht. Aus diesem Grunde hatte das Kuratorium für das städtische Bestattungswesen vor längerer Zeit beschlossen, bei Auffnachung einer neuen Abteilung auf dem Friedhofe in Friedrichsfelde nur noch Hügel in Höhe von 34 Zenti- meiern herrichten zu lassen. Diese Maßnahme scheint von bestimmten Interessenten nicht.richlig verstanden worden zu sein, und es haben eine Anzahl Personen Beschwerde hierüber bei dem genannten Kura- torium geführt. Diesen Beschwerden konnte aber eine Folge nicht gegeben werden. Denn auch jetzt noch sind die Hügel erheblich hoch. Es scheint in weiten Kreisen gänzlich unbekannt zu sein, daß auf einer ganzen Reihe von Friedhöfen so gut wie gar keine Hügel vorhanden sind, sondern nur kleine wellige Erhöhungen. Und diese Friedhöfe gehören zu den schönsten, die vorhanden sind. Bei dieser Gelegenheit sei bemerkt, daß das städtische Bestattungskuratorium die Absicht hat, bei Einrichtung des neuen städtischen Friedhofes in Buch alle Wünsche zu erfüllen. Es werden dort Abteilungen angelegt werden, in denen nur Hügel errichtet werden, andere Abteilungen werden ohne Hügel eingerichtet. In der einen Abteilung sollen nur liegende Denksteine aufgestellt werden, während in anderen Abteilungen nur stehende Denkmäler zur Aufstellung gelangen sollen. Das Publikum kann die Abteilung wählen, mutz sich aber an die für bestimmte Abteilungen festgelegten Grundsätze halten. ES wird also bei einen gewissen Zwang die größt- möglichste Freiheit herrschen, um dem Friedhofe ein schönes ab- wechselungSreiches Bild zu geben. Durch Ausstellung bestimmter Denksteine söA, wie das jetzt auch schon in Friedrichsfelde von der Verwaltung versucht wird, der Sinn für Schönheit geweckt und ge- fördert werden, denn die heute zum Teil zur Aufstellung kommenden Denksteine beleidigen vielfach das Auge, sind direkt häßlich. Wir glauben, daß die hier kurz dargelegten Gründe deS Bestattungs- luratoriums nur gebilligt werden köunen. Wann dürfen Polizeihunde verwendet werden? Polizet- und Gendarmeriehunde haben eine derartige Verbreitung gefunden, daß jetzt deren„Zuständigkeit" eine besondere Regelung notwendig gemacht hat. So waren Zweifel darüber entstanden, in welchen Fällen die Führer der Gendarmeriediensthunde eine flüchtige Person durch den Hund stellen lassen dürfen. Der Chef der Landgendarmerie hat im Einverständnis des Ministers des Innern Erläuterungen zu der Dienstanweisung für die Diensthundführer für den Unterricht auf den Gendarnicrieschulen aufgestellt. Es heißt darin, daß der Führer berechtigt ist, Personen durch den Diensthund stellen zu lassen, die eine strafbare Handlung begangen haben oder einer solchen dringend verdächtig sind und sich der Fest- stellung ihrer Persönlichkeit durch die Flucht zu entziehen ver- suchen. Voraussetzung ist dabei aber, daß ein dringendes öffentliches Interesse oder gegenwärtige Gefahr für Eigentum vorliegt. Auch wenn diese beiden Voraussetzungen zutreffen, muß der Führer vor der Verwendung des Hundes prüfen, ob diese auch durch die Schwere der Straftat gerechtfertigt er- scheint. Bedacht soll vor allem eine etwaige Verletzung von Personen oder Sachen werden. Ehe der Hund in Tätigkeit tritt, sind womöglich die fliehenden Personen auf die bcab- sichtigte Verwendung und auf die Folgen aufmerksam zu machen, die aus der Verwendung des Hundes entstehen können. Zur Verfolgung entsprungener Gefangener darf der Diensthundführer seinen Hund unter Beachtung jederzeit ver- wenden. Gegen diese Bestimmungen, die ohnehin recht weit ge- zogen sind, wird recht oft verfahren. Das Loslassen von Polizeihunden auf die jugendlichen Arbeiter im Friedrichshain und auf die Besucher des Treptower Parks, wie ivir das kürz- lich schilderten, ist mit den ministeriellen Bestimmungen nicht in Einklang zu bringen._ Berliner Pfandbriefamt. Die naÄ dem Statut alle drei Jahre zusammenzuberufende Generalversammlung des Berliner Pfandbriefinstituies fand unter Vorsitz des Magistratskommissars, Stadtrat Panofskh, am letzten Sonnabend im Berliner Rathaus statt. Außer den Direltionsmit- gliedern, Direktor Dr. Minden, Stadträten Mielenz und Düring. waren ungefähr 30 Delegierte erschienen. Der von Direktor Minden erstattete Bericht über die Zeit seit der letzten Generalversammlung vom Jahre 1909 konstatierte eine Zunahme der bepfandbrieften Grund- stücke von 1749 Ende 1908 auf 1981 Ende 1912, sowie das Anwachsen der Beleihungssumme von 234 876 600 M. auf 270 313 400 M. im gleichen Zeitraum. Die Zunahme beschränkte sich ausschließlich auf neue 4prozenlige Pfandbriefe. Bei 37 Grundstücken ist die Amorti« iation des Pfandbriefdarlehns oder, wie man jetzt sagt, die„Eni- schuldung" zu Ende geführt wqrden. An den Geschäftsbericht schloß sich eine kurze Diskussion. Der— ebenfalls aus Delegierten der Grundbesitzer gebildete— Ausschuß hatte vorgeschlagen, für die brennend gewordene und überall erörterte Frage der zweiten Hypo- thekcn, insbesondere auch darüber, ob eine neu zu schaffende Einrichtung für zweite Hypotheken an das Pfand- brief-Jnstitut angeschlossen werden könne, eine besondere Kommission von der Generalversammlung wählen zu lassen. Die Generalversammlung lehnte aber diesen Antrag ab. Es folgte die Diskussion über die von der Direktion in Gemein- schaft mit dem Ausschuß gemachten Vorschläge auf Satzungsänderung. Sie enthielten u. a. iolgendes: 1. Nach einem aus dem Jahre 1876 stammenden, aber erst vor kurzer Zeit be- kanntgegebenen Staatsministerialreskript ist das im istatut als Oberaussichtsinstanz bezeichnete Ministerium des Innern durch das Landwirtschaftsministerium ersetzt worden. 2. Die fünfjährigen Zinsscheine sind durch zehnjährige ersetzt worden, weil die Talonsteuer diesen Zeitraum voraussetzt. 3. Für Gebäude, die 5 Jahre benutzt sind, können auch 3 jährige und 4 jährige Durch- schnittserträge als maßgebend zugrunde gelegt werden. 4. Für Deckung der Zinsscheinsteuer soll ein besonderer Fonds angelegt werden. 5. Es sollen Zillsscheine mit anderen Zinstermincn als dem I.Januar und I.Juli ausgegeben werden können. 6. Essollen Belcihungen bis zur Höhe des 12V2 fachen staatlichen Gebäude- steuernutzungswertcs beloilligt werde» dürfen; doch ist Einstimmigleit der Direktion ersorderlich, wenii dabei entweder das Zehnfache des durch die Magistrats-MietSkataster festgestellten Jahresdurchschnittes oder der Bauwert(Feuerlasse) überschritten wird. 7. Kredit- erneuerung, das heißt Abhebung der ersparten Beträge soll in der ursprünglichen Höhe zulässig sein, auch wenn bei der neuen Be- rcchnung die Höhe der früheren Beleihung nicht wieder voll erreicht wird. Bezüglich der beiden wichtigsten unter 6 und 7 erwähnten Neuerungen wurde in der Versammluneg ein aus dem Landwirl- schaftSministerium an die Direktion gerichtetes schreiben bekannt- gegeben: danach scheinen im zuständigen Ministerium Bedenken zu bestehen, diese Aenderungen dem Minister zur Genehmigung zu empfehlen. Ungeachtet dieser Mitteilung beschloß die General- Versammlung nach eingehender Erörterung, diese Anträge ebenso wie die anderen Neuerungen anzunehmen. Man gibt sich der Hoffnung hin, daß die Staatsbehörde nach nochmaliger Vorstellung der Direktion der beabsichtigten Neuerung die Zustimmung nicht ver- sagen werde._ Einen schönen Akt der Solidarität begingen gestern die Zeitungssetzer unseres Blattes. Ihr Kollege Lampe konnte am gestrigen Tage auf sein fünfzigjähriges Berufsjubiläum zurück- blicken; seit 19 Jahren ist der Jubilar im Zeitungsbetriebe für den „Vorwärts" tätig und versieht hier das nervenaufreibende Amt eines Metteurs. Als der jetzt Vierundsechzigjährige den Arbeits- räum betrat, überraschten ihn seine Kollegen mit Festgesang.„Das ist der Tag des Herrn!" klang es feierlich von den Setzkästen her. Dann traten Kollegen der Zeitungssetzerei, der Werkabteilung sowie des gesamten Betriebes an den Jubilar heran und übermittelten ihn mit schlichten Worten die Glückwünsche ihrer Auftraggeber, der treuen kollegialen Kameradschaft und der Anhänglichkeit an die be- rufliche Organisation besonders gedenkend. Gcschästsleitung und Redaktion schlössen sich den Gratulanten aus Kollegcnkrcisen an. Ein Lied beschloß dann den kurzen, aber recht herzlichen Soli- daritätsakt. Zur Ehrung des Jubilars findet am Sonntag in Habels Brauerciausschank in der Bergmannstraße eine Feier statt. Der Kampf um die Müttcrkouferenzeu dauert fort. Am Montag- abend wurden in der Köpenicker Straße in der Philharmonie gegen den.Bundesdirektor" Magistratssekretär Schmidtke außerordentlich schwere Vorwürfe erhoben, nach ivelchen dieser vielgewandte Herr in der schlimmsten Weise bloßgestellt wurde. Es wurden ihm ins- besondere heikle Transaktionen in Geldangelegenheiten nachgesagt. Wie Herr Schmidtke der„Vossischen Zeitung" mitteilt, will er jetzt gegen seine Widersacher die Klage einreichen. Eine fast einstimmig angenommene Resolution gipfelte in dem Beschluß, dem königlichen Amtsgericht einen Bericht zu erstatten, wie die neue» Satzungen zu- stände gekommen sind, und Aussetzung der gerichtlichen Eintragung des Vereins bis zur Erledigung des ganzen Skandals zu bean- tragen.
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