Stimmung, di« die Ereignisse vom JtiN im Proletariat erzeugt haben, findet in einem Leitartikel des.Worker' beredten Ausdruck, ES heißt dort: .Es war ein überlegte? langes Morden, dessen Eindruck sich im Gedächtnis der Augenzeugen im Verlauf der Zeit nur vertieft: eine Gewalttätigkeit, wie sie gefühlloser in Kriegszeiten nicht vor- kommt; ein Verbrechen, daS den Lauf der sozialen mid politischen Geschichte dieses Landes verändern muß, wie es auch schon be gönnen hat, ihn zu verändern; eine teuflische Schreckenstat, die die Arbeiterklasse am Rand nie vergessen und nie ver- geben wird/_ Streik der Wiener Spedittonsarbeiter. Die Wiener Speditionsarbeiter sind wegen Nichterneuerung des am 16. Mai abgelaufenen Vertrages sowie wegen Nichtbewilligung von Lohnerhöhungen in den Streik getreten. Ter Generalstreik in Mailand . Der zweite Tag des Generalstreiks verläuft sehr ruhig. Etwa Ll) Straßenbahnwagen halten den Berkehr mit dem Bahnhof aufrecht. Auch die GaSarbeiter haben die Arbeit niedergelegt. Ein Zwischen- fall ist nicht eingetreten. Die Obst- und Gemüseverkäufer sind gleich- falls iu den Ausstand getreten, weil sie mit der Gemeindeverwaltung in Streitigkeiten geraten sind._ Landarbeiterstreik. In der itallenischen Provinz Ferrara ist der Generalstreik der Landarbeiter proklamiert worden. üerbMMüg der Tabaltarbetter. Heidelberg , 4. August. Heute begannen hier die Tabakarbeiter ihr« Verhandlungen. ES sind 73 Delegierte und die verschiedenen Verbandsfunktionäre zugegen. Ausländische Bruderorganisationen sind durch die Ge- Nossen B r u e n S- Amsterdam, Pattermann. Wien , Fischer- Zürich, die deutsche Generalkommission ist durch den Genossen Sabath vertreten. Als Verhanolungsleiter wurde der Vor- sitzende D e i ch m a n n, daneben I ü r s- Neumünster. L a n g n e r- Ohlau gewählt. Eine ISgliedrige Kommission, bestehend auS je einem Angehörigen der 13 Gaue, wurde mit der Vorberatung der Statuten betraut. Nach herzlichen Begrüßungsansprachen seitens der Vertreter des Auslandes und der Heidelberger Arbeiterschaft erstatteten die Referenten de» Vorstandes den Geschäftsbericht. Aus dem gedruckten Bericht ist folgendes anzuführen. Für den Gesamtverband war das Jahr 1912 ein wichtiges und schwie- riges Jahr. Schwierig, weil oer abermalige Zoll, der»m Jahre 1909 auf den Tabak gelegt wurde, der Industrie einen ungeheuren Stoß versetzte, unter dem in erster Linie die Arbeiterschaft schwer zu leiden hat. Wichtig, weil die allgemeine Verteuerung der Lebensmittel die schlechtgelohnten Tabakarbeiter zwang, trotz der schlechten Konjunktur zu versuchen, durch Lohnbewegungen chre Arbeitsverhältnisse besser zu stellen. Der Verband hat denn auch im Berichtsjahre eine große Anzahl von Bewegungen zu führen gehabt, die, abgesehen von einigen Ausnahmen, auch mit einem Erfolge für die Tabakarbeiter endeten. Selbstverständlich sind aber diese Erfolg-, soweit sie sich auf das Lohnverhältnis beziehen. bescheiden zu nennen, was angesichts des schlechten Geschäftsganges sehr erklärlich ist. Es wurden 245 Lohnbewegungen in 139S Be- trieben mit 61 400 beschäftigten Arbeitern geführt. Die 28 An- grmsbewegungen brachten den beteiligten Arbeitern eine Er- höhung ihres Verdienstes von 0,60 M. lnS 2,50 M. pro Woche; dte 10 Abwehrbewegungen ohne Streik verliefen in 7 Fällen und für 172 Arbeiter mit vollem Erfolge, in 3 Fällen und für 54 Arbeiter mit teilweisem Erfolge; die 8 Abwehrbewegungen mit Streik in 2 Fällen und für 12 Arbeiter mit vollem, in 3 Fällen und für 403 Arbeiter mit teilweisem Erfolg, uno in 3 Fällen und für 123 Ar- beiter mit einem Mißerfolge. Von den 9 Aussperrungen verliefen 6 für zusammen 11153 Arbeiter mit vollem Erfolg, eine für 86 Arbeiter mit teilweisem Erfolg, und 2 für zusammen 105 Ar- beiter mit einem Mißerfolg. lieber die Mitalieoerbewegung sagt der Vorstands- bericht: Am Schlüsse des vorigen Jahres betrug die Mitglioderzahl 35 449, darunter 17 674 weiblich«, in 476 Zahlstellen, und am Schlüsse des Berichtsjahres 37 211, darunter 18 053 weibliche in 483 Zahlstellen. Die Mitgliederzunahme betrug demnach 1762, dar- unter 379 weibliche Mitglieder. Berücksichtigt man nun, daß im Berichtsjahre 9354 neue Mitglieder, darunter 6079 weibliche ge- Wonnen wurden, und daß vom Verbände der Zigarrensortierer und Kistenbekleber Deutschlands 2686 Mitglieder, darunter 772 weibliche im Berichtsjahre übergetreten find, so gelangt man ohne weiteres zu der Ansicht, daß die Fortcntwickelung des Verbandes durch irgendwelche Einflüsse gehemmt wird oder Verhältnisse im Gewerbe bestehen müssen, die der Fluktuation nn Verbände Vor- schub leisten und so die Fortentwickelung oeS Verbandes aufhalten. Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir in dem schleppenden Ge- schäftsMnge im Zigarrengewerbe und der sich hieraus ergebenden Abwanderung der Arbeiter aus der Tabakindustrie m andere Ge- werbe die Ursache erblicken, die die Fortentwickelung deS Verbandes hemmt. So lange der schlechte Geschäftsgang anhalt, so lange wird auch die Fortentwickclung des Verbandes nur langsame Fort- schritte machen. Dem Kassenbericht ist folgendes zu entnehmen: Die Gesamteinnahme betrug 1 563 8Ä,22 M., die Gesamtausgabe 1 457 194,67 M., der Kassenbestand am 31. Dezember 1912 106 693,55 M.— Ueber die enorm hohen Ausgaben während des Berichtejahres sagt der Vor- standsbericht: .Abgesehen von den Ausgaben bei Streiks, Aussperrungen und Lohnbewegungen, die 379 731,06 M. betrugen, und den AuS- gaben für Gemaßregelte, die 199 427,54 M. betrugen, sind es die Ausgaben für arbeitslose und kranke Mitglieder, die eine unge- wohnlich starke Steigerung erfahren haben. Die Ausgaben in .Form von Unterfiützungen betrugen im Berichtsjahre: Rechtsschutz- Unterstützung 1920,89 M., Arbeitslosenunterstützung 166 373,90 M., 1lm,uaS- und Fahrgeldunterstützung 13 397,66 M., Krankenunterstützung 228 826,43 M., Sterbegeld 12 485 M.— Die Ausgaben für d,e Unterstützungszwecke, die, wie vorstehende Zusammen- stelluna zeigt. 423 003,83 M. betrugen, haben eine Höhe erreicht. wie noch in keinem Jahre und werden, da sie auch im laufenden Jahre sich noch weiter steigern, eine Hohe erreichen, die dem Ver- bände nur zu gefährlich werden kann, indem er nicht imstande sein wird, seine eigentlichen Aufgaben zu erfüllen. Die Ausgaben für reine Unterstützungszwecke betrugen im Berichtsjahre schon mehr als die Hälfte aller Einnahmen aus VerbandSbeiträgen und werden im lanfenden Jahre mindestens 75 Proz. dieser Ein- nahmen verschlingen. Von Bedeutung sind d,e Ausgaben für arbeitslose, kranke und umziehende Mitglieder. Werden oiese Ausgaben sich weiter steigern, und hieran ist nicht zu zweifeln, sofern keine Reorganisation vorgenommen wird, dann wird der Verband sogar gezwungen sein, die Tätigkeit auf dem Gebiet der Lohnbewegungen einzustellen oder doch elnzuschranken. Die» werden die Mitglieder nicht wollen und dieserhalb mit un» der Meinung sein, dcltz eine Reorganisation so schnell wie möglich durc�efübrt wc» �-jj mann beschäftigt sich in seinen münd- licke» Ausführungen zunächst mit dem Schicksal mmger Antrage. die der vorige Vcrbandstag dem Vorstand überwies. M,t dem Auf- traa Schritte zur Gründung eine» allgemeinen 5!aln:u ng»- und &SMmi>eS in die Wege zu leiten, hat der Vorstands beschäftigt, ist aber zu dem Schlnsse gekommen, daß die VoranS- ' setzungen zur Gründung eines solchen Verbandes nicht gegeben sind. Der weitere Auftrag, eine Branchenkonferenz für die Ziga- rettenarbeiter einzuberufen, steht vor der Realisierung. Alle Vor- arbeiten— Enquete über die Lage der Zigarettenindustrie— gehen ihrem Abschluß entgegen. Die gewünschte Konferenz für die Kautabakbranche jedoch hält der Referent für überflüssig. Für die Kautabakindustrie ist Nordhausen maßgebend. Was im Nordhauser Gebiet festgelegt wird, wird zur Richtschnur auch für den Rest der durch ganz Deutschland zersplitterten Betriebe werden. Der Redner legte oen völlig unhaltbaren Stand des UnterstützungZ- Wesens im Gesamtverbande klar. Es ist eine Jagd nach Unter- stützungen eingetreten, daß in manchen Fällen von einer vollständi- gen Demoralisation gesprochen werden kann. Uebergehend zu den Lohnbewegungen sagte-der Redner: Wäre der Verband im Jahre 1912 in der Lage gewesen, noch mit meh r Nachdruck in der großen Lohnbewegung in Westfalen , Hamburg und Bremen wirken zu können, dann wäre auch noch mehr für die dortigen Arbeiter und rückwirkend für die gesamte Tabakarbeiterschaft Deutschlands errungen worden. DaS aber wird notwendig, denn wenn auch deren Tagelöhne in den letzten Jahren gestiegen find, so ist doch ihre Lebenslage nicht in die Höhe, sondern eher zurück- gegangen. Es ist die wichtigste und oevantwortungsreichste Aufgabe, die der Delegierten harrt, eine Reorganisation des Verbandes dahingehend zu beschließen: Reduzierung der Unter- stützungZauSgaben, Erhöhung der Kampfes. f ä h i g k e i t, damit der Verband wieder in die Lage kommt, seiner Aufgabe als KampfeSorganisation voll gerecht zu werden.(Beifall.) Der Bericht des Kassierers Nieder-Welland beschränkt sich auf die Vorlegung deS im gedruckten Bericht aufgeführten MateriglS.— Der Bericht deS AuSfchußvorsitzendc» E i lke n- Hamburg bezog sich auf eine Anzahl Beschwerden gegen den Vorstand, die zumeist Unterstützungsverweigerungen betrafen und berichtet dann, daß der Ausschuß bei seinen Revisionen der Kasse eine musterhafte Ordnung vorgefunden habe. In der regen Diskussion zieht S ch w i e g e r- Eschwege einen Antrag, die Gehälter der be- soldeten Beamten zu kürzen, zurück, und zwar zugunsten eines aus Hamburg -Schönlanke -Schwedt gestellten Antrages, die Zahl der Gauleiter um sechs herabzusetzen. Armbrust. Berlin wendet sich gegen jede Reduzierung der Gauleiterzahl und empfiehlt einen Berliner Antrag, den Gauleitern überall nach Möglichkeit einen G a u r a t beizugeben. Lieberknecht. Verden hält eine Be- amtenschaft von 30 an der Zahl für zu hoch für den Verband. Eine Umkehr im Unterstützungswesen sei dringend notwendig. Kaiser- Dehma und verschiedene andere Redner sprechen sich gegen eine Kürzung der Gehälter aus. Im ganzen drehte sich die Diskussion hauptsächlich um UnterstützungSftagen; an den Lohnkämpfen wurde nur wenig Kritik geübt. Aber alle Redner waren einig, daß es mit den jetzigen Untcrstühnngseinrichtungen nicht mehr weitergehen könne. ES müsse gründlich Remedur geschaffen werden, damit man dem Unternehmertum wieder die Zähne zeigen könne. Am Dienstag wird die Diskussion weitergeführt. Iiigendbewegimg. Lose Wandervögel. Ueber die Wandervögel, die zu den erfolgreichsten Truppen der bürgerlichen Jugendbewegung gehören, sind eigenartige Ge- rüchte im Schwange. Man erinnert sich, daß vor kurzem eine Schrift von Hans Blüher erschienen ist:»Die Wandewogelbewc- gung als erotisches Problem". Darin macht Blüher auf Grund zehnjähriger Beobachtung der Wandervogelbewegung den Vorwurf, daß Homosexuelle dort starken Einfluß ausübte». Er behauptet, die Homosexuellen betrachteten die Wandervogelbewegung als bestes Mittel, ihr Ideal, die altgriechische Knabenliebe, wieder zur Gel- tung zu bringen. Jetzt finden wir in der„Dackel"(10. Jahrg. Nr. 29, 1913) eine Warnung vor einem Millionär, der vor kurzem wegen homosexueller Geschichten vor der Strafkammer gestanden hat.„Der Herr Mllionär", so heißt eS da,„welcher auf Festen der Wandervögel junge Leute kennen zu lernen versteht, macht nun wieder dadurch von sich reden, daß er solche an sich zu ziehen sucht, wobei er in nicht mißzuverstehender Weise auf seinen Reichtum hinweist, der ihm gestatte, seine„lieben Freunde" mit „auf Reisen zu nehmen" und ihnen allerlei Annehmlichkeiten zu erweisen. Der Lüstling sucht seine Bekannten im„Wandervogel". Im Interesse der jungen Leute und ihrer Eltern bringe sie(die „Fackel") den Vorfall zur Kenntnis des Publikums; sie sei bereit, die„Wandervögel", an die sich die Homosexuellen bereits so heftig heranschmusen, genauer zu informieren. Man kann mit den Homosexuellen viel Mitleid haben und den §175 in seiner jetzigen Fassung verurteilen. Dieses Treiben in der Wandervogelbewegung aber ist ein Skandal. Die bürgerlichen Jugendpfleger. die von ihrer religiöS-sittlichen Höhe so stolz auf die freie Jugend herabsehen, sollten da wahrlich die Augen offenhalten. )Ziis Industrie und Kandel . Die LpirituS-Zentrole in Südbeutschland. Unter der Firma Süddeutsche Spiritus-Jndustrie in Nürnberg hat die Spirituszentrale«ine Kommandit-Gesellschaft auf Aktien mit einem Kapital von 300 000 M. gegründet. An dieser Gesellschaft find die süddeutschen Brenner(mit Ausnahme der Firma Sinner A.-G.) beteiligt. Die Neugründung hat den Zweck, die süddeutschen industriellen Brennereien für die Bevorzugung der norddeutschen landwirtschaftlichen Brennereien durch das SpirituSgesetz von 1912 zu entschädigen. Die in der Gesellschaft zusammengeschlossenen Brenner werden, nach der„Frankfurter Zeitung ", im Verhältnis zu ihrer Branntweinerzeugung beteiligt. Aus den Erträgnissen der Gesellschaft wird ihnen alljährlich ein Betrag gutgeschrieben wer- den, ferner sollen sie am Rektifikationsgewinn der Zentrale und wahrscheinlich auch an dem Gewinn der süddeutschen Verkaufs- organisationen der Zentrale(in München , Würzburg , Regensburg ) beteiligt werden. Durch dieses Zugeständnis hofft man die süd- deutschen Brenner auch über daS Jahr 1918, in dem der jetzige Ver- trag abläuft, an die Zentrale zu fesseln. Dir Rivalität der Hanlastädte. Die Differenzen zwischen den beiden großen Schiffahrtsgesellschaften lenken die öffentliche Aus- merksamkeit wieder auf die neuere EntWickelung der deutschen See- schiffahrt und des. Seehandels. Hatte früher e,n harter Wirtschaft- licher Konkurrenzkampf zwischen sämtlichen alten Hansastädten zu einer Entfaltung des Seeverkehrs geführt, so schieden mit dem Auskommen der modernen Verkehrsmittel eine Reihe von Städten aus der Konkurrenz aus. Die Seeschiffahrt konzentrierte sich in denjenigen Häfen, von denen aus die besten Zugänge in daS Hinter. land gegeben waren; die übrigen Städte wurden mehr und mehr zurückgedrängt. Während z. B. Hamburg und Bremen einen un- geahnten Ausschwung nahmen, ließ der Seeverkehr Lübecks immer mehr nach. Der Kaiser-WUhelm-Kanal. welcher zur Ertveiterung und Erleichterung deS Verkehrs zwischen Nord- und Ostsee erbaut worden war. kam verhältnismäßig bedeutend mehr Kiel als Lübeck zugute. Freilich fiel auch für Kiel der Erfolg nicht so günstig auS. wie man vorher erwartet hatte, weil die meisten ftcmdinavlschen, jütischen und russischen Schisse ohne im Hafen anzulegen den Kanal durchfahren. Für das Ausscheiden Lübecks auS der deutschen Schifffahrtskonkurrenz war auch von Bedeutung, daß die Häsen Stettin und Danzig infolge ihrer guten Verbindung durch Wasserstraßen mit dem Inland den Güterverkehr der Ostsee zum weitaus größten Teil an sich gerissen haben. In letzter Zeit versucht Lübeck wiese r, durch Gründungen von industriellen Werken stärker an der mo- dernen Wirtschaftsentwickelung teilzunehmen. Auch wird die Ein- richtung einer direkten Schiffahrtslinie von Lübeck nach Kopenhagen geplant. Die Entwickelung der Jahre veranschaulicht folgende Schiffsbestandes: Bremen Brutto- Schiffahrt der Hansastädte im letzte« tabellarische Zusammenstellung ihre» 1. Januar Zahl 1909 1910 1911 1912 724 719 687 817 ramngehalt in Register« tonnen 1299 039 1 331 216 1348 676 1406 423 Hamburg Brutto- raumgehalt Zahl in Register- tonnen 1316 2 376 282 1325 2 417 615 1332 2 450 105 1348 2 566 409 Lübeck Brutto- raumgehalt Zahl in Register« tonnen 60 90 798 60 94 181 60 93 989 67 80123 Krupp ia Amerika . Unter dem Namen„Amerikanische Krupp- Kraft-Gesellschaft System Diesel" hat im Staate Delaware , Ver- einigte Staaten, eine Gesellschaft die Rechte einer juristischen Per- son(natürlich für ganz Amerika ) erhalten, welche die von der Firma Fried. Krupp A.-G. hergestellten Diesel-Motoren in der Union bauen und vertreiben wird. 8o2ia!es. Die Unfallgcfahr im österreichischen Bergbau. Nach der erst jetzt erschienenen amtlichen Statistik find 1911 im österreichischen Bergbau 174 tödliche Unfälle und 191)9 schwere Ver- letzungen vorgekommen. Die Verhältniszahl der tödlichen Unfälle auf je 1000 männliche Bergarbeiter ist von 1,18 auf 1,22 gestiegen. Die Grubeninspektion schiebt— wie bei uns— die meisten Unfälle auf Zufall oder eigenes Verschulden. HanbelSangestelltenelend in Oesterreich . Die staatliche Versicherungsanstalt für Privatbeamte teilt mit, daß 1912 bei ihr 115 996 Angestellte versichert waren, davon 97 767 mannliche. Von den männlichen Versicherten bezogen 20P Proz. weniger als' 100 Kronen(85 M.) monatlich, 23,7 Proz. hatten bis 150 Kronen, von den weiblichen bezogen 28 Proz. nur 50 bis 75 Kronen monatlich, 353 Proz. nur 75 bis 100 Kronen und nur 23 Prozent mehr als 200 Kronen im Monat. Dabei beginnt die Ver- ficherung erst mit dem 18. Jahr.— Die Anstalt ha: nicht weniger als 518 Angestellte, da» ist ein Beamter auf 218 Versicherte; von ihrem Vermögen besteht ein Viertel tu rückständigen Beiträgen. Großstädtisches WohnungSelend. Die unterdrückten Klassen haben stets unter einem Wohnungs- elend zu leiden gehabt, und im Verhältnis zu dem Wohnungsluxus, den sich die herrschenden Klassen leisten, ist im Zeitalter des Kapi- taliSmus daS WohnungSelend, das die arbeitende Bevölkerung trifft, besonders groß. In den letzten Jahren ist es in einer Reihe von Großstädten geradezu zu Katastrophen gekommen. Zahlreiche Familien haben obdachlos auf der Straße liegen und in Obdach- losenquartieren, die meist in traurigem Zustande waren, unter- gebracht werden müssen. Die Bevölkerungsziffern der Großstädte wachsen andauernd, daS Kapital dagegen beteiligt sich immer weniger am Kleinwohnungsbau. DaS hat einen Rückgang der Kleinwohnungen und eine Vergrößerung der Wohnungsnot her» vorgerufen. Die Gemeinden weigern sich zum größten Teil, hier durch den Eigenbau von Kleinwohnungen helfend einzugreifen, da ste vor allem um den Profit der Hausagrarier besorgt sind. Wie arg die Wohnungsnot in einer Großstadt ist, beweist eine soeben erschienene Schrift über:„Die Wohnungen in Königsberg in Preußen am 1. Dezember 1910", die das Statistische Ami zu Königsberg herausgegeben hat. In Verbindung mit der letzten Volkszählung hat in Königsberg eine Wvhnungszählung stattge- funden, deren Ergebnisse im Auftrage des Magistrats der frühere Direktor de» Statistischen Amtes Dr. Georg NeuhauS(jetzt Direktor des Statistischen Amtes der Stadt Köln a. Rh.) bearbeitet hat. Die Ermittelungen haben ergeben, daß trotz der Zunahm« der Bevölke» rung die Zahl der Kleinwohnungen zurückgegangen ist, die Mieten erheblich gestiegen sind und die Wohndichtigkeit zugenommen hat. Der Verfasser schreibt zu dem letzten Kapitel: „Die Stärke der Belegung von Wohnungen ist von ganz be- sonderer Bedeutung für die Gestaltung des Wohnungswesens überhaupt. Ueberfüllte Wohnungen bieten sittliche Gefahren der schlimmste« Art. Schon dann, wenn der Familienbausbalt au- den Eltern und nur zwei Kindern verschiedenen Geschlechts besteht und in einer Wohnung von weniger als drei Räumen untergebracht ist, so daß den Eltern, dem Knaben und dem Mädchen nicht je ein Schlaftaum zur Verfügung steht, droht den Kindern sittliche Ber- derbnis. Viel schlimmer gestalten sich die Verhältnisse, wenn noch Schlafftellen in den Haushalt aufgenommen werden." Demnach müßte eine Arbeiterfamilie mit Kindern verschiedenen Geschlechts mindestens eine Wohnung von drei Zimmern haben. In den meisten Fällen bestehen diese Wohnungen aber nur aus einem bis zwei Zimmern und sind demnach aus sittlichen Gründen fast alle uberfüllt. In Königsberg wohnten nach den amtlichen Ermitte- lungen 91 583 Personen oder 463,03 v. Tausend in Wohnungen von nur einem heizbaren Zimmer. 5165 Personen hausten in einem Zimmer, zu dem weder eine Küche noch ein Kabinett gehörte. Mehr als ein Viertel der Bevölkerung der Mietwohnungen, nämlich 56 651 Personen, wohnten in Zweizimmerwohnungen. Von der in Mietwohnungen untergebrachten Einwohnerschaft lebten 148 234 Personen, fast genau drei Viertel der Bevölkerung, in Klrinwoh- nungen. In Mittelwohnungen von 3—5 heizbaren Zimmern lebten 43 296 Personen und nur 6256 Personen befanden sich in Großwohnungcn. In einer Wohnung, bestehend aus einem Zimmer ohne Ka- binett und Küche, wohnten elf Personen, in vier Wohnungen je zehn, in 13 je neun, in 34 je acht, in 48 je siebe», in 85 je sechs und in 124 je fünf Personen. Nach der allgemeinen Ansicht müssen, wenn der zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmte Raum den geringsten hygienischen Anforderungen entsprechen soll, für jeden Bewohner ein Luftraum von mindestens 15 Kubikmeter zur Verfügung stehen. Bei sechs Bewohnern eines einzigen Raumes müßte daher ein Luftraum von 90 Kubikmetern vorhanden sein. Man kann— wie Dr. Neuhaus anführt— mit Recht be- haupten, daß sämtliche einräumgien Wohnungen mit sechs und mehr Bewohnern aus rein gefundheitlichrn Gründen als überfüllt zu gelten haben. Nach dem Ergebnis der Wohnungszählung waren 1467 Einzimmerwohnuilge«, in denen 11<92 Personen wohnten, »m Zählungstugr zu stark besetzt.... Der Verfasser sagt dann: In e.ner Wohnung kann ausreichend Lustraum für die Zahl der Bewohner vorhanden fem, und trovdcm kann sie den sittlichen Ansprüchen nicht genügen. Es muß ge- fordert werden, daß in einer Wohnung besondere Schlaftäume für die Eltern, die über 6 Jahre alten Knaben und die über 6 Jahre alten Mädchen vorhanden sind. Den Schlafgangern müssen eben- falls nach Geschlechtern getrennte Schlaftaume zur Verfügung stehen, und sie dürfen auch nicht mit den noch nicht erwachsenen Kindern in einem Räume schlafen. Eine Begründung für diese Anforderungen ist nicht notwendig. Wenn ste erfüllt werden sollen, so ist bereits eine Wohnung- in der nur zwei Räume zum Schlafe» benutzt werden und m der neben den Eltern noch je ein älterer Sohn und eine ältere Tochter zusammenwohnen. alS überfüllt an- zusehen Bei Wohnungen von nur einem Raum werde» in der Regel wenigstens sämtliche mit mehr als drei Personen in diesem Sinne als zu stark belegt zu behandeln sein, ha in ihnen mit wenigen Ausnahmen eine notwendige Trennung der nicht in jugendlichstem Alter stehenden Bewohner unmöglich ist. In zahlreichen Wohnungen fehlte es an den notwendigsten Ein- richtungen. So besaßen von den 48 973 Wohnungen 911 keine feste Kochgelegenheit; bei 1538 Wohnungen waren die Bewohner nnf die Benutzung von Küchen m anderen Wohnungen angewiesen. In 2246 Kleinwohnungen wurde die Küche als Schlafranm be- nutzt, doch dürfte die dreifache Zahl der Wirklichkeit entsprechen.
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