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Der Gipfel der Diebesfrechheit. Die Restaurateur Stutzschen Ekeleute, die Ecke Martin-Luther « und Meininger Straße eine Gast- Wirtschaft betreiben,� hatten sich in der Montagnacht gegen 1 Uhr in ihrem nach dem Hof?!U gelegenen Schlafzimmer zur Ruhe begeben und das Fenster des Parterrczimmers geöffnet. Die von der Arbeit ermüdeten Gatten schliefen bald ein und bemerkten nicht, daß mehrere Männer durch das Fenster ihr Gemach betraten. Die Diebe stahlen die Portemonnaies und Uhren des Ehepaares, packten wertvolle Wäsche und Garderobenstiicke zusammen und statteten dann dem Rcstaurationslokal einen ausgiebigen Besuch ab, räumten die Laden- lasse aus und begannen in aller Ruhe zu tafeln. Dann nahmen sie den Türschlüssel, der in dem Beinkleid des RestaurateurS gesteckt hatte, schloffen die Tür des Restaurants damit auf und entkamen unbemerkt._ Gemeinsam in den Tod. Im Hause der Germaniastraße 93 in T e m p e l h o f wurden gestern früh der Schleifereibesitzer LoniS Fischer und seine Ehefrau, eine geborene Vogt, mit Schußwunden in der Schläfe tot aufgefunden. Nach hinterlassenen Briefen hat Fischer im Einverständnis mit seiner Ehefrau erst diese und dann sich selbst getötet. Uebcr den Beweg- grund hat er keine Angaben gemacht. Prehkohlenschwindler treiben wieder ihr Unwesen. Dieser Tage erschienen bei einer Frau am Stralauer Platz zwischen 1112 Uhr drei Männer und be- haupteten, der abwesende Mann der Frau habe 1000 Preßkohlen bestellt. Obwohl die Frau dies bestritt und abwehrte, brachten die Männer die 1000 Preßkohlen in die Küche und verlangten sofortige Bezahlung; sie solle sich das Geld borgen, meinten die Leute. Die Frau ging dann mit einem von diesen Leuten zu den Schwieger- rltern, um Geld zu holen. Diese merkten aber den Schwindel und ließen den Mann festnehmen. Andere Personen seien hiermit ge- warnt._ Von einer Kraftdroschke überfahren und getötet. Gestern vormittag gegen 10'/z Uhr wollte der 81 Jahre alte Privatier Jakob Heith, Kirchbachstr. 19 wohnhaft gewesen, an der Ecke der Tiergarten- und Bendlerstraße den Fahrdamm überschreiten. Als er bereits die Straße betreten hatte, fuhr eine Kraftdroschke die Ticrgartenstraße entlang. Erschreckt durch das Hupensignal, trat der Greis auf den Bllrgersteig zurück. In demselben Augenblicke hatte aber auch der Chauffeur seine Richtung geändert, und nun geschah, was er vermeiden wollte, der Greis wurde überfahren und gegen einen an der Bordschwelle stehenden Baum gequetscht, so daß er auf der Stelle zusammenbrach. Die Leiche wurde nach dem Schau- hause gebracht._ Mutter und Kind überfahren. Ein Straßenbahnunfall ereignete sich gestern morgen gegen 10 Uhr in der Friedenstraße, wobei Mutter und Kind zu Schaden kamen. Eine Frau Peter, die ihr etwa neun Monate altes Kind auf dem Arm trug, trat kurz vor einem heran- nahenden Motorwagen der Linie 1 auf das Gleis und wurde um- gestoßen. Die Frau blieb mit der Kleinen neben dem Wagen liegen und erlitt eine Kopfwunde. Besser erging es dem Kinde, das nur leichte Hautabschürfungen davontrug. Beide Personen wurden nach dein Krankenhause Friedrichshain übergeführt. Die vcrschwnndcnM 10 000 Mar! bei der Deutschen Bank be- schäftigen noch immer die Berliner Kriminalpolizei und haben zur vorläufigen Festnahme eines Kassenboten geführt. Wie von uns bereits gestern früh berichtet wurde, verschwand auf einem von 17 Kassenboten ausgeführten Geldtransport von der Reichsbank zur Deutschen Bank ein Beutel mit 10 000 Mark. Das Verschwinden konnte man sich um so weniger erklären, als keiner der Boten der- mißt wurde. ES wurde angenommen, daß es einem von ihnen gelungen sein mußte, das Geld irgendwo zu verstecken. Die Nach- forschungen blieben aber bis jetzt erfolglos. Der Kassenbote, bei dem die Summe gefehlt hatte, wurde gestern früh festgenommen und eingehend vernommen. Er blieb aber bei seinen Unschulds- beteuerungcn. Ein Beweis für seine Schuld konnte noch nicht erbracht werden. Zu erschießen versuchte sich in der vergangenen Nacht im Tier- garten der frühere Straßenbahuwagensührcr Franz Saage aus der Kvpenicker Straße 190. Der Mann litt schon seit längerer Zeit schwer an Nerven. Tieserhalb konnte er auch seinen Dienst bei der Straßenbahn nicht mehr versehen. Das Leiden war in der letzten Zeit besonders schlimm und trieb ihn zu dem Entschluß, freiwillig aus dem Leben zu scheiden. Er schrieb noch einen Brief an seinen Bruder, daß seine Nervenkrankheit ihn zu dem Schritte getrieben habe und schoß sich dann im Ouerweg, in der Nähe des kleinen Sterns im Tiergarten eine Kugel in die Stirn. Schutzleute, die ihn hier auffanden, brachten ihn nach der Charitö. Dort liegt er noch besinnungslos danieder. Man glaubt nicht, daß er mit dem Leben davonkommen wird. Ein Opfer dcS Aberglaubens.Weil alle Karten gegen ihr waren", hat die ö0 Jahre alte Kaufmannsfrau Anna Kruhl aus der Tilsiter Straße Selbstmord begangen. Die Frau war in ihrem Leben sehr viel vom Schicksal heimgesucht worden. Bis vor drei Monaten hatte sie mit ihrem Manne im Osten der Stadt eine Gast« Wirtschaft, die sie aber schließlich mit Verlust ausgeben mußte. Dazu kam noch, daß der Mann schon seit längerer Zeit ein rheumatisches Leiden hatte. Dieses zwang ihn. ein Krankenhaus aufzusuchen. Die Frau richtete sich in der Tilsiter Straße ein Konfitüren- geschält ein, das aber auch nicht recht gehen wollte. Um nun festzustellen, ob es immer so, bleiben werde oder ob ihr daS Glück noch einmal blühen Werde, legte sie sich die Karten. Aber alle Karten waren für sie ungünstig, sie zeigten stets nur Aergcr, Not und Unglück". In der Nacht zu gestern vergiftete sie sich deshalb mit Lysol. Als der Ehemann nachmittags den Urlaub m Krankenhause dazu benutzte, seine Frau aufzusuchen, fand er Laden und Wohnungstiir verschlossen. Nichts Gutes ahnend, benach- richtigte er die Polizei, die eine Fensterscheibe zertrümmerte und sich so Eingang in die Wohnung verschaffte. Jetzt fand man die Frau tot in ihrem Bette liegen. Die Leiche wurde beschlagnahmt und nach dem Schauhause gebracht. 5000 M. Belohnung. Von internationalen Eisenbahndieben schwer bestohlen wurde ein Kaufmann aus Wilmersdorf . Auf der Reise von Karlsbad nach Berlin wurde diesem die Brieftasche ge- stöhlen, in der sich für ungefähr 10 000 M. bares Geld in französi« schen, österreichischen und italienischen Scheinen befand. Der Be- stohlene hat jetzt auf die Wiederherbeischaffung des Geldes eine Be- lohnung von b0 Proz. der wiedererlangten Summe ausgesetzt. Der Tat dringend verdächtig ist ein junger Mann von 2025 Jahren. der mit dem Kaufmanne auf dem Dresdener Bahnhof in ein Ge- dränge geriet, daS der Spitzbube wahrscheinlich künstlich in S�ene gesetzt hatte. Der vermutliche Dieb machte den Eindruck eines Reisenden, auch Schauspielers. Verschmähte Liebe hat die 33 Jahre alte Köchin Wilhelmine Langenbach in den Tod getrieben. Das Mädchen, daS bei einem Fabrikbesitzer in der Corneliusstraße beschäftigt war, nahm sich die Untreue ihre? Geliebten so zu Herzen, daß sie in der Verzweiflung Selbstmord beging, indem sie sich mit Kleesalz vergiftete. Als ihre Herrschaft sie gestern auffand, war sie bereits tot. Verloren wurde am Sonntag eine goldene Damenuhr auf dem Wege vom Schlesische» Bahnhof bis Friedrichshagen , Waldweg link« der' Bahn nach Freibad . Abzugeben bei Grylewicz, Tilsiter Str. 20, Seitenflügel II. Deutscher Ardeiter-Sängerbund, Gau Berlin und Umgegend. Getragen von dem Erkenntnis, daß nur in der Größe eine Kraft- entwicklung liegt, haben sich die in Neukölln domizilierenden Gesang- bereineMelodia" undSchneeglöckchen" zu einem großen Chor ber- schmolzen. Der Chor, dem auch zirka 30 Sänger von anderen Vereinen beigetreten sind, führt jetzt den NamenNeuköllner Lieder- tafel" und tagt jeden Donnerstag, abends 9 Uhr, bei Bartsch, Hermannstr. 49. Stimmbegabte Sänger, sowie SangeSfteude find jederzeit willkommen. Straßensperrungen. Die Straße Kottbuser User von der Grünauer bis zur Mariannenstratze und die Straße Alexanderplatz von der Grunerstraße bis zur Alexanderftraße und die Gruner« straße vom Aleranderplatz bis zur Alexanderftraße sind wegen Pflasterarbeiten vom 2. d. M. ab bis auf weiteres für Fuhrwerk und Reiter gesperrt.__ Vorort- JHaebri ebtem Neukölln. Der öffentlichen Versammlung wegen, die heute in derNeuen Welt" stattfindet und auf die wir unsere Mitglieder noch besonders hinweisen, findet die Versammlung der Jugendsektioir erst am Donnerstag, den 3. Juli, abends 8Va Uhr bei Bartsch, Hermann« straße 49, statt. Tagesordnung: Vortrag des Genossen Ludwig über Die bildende Kunst". Diskussion und Verschiedenes. Dem Vortrage folgt am kommenden Sonntag eine Besichtigung der Sezession. Der Vortrag ist jedoch so gehalten, daß auch diejenigen, welche an der Besichtigung nicht teilnehmen, etwas profitieren. Wir bitten um zahlreichen Besuch dieser Versammlung. Adlershof . Aus der Gemeindevertretung. In der letzten Sitzung der Ge- meindevertretung wurden die Mitglieder des Neubautenausschusses von der dritten Abteilung, die Genossen Laube und Müller, wieder- gewählt. Der wegen baulicher Veränderung fällig gewordenen Auf- lassung von Straßenland in der Bismarckstraße stimmte die Ver- tretung zu. Einstimmige Annahme fand die vom Bauausschuß vor- geschlagene Abänderung für einen kurzen Teil der Waldstraße; ebenfalls wurde die Verbreiterung der Adlergestell-Chaussee zwischen Abtstraße und Teltowkanal beschlossen. Der Bebauungsplan des forstfiskalischen Geländes zwischen der Rudower Chauffce und dem Teltowkanal lag zur Beschlußfassung vor. Im großen und ganzen waren Monitas nicht zu erheben, doch soll der Gcmeindevorstand beim Zweckverband Groß-Berlin dahin wirken, daß die vorgesehene große Grünfläche nicht, wie auf dem Plan vorgesehen, hinten am Industrie- gelände, sondern vorn am Bahnsof, anschließend an das jetzige Birkenwäldchen" angelegt wird. Der vorgelegte Plan sieht 48,6 Prozent Frciland vor. Um der Verwaltung der Versuchsanstalt für Luftfahrt zu ermöglichen an der Rudower Chaussee ein Ver- waltungsgebäude zu bauen, wurde die Baufluchtlinie für einen Teil der nördlichen Seite dieser Chaufiee festgelegt. Bei dem Antrage. auch in diesem Jahre wieder die Besprengung des Kirchplatzes auf Kosten der Gemeinde vorzunehmen, wurde von unfern Genossen die Anregung gemacht, auf diesem Platz Ruhebänke aufzu- stellen. Der Gemeindevorstand soll mit der Kirchengemeinde deshalb in Verhandlungen eintreten. Der Anregung deS Bürger- meisters. gegenüber dem Güterbahnhofe zwischen Radrcke- und Moltkestraße und Adlergestell einen Bürgerpark anzulegen, stimmte die Vertretung nicht zu. Unsere Genossen_ stimmten gegen dieses Projekt, da gerade der ungeeigneteste Platz gewählt worden ist. Die Gesamtkosten dieser Anlage hätten sich auf zirka 230 000 Mark gestellt. DerNeue HauS- und Grund- besitzerverein" hatte einenAntrag" gestellt, bei Vergebung von Gemcindearbeiten auch dann den einheimischen Handwerkern den Zuschlag zu erteilen, wenn ihr Angebot bis 5 Prozent höher ist als das Angebot Auswärtiger. Neben unseren Genossen war eS der Ge- meindevertreter K., welcher dieseu Antrag bekämpfte. Die Herren Hausbesitzer verlangten ferner, daß in die Baukommission noch mehr Sachverständige" gewählt werden sollten. Genosse Zabel wies darauf hin, daß in jeder Kommission genug sachverständige Mitglieder vorhanden sind und regte an, auch dem�Gcmeindebaumeister be- schließende Stimme zu geben. Mit Stimmengleichheit wurde die Eingabe des Hausbesitzervereins der zuständigen Kommission überwiesen. Der Freiwilligen Feuerwehr wurden 50 M. als Beihilfe zur Beschickung des Feuerwehrtages in Leipzig bewilligt. Genosse Zabel nahm die Gelegenheit wahr, nochmals energisch an die Notwendig- keit der Verbesserung des vorhandenen Feuerlöschwesens zu erinnern. Vom Bürgermeister wurde die Erklärung abgegeben, daß dieser Punkt nicht auf die Tagesordnung gekommen ist trotzdem er spruchreif ist, weil der Dezernent der Feucrwehrkommission auf Reisen ist l Gewiß eine recht eigenartige Entschuldigung. Gemeindevcrtreter L. bemängelte den jetzigen Zustand der Chaussee nach Köpenick . Eine gründliche Ausbesserung tut hier dringend not. DaS diesjährige GcwcrkschaftSfest findet am 13. Juli in Wäll- steins Lustgarten statt. Durch Milwirkung des Berliner Sinfonie- Orchesters, Leitung Maximilian Fischer, des GesangvereinsFroh- sinn" und des Humoristen-QuartettSBerliner Spott-Vögel' wird den Besuchern ein genußreicher Tag geboten. Um rege Beteiligung wird ersucht. Billetts sind bei den Funktionären zu haben. Kinderausflüge. Wie alljährlich finden während der Ferienzeit jeden Dienstag und Freitag KinderauSflüge statt. Der Abmarsch erfolgt pünktlich nachmittags 2 Uhr vom Jugendheim, Bismarck- straße 11. Rückkehr gegen 7 Uhr abends. Es wird ersucht, die Kinder mit genügend Eßware zu versehen, und wenn möglich fünf Pfennige für Kaffee mitzugebcn. Beteiligung Erwachsener ist erwünscht. Erster Ausflug, Dienstag, den 8. Juli. Bohnsdorf . Die letzte Gcmcindevcrtrctersitzung erledigte eine Reihe kleinerer Sachen. Es wurde eine Armenkommission gebildet, die aus den Herren Hoffmann, Neuendorf und unserem Genoffen Schiffke besteht; den Vorfitz führt der Gemeindevorsteher. Eine Anfrage unserer Genossen, wie es sich mit dem sogenannten Priesterland verhalte, wurde vom Gemeindevorsteher dahin beantwortet, daß in der Gemeinde 100 Morgen davon verpachtet werden, die Gemeinde hat aber darauf keinen Einfluß, weil dieses Land der Pfarre gehört, und der Pfarrer aus diesen Einnahmen zum Teil sein Gehalt be- zieht. Ferner beantragten unsere Genossen die Abschrift des Orts« statutS für die Gemeindevcrtreter, dem wurde zugestimmt. Aul Anregung unserer Genossen versprach der Feuerwehrleiter, Herr Lüdtke, die Pflichtfeuerwchr von jetzt an Sonntags ganz früh üben zu laffen. Weistenfee. Dir Weißenseer Geiwssenschaftsbank wegen Revision auf einige Tage geschloffen lautet eine Ankündigung an den Geschäfts- lokalen. Zum Ouartalswechsel fällt diese Ankündigung recht un- angenehm auf und es ist Tatsache,, daß die Genossenschaftsbank wiederum in Zahlungsschwierigkeiten geraten ist. Schon am Sonn- abend kloppten die Zahlungen nicht und am Montag konnten kleinere Schccksanweisungen nicht honoriert werden. Die Gemeindever- tretung hatte am Sonnabend eine geheime Sitzung, die sich mit der Angelegenheit der Weißenseer Bank beschäftigte. Das Ergebnis der Verhandlungen scheint nicht günstig ausgefallen zu sein. Allem An- schein nach steht die Bank vor einer KrisiS, die auf da« geschäft« liche und wirtschaftliche Leben der Gemeinde einen verderblichen Ein- fluß haben wird. Rahnsdorf . Unhaltbare Zustände herrschen seit einiger Zeit an der Fahr- kartcnauSgobe des Bahnhofs Rahnsdorf . Trotzdem schon seit Monaten eine erhebliche Verkehrssteigerung zu verzeichnen ist, die sich besonders dadurch bemerkbar macht, daß infolge der Straßen- bahnverbindung die Fahrgäste aus Woltersdorf . Schonblick und Um- gegend jetzt mcht mehr die Bahnhöfe Erkner und Wilhelmshagen. londern den Bahnhof Rahnsdorf benutzen, um mit den Vorortzügen ihre Arbeitsstelle aufzusuchen, hat sich die Bcihuwrwalning bisher noch nicht veranlaßt gesehen, die vorhandenen Fahrkartenschalter mit zwei Beamten zu besetzen. Dem jetzt dort täligen Beamten allein ist eS unmöglich, den erheblich gesteigerten Verkehr zu bewältigen und die Passagiere, welche die Morgen- und VormitiagSzüge benutzen wollen, rechtzeitig mit Fahrkarten zu versehen. Täglich finden deshalb vor Abgang der Züge, denen die Straßenbahn Fahr­gäste zuführt, größere Ausammlungen vor dem Fahrkartenschalter statt, und es gehört jetzt schon zur Tagesordnung, daß einem er­heblichen Teil der Fahrgäste, trotz rechtzeitigen Erscheinens, der Zug vor der Nase fortfährt. Dadurch entstehen natürlich der werktätigen Bevölkerung große Unzuträglichkeiten; Differenzen mit dem Arbeitgeber und'materielle Schädigungen sind die Folge. Es dürste doch auch der Bahnverwaltung nicht unbekannt geblieben sein. daß sich der Verkehr in den Morgen- und Vormittagsstunden min- destenS verdoppelt hat, was schon daraus hervorgeht, daß die Straßen- bahn Rahnsdorf Woltersdorf zirka 1000 Personen wöchentlich befördert, wozu sich noch die zahlreichen Sommergäste gesellen. Allerdings ist bereits ein Häuschen mit vier Fahrkartenschaltern mr Bau, die aber wahrscheinlich nur dem starken Sonntag?« und Freibad­verkehr dienen sollen, während die vorhandenen zwei Schalter voll- auf für den Werktagsverkehr ausreichen, sie brauchen nur durch zwei Beamte besetzt zu werden. Hoffentlich genügt dieser Hinweis der Bahnverwaltung, um Remedur zu schaffen. Nowawe?. Mit dem Ausbau der elektrischen Straßenbahn beschäftigte sich die Gemeindevertretung im nichtöffentlichen Teil der letzten Sitzung. Nach sorgsamer Erwägung der vorliegenden Projekte wurde die Er- Weiterung in zwei Linien: bis zum Neubabelsberger und Drewitzer Bahnhof, beschlossen. Die Ausführung soll spätestens in zwei auf- einandcrfolgenden Etatsjahren erfolgen, und zwar so, daß die Linie bis zum Bahnhof Neubabelsberg, deren Kosten auf 98 000 M. ver- anschlagt sind, zuerst in Angriff genommen wird, während der Aus- bau nach dem Drewitzer Bahnhof für das nächste Etatsjahr vor« gesehen ist, wozu jedoch noch Vorarbeiten notwendig sind, die der Wegekommission übertragen wurden. Sericdts-Leitung. Ein Nachspiel zu einem Fünfuhrtee im Boardingpalast zugunsten der Reichssliegerstiftung beschäftigte gestern die 6. Straf- kammer des Landgerichts III. unter Vorsitz des Landgerichtsdiret- tors Roscnthal. DaS Schöffengericht Charlottenburg hatte am 1. April d. I. den angeblichen Schriftsteller Martin Ehrlich, genannt Maximilian Raven, wegen verleumderischer Beleidigung der Gattin des Bildhauers Profesior Schulz zu Charlottenburg zu einer Geld- strafe von 300 Mark verurteilt. Gegen dieses Urteil hatte der als Nebenkläger zugelassene Professor Schulz Berufung einlegen lassen mit dem Antrage, dem Angeklagten zu einer empfindlichen Geld- strafe zu verurteilen. Gleichzeitig hatte aber auch der Angeklagte Berufung einlegen laffen, mit der Begründung, daß er unter dem Schutze des Z 193(Wahrnehmung berechtigter Interessen) gehandelt habe und deshalb freizusprechen sei. DaS erste Urteil hatte folgenden Sachverhalt als erwiesen au- genommen: Am 2. September v. I. fand in dem Boardingpalast zugunsten der Reichsfliegerstiftung ein Wohltätigkeitstee statt. In das Komitee wurde auch der jetzige Angeklagte, der sich fälschlich als Redakteur desBerliner Tageblattes" ausgegeben haben soll, ein- geführt und zwar in die sogenanntePrepepropagandaabteilung". Schon bei einer der Komiteesitzungen äußerte der Angeklagte dem Oberst v. D. gegenüber, daß es in ganz Berlin bekannt sei, daß bei derartigen Wohltätigkeitsveranstaltungen Damen der besten Gesellschaft den Unterschied zwischen Mein und Dein vergäßen und einen erheblichen Teil der eingenommenen Beträge in ihre Tasche wandern ließen, man müsse deshalb scharf aufpaffen. Er ver» dächtigte darin völlig grundlos Frau Professor Schulz der Unter. schlagung und erzählte er zu mehreren Personen. Frau Professor Schulz habe sich eine Unterschlagung zuschulden kommen lassen und er habe sie verhaften lassen. Diesen Schwindel verbreitete er, nach- dem sich die absolute Haltlosigkeit der Verdächtigung der Frau Schulz ergeben hatte. Der Angeklagte, der jetzt im Alter von 23 Jahren steht, gab auf Befragen zu, daß er nicht Redakteur desBerliner Tageblatts" gewesen sei und erklärte, er sei früher Berichterstatter derKöln . Zeitung" und kurze Zeit Redakteur in Württemberg gewesen. Richtig sei es, daß er wegen versuchter Erpressung mit 4 Monaten Gefängnis vorbestraft sei. Er verteidigte sich damit, daß er ja gar nicht der Urheber der Verdächtigung gewesen sei. Frau Professor Schulz hat infolge des Vorfalles einen schweren Nervenchok erlitten, der einen längeren Aufenthalt in einem Sanatorium für sie not- wendig machte. Nach der Bekundung deS BuchdruckereibesitzerS Zimmermann ist der Angeklagte bei ihm als Setzer einige Zeit angestellt war und sich Kunden gegenüber durch Stempelabdruck auf seinen Briefen alsRedakteur" bezeichnet habe. Nach Schluß der Beweisauf- nähme plaidierte Staatsanwalt Thormann auf Erhöhung der Strafe. Das Vorgehen dieses recht unreifen jungen Mannes gegenüber einer Dame der Gesellschaft spotte doch jeder Be- schreibung. Es könne auf Wichttgtuerei und Renommisterei zurück- zuführen sein, näher liege aber der Verdacht, daß er eine Er- Pressung habe vorbereiten wollen. Mit Rücksicht auf die Schwere der Beleidigung und die schwere gesundheitliche Schädigung, die der Frau Professor Schulz zugefügt worden, beantragte der Staat?- anwalt 4 Monate Gefängnis. Das Gericht verurteilte den Ange- klagten zu 3 Monaten Gefängnis. Ter Totschlag im Hospital. Vor dem Schwurgericht des Landgerichts III hatte sich gestern der 54 jährige Hospitalit Gustav Graß unter der Anklage der Kor» Perverletzung mit tödlichem Ausgange zu verantworten,.er An­geklagte war mit dem 69 jährigen Klempner August Pollack, der auch dem städsischen Hospital in Rummelsburg überwie;en tvar, am 4. März d. I. wegen ein Paar Stiefel in Streit geraten. Hier- bei entwickelte der 69 jährige Pollack eine derartige Kraft, daß er seinen Gegner windelweich prüqelte. Um sich hierfür zu rächen, nahm der Angeklagte in der Nacht sein Taschenmesser und ver- setzte dem schlafenden P. einen Stick in den Unterschenkel. Er traf hierbei eine Krampsader, so daß der Gestochene in kurzer Zeit infolge des Blutverlustes halb bewußtlos wurde. Er schleppte sich dann noch nach dem Abort, wo er noch in der Nacht tot auf- gefunden wurde. Der Angeklagt- lag ofsenbar schwer bezecht neben dem blutigen Messer in der Kuchc. Vor Gericht war der Angeklagte geständja Dem Wahrspruch der Geschworenen gemäß wurde der Angeklaate unter Zubilligung mildernder Umstände zu 1 Jahr und 6 Monaten Gefängnis unter Anrechnung von 3 Mo- naten der erlittenen Untersuchungshaft verurteilt. ,rcr Staats­anwalt hatte 2 Jahre Gefängnis beantragt. Ein Revolverattcntat. Der Lhaukfenr Alerander Bieck stand gestern vor dem Amts. gcricht unter der Anklage der gefährlichen Körperverletzung. Seine Frau tv« mit einem Artisten, dessen Vater e.n Brasilianer und dessen Mutter eine Negerin war. m intimste Beziehungen getreten und mit ihrem Kind und dem Artisten nach London gereist. DaS »ind finlte der Vater mit pollzeilicher Hilfe aus London zurück. Als der Angeklagte am nächsten Tage mit dem Zerstörer seines Familienalücks in dem Pensionat zusammentraf, packte ihn Plötz. Ick di- Wut. Er ritz einen Revolver, mit dem er sich in der Verzweiflung hatte erschießen wollen, hervor und gab auf den Art, iten vier Schüsse ab, die diesen schwer verletzten, da eine Kugel die Leber durchbohrt hatte. Gegen Vieck wurde erst ein Verfahren wegen Mordversuch« eingeleitet, später aber, mit seiner gleichzeitigen Haftentlassung. nur Anklage wegen Körperverletzung erhoben. der Staatsanwalt beantragte mit Rücksicht darauf, daß die Tat nahe an Mordversuch grenze, eine Gefängnisstrafe von 7 Monaten. Rechtsanwalt Dr.