Auch die britischen Organisationen konnten schon in wichtigen Augenblicken auf die werktätige Hilfe der kontinentalen Kollegen rechnen. Nun ist endlich eine Wendung in dem Verhalten der Engländer eingetreten und ich freue mich, daß sie nun endlich be- ginnen, den zuwandernden organisierten Kollegen als Kollegen zu betrachten, was bisher leider nicht der Fall war. Deshalb lege ich unserem Beschluß große moralische Bedeutung auch nach außen hin bei.(Sehr richtig!) Ebenso hoch werte ich den Entschluß der Briten , nun auch bei Streiks in einer Linie mit uns zu mar- schieren. Am würdigsten wäre es, die Vorschläge ohne lange De- batte anzunehmen.(Zustimmung.) Der Antrag Holland erscheint uns und auch dem Kollegen Reichel-Deutschland nicht zur Annahme geeignet. Gerade die großen Organisationen sind es, die aus So- lrdarität und um des ferneren Zusammenwirkens willen die von ihm erwähnten Opfer am meisten �u bringen haben, aber sie wollen das auch fernerhin tun. Erklären wir den Antrag Holland durch die Annahme der englischen Vorschläge für erledigt!(Beifall.) Die Erörterung schließt. Die englischen Vorschläge werden einstimmig angenommen mit dem Zusatz Hobson . Die Anträge Holland und Hobson sind dadurch erledigt. NachmittagSsitzung. Auf Wunsch der französischen Metallarbeiter wird über die Abgrenzung deS Tätigkeitsgebietes der nationalen Verbände beraten. Lefövre-Frankreich : Die Aufnahmegesuche sollten immer in der.Internationalen Rundschau" veröffentlicht werden, damit eventuell Einwendungen möglich sind. Organisationen, die der Landeszentrale nicht angehören, dürften nicht aufgenommen werden und französische Uhrmacher nicht im Schweizer Verband organisiert sein. Wir beantragen, daß nicht der Landeszentrale angehörende Organsationen auch nicht der Internationale beitreten dürfen. Dem widersprechen R y s e r- Schweiz, Vorhölzer- Shitt- gart und Sekretär Schlicke: Wir können hier nicht innere Landes- angelegenheiten entscheiden. Das Sekretariat kann nur moralisch einwirken und auch nur auf Ersuchen. Die Franzosen können sich doch damit zufrieden geben, daß es Pflicht des Sekretärs ist, auf Wunsch Beteiligter schlichtend einzugreifen. Die Franzosen beharren auf ihrem Antrag, der nun gegen etwa 6 Franzosen und Belgier abgelehnt wird. Der Punkt.Internationale Berichterstattung" wird durch die gestrigen Verhandlungen für erledigt erklärt. Die Wahl deS Internationalen Sekretärs wird auf Vorschlag des Vorsitzenden Reichel durch Zuruf vorge nommen. Die einstimmige Wahl Schlickes wird mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Merxheim- Frankreich weift darauf hin, daß die auslän dischen Arbeiter in Frankreich völlig rechtlos sind. Man weist sie ans, wenn sie sich organisieren, ja selbst, wenn sie verunglücken. Da nun gerade jetzt viele italienische und russische Arbeiter für die französischen Unternehmer angeworben werden, regen wir eine allgemeine Warnung vor Zuzug nach Frankreich an. Als nächster Kongretzort wird Wien einstimmig ge- wählt. Der Kongreß lvird dort ISIS tagen. Die Revision der Bundestasse vor dem nächsten Kongreß wird den Schweizern, Engländern und Dänen wieder übertragen. Davis- England dankt den Deutschen für ihre prächtige Gast- Freundschaft. Schlicke- Stuttgart teilt diesen Dank mit den Berlinern und dankt besonders dem Dolmetscher Baumeister.(Bravo !) Wir freuen unS der neubelebten Brüderschaft mit den Brüdern jenseits -de» Kanals, die man gleich den Franzosen uns immer als die .Braven, Guten" hinstellt. Nun, die heutigen Beschlüsse haben gezeigt, wie es w Wahrheit steht. Hoffen wir. daß die Abstimmung in den einzelnen Ländern überall die Annahme ergibt.— Sehr sympathisch ist auch der Beschluß über den nächsten Kongreßort, denn es gibt ja nur ein Wien !(Großer Beifall.) Also auf . Wiedersehen in Wien !(Beifall.)— Darauf schließt Reichel den Kongreß. yrrbandstag der Tabakarbeiter. Heidelberg , 0. August. Me geschlossen« Sitzung über die Lohnbewegung«, endete mit der Annahme folgender Resolution: .Der Berbandstag erklärt sich mit den Ausführungen KroHns dollständia einverstanden und verspricht, im Sinne des Referats zu wirken. Der Verbandsvorstand beauftragt den Vorstand, der Tarif- bewegung größte Aufmerksamkeit zu schenken und eine möglichst lebhafte Propaganda für den Bezug von Tabakfabrikaten von Tariffirmen in jeder ihm geeigneten Weise zu betreiben." Drei Anträge wurden dem Vorstand als Material überwiesen. Sie verlangen: erstens, daß über diejenigen Unternehmer, die ihren Arbeitern das Koalitionsrecht rauben wollen, der Boykott verhängt wird; zweiten», daß in der Presse eine größere Propaganda für die taristreuen Firmen entfaltet wird. Zur Kenntlichmachung der Tabak- Fabrikate, die unter tariflich geregelten Arbeitsverhältnissen hergestellt , werden, sei«i» Tarifband oder eine Marke einzuführen. i Der Verbandsvorsitzende Deichmann referierte über die Sinsührnug der Erwerbsloseuunterstützung, ; die nach Anträgen de« Vorstande » und Ausschusses an die Stelle - der vielen anderen UnterstützungSarten treten soll. Unter Erwerbs- losenunterstützung ist also zu verstehen, daß ein Mitglied in einem . Jahre— und zwar in Fällen der ArbeitSlofiakeit oder Krankheit / oder beim Ortswechsel oder wo ein Mitglied Anspruch auf Fahrgeld- Unterstützung erhebt— nur eine bestimmte im Statut festgesetzte . Unterstützungssumme beziehen kann. Die in einem Jahre erhaltenen ' UnterstützungSsummen in allen diesen Fällen find miteinander auf- zurechnen und dürfen die im Statut für ein Jahr festgesetzte Ge- samtsumme nicht überschreiten. Die Unterstützungssätze bei Arbeits- lofigkeit sollen höher sein als bei Krankheil.— Diese Reorgani- sation des Unterstützungswesens soll verbunden sein mit ei n e r Reduzierung der Beitragsklassen von sechs aufdrei. An Stelle der jetzigen Beiträge von 35, 45, 55, 70. 100, 120 Pf. sollen solche von 35, 50 t:.d 65 Pf. pro Woche treten. Der Beitrag in der ersten Klasse soll also unverändert bestehen bleiben. in der zweiten und dritten Klasse soll er um 5 resp. 10 Pf. erhöht werden, die vierte, fünfte und sechste Klasse soll gänzlich wegsallen. Alle Mitglieder, die w der Regel unter 18 M. pro Woche verdienen, sollen den Beitrag der ersten oder zweiten Klasse, und diejenigen Mitglieder, die 18 M. und darüber verdienen, den Beitrag der dritten BeitragSklafl« zahlen. Deichmann erläuterte die von Vorstand und Ausschuß gestellten«»träge über die Höhe der Unterstützungen und die Be- dingungen zum Bezug derselben. Die Arbeitslosen- Unterstützung soll 0,80, 1,20 und 1,60 M.. die Kranken- unter st ützung die Hälfte betragen. Die Bezugsdauer staffelt fich nach der Dauer der Mitgliedschaft. Ein von Deichmann eingebrachter besonderer Anttag will, daß allen Mitgliedern, die während der letzten 52 Wochen vor dem Inkrafttreten der neuen Erwerbslosenunterstützung Unterstützungen bei Krankheit, Arbeits- lofigkeit oder Ortswechsel erhalten haben, diese Beträge gegen die Summe für da« neu zu beschließende Unterstützungsjahr aufgerechnet werden sollen. Die Aufrechnung soll damit also rückwirkende Kraft erhalten..... � Die Diskussion füllte den ganzen SitzungStag aus. Im allgemeinen ist zu sagen, daß von den Diskussionsrednern auS dem Süden mehr Wert auf die Fähigkeit des Verbandes, Kämpfe führen zu können, gelegt wurde, während ein erheblicher Teil der nord- deutschen Redner möglichst viel vom alten Unterstützungswesen zu retten suchte. Die Ansichten dieser letzteren wurden in besonders temperamentvoller Weise vom Reichstagsabgeordneten Geyer be- kämpft, der ausführte, wie mit der kapitalistischen lintnüdehmg (immer größere Konzentratio») daS Unterstützungswesen in den Ge- werljchajten notwendigerweise zurückgedrängt werde und der reine Kampfcharakter wieder immer mehr in den Vordergrund zu stehen komme. Nach einem Schlußwort DeichmannS wurde mit allen gegen vier Stimmen im Prinzip der Einführung der Erwerbs losenunterstützung zugestimmt und alle darauf bezüglichen Anträge der Statutenberatungskommission überwiesen. Eue der partcu Aus den Organisationen. In eine Parteiversammlung des 16. sächsischen Reichs- tagswahllreises befaßte man fich mit dem bevorstehenden Parteitag in Jena . Der Kreisvereinsvorsitzende, Genosse M. Müller, erstattete den Bericht. Die erwartete Steigerung der Mitgliederzahl sei aus- geblieben: die Frauen und der 16. sächsische Wahlkreis seien an der Steigerung erheblich beteiligt.— Enttäuschung herrsche in weiten Parleikreisen, daß der Parteivorstand nicht die Höhe und die Führerschaft behauptet habe, die man von ihm erwarte. Das beste Beispiel habe die Haltung der Fraktion der Militärvorlage und der Steuerfrage gegenüber geboten. Da habe der Parteivorstand versagt. Der Parteiausschuß hätte zusammenberufen werden müssen, auch im Interesse der Fraktion, um dieser für ihre Haltung Deckung zu verschaffen. Anstatt den Parteiausschuß mit großen politischen Fragen zu beschäftigen, habe man ihn zur Erledigung von Verwaltungsfragen herbeigezogen, die ohne ihn erledigt werden konnten. Die merkwürdige Art der Be Handlung der Militärvorlage und besonders der Steuerfrage habe große Enttäuschung im Volke ausgelöst. Da hätten die Massen informiert werden müssen. Die bisherige Taktik der Partei iei auf den Kopf gestellt worden. Es sei nicht richtig, was Genosse Lensch in Leipzig gesagt: die Fraktion habe prinzipiell ge handelt, wie bisher. Eine Schwenkung habe sie in diesen wichtigen Fragen vollzogen. Gewiß habe sie es nicht leicht gehabt und sie habe nach bestem Ermessen gebandelt. Aber sie hätte doch bei dem Widerspruch dieser neuen Taktik mit Teilen des Parteiprogramms das zugeben und den Parteigenosien Ausklärung verschaffen müssen. Wenn diese nun die Haltung der Fraktton nicht verstehen, so sei sie selbst und der Parteivorstand daran schuld. Nachdem Genösse Müller noch Vorgänge in der Fraktion gestreist und die Haltung der Fraktion 1907 in der Zolltariffrage, der Haltung bei der jetzigen Militär« und Steuerfrage gegenübergestellt hatte, sprach er bezüglich des Mai i e i e r b e s ch l u s s e s die Hoffnung aus, daß es mit der Beseitigung oeS Nürnberger Beschlusses sein Bewenden haben möge. In der Debatte verbreitete sich Genosie F e I l i s ch ausführlich über die Haltung der Frattion der Militärvorlage und der Steuerfrage gegenüber. Er könne sich damit nicht einverstanden erklären. Der Militarismus als Pfeiler des Kapitalismus dürfe mit Zustimmung der Sozialdemokraten auch auf Kosten der Reichen nicht gestärkt werden. Der alte Kurs fel von der Partei verlassen worden, ohne den Parteigenossen Gelegenheit zur Aussprache gegeben zu haben; die Militärftage sei zu einer Finanzftage gemacht worden. Ohne Eintausch von Volksrechten habe die Fraktion ihre Zustimmung gegeben; das sei ein unhaltbarer Zustand, zumal, wenn man be denke, daß früher Genosien, wenn sie auch nur andeutungsweise solche Möglichkeiten besprochen, als Ketzer verschrien wurden. Für außerordentlich bedenklich hält Genosse Fellisch, wenn die Fraktion zu ihrer Haltung �etwa aus Furcht vor einer Reichstagsauflösung gekommen sein sollte; das Urteil der Masse zu fürchten, habe die Partei keine Ursache. Genosse H e ck e r t bemerkte, daß die Unruhe in unseren Reihen grundsätzlicher Natur sei, daß die Fraktion im Reichstage seit Jahren eine opportunistische Politik getrieben und den bürgerlichen Parteien zu sehr Rechnung getragen habe. Den Genossen im Lande fehlt eine gründliche Durchbildung. Fest stehe, daß die Fraktion sich an das Programm gehalren und die finanziellen Lasten den Reichen auferlegt habe. Besser wäre es aber gewesen, wenn sie die Mittel für die Verstärkung des Militärs verweigert hätte. In längeren Ausführungen ging Genosse N o S k e auf die Angriffe der Redner auf die Haltung der Fraktion ein, die er auS- drücklich verteidigte. Als erfreuliche Erscheinung bezeichnete er die Tatsache, daß die alte Schablone von Revisionismus und Radikalis- muS in die Brüche gegangen sei; das sei das beste Zeichen, daß innerhalb der Partei ein recht lebhafter, kritischer Geist vorhanden sei. ES sei auch nicht Tatsache, daß die Parteigenossen heute mit weniger theoretischem Wissen ausgestattet seien, als ftüher; dafür habe die Partei in reichem Maße gesorgt, daß in dieser Richtung mehr getan werde, als früher möglich war. Er verwies zum Beweise dafür auf die Jugend-, die Frauenbewegung und die Arbeit der Bildungsausschüsse. Lebhaft verteidigte Genosse Noske den Partei- vorstand, der jedenfalls sehr viel geleistet habe, und die Fraktion. die die parlamentarischen Arbeiten zu leisten berufen sei und die Verantwortung dafür zu tragen habe, die ihr auch der Parteiaus- schuß nicht abnehmen könne. Einen schweren Fehler hätte die Fraktion gemacht, hätte sie eine andere Haltung in der Militär- und Steuer- frage eingenommen, als sie es getan habe. Eine Obstruktion war nicht möglich; wer die verlange, verkenne die tatsächlichen Verhält- nisse. Mit dem Programm stehe die Hallung der Fraktion nicht in Widerspruch. Bis jetzt habe sich auch noch kein Kritiker der Haltung der Fraktion gefunden, der klipp und klar gesagt habe, was sie denn hätte tun sollen. Die weitere Aussprache soll in einer zweiten Versammlung fort- gesetzt werden. Folgender Antrag fand Annahme:.Der Parteitag möge beschließen, die staatliche ArbeitSlosenversiche- rung auf die Tagesordnung des Parteitages zu setzen. Mit dem Massenstreik und mit der Bewilligung der Bs- sitz st euer sowie des Wehrbeitrages durch die sozialdemokratische Fraktion des Reichstages be- schäfligten sich am letzten Dienstag auch die Lübecker Partei- genossen anläßlich der Stellungnahme zum Parteitag in Jena . Ge- nasse Parleisekrelär B r o m m c vertrat die Ansicht, daß die russischen und belgischen Methoden deS Massenstreiks in Deutschland nicht an- wendbar seien, zumal sie nur gewisse Erfolge gebracht hätten, als sie bürgerliche Unterstützung fanden. In Deutschland würde� aber ein politischer Massenstreik nicht einmal bei den Liberalen Sympathie finden, die sich noch stets als Feinde der Arbeiterschaft erwiesen hätten. In Deutschland könne man nur durch zähe Organisationsarbeit vorwärts kommen. So lange nur ein verhältnismäßig kleiner Bruch- teil der Arbeiter organisiert und grundsätzlich durchgebildet ist. ist der Massenstreik, der als letztes Mittel gelten mnß, nicht durchführbar. Genosse Arbeitersekretär M e h r l e i n verleidigle warm die Hak- tung der Reichstagsfraktion anläßlich der Verabschiedung der Deckungsvorlagen im Reichstage. Gerade dadurch, daß man die Rüstungsschreier auch zahlen lasse, wirke man auf diese erzieherisch und verleide ihnen den MaulpalriotiSmuS. Grundsätzliche Bedenken gegen daS Verhalten der Fraktion liegen nicbl vor. Notwendig sei, daß auf dem Parteitag die Frage der Arbeitslosenversicherung erörtert werde. Reichstagsabgeordneter Genosse S ch w a r tz bedauerte, daß die Reichstagsfraltion ihren bewährten ftüheren Standpunkt: diesem System keinen Mann und keinen Groschen ver- lassen habe. In der Fraktion hätte in dieser Frage große Unklarheit geherrscht, die nur durch Abhaltung von Sonder- konferenzen, die der Parteitag in Themnitz leider untersagt habe, hätte beseitigt werden können. Genosse Dr. S ch l o m e r meinte, daß die Führer der Partei zu vorsichtig geworden seien, um große Massenaktionen zu unternehmen. Dadurch sei die Teilnahmslongkett der Massen entstanden, die sich anläßlich der letzten Heercsvorlage bedauerlicherweise gezeigt habe. Man müsse etwas wagen, wenn man auch einmal eine Niederlage riskiere. Die Diskussion des Massenstreiks dürfe nicht mehr aus den Versammlungen verschwinden. Die Haltung der Fraktion anläßlich der Steuerbewilligung billige er. Genosse Redakteur Stelling betonte gleichfalls, daß die Be- willigung der Befitzftcuer unserem Programm mcht widerspreche und daß sie im Interesse der Arbeiter notwendig war. Ein Massenstreik umS Preußenwahlrecht sei Unsinn, weil er in Anbetracht der Teil- nahmslosigkeit, die sich bei den letzten preußischen Landtag?- Wahlen vielfach auch in Arbeiterkreisen gezeigt habe, ohne die gewünschten Früchte bleiben würde. Genosse Redakteur L ö w i g o hob hervor, daß es unwahr sei, zu behaupten, die Massen seien es, welche gegenwärtig nach dem Massenstreik rufen. Gerade die Massen fehlten in den Versammlungen, in denen einige Befür» worter des Massenstreiks für ihren Lieblingsgedanken eintraten. Völlig verfehlt seien die Angriffe auf die Gewerkschaftsführer, die dpi dieser Gelegenheit häufig erfolgten. Gerade das Verantwortungs« gefühl leite die Gewerkschaftsführer, die fich vor der Anwendung einer so zweischneidigen Waffe, wie der Massenstteik ist, hüten. Denn es sei einfacher, eine Organisation zu zerstören, als aufzubauen. Von einer besonderen Erschlaffung der Arbeiterschaft, auf die jetzt von verschiedenen Genossen hingewiesen worden ist, kann keine Rede sein. Notwendig ist es, die Organisationen zu stärken; erst dann könne man mit Aussicht auf Erfolg große Massenaktionen unter- nehmen.— Die Versammlung sah davon ab, in Form einer Resolution zu den diskutierten Fragen Stellung zu nehmen. Bon der P. P. S. Am 27. Juli fand in Kattowitz eine Bezirksversammlung der P. P. S.(Polnische Sozialistische Partei ) für oen Wahlkreis Kartowitz-Zabrze statt. Aus dem Geschäftsbericht ist zu entnehmen, daß die Zahl der Vereine der P. P. S. in diesem Wahlkreise Ende 1911 IL, Ende 191L 16 betrug, die Mitgliederzahl ist in diesem Zeitabschnitt von 695 auf 707 gestiegen. Die Versammlung nahm Stellung zum bevorstehenden Parteitag in Jena . In der Diskussion wurden sehr heftige Worte gegen die deutschen Genossen gesprochen. Zum Schluß wurde nachstehende Resolution au- genommen: .Die heutige Konferenz in Kattowitz bedauert sehr die letzten von feiten der deutschen Genossen gegen oie P. P. S. ge- richteten Angriffe und besonders den durch oieselben Genossen gestellten Antrag zum Parteitag in Jena , weil solche Entglei- jungen im höchsten Maße die EntWickelung der Berufsvcrbände im besonderen und die EntWickelung des Sozialismus im all- gemeinen schädigen. Die Konferenz erklärt einftimmig, daß die P. P. S. die Annahme eines solchen Antrages nicht wünscht. Wenn trotzdem der Parteitag in Jena den Antrag aus Ober- schlesien annimmt, dann.sind für die Folgen, die sich auS einem solchen Beschluß für daS oberfchlesifche Proletariat ergeben wer- oen, diejenigen Leute verantwortlich, die einen solchen Antrag veranlaßt bezw. beschlossen haben." Ferner wurde folgender Antrag einstimmig angenommen: .Der Parteitag in Jena wolle beschließen, zum Zwecke der Einheitlichkeit der Parteibewegung die deutschen Partei- sekretäre aus Oberschlesien zurückzuziehen." Ohne Di�knssson wurde zum Reichstogskandidaten für den Wahlkreis Kattowitz -Zabrze der Genosse BiniSkiewicz nominiert. Ferner wurde beschlossen, im Einverständnis mit den deutschen Genossen ein Flugblatt über die im Reichstag bewilligte Armee- Vermehrung und über die neuen Rüstungsausgaben herauszugeben. polizeiliche», Oeriditiichea ulw. Freigesprochen. Der Staatsanwalt batte den Genossen Rauch von der ..Volkszeitung" in Zittau wegen Lehrerbeleioigung an- geklagt. Dem Lehrer sollte in versteckter Form Schülcrmißhand- lung vorgeworfen sein. Mit Genossen Rauch war aber auch zu- gleich der Verfasser des Artikels angeklagt, der sich als solcher bei einer anderen Gelegenheit dem Staatsanwalt gegenüber bekannt hatte. Der somit bekannte Verfasser galt nun als eigentlicher An« geklagter, während Genosse Rauch vom Gericht ber Beihilfe für schuldig erklärt werden sollte. Rauch hatte ftüher die Aufnabme des Artikels verweigert; die Aufnahme selbst geschah später ohne sein Wissen. Die Verhandlung>ergab daS denn auch. Der erste Angeklagte bestätigte die von Rauch gemachten Einwendungen und das Gericht mußte zum Freispruch gelangen. Der eigentliche Verfasser erhielt 20 M. Geldstrafe. Im Soziales. Kinderarbeit. Jahre 1908 verlangte der Reichstag Erhebungen über' die Beschäftigung von Kindern in landwirtschaftlichen Betrieben. Diese Erhebungen sind seit 1906 abgeschlossen, bis heute aber noch nicht veröffentlicht. Wann endlich wird die Regierung die Ergebnisse der Enquete veröffentlichen, daniit der menschenverwüstenden Kinderarbeit reichsgcsetzlich ent- gegengctreten wird? Ist die Wahrheit, die aus den Er- gebnissen der Enquete vielleicht entnommen werden könnte, zu entsetzlich? In Oesterreich ist jetzt von dem Berichte über die im Jahre 1908 vorgenommene Erhebung über die Erwerbsarbeit von Schullindern der dritte, abschließende Band erschienen. Da inzwischen keine gesetz- liche Beschränkung dieser Arbeit erfolgt ist, ist da? Material, das die Berichte vieler hunderte Schulen über 148 368 arbeitende Schul» und selbst noch jüngere Kinder in ollen Teilen des Reiches bietet, noch heute als zutreffend zu erachten.»Das proletarische Kinderelend spricht aus jeder Seite des umfangreichen Werkes", sagt dazu die Arbeiterzeitung",»um so erschütternder, je geringer leider die Aussicht ist, in der nächsten Zeit eine namhafte Verbesserung durch- zusetzen." Die Arbeit beginnt schon vor dem schulpflichtigen Alter. Nicht weniger als 39 Proz. der arbeitenden Kinder beginnen mit dem fünften oder sechsten oder einem noch ftüheren Jahre. Dabei find eS gar nicht immer leichte Arbeiten: so daS Geflügel- und Vieh- hüten.»Viele Kinder sind den ganzen Tag sich selbst überlassen, bleiben infolgedessen in der geistigen Entwickelung sehr zurück. Manche können beim Eintritt in die Schule kaum p r e ch e n." Auch bei sonsttger landwirtschaftlicher, aber auch bei industrieller Arbeit werden solch' kleine Kinder verwandt, so in der Herstellung von Haarnetzen, Zwirnknöpfen, Spielwaren uiw� Arbeiten, die wegen deS andauernden Eitzens in vielfach schlecht ge- lüfteten und belichteten Räumen ungünstig auf die körperliche, teil» weise auch die geisttge Entwickelung wirken. Insgesamt find 45,2 Proz. unter elf, rund ein Fünftel unter neun Jahren. Die Dauer der Arbeit ist sehr bettächtlich. Fast Dreiviertel arbeiten das ganze Jahr über, Vierfünftel mehr als 30 Wochen. In der Landwirtschaft und vielfach der Gastwirtschaft unterbricht der Winter. 42,9 Proz. der Kinder müssen an Sonn- und F e st t a g« n arbeilen; besonders häufig ist da« im W i r t S g e w e r b e. Die tägliche Arbeitszeit beträgt mehr al« 4 Stunden zurzett des normalen Unterricht» bei 20 Proz. der arbeitenden Kinder im Winter, 40 Proz. im Sommer. Bei verkürztem Unterricht beträgt der Satz 82.4 Proz. im Winter. 91.7 Proz. im Sommer. Er steigt bis über 8 bei 27.2 bezw. 54.3 Proz. und gar kn« über 10 Stunden bei 10,3 bezw. 24,6 Proz. Mit der Schule zusammen habe« im Wintgr die Hälfte, im Sommer fast Dreiviertel mehr als 40, ein Fünftel beziehungsweise ein Viertel mehr als 60 Arbeitsstunden wöchentlich, sofern man nicht in diesen Fällen die Schulstunden als Schlafzeit rechnen will. Dabei arbeitete fast ein Viertel auch zur Nachtzeit, namentlich wieder im Gast« und Schankgewerbe und in der Heimarbeit(Spitzen, Glasperlen, Holzschachteln usw.). Die gesundheitliche Wirkung solcher Menschenverwüstuug läßt sich crmesseil. Namentlich bei den industriell tätig« Kindern war die Gesundheit in fast 30 Proz. der Fälle nicht bo» friedigend. Reben der lange» Arbeitszeit wirken zusamme« M
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