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Mr. 301.

Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerande: Biertei­jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 mt, wöchentlich 28 Bfg fret in's Haus. Einzelne Nummer 6 Big. Sonntags- Nummer mit iQuitr. Sonntags- Beilage Meue Belt" 10 Bfg. Bost- Abonnement: 3,30 Mt.pro Quartal. Unter Streuz­band: Deutschland   u. Defterreich: Ungarn   2 Mt., für das übrige Auslands Mt.pr.Monat. Einger. in der Boit Zeitungs- Breisliste für 1893 unter Nr. 6708.

Vorwärts

10. Jahrg.

Infertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Bfg., für Vereins: und Beriammlungs: Anzeigen 20 Pfg Inferate für die nächite Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Erpedition abgegeben werden. Die Expedition ift an Wochen tagen bis 7 Ubr Abends, an Sonn­und Festtagen bis 9 Uhr Bor­mittags geöffnet. Fernsprecher: amt I. 1508. Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin  !

Berliner   Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Rechter Hand, linker Hand Alles vertauscht

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Sonnabend, den 23. Dezember 1893. Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

Der Staat aber ist unter Caprivi so blind geworden, das nicht einzusehen; er will die Bismarck'sche Hungerkur

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Don

nicht in all ihrer Strenge wieder einführen, hat dies den armen Bauern". würde der Gemahl der züchtigen Adelheid heut singen, kategorisch erklärt und der Junkerkrieg hat be Bereits in den Verhandlungen über die kleinen wenn er nicht längst das Singen verlernt hätte, und außer gonnen. dem auch todt wäre. Rechter Hand- Krieg bis aufs Junker krieg? Junker rebellion! Und finte- Handelsverträge hat der Redner unserer Fraktion dem Grafen Kanig und seinen Gefolgsleuten den zahlenmäßigen Messer der Regierung, Fronde, Rebellion, wüsteſte Hez- malen das Geschlecht der Quizon's ausgestorben ist, Nachweis geliefert, was es denn mit uns armen Bauern" Demagogie, gröbste Majestätsbeleidigung. L'inter Hand haben die Rebellen sich den treuen Basallen" eine Regierungsmajorität, und die Umstürzler von gestern und seiner eigenen Dynastie, den ehemaligen Haus- eigentlich auf sich habe. In letzter Zeit ist nun in Conrads vielleicht auch von morgen nicht blos Reichsfreunde, sondern meier der Hohenzollern   zum Chef oder Hauptmann Jahrbüchern für Nationalökonomie und Statistik von dem Herausgeber F. Conrad ein neuer agrarstatistischer Beitrag auch Reichsstüten gegen die Umstürzler von heute, die erwählt. Es ist doch Humor in der Weltgeschichte rechter Hand schreien", drohen und gern quizomen möchten auch am Jahrhundert- Ende, welches ein Welt- Ende zu zur Geschichte des oftelbischen Großgrundbesizes veröffent­wenn es nur ginge, und wenn es linker Hand nicht so viel Spaß werden verspricht. Oder geht die Welt nicht zu Ende, licht worden, der die Stellung des Junterthums und zwar machen würde. Der Geist ist noch ebenso willig, wie dazumal als wenn die revolutionären Sozialdemokraten das konservative in der Provinz Bosen treffend darlegt. Wie sind in diesem politisch und wirthschaftlich die übermüthigen Junker an das Schloß des Monarchen Deutsche Reich stützen müssen, damit die Regierung nicht anschrieben: Jochemkin, Hüte, Fangen wi, umfällt oder einen revolutionären Staatsstreich verüben doppelt anziehenden Bezirke des norddeutschen Tieflandes, Hangen wil!" der Geist ist noch willig, aber das muß? und wenn die konservativen Junker die Fahne der den in breitem Thale   die Warthe   durchfließt, die Grund­Fleisch ist schwach. Die Zähne find stumpf geworden. Die Empörung entrollen, und Hand in Hand mit dem Bruder besitz- Verhältnisse? Hervorgehoben sei, daß fast 70 pCt. faule Grethe" hat die Schlösser gebrochen, der Galgen ist Bauer" den- Bundschuh ins Land tragen? Wolf und der Bodenfläche landwirthschaftlich nußbar sind. Es tamer. durch verschiedene der Edelsten verunziert worden, und nach der Komödien! Hat es je einen tolleren Herensabbath durch verschiedene der Edelsten verunziert worden, und nach Lamm brüderlich neben und mit einander!-D Komödie auf die Betriebe von dem sie bei Jena   das preußische Heer und den preußischen Sat es je ein Staat zu Grunde gerichtet, haben die Herren Junker sich, gegeben! wenn auch immer noch übermüthig, in die bescheidene Rolle

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gefügt, als Offiziere oder Landräthe und die Glücklicheren in höheren Chargen das Brot des Rackers von Staat zu effen. Der Staat ist ihr Brotgeber geworden. Und da der Mensch, wie es in der Bibel heißt, nicht vom Brote allein lebt, so wollen fie auch Kuchen haben, und Kaviar und Sekt. Freilich, woher nehmen und nicht stehlen? fragte neulich mit geistvoller Naivetät der Sohn seines Vaters. Nun das Stehlen ist ungesetzlich wenn es gesetzlich wird, ist es kein Stehlen mehr; dann heißt es: Schutz der Landwirthschaft Kornzoll Wirthschaftspolitik

Liebesgabe.

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Also Krieg Krieg bis auf's Messer!

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unter 1 ha) 1-10 ha 10-100 ha 27 608 222 857 664 166

100 ha und darüber 1138 909

Es gab in Posen landwirthschaftliche Betriebe von 100 ha und unter 1 ha 1-10 ha 10-100 ha darüber 79 445 53 348 80 068

2724

Von je 100 Hektar der landwirthschaftlichen Fläche auf die Betriebe der Größenklassen von

Krieg der Junker gegen wen? Gegen den Staat gegen den Brotgeber, gegen den Spender von Brot nicht nur, sondern auch von Kuchen, Kaviar und Sett. Es Es ist schlechte Politik mit seinem Butterbrot streiten", lautet ein englisches Sprichwort. Wie lange wird der junkerliche kommen Hektar Magen den Krieg aushalten? Gi, das ist nicht schwer zu sagen. Genau so lange, bis der Staat den Herren Junfern den Brotkorb hoch hängt, hoch, recht hoch. Dann werden sie bald aus der Hand fressen, die sie jetzt mit Wollust ab­

hacken würden.

Und wenn nicht?

Nun, dann eine frische fröhliche Reichstags- Auflösung! Der Staat war ein guter Brotgeber für die Herren Den gezähmten Junkern in der Staatsuniform den Erlaß für das Volk, und was das Volk zu viel zu zahlen hatte, das vom 4. Januar 1882 ernst eingeschärft, und mit Hussah Hoh! ging in die Tasche des Junkers; und so verwandelte drauf los auf die wilden Herren Junker! Giebt das eine herr­das Brot des armen Mannes sich in den Kuchen, Kaviar liche Jagd! Sozialisten, Volkspartei, Freifinnige, Zentrum und Sekt des Junkers. Kein Wunder, daß durch dieses Geft der Junker bezahlen mußte, ist luftig dabei, und wenn das ganze ausgehungerte Volt, das den Kuchen, Kaviar und höchst unbiblische Wunder die Edelſten üppig wurden. Und als der Staat fand, daß dem Volk der Brot- das Kesseltreiben zu Ende ist, liegen die wilden Junker fast forb zu hoch gehängt ward, und als er die künstliche allesammt auf der Strecke", und die paar übrig gebliebenen Theuerung ein klein wenig zu mildern versuchte, da er werden von ihren zahmen Mitjunkern in eine einspännige grimmten die Junker und riefen: Der Hunger des Volks Droschke gepackt, um als Seltenheit auf den Tisch des neuen ist unser Reichthum, von jedem Bissen Brot hat der arme Reichstags niedergelegt zu werden. Mann, che er ihn zum Munde bringt, uns einen Zoll in den strohenden Geldbeutel zu stecken. Wozu ist das Volk auf der Welt, als um uns den nöthigen Kuchen, Kaviar und Sekt zu spenden?"

Feuilleton.

Nachdruck verboten.]

( Alle Rechte vorbehalten.

Der Gemaßregelte.

Eine Weihnachtsgeschichte von Friedrich Thieme. Wiederum alles umsonst," sagte er trübe.

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Wer sollte auch an diesem Tage, wo jeder eifrig beschäftigt ist, Arbeit für mich haben? Aber es ist noch finster hier, Anna, und Du hast nicht einmal Feuer im Ofen, Du erkältest Dich ja zu Tode, liebes Herz, wenn Du Dich in dieser rauhen Temperatur aufhälft, draußen herrscht eine schneidende, schreckliche Kälte- o liebstes Lieb, dente, ich sah einen alten Mann, so dürftig gekleidet, so zitternd vor Frost, daß mir's in innerster Seele meh that. Es schien ein alter Hausirer zu sein. Wie gern hätte ich ihm etwas abgekauft oder gegeben, wenn ich selbst etwas ge­habt hätte. Du siehst, es giebt noch größeres Elend als das unsere in der Welt. Warum hast Du noch nicht ein geheizt, Kind?"

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wild gewordenen Hämmel­Nein, sie machen nicht Ernst mit ihrer Rebellion, die Verzeihung! die wild gewor­denen Junker.

, Du hast geweint, Anna?" fragte Hermann, sie unver­wandt anblickend. Nein nun ja, Hermann"- sie brachte die Lüge nicht über die Lippen. Es grämt mich tief, daß ich Dich so traurig sehe, theurer Mann. Ist es nicht empörend, daß der Fanatismus der Menschen soweit geht, und daß Du mit all Deinen glänzenden Gaben nicht einmal Arbeit finden kannst, soviel als hinreichend ist für unsere be­scheidenen Ansprüche?"

Fritsch zog sie liebevoll an sich.

unter 1 1-10 10-100 100 und darüber Hektar Hettar Hektar

Hektar

1,4 16,8 32,5

55,3

2,2

19,8

46,8

31,7

1,7

.

"

14,5

41,8

42,0

2,4

24,4

25,6 47,6

Posen Preuß. Staat. Ostelbien Deutschland Daraus erhellt, daß der Großgrundbesitz, der 100 Hektar und darüber bewirthschaftet, in der Provinz Posen   mehr überwiegt, als im Durchschnitte in Deutschland   und im preußischen Staate, daß er des weitern stärker ist als in den übrigen Provinzen östlich der Elbe, mit Ausnahme des Junkerparadieses Pommern, wo 57,4 pct. der landwirth­zusammengelegt sind. In Westpreußen   sind es 47, in Ost­schaftlichen Fläche in Betrieben von 100 Hektar und mehr preußen 38,6, in Brandenburg   und Schlesien   36 oder 34,5 Prozent.

Es giebt, wie wir gesehen haben, in Posen 2724 Güter mit 100 Hektar und darüber. Darunter befinden sich 1497 Ritter­güter. 1203 Güter, das ist nicht ganz die Hälfte, sind in den Händen des Adels. Die Zahl der adligen Besitzer beträgt 712 gegen 942 bürgerliche mit 1066 Gütern. Der Adel

*) ha Abkürzung für: Hektar.

Mantel zu schütteln und sich die mit einer dicken Schnee­frufte bedeckten Stiefel am Abtreter zu reinigen. " Ist das nicht der alte Hausirer von vorhin?" er­kundigte sich Fritsch.

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" Ich bin es, mein Herr", antwortete der Alte. Ent­schuldigen Sie mein Eindringen, aber ich bin in so großer Berlegenheit, daß ich nicht weiß, was anders anfangen. Glauben Sie mir" dem alten Mann standen die Thränen in den Augen, als er dies sprach ich habe heute nicht soviel gelöst, daß ich, nachdem ich etwas zu Armes, gutes Weib," sagte er wehmüthig. Heut ist Mittag gespeist, ein Nachtquartier bezahlen kann. Da dachte unser erstes Weihnachten- ach, ich hatte es mir anders ich, weil Sie vorhin so gut und freundlich zu mir waren, vorgestellt. Wie heiter sollte sich Dir dieser Abend ge- Sie würden mir vielleicht für eine Nacht einen Platz auf stalten! Und nun- blic' um Dich! Nun sind wir einem Strohsack oder irgendwo anders einräumen, ich will arme, arbeitslose, gemaßregelte Menschen, wissen nicht ein- ja gern dafür zahlen, sobald ich es im Stande bin." mal, wovon morgen leben! Schon ist ein Theil unserer Hermann nöthigte den Haufirer vollends herein, half mühsam ersparten Möbel zum Trödler gewandert! Ach, ihm seinen Kasten und Rock ablegen und rückte dem gänz­Anna, Du weißt, was ich alles versucht habe in diesen lich durchfrorenen Alten einen Stuhl an den Ofen. Wochen- Du weißt, daß ich sogar zu hausiren versucht habe was soll nur aus uns werden? In wenigen Tagen ist die Miethe fällig!"

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Er versant in finsteres Hinbrüten.

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.Recht gern theilen wir unser Obdach mit Ihnen, Väterchen," sagte er dabei aber das ist auch alles, was wir zu bieten im stande sind."

Warum? Wenn sie ihm hätte die Wahrheit sagen wollen, so hätte sie sagen müssen:" Weil ich die letzten ,, Glaub's gern," antwortete der Fremde. Das Leben paar Holzscheite und Torfziegel für Deine Nachhausekunft Den Vorschlag der Genossen, mich zu unterstützen, wird einem schwer gemacht in diesen Beiten. Zum Beispiel aufheben wollte, lieber Mann, damit Du Deinen durchfrorenen fonnt' ich nicht annehmen!" fuhr er nach einer Weile heftig mit unserem Hausirhandel. Wir sind jetzt wirklich wie ge­Körper erwärmen kannst." Aber sie wollte ihn nicht noch empor. Und so ist es geworden, wie es ist heut' ist hegte Hirsche, auf jedem Hof fast ist das Hausiren verboten, elender machen, als er schon war, deshalb erwiderte sie Christabend, alles freut sich, und unser Weihnachtsbaum ist wie Diebe, werden wir angesehen, und jeder Polizeidiener nichts, sondern versuchte, ihren alten munteren Ton anzu- diese Tischlampe, unser Weihnachtsbraten ein paar ge- inquirirt uns. Dabei geht's den Stadtleuten immer noch nehmen und so leicht, als handle es sich lediglich um eine röstete Kartoffeln! Und morgen-" nicht scharf genug zu lieber Himmel, wenn die Menschen fleine Nachlässigkeit ihrerseits, hinzuwerfen: wüßten, wie sauer einem oft die paar Groschen werden, die Laß nur, Hermann, es soll nun bald warm und hell man nach Hause bringt, sie würden Mitleid mit uns haben." im Stübchen werden, daß Du Deine Freude daran haben ſollft."

Sei nicht so traurig, Hermann," tröstete ihn die jetzt wieder ganz muthig gewordene kleine Frau. Wer weiß, ob nicht ein glücklicher Zufall Rath und Hilfe bringt. Hermann, laß uns recht gemüthlich plaudern und lassen wir uns unsere Kartoffeln so gut schmecken, als ob es Lampreten seien."

Er hatte sich auf einen Stuhl niedergelassen und be­trachtete stumm sein Weibchen, welches nun hurtig im Bimmer zu hantiren begann; rasch loderte das bereits vor- In diesem Augenblicke klopfte an die Thür. bereitete Feuer im Ofen auf und wenige Augenblicke später Hermann ging um zu öffnen. Ein alter Mann, der erhellte der Schein einer kleinen Lampe das ärmliche einen schweren Kasten auf dem Rücken trug, stand draußen Gemach. und war emfig bemüht, den Schnee von seinem rauhen

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Anna hatte inzwischen den Tisch gedeckt, die Lampe in die Mitte gerückt und das frugale, aus gebratenen Kar­toffeln und etwas Brot und dünnem Kaffee bestehende Abendbrot aufgesetzt. Der Alte ward freundlich zur Theils nahme eingeladen, es ist zwar nur wenig," fügte Anna lächelnd der Einladung hinzu, aber es reicht für drei."

Während des Essens kam das Gespräch auf die Zeit und ihre Mißstände, dann sprach Fritsch über die Bes